Medizin tHEMA, ab Seite 14 - VSETH - ETH Zürich

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11.07.2015 Aufrufe

8 CaMPusMasterstudiumDas LosentscheidetArchitekturstudenten haben es nicht leicht: Masterstudentenmüssen aufs Glück hoffen, wenn sie ein Wahlfach belegen wollen.Manche Professoren lassen das Los entscheiden, wer am Kursteilnehmen darf. Ein Erfahrungsbericht.Text: Olivia Bächtold, Illustration: Tobias TschoppCampusDicht gedrängt sitzen wir im kleinen provisorischenZeichenpavillon auf dem Hönggerbergund warten auf den Beginn der Stunde.Immer mehr Studenten drücken sich inskleine Zimmer und setzen sich in die Ecken,auf die Tische oder gar auf den Boden. Inder Tür und auf dem Korridor legen sich dieKommilitonen gegenseitig die Köpfe auf dieSchultern; verzweifelte, genervte und resignierteGesichter schauen sich um. Und auchals die Stunde beginnt, kommen noch Nachzügler,die einen Platz suchen.Der Andrang auf den Kurs, das WahlfachZeichnen, ist so gross, dass die Künstlerin,welche den Kurs leitet, gezwungen war, bereitsvor Semesterbeginn Dutzende Zeichenwilligeabzuweisen – aus Platzmangel.Sichtbar Mühe hatte sie mit diesen Absagen,denn «wer zeichnen will, soll zeichnenkönnen». Geschätzte sechzig Leute befindensich im Raum, welcher Arbeitsplätze fürmaximal vierzig bietet. Die Überzähligenzeichnen auf ihren Knien, am Boden oder imStehen. Doch niemand beklagt sich – man istfroh, dass man wenigstens einen Kurs besuchenkann.Absagen von zwei ProfsUm in einen Kurs oder ein Wahlfach aufgenommenzu werden, muss man sich bereitsnach Ende des vorherigen Semesters eintragen:Wer denkt, er könne sich in der Mitteder Semesterferien problemlos anmelden,liegt falsch. Bereits Ende des vorangehendenSemesters ist der Andrang riesig. Von zweiProfessuren bekam ich eine Absage mit derBegründung, die Kapazität der Lehrendenfür die Betreuung der Wahlfacharbeiten seibereits ausgeschöpft.«Natürliche Selektion»Aber: Nicht in jedem Kurs wird das Motto«Der frühe Vogel fängt den Wurm» befolgt.Drei Tage später sitze ich in einem weiterenWahlfach – das heisst, ich sitze nicht, ichstehe, und das noch nicht einmal im Seminarraum,sondern draussen vor der Tür. Denndas Zimmer ist so überfüllt, dass weit mehrals die Hälfte der Interessierten stehen mussoder gar nicht in den Raum gelangt. Der fensterlose,schlecht belüftete Raum quillt förmlichüber von nervösen und wütenden Studenten.Schon nach wenigen Minuten ist dieLuft so schlecht, dass das Denken schwer fällt.Auf dem Korridor stehend erfahre ichvon dem, was im Inneren abgeht, nur perMund-zu-Mund-Übertragung. Noch immerkommen verspätete Mitstudenten an und ihreGesichter sprechen Bände. Die einen drehengleich wieder um, andere versuchen sich vorzudrängelnund wieder andere richten es sichaus Erfahrung gemütlich auf dem Fussbodenein. Ganz im Sinne von Darwins Evolutionstheorieselektioniert die Einführungsvorlesungbereits die Schwächsten aus dem Kurs.Nach einer Stunde dann – endlich – derentscheidende Moment: Mit einem verzweifeltenSchmunzeln erklärt die Assistentin,dass sich auch in diesem Semester wiederviel zu viele – oder, genauer gesagt: über ein-Polykum Nr. 6/10-11

