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Update Liechtenstein, Schweiz* - Raun-wagner.de

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DR. JUR. KLAUS-R. WAGNER Lessingstraße 10Rechtsanwalt u. Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>nTelefon (06 11) 3 92 04/5Telefax (06 11) 30 72 51Handy (01 71) 3 55 66 44http://www.raun-<strong>wagner</strong>.<strong>de</strong>K.-R.Wagner@t-online.<strong>de</strong>Dr. Klaus-R. Wagner, Wiesba<strong>de</strong>nRechtsanwalt und Notar . Fachanwalt für Steuerrecht<strong>Update</strong> <strong>Liechtenstein</strong>, <strong>Schweiz*</strong>InhaltsübersichtI. EinleitungII.III.<strong>Liechtenstein</strong>1. Gesellschaftsrechtliche Einordnung von liechtensteiner Stiftungen in Deutschlanda) <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftungb) <strong>Liechtenstein</strong> im europäischen Kontext2. Zuwendung von Stiftungsleistungen3. Steuerrechtliche Behandlung liechtensteiner Stiftungen in DeutschlandSchweiza) § 15 AStGb) Zur Übertragung von Vermögen auf eine liechtensteiner Stiftung - schenkungssteuerpflichtige Schenkung ?c) Einschaltung einer liechtensteiner Gesellschaft als Rechtsmissbrauch ?1. Gesellschaftsrechtliche Einordnung von schweizer Gesellschaften in Deutschland2. Zur strafrechtlichen Würdigung <strong>de</strong>s Ankaufs gestohlener Datena) Strafbarkeit ?b) Beweisverwertungsverbot ?I. EinleitungIn <strong>de</strong>n Medien und von Politikern ist immer wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Satz zu hören, es seien von DeutschenGel<strong>de</strong>r „an <strong>de</strong>r Steuer vorbei“ in <strong>Liechtenstein</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweiz angelegt wor<strong>de</strong>n, was zu Steuerhinterziehungenin in größerem Ausmaß geführt habe. Dies ist in dieser Verallgemeinerungunzutreffend. Denn wenn Deutsche Gel<strong>de</strong>r, die sie in Deutschland bereits versteuert haben, in<strong>Liechtenstein</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweiz anlegen, ist dies in Deutschland nicht per se Steuerhinterziehung,kann doch je<strong>de</strong>r sein in Deutschland bereits versteuertes Geld anlegen, wo er möchte, ohne <strong>de</strong>shalbnochmals Steuern entrichten zu müssen.als Rechtsanwalt in folgen<strong>de</strong>n Rechtsbereichen tätig: Europarecht; privates Baurecht;Amtshaftungsrecht; Gesellschaftsrecht; Grundstücks- und Immobilienrecht; Kapitalanlagerecht;Mitarbeiterbeteiligungsrecht; Finanzgerichtsprozesse (incl. BFH); VerfassungsrechtSprechstun<strong>de</strong>n nur nach Vereinbarung ⋅ Bürostun<strong>de</strong>n Montag bis Freitag 9.00 bis 17.00 UhrHinweis gemäß § 33 BDSG: personenbezogene Daten wer<strong>de</strong>n gespeichert / telefonische Auskünfte sind unverbindlichWiesba<strong>de</strong>ner Volksbank (BLZ 510 900 00) Konto-Nr. 234 710 (Rechtsanwalt) ⋅ Konto-Nr. 253 200 (Notar)


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 2 -Eine ganz an<strong>de</strong>re Frage ist, ob Deutsche, die bereits versteuertes Geld in einer liechtensteinerStiftung o<strong>de</strong>r einer schweizer Kpitalgesellschaft anlegen, und diese Gesellschaften damit Erträgeerzielen, diese Erträge besagter Gesellschaften in Deutschland in ihrer Steuererklärung angebenund alsdann versteuern müssen. Und wür<strong>de</strong> dies unterlassen, stellt sich diesebzüglich die Frage<strong>de</strong>r Steuerhinterziehung in Deutschland. Dem wird nachfolgend nachzugehen sein.Wer<strong>de</strong>n von Deutschen noch nicht versteuerte Gel<strong>de</strong>r in liechtensteiner Stiftungen bzw. SchweizerKapitalgesellschaften angelegt, um sich <strong>de</strong>r Versteuerung <strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>r in Deutschland zu entziehen,so mag dies Steuerhinterzeihung sein. Dies hat aber nichts mit <strong>de</strong>r Anlage in <strong>Liechtenstein</strong>o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweiz zu tun, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r unterlassenen Versteuerung besagter Gel<strong>de</strong>r inDeutschland. Dem soll hier nicht näher nachgegangen wer<strong>de</strong>n.Es wird mithin <strong>de</strong>utlich, daß man die Sachverhalte unterschei<strong>de</strong>n muß und nicht mit unzutreffen<strong>de</strong>nVerallgemeinerungen („Anlage von Gel<strong>de</strong>rn an <strong>de</strong>r Steuer vorbei“ in <strong>Liechtenstein</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rSchweiz) je<strong>de</strong>n Deutschen unter <strong>de</strong>n Generalverdacht <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung stellen sollte, <strong>de</strong>rGel<strong>de</strong>r in <strong>Liechtenstein</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweiz angelegt hat. Und so entbehrt es zu<strong>de</strong>m je<strong>de</strong>r rechtlichenGrundlage, wenn zu<strong>de</strong>m die Politik <strong>Liechtenstein</strong> und die Schweiz damit angreift, sie wür<strong>de</strong>nall <strong>de</strong>n Steuerhinterziehern Schutz gewähren, die Gel<strong>de</strong>r dort angelegt hättenAbschließend soll nachfolgend auch <strong>de</strong>r Frage nachgegangen wer<strong>de</strong>n, inwieweit sich <strong>de</strong>utscheInstitutionen strafrechtlich korrekt verhalten, wenn sie CDs ankaufen, auf <strong>de</strong>nen sie Daten von(vermeintlichen) Steuerhinterziehern vermuten, nur um aufgrund <strong>de</strong>s Publikmachens dieses Tatbestan<strong>de</strong>szu provozieren, daß Personen, die sich <strong>de</strong>m Verdacht <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung nichtaussetzen wollen, in Deutschland vorsorglich selbst anzeigen.Unabhängig von all <strong>de</strong>m soll nachfolgend ferner auf neuere Rechtsprechung eingegangen wer<strong>de</strong>n,die mit <strong>de</strong>m Thema dieses Beitrages im Zusammenhang steht.II.<strong>Liechtenstein</strong>An an<strong>de</strong>rer Stelle habe ich bereits folgen<strong>de</strong>s auf folgen<strong>de</strong>s hingewiesen: 1)- Die Anlage von bereits versteuerten Gel<strong>de</strong>rn in liechtensteiner Stiftungen stellt keine Steuerhinterziehungdar. Sie ist in Deutschland auch nicht <strong>de</strong>klarierungspfichtig.- Erträge, die besagte Stiftungen erwirtschaften, sind von besagten Stiftungen in <strong>Liechtenstein</strong>und nicht von <strong>de</strong>utschen Stiftern in Deutschland zu versteuern. Auch insoweit ist keineSteuerhinterziehung gegeben.- Diejenigen, die wegen § 15 AStG an<strong>de</strong>res vertreten haben, blen<strong>de</strong>ten europäisches Gemeinschaftsrechtaus, insbeson<strong>de</strong>re wird die vorab zu klären<strong>de</strong> Rechtsfrage nicht beantwortet,daß § 15 AStG in <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung wohl mit europäischem Gemeinschaftsrechtnicht in Einklang gestan<strong>de</strong>n haben dürfte. Und wäre dies <strong>de</strong>r Fall, dannwür<strong>de</strong> es für diese Sachverhaltskonstellationen an einer Haupttat <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung inDeutschland fehlen. Und wo keine Haupttat, kann Bankmitarbeitern, die am Transfer bereits* Fassung eines am 10.03.2010 gehaltenen Vortrags an <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für Wissenschaftliche Weiterbildung <strong>de</strong>rUniversität Konstanz1) Wagner ZSteu 2008, 95


