Atomare Datenkrake - Die Datenschleuder - CCC
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das „Betreuungswerk D. LVP Pullach” gestoßen,<br />
das als Tennisverein aufge listet wurde. Außer<br />
der Postfachadresse 20 04 31 in 80004 München<br />
und einer Telefonnummer aus Pullach<br />
gab es dazu jedoch keine weiteren Informationen.<br />
TSI hingegen, so wurde uns gewahr, war<br />
das Kürzel der T-Systems International GmbH –<br />
der Großkundentochter der DTAG.<br />
<strong>Die</strong> Eintragungen in der RIPE-Datenbank<br />
waren von betonter Unauffälligkeit und paßten<br />
ins Bild. Es stellte sich nunmehr die Frage,<br />
ob diese Netze nachweisbar dem BND zuzuordnen<br />
seien. Das Dokument auf wikileaks.org nennt<br />
zu den Netzen aus dem „Projekt BVOE für die<br />
LVP” ein Netz der Fernmeldestelle Süd. Damit<br />
ist die Fernmeldestelle Süd der Bundeswehr in<br />
Gablingen gemeint. Bis 1994 wurde die dortige<br />
Wullenweber-Anlage als Field Station Augsburg<br />
vom amerikanischen Militär als SIGINT-Station<br />
genutzt. Der BND durfte die Anlage mitbenutzen<br />
[W07]. Seit dem Auszug der amerikanischen<br />
Streitkräfte 1994 ist der BND Betreiber<br />
der Anlage unter dem Decknamen „Drehpunkt”,<br />
auch wenn die Fernmeldestelle Süd<br />
namentlich als Bundeswehreinrichtung ausgewiesen<br />
wird.<br />
Trotz des Machtkampfes zwischen BND und<br />
Bundeswehr, der in der Auflösung des Zentrums<br />
für Nachrichtenwesen der Bundeswehr<br />
(ZNBw) und damit der weitgehenden Unüberprüfbarkeit<br />
von BND-Meldungen gipfelte [Richter],<br />
tarnt sich der BND weiterhin unter Bun-<br />
10 10<br />
whotFis<br />
Lage- und Informationszentrum<br />
deswehrlegende. So werden alle beim BND<br />
eingesetzten Soldaten formal in das Amt für<br />
Militärkunde (AMK) versetzt [Juretzko]. Darüberhinaus<br />
gibt es eine Parallele zum Augsburger<br />
Fall, in der von den amerikanischen Streitkräften<br />
aufgegebenen Satellitenabhörstation der<br />
National Security Agency (NSA) in Bad Aibling,<br />
die heute vom BND unter der Tarnbezeichnung<br />
„Fernmeldeweitverkehrsstelle der Bundeswehr”<br />
(FmWVStBw) – Deckname Seeland – betrieben<br />
wird.<br />
LVP ist das Kürzel der Liegenschaftsverwaltung<br />
Pullach. Entsprechend benannte Netze,<br />
beispielsweise LIEGENSCHAFTSVERWAL-<br />
TUNG-PULLACH-PULLACH-NET [sic!], das<br />
etwa zwischen 2005 und 2007 existierte, hatten<br />
als administrativen und technischen<br />
Ansprechpartner Gerhard Zucht eingetragen.<br />
Dessen Personeneintrag wies die Adresse der<br />
Liegenschaftsverwaltung Pullach in der Heilmannstraße<br />
30 aus. Das ist auch die offizielle<br />
Anschrift der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes.<br />
Das Netz mit dem Namen BVOENET hieß vor<br />
Januar 2007 BUNDESSTELLE-FUER-FERN-<br />
MELDESTATISTIK-GAUTING-NET. <strong>Die</strong> Bundesstelle<br />
für Fernmeldestatistik ist seit Jahrzehnten<br />
die Legendierung für die (bisherige)<br />
Abteilung 2 des BND. <strong>Die</strong>se BND-Abteilung<br />
betreibt technische Aufklärung. <strong>Die</strong> Zentralstelle<br />
der Bundesstelle für Fernmeldestatistik –<br />
Deckname Stellwerk – ist in der Wanney straße<br />
10 in Stockdorf, einem Ortsteil<br />
der Gemeinde Gauting. Es besteht<br />
kein Zweifel, daß diese Netze vom<br />
Bundesnachrichtendienst verwendet<br />
wurden.<br />
Sämtliche Personen aus den Personenobjekten,<br />
so vermuten wir<br />
zumindest, sind Telekom- bzw.<br />
T-Systems-Mitarbeiter, auch wenn<br />
sie etwa mit „BVOE Management”<br />
beschrieben sind. Für Gerhard<br />
Zucht ist zwar als Adresse die LVP<br />
in der Heilmannstraße angegeben,<br />
Mailadresse und Telefonnummer<br />
stammen aber von T-Systems.<br />
die datenschleuder. #93 / 2008