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Kap 4: Zum Spannungsverhältnis von Verfassung und Strafrecht - KHA

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<strong>Zum</strong> Spannungsverhältnis <strong>von</strong> <strong>Verfassung</strong> <strong>und</strong> <strong>Strafrecht</strong> 145Rechtspflicht nicht mehr zumutbar ist“. 98 Im Verhältnis <strong>von</strong> Freiheit <strong>und</strong>Gleichheit im Spannungsverhältnis <strong>von</strong> Religions- <strong>und</strong> Gewissensfreiheiteinerseits <strong>und</strong> Gleichheit der bürgerlichen Pflichten im Rahmen des Art14 StGG andererseits meint Ermacora, dass dort, „wo das Interesse an derErhaltung der menschlichen Persönlichkeit größer ist als an ihrer Einschmelzung“,die „differenzierte Behandlung der Persönlichkeit die Folge“sein wird. 99 „Insofern ist es dogmatisch möglich, die Gewissensfreiheitdes Art 14 Abs 1 StGG (<strong>und</strong> des Art 9 EMRK) prinzipiell für einenGewissenskonflikt im Rahmen der <strong>Zum</strong>utbarkeit bei Unterlassungsdeliktenfruchtbar zu machen.“ 100 Allerdings muss berücksichtigt werden, dassdas hypothetische Verhalten der Maßfigur an den gr<strong>und</strong>rechtlichen Normierungen<strong>und</strong> Werten orientiert zu denken ist. Durch das Einfließen derverfassungsrechtlichen Wertentscheidung für die Gewissensfreiheit in diegedachte Maßfigur „folgt freilich noch nicht, dass die Gewissensfreiheitstets, oder auch nur regelmäßig, prävaliert“. 101 Hier muss im Einzelfallgeprüft <strong>und</strong> entschieden werden. Diese gr<strong>und</strong>sätzlichen Überlegungenändern aber nichts daran, dass im gegenständlichen Fall die Berufung aufdie Religions- <strong>und</strong> Gewissensfreiheit aus den angeführten Gründen insLeere geht <strong>und</strong> die Verweigerung der lebensrettenden Bluttransfusionrechtswidrig bleibt, zumal sie als sozial inadäquat zu klassifizieren ist <strong>und</strong>den unserer Gesellschaft <strong>und</strong> unserer Rechtsordnung zugr<strong>und</strong>e liegendenWerten diametral entgegensteht, insbesondere dem verfassungsrechtlichgarantierten Recht auf Leben. Eine Interessensabwägung muss sich anden gr<strong>und</strong>rechtlichen Normierungen orientieren <strong>und</strong> berücksichtigen, dassdie Erziehungsberechtigten nicht Träger der Gewissensfreiheit des Kindessind: 102 Während es einerseits durchaus unserer Rechtsordnung entspricht,„dass das (Straf-)Gesetz vor der höchstpersönlichen Entscheidung desEinzelnen, sich einer medizinisch gebotenen Behandlung zu unterziehen,zurücktritt <strong>und</strong> ihm die Möglichkeit eröffnet, eine solche Behandlung ausGewissensgründen auch zu verweigern“, ist es andererseits „sehr sachgerecht,wenn die Rechtsordnung die Bereitschaft, für eine Glaubensüberzeugungzu sterben, nicht durch eine andere Person, <strong>und</strong> zwar auch nichtdurch einen sonst Einwilligungsberechtigten, artikulieren lässt“. 103 Das________________98 Vgl ebd 365.99 Vgl Ermacora, zit n Lewisch 365f.100 Lewisch 366.101 Vgl ebd.102 Vgl ebd unter Bezugnahme auf VfSlg 800.103 Vgl Lewisch 366f.

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