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Kap 4: Zum Spannungsverhältnis von Verfassung und Strafrecht - KHA

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128Schächten <strong>von</strong> TierenErstgericht als auch das OLG als Berufungsgericht dieses Vorgehen demStraftatbestand des § 222 StGB: 15 „Schafe erleiden beim Schächten einelangsame Blutentziehung, die schließlich zum Tod führt. Schächten ohneBetäubung ist bei diesen Tieren mit erheblichen Angstzuständen <strong>und</strong>größten Schmerzen in der Dauer <strong>von</strong> zumindest 25 bis 40 Sek<strong>und</strong>en verb<strong>und</strong>en.Durch Schächten werden Schafe roh misshandelt, <strong>und</strong> es werdenihnen unnötige Qualen zugefügt. Die Angeklagten haben dies ernstlichbedacht <strong>und</strong> sich damit abgef<strong>und</strong>en; es mangelte ihnen am Mitgefühl fürdie unnötig leidenden Tiere.“ 16 Das Berufungsgericht schloss sich dieserAuffassung des Landesgerichtes an <strong>und</strong> stützte sich zudem auf ein tierärztlichesSV-Gutachten, das in Ergänzung des Beweisverfahrens eingeholtwurde <strong>und</strong> die Auffassung des Erstgerichtes bestätigte. Beide Gerichteerachteten alle objektiven <strong>und</strong> subjektiven Tatbestandsmerkmale desVergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 StGB verwirklicht. DasBerufungsgericht äußerte sich zudem auch zur in Art 9 Abs 1 EMRKverbrieften Religionsfreiheit. Diese „bedeute nicht, dass religiöse Vorschriftenden Vorrang vor staatlichen Gesetzen“ hätten. Vielmehr normiereArt 9 Abs 2 EMRK, „dass die Religions- <strong>und</strong> Bekenntnisfreiheit nichtGegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen seindürfe, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmenim Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Ges<strong>und</strong>heit<strong>und</strong> Moral oder für den Schutz der Rechte <strong>und</strong> Freiheiten anderersind“. Das Berufungsgericht stellte in diesem Zusammenhang fest,dass auch das (im konkreten Fall Tiroler) Tierschutzgesetz als Teil deröffentlichen Ordnung das Schlachten <strong>von</strong> Tieren nur nach vorherigerBetäubung erlaube <strong>und</strong> das „Entbluten <strong>von</strong> Tieren“ ohne vorherige Betäubungverbiete. 17 In konsequenter Folge der geschilderten Ausführungengab das OLG den Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil desLandesgerichtes wegen Nichtigkeit, Schuld <strong>und</strong> Strafe nicht Folge. 18 Allerdingswurde der OGH nach einer vom Generalprokurator erhobenenNichtigkeitsbeschwerde als Kassationsgericht tätig <strong>und</strong> hob die Urteiledes Landes- wie des Berufungsgerichtes „wegen Verletzung des Gesetzesin der Bestimmung des § 222 Abs 1 StGB“ auf. In der Begründung führtder OGH aus, dass die Begehungsarten des § 222 Abs 1 StGB „auf Tathandlungeneingeschränkt“ seien, „die mit den Werten, die der österrei-________________15 Vgl EvBl 1996, 670f.16 ebd 670.17 Vgl ebd 670f.18 Vgl OLG Innsbruck 7 Bs 475/92.

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