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Kap 4: Zum Spannungsverhältnis von Verfassung und Strafrecht - KHA

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<strong>Zum</strong> Spannungsverhältnis <strong>von</strong> <strong>Verfassung</strong> <strong>und</strong> <strong>Strafrecht</strong> 137weigerung einer notwendigen Bluttransfusion, an deren Stelle eine relativriskante alternative Behandlungsmethode tritt, eine Einwilligung iSd § 90Abs 1 StGB darstellen. „Gegenstand der Einwilligung kann ... nur diemehr oder weniger riskante Handlung des Täters sein.“ 59 Allerdings rechtfertigtdie Einwilligung die gefährliche Handlung nur dann, „wenn sienicht etwa trotz der Einwilligung den guten Sitten widerspricht“. 60 DieEinwilligung in eine alternative, aber im Verhältnis zur Bluttransfusionriskante Behandlungsmethode, die zum Tod des Kindes führt, widersprichtaber klar den guten Sitten. „Sie widerspricht den guten Sitten,wenn dem maßgerechten Menschen die Sorge um die Ges<strong>und</strong>heit desOpfers wichtiger wäre als die Rücksicht auf dessen Wünsche. Auf Handlungen,die eine beträchtliche Gefahr schwerer Folgen mit sich bringen,lässt sich der maßgerechte Mensch nicht ein, auch wenn das Opfer mit derHandlung einverstanden ist.“ 61 Dies gilt um so mehr, wenn sich Erziehungsberechtigteim Rahmen der gesetzlichen Vertretungsbefugnis 62 dieEinwilligung für das unmündige Opfer anmaßen, auch wenn dies ausvermeintlich ehrenwerten oder religiösen Motiven geschieht. Es fehltzudem an der Sozialadäquanz. Für die Beurteilung derselben kommt eswiederum auf das Verhalten des maßgerechten Menschen an. Eine notwendigeBluttransfusion für ein Kind zu verweigern <strong>und</strong> statt dessen eineriskante alternative Behandlungsmethode zu veranlassen ist sozial inadäquat,es „ist gewissenlos, widerspricht den guten Sitten, der maßgerechteMensch tut so etwas nicht, eben weil er sich um das Leben <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit... sorgt“. 63 § 90 StGB determiniert die relativ engen Grenzen desSelbstbestimmungsrechtes über Leib <strong>und</strong> Leben. „Jenseits dieses Bereichesist die Mitwirkung auch an bewusster Selbstgefährdung rechtswidrig<strong>und</strong> je nach den Folgen strafbar, wie auch die Mitwirkung am Selbstmordrechtswidrig <strong>und</strong> strafbar ist.“ 64 Bei der Verweigerung der Einwilligung indie Bluttransfusion durch die Erziehungsberechtigten allein, ohne die denguten Sitten widersprechende Einwilligung in die alternative <strong>und</strong> risikobehafteteBehandlungsmethode, wäre hingegen gegebenenfalls ein TatvorsatziSd §§ 2, 75 StGB (Mord durch Unterlassen) zu bejahen, wenn________________59 Nowakowski JBl 1972, 28, zit n Bertel/Schwaighofer I, § 90 Rz 2.60 Vgl Bertel/Schwaighofer I, § 90 Rz 4.61 ebd.62 Vgl §§ 144, 154 uns 154a ABGB.63 Vgl Bertel/Schwaighofer I, § 90 Rz 10, unter Bezugnahme auf das Beispiel einesRadfahrers, der veranlasst wird, nachts mit unbeleuchtetem Rad auf einer vielbefahrenenStraße zu fahren.64 ebd.

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