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 3 -versteuerten Gel<strong>de</strong>s in einer liechtensteiner Stiftung beteiligt waren, auch keine Beihilfe zurSteuerhinterziehung vorgeworfen wer<strong>de</strong>n.- Dies führt zu <strong>de</strong>r Folgefrage, inwieweit es strafrechtlich zu würdigen ist, wenn RichterHaftbefehle und Hausdurchsuchungen anordnen und Finanzbeamte Steuer(straf)verfahreneinleiten, weil sie sich mit vorgenannten – längst bekannten – Fragen <strong>de</strong>s EuropäischenGemeinschaftsrechts zu § 15 AStG in <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung nicht befassen,ja sogar diese ausblen<strong>de</strong>n.- Und so stellt sich eigentlich folgen<strong>de</strong> Frage: Wer sind hier eigentlich die Täter, wenn Deutschein Wahrnehmung europäischer Grundfreiheiten <strong>de</strong>r Kapitalverkehrsfreiheit und Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheitbereits versteuertes Geld in liechtensteiner Stiftungen anlegen, besagteStiftungen Erträge in <strong>Liechtenstein</strong> versteuern und <strong>de</strong>utsche Medien, Politiker, Richter undFinanzbeamte in ihrem Behaupten von Steuerhinterziehung <strong>de</strong>n Anwendungsvorrangs besagtereuropäische Grundfreiheiten ebenso missachten wie <strong>de</strong>n Abgleich <strong>de</strong>s § 15 AStG in<strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung an diesen europäischen Grundfreiheiten ?1. Gesellschaftsrechtliche Einordnung von liechtensteiner Stiftungen in Deutschlanda) <strong>Liechtenstein</strong>er StiftungDie Stiftung ist im <strong>Liechtenstein</strong>er Recht (Personen- und Gesellschaftsrecht – PGR) ein nach<strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>s Stifters zu einem bestimmten Zweck gewidmetes, mit selbständiger Rechtspersönlichkeitausgestattetes, Vermögen. Es han<strong>de</strong>lt sich mithin um eine iuristische Person mit einemverselbständigten Zweckvermögen. Maßgeblich sind die vom Stifter aufgestellten Bestimmungenim Stiftungsstatut. Wenn die Stiftung nicht durch Testament o<strong>de</strong>r Erbvertrag son<strong>de</strong>rnunter Leben<strong>de</strong>n errichtet wird, so han<strong>de</strong>lt es sich insoweit um die Begründung <strong>de</strong>r Stiftung durchWillenserklärungen, die jedoch in <strong>de</strong>r Praxis nicht vom Stifter selbst errichtet wird, son<strong>de</strong>rn voneinem durch ihn eingesetzten liechtensteinischen Treuhän<strong>de</strong>r als Vertrauensperson. In<strong>de</strong>m dieserdie Stiftung errichtet und alle Formalitäten verrichtet sowie für die Stiftung auftritt, wird dadurchdie Anonymität <strong>de</strong>s Stifters weitgehend gewahrt. Art und Umfang <strong>de</strong>r Stiftung sowie <strong>de</strong>r Kreis<strong>de</strong>r Begünstigten wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel in sogenannten Beistatuten o<strong>de</strong>r Reglements, nicht jedochin <strong>de</strong>r Stiftungsurkun<strong>de</strong>, festgelegt, wobei die Stiftungsurkun<strong>de</strong> bzw. Stiftungsstatuten im <strong>Liechtenstein</strong>ischenÖffentlichkeitsregister hinterlegt wer<strong>de</strong>n, die Beistatuten und Reglements dagegennicht. Eine reine Familienstiftung wird nicht in das <strong>Liechtenstein</strong>ische Öffentlichkeitsregistereingetragen.Die <strong>Liechtenstein</strong>ische Stiftung zeichnet sich dadurch aus, daß sie einen beliebigen Zweck verfolgenkann. So ist es z.B. möglich, eine Familienstiftung zu errichten, <strong>de</strong>ren Vermögen und Erträgedafür dienen können, die Kosten <strong>de</strong>r Erziehung, Bildung, die Ausstattung o<strong>de</strong>r Unterstützungvon Familienangehörige etc. zu tragen. Auch ist es <strong>de</strong>nkbar, eine Stiftung zu grün<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>renZweck darauf gerichtet ist, Vorsorge für schwächere Zeiten , Alter o<strong>de</strong>r Krankheit zu betreibeno<strong>de</strong>r zwecks Meidung von Erbstreitigkeiten eine Nachfolgeplanung zu ermöglichen etc.. DerStiftungszweck muß folglich nicht steuerlich orientiert sein. 2)2) Zum gesamten Wagner ZSteu 2008, 95, 98


