30 Jahre unter den Toten - Herzlich willkommen bei „Die Liebe Gottes“

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Dr. Wir bemühen uns, Geistern zu helfen, die in Not sind, und wenn du vonhier fortgehst, wirst du sehr glücklich werden.G. Ich will Ihnen etwas erzählen. Der Pfarrer, zu dem wir in die Kirche gingen,sagte: "Wenn Ihr nicht das und das tut und jeden Abend betet und allesopfert, dann kommt Ihr in die Hölle." Er meinte, wir dürften nicht essen,und sollten auf dem Fußboden schlafen, um unseren Körper um Christi willenzu peinigen.Dr. Dieser Pfarrer ist wahnsinnig.G. Er sagte, wir dürften nur von trocken Brot und Wasser leben. Er sagte auch,ich wäre eine Sünderin und müßte alles Geld, das ich verdiente, dem Herrngeben und seine Sklavin sein!Ich fragte ihn, ob denn der Herr so arm wäre, daß er all mein Geldbrauchte; darauf erwiderte er, diese Frage käme vom Teufel. Ich arbeitetesehr schwer, und Mama nahm mir all mein Geld fort für die Kirche. Ichging tagsüber in ein Geschäft nähen, aber meine Mama nahm mich jedenAbend mit in die Kirche. Alles, was ich bekam, war eine harte Kruste Brotund etwas Wasser in Jesu Namen.Dr. Wie alt bist du denn?G. Ungefähr 16 oder 17 Jahre.Dr. In was für einem Geschäft hast du denn gearbeitet?G. Ich nähte Mäntel.Dr. In Chikago?G. Nein, aber wir waren in einer großen Stadt. Ich kann mich auf den Namennicht besinnen. Dieser Pfarrer predigte in einem fort.Dr. Das ist jetzt alles vorüber.G. Ich habe Mama manchmal gefragt, weshalb wir denn immerzu singen undbeten müßten. Ich mußte oft bei mir denken: Gott ist doch die Liebe, undwir alle sind seine Kinder. Weshalb läßt er uns dann so schwer arbeiten undverlangt, daß wir unseren Körper aufopfern, so daß wir kaum noch etwasKraft behalten? Und dann sollen wir Ihm auch noch all unser Geld geben?Ist er denn so arm?Dr. Der Herr hat mit all diesen Dingen nichts zu tun. Nur unwissende undwahnsinnige Menschen behaupten solchen Unsinn.G. Er ist aber doch Pfarrer!Dr. Zu welcher Kirche gehörtet Ihr?G. Der Pfarrer behauptete, wenn wir nicht täten, was er uns sage, dann kämenwir in die Hölle. Er redete in einem fort, und wir mußten ihm zuhören. Ichweiß nicht warum, aber ich bin nicht mehr nähen gegangen, seit ich in demgroßen Feuer war. Es scheint mir Feuer und Erdbeben gewesen zu sein. Ichfühlte mich so elend, weil ich am Ersticken war und husten mußte. MeineMama und ich, wir hatten kein Haus mehr, worin wir schlafen konnten. DerPfarrer meinte, wir könnten überall schlafen, wenn wir nur arbeiteten undunser Geld dem Herrn gäben, dann würde es uns gut gehen. Manchmalwünschte ich mir so sehr ein neues Kleid; ich verdiente nicht viel, aberwenn ich mein Geld hätte behalten können, hätte ich mir mal ein neues— 350 —

Kleid kaufen können. Mama aber nahm mir alles Geld ab. Sie sagte: "MaryAnn, du mußt es dem Herrn opfern." Da habe ich manchmal gesagt: "Undwenn ich auch in die Hölle komme! Mir scheint das immer noch besser, alsimmer nur das hohle Gerede vom Herrn anhören zu müssen." Ich weiß janicht, ob es wirklich besser gewesen wäre, aber mir kam es jedenfalls sovor.Dr. All dies fanatische Zeug ist grundfalsch bis zum letzten Tüpfelchen. Gottist Geist und Gott ist Liebe. Der liebe Gott hat mit solchem blöden undfanatischen Geschwätz rein gar nichts zu tun. Er braucht von niemandemGeld.G. Weshalb gibt man ihm denn?Dr. Gott bekommt das Geld ja gar nicht, sondern die Pfarrer! Der liebe Gottbraucht es nicht.G. Braucht Gott unser Geld überhaupt nicht?Dr. Nein. Gott ist Geist. Geist ist unsichtbar. Ich spreche mit dir und du mitmir, und doch bist du für uns nicht sichtbar. Wir können dich nicht sehen.Die Seele ist unsichtbar. Du siehst meinen Körper, aber nicht meine Seele.Gott ist ebenfalls unsichtbar, und Er ist nicht an einem bestimmten Ort wiewir. Er ist die Seele aller Dinge.G. Der Pfarrer sagte aber doch, Er säße auf einem Throne und Jesus zu Seinerrechten Hand. Warum sagt er uns sowas, wenn es nicht wahr ist?Dr. Weil "die Wahrheit nicht in ihm ist". Er ist nicht aufrichtig.G. Aber Jesus ist doch für unsere Sünden gestorbenDr. Nein, das hat er nicht getan.G. Er hat gesagt: "Nimm mein Kreuz auf dich und folge mir, und gehe jedenTag in die Kirche."Dr. Jesus hat das Kirchengehen nie erwähnt. Seine Lehren betrafen das"Höhere Leben".G. Den Himmel?Dr. Nicht so, wie du das meinst. Der Himmel ist ein innerlicher Glückzustandder Seele. Wenn du ein neues Kleid bekommen hättest, wie du gern wolltest,dann wärest du doch glücklich, nicht wahr?G. Ja, ich hätte so gern ein neues Kleid gehabt. Ich mache mir nicht viel ausModesachen. Ich wünschte mir aber doch mal ein hübsches neues Kleid,freilich nicht so eins wie der Pfarrer meinte, daß wir es tragen sollten. Wirmußten aber all unser Geld dem Herrn geben.Dr. Nein, das habt ihr gar nicht getan, ihr habt es doch nur dem Pfarrer gegeben.G. Er gab uns einige alte Kleider, die der Kirche geschenkt worden waren; undmeine Mama sagte, wir müßten opfern. Wenn ich mich dagegen auflehnte,meinte Mama: "Du kommst in die Hölle, wenn du nicht tust, was der Herrwill".Dr. Es gibt keinen solchen Ort, den man mit "Hölle" bezeichnen kann.G. Keine Hölle?Dr. Natürlich nicht!— 351 —

