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Atomare Datenkrake - Die Datenschleuder - CCC

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verfügten, im Deutschen Archäologischen Institut<br />

in Kairo und im Goethe‑Institut. [ESE95]<br />

Es ist also wenigstens ein Fall bekannt, in dem<br />

das Goethe-Institut als Legendierung genutzt<br />

wurde. Wir haben keine weiteren Fälle in der<br />

einschlägigen Fachliteratur gefunden. Möglicherweise<br />

rechtfertigt das nicht die ursprünglich<br />

getroffene Pauschalisierung. <strong>Die</strong> Änderung<br />

aus dem BND-Netz stimmt aber ebenfalls nicht<br />

ganz. Im allgemeinen begrüßen wir jedoch ausdrücklich,<br />

wenn BND-Mitarbeiter ihr Wissen<br />

und ihre <strong>Die</strong>nstzeit nutzen, um an der Wikipedia<br />

mitzuarbeiten.<br />

Im Rahmen dieser Recherche sind wir auf einige<br />

Personen aufmerksam geworden, die aus<br />

den BND-Netzen das Internet benutzt haben.<br />

<strong>Die</strong> Informationen waren bzw. wären brauchbar,<br />

um Klarnamen zu ermitteln. In einem Fall<br />

stand die Vermutung im Raum, daß die betroffene<br />

Person eine Attaché-Funktion in einer<br />

deutschen Botschaft in Südeuropa übernommen<br />

hat. Wir möchten aber davon Abstand nehmen,<br />

an dieser Stelle über Mitarbeiter des BND<br />

zu schreiben.<br />

<strong>Die</strong> vom BND genutzten IP-Adreßbereiche<br />

haben wir 2008 mit der Liste der Tor-Knoten<br />

abgeglichen. Dabei konnten wir keine Hinweise<br />

darauf finden, daß der BND eigene Tor-Knoten<br />

betreibt. Allerdings müßte selbst dem Bundesnachrichtendienst<br />

klar sein, daß für das Anzapfen<br />

von Tor-Ausleitungen besser ein Root-Server<br />

angemietet wird [<strong>CCC</strong>08].<br />

In der Nacht vom 14. auf den 15. November sind<br />

die Netze aus der RIPE-NCC-Datenbank wohl<br />

anläßlich der Veröffentlichung auf wikileaks.<br />

org verschwunden. <strong>Die</strong> Autoren konnten diese<br />

Änderungen verwundert und amüsiert live mitverfolgen.<br />

Unter [WL08] haben die Betreiber<br />

von wikileaks nunmehr die Bitte des T-Systems<br />

CERTs veröffentlicht, die Datei mit den aufgelisteten<br />

Netzwerken zu entfernen.<br />

Gleichfalls sind auch die vier Adreßbereiche zu<br />

SCHWAIGER-NET verschwunden, von denen<br />

wir lediglich die Vermutung hatten, daß sie<br />

zum BND gehörten, weil Herbert Schunk als<br />

14 14<br />

whotFis<br />

Kontakt eingetragen war. Dafür, daß die Netze<br />

jahrelang einsehbar waren, hätte diese Nacht-<br />

und Nebelaktion auch entspannter angegangen<br />

werden können.<br />

Wir möchten darauf hinweisen, daß sämtliche<br />

hier zusammengetragenen Informationen<br />

öffentlich sind. Das ist vergleichbar mit der<br />

Recherche in Telefonbüchern. Es bestand keine<br />

Notwendigkeit, in Computer-Netzwerke einzudringen.<br />

Am Rande ist uns der eine oder andere<br />

offene Port aufgefallen. Wir haben das jedoch<br />

nicht weiter verfolgt.<br />

Ausgangspunkt für die Nachforschungen<br />

waren die Daten der RIPE-NCC, die auch unabhängig<br />

von den BVOE-Netzen durchaus interessant<br />

sind (Hint!). Daß diese Daten brauchbar<br />

sind, sollte auch Behörden bekannt sein.<br />

Immerhin empfiehlt das BSI zum „Verdeckte[n]<br />

Abfragen von Netzwerkbasisinformationen” die<br />

„Abfrage von öffentlichen Datenbanken (Whois,<br />

Ripe, Arin)”. Der Aufwand sei „gering”. Wir<br />

können uns dieser Aussage vollumfänglich<br />

anschließen.<br />

Das BSI ist in den 90er Jahren aus der Zentralstelle<br />

für Chiffrierwesen (ZfCH) des BND – dort<br />

damals Unterabteilung 62 – hervorgegangen.<br />

Entsprechende Informationen über Netzwerkrecherchen<br />

sollten also auch dem BND bekannt<br />

sein. Um so mehr verwundert es, daß die Registrierungen<br />

in der RIPE-Datenbank so panikartig<br />

ausgetragen wurden. <strong>Die</strong>se Reaktion des<br />

Bundesnachrichtendienstes auf die Veröffentlichung<br />

in wikileaks.org halten wir für ein Stück<br />

weit überzogen, zumal es die bis dato angefallenen<br />

Datenspuren nicht entfernt und Verdachtsmomente<br />

erhärtete.<br />

Wir können nicht abschätzen, welche Konsequenzen<br />

sich aus der Veröffentlichung auf wikileaks.org<br />

ergeben. Das hängt nicht zuletzt davon<br />

ab, was Organisationen und <strong>Die</strong>nste anderer<br />

Staaten an Logfiles aufgehoben haben. Ob<br />

dadurch Vorgänge transparent oder sogar Quellen<br />

enttarnt werden, man weiß es nicht. Der<br />

BND muß im schlimmsten Fall lernen, daß auf<br />

Vorrat angelegte Datenberge gegen ihn verwendet<br />

werden können. Vor diesem Hintergrund<br />

die datenschleuder. #93 / 2008

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