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 4 -Mit <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Wirksamkeit <strong>de</strong>r Begründung einer Stiftung liechtensteinischen Rechts hat sichiüngst das OLG Stuttgart befaßt. 3) Dieses beurteilte <strong>de</strong>n Stiftungsgründungsakt einer mittels einesTreuhän<strong>de</strong>rs gegrün<strong>de</strong>ten Stiftungserrichtung – damit die I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Stifteringeheim blieb - und <strong>de</strong>ren Wirksamkeit nach liechtensteinischem Recht. Nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung<strong>de</strong>s Fürstlichen Obersten Gerichtshofes <strong>de</strong>s Fürstentums <strong>Liechtenstein</strong> 4) liege gemäß § 916ABGB 5) dann ein nichtiges Scheingeschäft vor, wenn sich <strong>de</strong>r Stifter im Zuge <strong>de</strong>s StiftungserrichtungsgeschäftesÄn<strong>de</strong>rungsbefugnisse in <strong>de</strong>r Absicht vorbehalte, das Stiftungsvermögenweiterhin zu seinem Vorteil und nicht im Sinne <strong>de</strong>s angegebenen Stiftungszwecks zu verwen<strong>de</strong>n.In diesem Falle kommt nach <strong>de</strong>m OLG Stuttgart u.H.a. <strong>de</strong>n Fürstlichen Obersten Gerichtshofes<strong>de</strong>s Fürstentums <strong>Liechtenstein</strong>, 6) wegen <strong>de</strong>r Unwirksamkeit <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r Stiftung dieserkeine Abschirmwirkung mehr zu und das Vermögen <strong>de</strong>r Stiftung wird weiterhin <strong>de</strong>m wirtschaftlichenStifter zugerechnet. Dies gelte, so das OLG Stuttgart u.H.a. Rechtsprechung <strong>de</strong>s FürstlichenObersten Gerichtshofes <strong>de</strong>s Fürstentums <strong>Liechtenstein</strong>, 7) auch für <strong>de</strong>n Fall, daß <strong>de</strong>r wirtschaftlicheStifter mit <strong>de</strong>r Person, welche die Besorgung <strong>de</strong>r Verwaltung <strong>de</strong>r Stiftung übernimmt,einen Mandatsvertrag abschließt, die <strong>de</strong>m wirtschaftlichen Stifter weitgehen<strong>de</strong> Weisungs-, Interventions-und Gestaltungsrechte einräume. Und das OLG Stuttgart verweist darauf, daß dies vomBFH vergleichbar gesehen wer<strong>de</strong>, 8) was so nicht ganz zutreffend ist wie unten ver<strong>de</strong>utlicht. Obdie Stiftung rechtswirksam gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nichtig sei, sei aber erst durch ein zivilgerichtlichesVerfahren in <strong>Liechtenstein</strong> festzustellen, welches allerdings die Unwirksamkeit nur exnunc feststelle. Davon zu trennen sei aber – so das OLG Stuttgart – die Frage <strong>de</strong>r Zugehörigkeit<strong>de</strong>s Stiftungsvermögens, über <strong>de</strong>n das OLG Stuttgart selbst entschie<strong>de</strong>n hat.Diese Entscheidung <strong>de</strong>s OLG Stuttgart hat Kritik erfahren, insbeson<strong>de</strong>re was die Argumentationeiner wirksam gegrün<strong>de</strong>ten (Nichtigkeit ist durch ein lichtensteinisches Gericht ex nunc festzustellen)aber inhaltsleeren Stiftung betrifft. 