CaMPus 9Leserbrief«AusländischeStudis sollenmehr bezahlen»Leserbrief zum Artikel «Zu viele Studierende:ETH zieht Notbremse» (Polykum Nr. 5/10-11,Februar 2011)Hoffen aufs Glück: Wer das Wahlfach besuchen darf, wird per Los bestimmt.hundertfünfzig – Studenten für den Kurs eingetragenhätten. Teilnehmen können aberbloss etwa fünfzig. Um allen eine Chance zubieten, hat sich die Professur für das Losverfahrenentschieden: Die Studenten müssenGruppen bilden, Lose schreiben und diesedann in einen grossen Karton werfen. Dannkann man nur noch eines: aufs Glück hoffen.Die Assistentin zieht ein Los ums andere ausder Schachtel – jedes einzelne löst Freuden-schreie und Verzweiflungsgesten aus. DieSpannung ist fast unerträglich – bis: auchich juble und einstimme in die Freudenrufe.Mit viel Glück habe ich es in den Kurs geschafft.Olivia Bächtold (28) ist Polykum-Redaktorin und studiertArchitektur an ETH Zürich. obaechtold@polykum.ethz.chIch bin der Meinung, externe ausländischeStudierende, die nicht speziell gefördertwerden, sollten viel mehr für ihr Studiumbezahlen müssen. Sie sollten mindestenseinen Viertel der Gesamtkosten für ihr Studiumselbst begleichen. Wenn sie es sich leistenkönnen, in Zürich zu studieren, sollensie auch mehr bezahlen.Wieso sollte der Schweizer Steuerzahlerindirekt für die AUSBILDUNG ausländischerStudenten aufkommen? Ich finde dies unfairdenen gegenüber, die eine Lehre samt Berufsmaturamachen und für jede nachfolgendeAusbildung tausende von Franken zahlenoder/und sich jahrelang in einer Firma verpflichtenmüssen. Auf der anderen Seitewerden tausende externe Studenten währendihrer Ausbildung «durchgefüttert».B.S., Doktorandin ETHZPolykum Nr. 6/10-11KoMMentarLose und Glückbestimmen das StudiumPrekär war die Situation bei den Architektenbereits im Herbstsemester: Für das Vertiefungsfach«Denkmalpflege» hatten sich über180 Studierende eingetragen, wovon 120durch einen negativen Losentscheid wiederrausfielen. Die Frage «Welches Wahlfachwählst Du?» scheint offenbar überflüssig gewordenzu sein. Denn es sind nicht mehr dieStudenten, die sich ihre Fächer nach eigenemInteresse und eigener Vorliebe – so wie es eigentlichsein sollte – zusammenstellen. Aktuellsind es in den meisten Fächern dasGlück und das Los, die entscheiden, ob maneinen Kurs belegen kann.Platzprobleme gibt es bei den Architektenschon lange. Verschärft wurde die Situationjedoch in den letzten zwei Semestern:Wegen der vielen externen Studierenden undder steigenden Anzahl der Studis, welche ausdem Bachelor- ins Masterstudium nachrücken.Eine Neukonzeption ist deshalb dringendnotwendig.Etwas verbessert hat sich die Sitaution ineinigen Fächern glücklicherweise aber schon:dank des tatkräftigen Einsatzes des Fachvereins«architektura» und einiger sehr engagierterStudenten. Es werden mehr Kurse angebotenund die in den Seminaren zu erledigendenAufgaben wurden neu auf eine grössereStudentenzahl ausgerichtet. Und auchdie zusätzliche Verschärfung der Notengebungin den ersten Semestern wird längerfristigeine deutliche Besserung der Situationherbeiführen.Bleibt zu hoffen, dass künftige Studierendeder Architektur an der ETH wiedermehr Freiheiten haben. Und ihr Studiumin den höheren Semestern gemäss dem Titel«Wahlfach» selbst wählen und zusammenstellenkönnen.Olivia Bächtold (Architektur-Studentin)LeserbriefeDas Polykum freut sich über Leserbriefe.Schreibe uns an pinnwand@polykum.ethz.ch.Die Einsendungen werden im Magazin abgedruckt.Die Redaktion behält sich vor, Textesinngemäss und ohne Rücksprache zu kürzen.