Dr. Wir bemühen uns, Geistern zu helfen, die in Not sind, und wenn du vonhier fortgehst, wirst du sehr glücklich wer<strong>den</strong>.G. Ich will Ihnen etwas erzählen. Der Pfarrer, zu dem wir in die Kirche gingen,sagte: "Wenn Ihr nicht das und das tut und je<strong>den</strong> Abend betet und allesopfert, dann kommt Ihr in die Hölle." Er meinte, wir dürften nicht essen,und sollten auf dem Fußbo<strong>den</strong> schlafen, um unseren Körper um Christi willenzu peinigen.Dr. Dieser Pfarrer ist wahnsinnig.G. Er sagte, wir dürften nur von trocken Brot und Wasser leben. Er sagte auch,ich wäre eine Sünderin und müßte alles Geld, das ich verdiente, dem Herrngeben und seine Sklavin sein!Ich fragte ihn, ob <strong>den</strong>n der Herr so arm wäre, daß er all mein Geldbrauchte; darauf erwiderte er, diese Frage käme vom Teufel. Ich ar<strong>bei</strong>tetesehr schwer, und Mama nahm mir all mein Geld fort für die Kirche. Ichging tagsüber in ein Geschäft nähen, aber meine Mama nahm mich je<strong>den</strong>Abend mit in die Kirche. Alles, was ich bekam, war eine harte Kruste Brotund etwas Wasser in Jesu Namen.Dr. Wie alt bist du <strong>den</strong>n?G. Ungefähr 16 oder 17 <strong>Jahre</strong>.Dr. In was für einem Geschäft hast du <strong>den</strong>n gear<strong>bei</strong>tet?G. Ich nähte Mäntel.Dr. In Chikago?G. Nein, aber wir waren in einer großen Stadt. Ich kann mich auf <strong>den</strong> Namennicht besinnen. Dieser Pfarrer predigte in einem fort.Dr. Das ist jetzt alles vorüber.G. Ich habe Mama manchmal gefragt, weshalb wir <strong>den</strong>n immerzu singen undbeten müßten. Ich mußte oft <strong>bei</strong> mir <strong>den</strong>ken: Gott ist doch die <strong>Liebe</strong>, undwir alle sind seine Kinder. Weshalb läßt er uns dann so schwer ar<strong>bei</strong>ten undverlangt, daß wir unseren Körper aufopfern, so daß wir kaum noch etwasKraft behalten? Und dann sollen wir Ihm auch noch all unser Geld geben?Ist er <strong>den</strong>n so arm?Dr. Der Herr hat mit all diesen Dingen nichts zu tun. Nur unwissende undwahnsinnige Menschen behaupten solchen Unsinn.G. Er ist aber doch Pfarrer!Dr. Zu welcher Kirche gehörtet Ihr?G. Der Pfarrer behauptete, wenn wir nicht täten, was er uns sage, dann kämenwir in die Hölle. Er redete in einem fort, und wir mußten ihm zuhören. Ichweiß nicht warum, aber ich bin nicht mehr nähen gegangen, seit ich in demgroßen Feuer war. Es scheint mir Feuer und Erdbeben gewesen zu sein. Ichfühlte mich so elend, weil ich am Ersticken war und husten mußte. MeineMama und ich, wir hatten kein Haus mehr, worin wir schlafen konnten. DerPfarrer meinte, wir könnten überall schlafen, wenn wir nur ar<strong>bei</strong>teten undunser Geld dem Herrn gäben, dann würde es uns gut gehen. Manchmalwünschte ich mir so sehr ein neues Kleid; ich verdiente nicht viel, aberwenn ich mein Geld hätte behalten können, hätte ich mir mal ein neues— 350 —

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