9) Denn sei es wirklich möglich, daß eine Stiftung ohneVermögen existieren könne ? Schließlich gehöre auch in <strong>Liechtenstein</strong> eine rechtliche Verselbständigungeiner <strong>de</strong>m Stiftungszweck gewidmeten Vermögensmasse zum Wesensmerkmal <strong>de</strong>rStiftung. Deshalb sei auch nach liechtensteinischem Recht eine Stiftung ohne Vermögen nicht<strong>de</strong>nkbar. 10) Da zu<strong>de</strong>m die Errichtung <strong>de</strong>r Stiftung und die Zuwendung <strong>de</strong>s Vermögens an dieStiftung ernstlich gewollt gewesen sei, könne auch von keinem Scheingeschäft ausgegangenwer<strong>de</strong>n. 11) Daran än<strong>de</strong>re sich nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s Fürstlichen Obersten Gerichtshofes3) OLG Stuttgart 29.06.2009 – 5 U 40/09, BeckRS 2009, 22282. Die Revision wird beim BGH unter <strong>de</strong>m Az.IIIZR 190/09 geführt. Dazu von Cube NZG 2010, 174) FL OGH 07.05.1998 – 4 C 376/96, LES [<strong>Liechtenstein</strong>ische Entscheidungssammlung] 1998, 332; FL OGH07.03.2002 – 12 Rs. 2001.00330-16, n.V.5) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch <strong>de</strong>r in <strong>Liechtenstein</strong> gelten<strong>de</strong>n Fassung <strong>de</strong>r Kodifikation6) FL OGH 07.05.1998 – 4 C 376/96, LES [<strong>Liechtenstein</strong>ische Entscheidungssammlung] 1998, 332; FL OGH07.03.2002 – 12 Rs. 2001.00330-16, n.V.7) FL OGH 07.05.1998 – 4 C 376/96, LES [<strong>Liechtenstein</strong>ische Entscheidungssammlung] 1998, 332; FL OGH07.03.2002 – 12 Rs. 2001.00330-16, n.V.8) BFH 28.07.2007 – II R 21/05, BStBl. II 2007, 6699) von Cube NZG 2010, 17, 1810) von Cube NZG 2010, 17, 1811) von Cube NZG 2010, 17, 18


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 5 -<strong>de</strong>s Fürstentums <strong>Liechtenstein</strong> auch nicht <strong>de</strong>shalb etwas, weil ein Treuhän<strong>de</strong>r eingeschaltet gewesensei. 12)b) <strong>Liechtenstein</strong> im europäischen KontextDas Fürstentum <strong>Liechtenstein</strong> ist Mitglied <strong>de</strong>r Europäischen Freihan<strong>de</strong>lsassoziation (EFTA) undzugleich Partei <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r EU geschlossenen EWR-Abkommens (EWRA). Eine in <strong>Liechtenstein</strong>wirksam gegrün<strong>de</strong>te Gesellschaft kann sich mit <strong>de</strong>m BGH auf die im EG-Vertrag geregelte Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit(Art. 43 EG) und ihre Fortgeltung <strong>de</strong>r Rechtsfähigkeit z.B. in Deutschlandselbst dann berufen, wenn sie ihren gründungs- bzw. satzungsmäßigen Sitz in <strong>Liechtenstein</strong> beibehält,ihren Verwaltungssitz aber in Deutschland nimmt. 13) Dies beruht darauf, daß betreffend<strong>Liechtenstein</strong> das EWRA sowohl in Deutschland als auch in <strong>Liechtenstein</strong> in Kraft getreten istund dort in Art. 31 EWRA sowohl für Deutschland wie auch für <strong>Liechtenstein</strong> die Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheitgeregelt ist, die im wesentlichen wortgleich zu Art. 43 EG auszulegen und anzuwen<strong>de</strong>nist. 14) Und <strong>de</strong>r BGH führt weiter aus:„Ein solcher [Mißbrauch <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit] liegt ... selbst dann nicht vor, wenn eine Gesellschaftin einem Vertragsstaat gegrün<strong>de</strong>t wird, um in <strong>de</strong>n Genuß vorteilhafter Rechtsvorschriften zu kommen,obwohl sie ihre Tätigkeit von vornherein ausschließlich in einem an<strong>de</strong>ren Vertragsstaat ausübt (vgl. EuGH,ZIP 2003, 1885 – Inspire Art – Tz 96 f., 137 ff. m.w.Nachw.) ...