kleeblatt - Internationales Nestroy Zentrum Schwechat
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Es war aber der Stoff, der offensichtlich Probleme bereitete: Die meisten<br />
Kritiker missbilligten dessen „Schlüpfrigkeit“. Im „Österreichischen Morgenblatt“<br />
wurde festgestellt, dass „die Wesenheit des Ganzen der deutschen<br />
Gesittung unzugänglich geblieben“ sei.<br />
Dabei hatte <strong>Nestroy</strong> den Text einer gründlichen „Vorzensur“ unterzogen,<br />
wobei er viele Pointen abschwächte, die der Zensor möglicherweise als<br />
anzüglich betrachtet hätte. Vermutlich wurden solche provisorisch gestrichenen<br />
Stellen in den Text, der tatsächlich aufgeführt wurde, wieder<br />
eingeschmuggelt.<br />
Wenn der Zensor selbst Witze gestrichen hatte, könnten solche Eingriffe<br />
sehr wohl zum Misserfolg des Stücks beigetragen haben. Nach nur vier<br />
Aufführungen verschwand es vom Spielplan. Aus diesem „Dornröschenschlaf<br />
“ wurde es erst in den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts<br />
geweckt.<br />
Auf der Thematik, die die Kritiker und Zuschauer der Biedermeierzeit<br />
befremdet hat, beruht das bleibende Interesse dieser Posse. Die selbstgefällige<br />
Borniertheit der drei komischen Ehemänner wird als ein typisch<br />
männliches Verhalten karikiert, und die willensstarke Madame Cichori<br />
nimmt in ihrem Couplet die eigentliche Schwäche des sogenannten „starken<br />
Geschlechts“ aufs Korn. Die Frauenemanzipation war im Vormärz aktuell,<br />
und dass gerade dieses Couplet 1845 auf Ablehnung stieß, zeugt<br />
von der Brisanz der Satire.<br />
Zitiert aus der Einführung von W. Edgar Yates<br />
HKA 22<br />
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