8 CaMPusMasterstudiumDas LosentscheidetArchitekturstudenten h<strong>ab</strong>en es nicht leicht: Masterstudentenmüssen aufs Glück hoffen, wenn sie ein Wahlfach belegen wollen.Manche Professoren lassen das Los entscheiden, wer am Kursteilnehmen darf. Ein Erfahrungsbericht.Text: Olivia Bächtold, Illustration: Tobias TschoppCampusDicht gedrängt sitzen wir im kleinen provisorischenZeichenpavillon auf dem Hönggerbergund warten auf den Beginn der Stunde.Immer mehr Studenten drücken sich inskleine Zimmer und setzen sich in die Ecken,auf die Tische oder gar auf den Boden. Inder Tür und auf dem Korridor legen sich dieKommilitonen gegenseitig die Köpfe auf dieSchultern; verzweifelte, genervte und resignierteGesichter schauen sich um. Und auchals die Stunde beginnt, kommen noch Nachzügler,die einen Platz suchen.Der Andrang auf den Kurs, das WahlfachZeichnen, ist so gross, dass die Künstlerin,welche den Kurs leitet, gezwungen war, bereitsvor Semesterbeginn Dutzende Zeichenwillige<strong>ab</strong>zuweisen – aus Platzmangel.Sichtbar Mühe hatte sie mit diesen Absagen,denn «wer zeichnen will, soll zeichnenkönnen». Geschätzte sechzig Leute befindensich im Raum, welcher Arbeitsplätze fürmaximal vierzig bietet. Die Überzähligenzeichnen auf ihren Knien, am Boden oder imStehen. Doch niemand beklagt sich – man istfroh, dass man wenigstens einen Kurs besuchenkann.Absagen von zwei ProfsUm in einen Kurs oder ein Wahlfach aufgenommenzu werden, muss man sich bereitsnach Ende des vorherigen Semesters eintragen:Wer denkt, er könne sich in der Mitteder Semesterferien problemlos anmelden,liegt falsch. Bereits Ende des vorangehendenSemesters ist der Andrang riesig. Von zweiProfessuren bekam ich eine Absage mit derBegründung, die Kapazität der Lehrendenfür die Betreuung der Wahlfacharbeiten seibereits ausgeschöpft.«Natürliche Selektion»Aber: Nicht in jedem Kurs wird das Motto«Der frühe Vogel fängt den Wurm» befolgt.Drei Tage später sitze ich in einem weiterenWahlfach – das heisst, ich sitze nicht, ichstehe, und das noch nicht einmal im Seminarraum,sondern draussen vor der Tür. Denndas Zimmer ist so überfüllt, dass weit mehrals die Hälfte der Interessierten stehen mussoder gar nicht in den Raum gelangt. Der fensterlose,schlecht belüftete Raum quillt förmlichüber von nervösen und wütenden Studenten.Schon nach wenigen Minuten ist dieLuft so schlecht, dass das Denken schwer fällt.Auf dem Korridor stehend erfahre ichvon dem, was im Inneren <strong>ab</strong>geht, nur perMund-zu-Mund-Übertragung. Noch immerkommen verspätete Mitstudenten an und ihreGesichter sprechen Bände. Die einen drehengleich wieder um, andere versuchen sich vorzudrängelnund wieder andere richten es sichaus Erfahrung gemütlich auf dem Fussbodenein. Ganz im Sinne von Darwins Evolutionstheorieselektioniert die Einführungsvorlesungbereits die Schwächsten aus dem Kurs.Nach einer Stunde dann – endlich – derentscheidende Moment: Mit einem verzweifeltenSchmunzeln erklärt die Assistentin,dass sich auch in diesem Semester wiederviel zu viele – oder, genauer gesagt: über ein-Polykum Nr. 6/10-11

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