“Daß eine in <strong>Liechtenstein</strong> gegrün<strong>de</strong>te Stiftung als wirksam gegrün<strong>de</strong>te Kapitalgesellschaft auchin Deutschland anzusehen ist, ist vom BGH 15) entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n. Der BGH hat insoweit dieGrundsätze <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s EuGH aus <strong>de</strong>ssen Überseering- 16) und Inspire Art- Entscheidung17) auch auf Kapitalgesellschaften übertragen, die in einem EFTA-Staat gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. 18)Folglich gilt dies auch für eine <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftung. Die Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit gem. Art. 43EG bzw. Art. 31 EWRA fin<strong>de</strong>t folglich Anwendung und bei<strong>de</strong> Grundfreiheitenregelungen sindmit <strong>de</strong>m BGH einheitlich auszulegen. 19) Eine einschränken<strong>de</strong> Auslegung <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheitim Verhältnis zu <strong>Liechtenstein</strong> als einem EFTA-Staat sei – so <strong>de</strong>r BGH - nicht gerechtfertigt.Ein Missbrauch <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit sei nicht dadurch begrün<strong>de</strong>t, daß dies geschehen sei,um in <strong>Liechtenstein</strong> in <strong>de</strong>n Genuss vorteilhafter Rechtsvorschriften zu gelangen. 20)12) von Cube NZG 2010, 17, 1813) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, BGHZ 164, 148, 15114) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, BGHZ 164, 148, 15215) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, EuZW 2005, 73316) EuGH 05.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering), NJW 2002, 361417) EuGH 30.09.2003 – Rs. C-167/01 (Inspire Art), NJW 2003, 333118) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, EuZW 2005, 733 u.H.a. Meilicke GmbHR 2003, 793, 798; Leible/HoffmannRIW 2002, 925, 927; Ressos DB 2005, 1048; Forsthoff DB 2002, 2471; Schanze/Jüttner AG 2003, 30, 36; Ei<strong>de</strong>nmüllerZIP 2002, 2233, 224419) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, EuZW 2005, 733 f.20) BGH 19.09.2005 – II ZR 372/03, EuZW 2005, 733, 734


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 6 -Zur weiteren Grundfreiheit <strong>de</strong>r Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 40 EWRA), wonach niemand wegen<strong>de</strong>s Anlageortes benachteiligt wer<strong>de</strong>n darf (Art. 40 Satz 1 EWRA), wird auf das an an<strong>de</strong>rer Stellebereits Ausgeführte verwiesen. 21)2. Zuwendung von StiftungsleistungenEine ganz an<strong>de</strong>re Frage ist, ob es sich um eine Schenkung han<strong>de</strong>lt, wenn aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Stiftungszweckgewidmeten Vermögensmasse <strong>de</strong>m Destinatär unentgeltliche Zuwendungen getätigt wer<strong>de</strong>n.Ist ein solcher Zuwendungsempfänger in Deutschland sesshaft, ist die Frage <strong>de</strong>r Schenkungan nach <strong>de</strong>utschem Recht zu beurteilen. Hier hat iüngst <strong>de</strong>r BGH 22) entschie<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r Anspruch<strong>de</strong>s Destinatärs auf Stiftungsleistungen durch Satzung, durch einseitige Zuerkennungdurch ein Stiftungsorgan o<strong>de</strong>r durch Vertrag begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n könne. Und in diesen Fällen han<strong>de</strong>lees sich dann nicht um ein Schenkungsversprechen, wenn die Zuwendung unentgeltlich erfolge,da <strong>de</strong>r Rechtsgrund für <strong>de</strong>rartige Zuwendungen <strong>de</strong>r Stiftungszweck selbst sei. 23) DemStifter stehe es frei, wen er begünstigen wolle wie es ihm auch freistehe, nur einen Destinatärauszuwählen, <strong>de</strong>r ihm zur Verwirklichung <strong>de</strong>s Stiftungszwecks für beson<strong>de</strong>rs geeignet erscheine.24) Zuwendungen durch die Stiftung an <strong>de</strong>n Destinatär könnten – so <strong>de</strong>r BGH –- unmittelbar aufgrund <strong>de</strong>r Stiftungssatzung begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,- aber auch durch einseitige „Zuerkennung“ durch das jeweiligs zuständige Stiftungsorgan,soweit dies <strong>de</strong>m satzungsmäßigen Willen <strong>de</strong>s Stifters entspreche und weitere Voraussetzungen<strong>de</strong>r Satzung vorlägen,- o<strong>de</strong>r aufgrund Vertrages.Unter diesen Voraussetzungen habe <strong>de</strong>r Destinatär einen klagbaren Anspruch.Weil es sich mit <strong>de</strong>m BGH 25) in <strong>de</strong>m von ihm entschie<strong>de</strong>nen Fall jedoch um kein Schenkungsversprecheni.S.d. § 518 Abs. 1 BGB han<strong>de</strong>lte, verneinte <strong>de</strong>r BGH auch eine Beurkundungsnotwendigkeiti.S.d. § 518 Abs. 1 BGB.4. Steuerrechtliche Behandlung liechtensteiner Stiftungen in Deutschlanda) § 15 AStG§ 15 AStG hatte bis zum 24.12.2008 folgen<strong>de</strong>n Gesetzeswortlaut:§ 15 Steuerpflicht von Stiftern, Bezugsberechtigten und Anfallsberechtigten(1) Vermögen und Einkommen einer Familienstiftung, die Geschäftsleitungund Sitz außerhalb <strong>de</strong>s Geltungsbereichs die-21) Wagner ZSteu 2008, 95, 102 - 10622) BGH 07.10.2009 – Xa ZR 08/09, WM 2010, 94 Rdn. 12 - 13 m.w.N.23) So auch Münchener Kommentar/Reuter, BGB, 5 Aufl. 2006, § 85 Rdn. 28 ff.24) BGH 07.10.2009 – Xa ZR 08/09, WM 2010, 94 Rdn. 2125) BGH 07.10.2009 – Xa ZR 08/09, WM 2010, 94


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 7 -ses Gesetzes hat, wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Stifter, wenn er unbeschränktsteuerpflichtig ist, sonst <strong>de</strong>n unbeschränkt steuerpflichtigenPersonen, die bezugsberechtigt o<strong>de</strong>r anfallsberechtigt sind,entsprechend ihrem Anteil zugerechnet. Dies gilt nicht fürdie Erbschaftsteuer.(2) Familienstiftungen sind Stiftungen, bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Stifter,seine Angehörigen und <strong>de</strong>ren Abkömmlinge zu mehr als<strong>de</strong>r Hälfte bezugsberechtigt o<strong>de</strong>r anfallsberechtigt sind.(3) Hat ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens o<strong>de</strong>rals Mitunternehmer o<strong>de</strong>r eine Körperschaft, eine Personenvereinigungo<strong>de</strong>r eine Vermögensmasse eine Stiftung errichtet,die Geschäftsleitung und Sitz außerhalb <strong>de</strong>s Geltungsbereichsdieses Gesetzes hat, so wird die Stiftung wieeine Familienstiftung behan<strong>de</strong>lt, wenn <strong>de</strong>r Stifter, seine Gesellschafter,von ihm abhängige Gesellschaften, Mitglie<strong>de</strong>r,Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r, leiten<strong>de</strong> Angestellte und Angehörigedieser Personen zu mehr als <strong>de</strong>r Hälfte bezugsberechtigto<strong>de</strong>r anfallsberechtigt sind.(4) Den Stiftungen stehen sonstige Zweckvermögen, Vermögensmassenund rechtsfähige o<strong>de</strong>r nichtrechtsfähige Personenvereinigungengleich.(5) Die §§ 5 und 12 sind entsprechend anzuwen<strong>de</strong>n. Im übrigenfin<strong>de</strong>n, soweit Absatz 1 anzuwen<strong>de</strong>n ist, die Vorschriften<strong>de</strong>s Vierten Teils dieses Gesetzes keine AnwendungDie <strong>de</strong>utsche Finanzgerichtsbarkeit ließ sich in ihrer Rechtsprechung von <strong>de</strong>m Sinn und Zweck<strong>de</strong>s § 15 AStG in vorgenannter Fassung leiten, Steuerflucht bzw. Steuervermeidung entgegenzuwirken.26) § 15 AStG greife mithin auch dann, wenn <strong>de</strong>r Stifter o<strong>de</strong>r die Begünstigten einer<strong>Liechtenstein</strong>er Familienstiftung nicht die Absicht gehabt hätten, <strong>de</strong>utsche Steuergesetze zu umgehen.27)<strong>Liechtenstein</strong>ische Stiftungen wer<strong>de</strong>n § 15 AStG zugeordnet. 28) Ob und inwieweit § 15 AStG in<strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung mit <strong>de</strong>n europäischen Grundfreiheiten <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit(Art. 31 EWRA) und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 40 EWRA) und <strong>de</strong>m damit einhergehen<strong>de</strong>nAnwendungsvorrang im Einklang stand, wur<strong>de</strong> dabei nicht hinterfragt.Nach § 15 Abs. 1 AStG <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung wur<strong>de</strong>n das Vermögen undEinkommen <strong>de</strong>r <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftung <strong>de</strong>m Stifter bzw. <strong>de</strong>n bezugs-/anfallsberechtigten Personenzugerechnet, in<strong>de</strong>m das Vermögen <strong>de</strong>r Stiftung – obwohl iuristische Person - als Teil <strong>de</strong>sGesamtvermögens dieser Personen angesehen wur<strong>de</strong>. 29) Stifter war nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s26) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 145927) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 146128) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1459 f.29) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1459


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 8 -BFH nicht, wer die Stiftungsurkun<strong>de</strong> unterschrieben hatte. 30) Stifter z.B. einer Familienstiftungi.S.d. § 15 Abs. 2 AStG <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung war vielmehr <strong>de</strong>rjenige, aus<strong>de</strong>ssen Vermögen letztlich die Mittel zur Ausstattung <strong>de</strong>r Stiftung stammten, wenn die Ausstattungentsprechend <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>s Stifters erfolgt war. 31) Stifter war ferner <strong>de</strong>rjenige, für <strong>de</strong>ssenRechnung das Stiftungsgeschäft abgeschlossen wur<strong>de</strong> bzw. wer bei wirtschaftlicher BetrachtungsweiseStifter war. 32)Was unter einer anfallsberechtigten Person i.S.d. § 15 Abs. 1, 2 AStG <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008gelten<strong>de</strong>n Fassung zu verstehen war, wur<strong>de</strong>/wird in § 15 AStG nicht <strong>de</strong>finiert. Der BFH teiltnicht die Meinung, Anfallsberechtigte seien diejenigen, die einen Rechtsanspruch auf Leistungaus <strong>de</strong>m Stiftungsvermögen hätten. Vielmehr reiche eine gesicherte Rechtsposition in Bezug auf<strong>de</strong>n Anfall von Vermögen zu einem Zeitpunkt aus, zu <strong>de</strong>m das Vermögen noch nicht verteiltwor<strong>de</strong>n sei. 33) Die Anfallsberechtigung als Alternative zur Bezugsberechtigung setze auch nichtvoraus, daß <strong>de</strong>r Anfallsberechtigte bereits aus <strong>de</strong>m Vermögen <strong>de</strong>r Stiftung Zuwendungen erhaltenhabe; <strong>de</strong>m Anfallsberechtigten wer<strong>de</strong> daher auch dann Stiftungsvermögen zugerechnet, wenn ernicht bezugsberechtigt sei. 34) Dadurch solle die Besteuerung von Anfallsberechtigten ermöglichtwer<strong>de</strong>n, die infolge fehlen<strong>de</strong>r Bezugsberechtigung von anfallen<strong>de</strong>n Erträgen ausgeschlossen seien.35)Und so seien die Erträge einer <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftung <strong>de</strong>m Stifter gem. § 15 Abs. 1 AStG auchdann als Vermögen zugerechnet, wenn die Erträge <strong>de</strong>m Anfallsberechtigten zustün<strong>de</strong>n. 36) Dazusei für <strong>de</strong>n Stifter we<strong>de</strong>r wirtschaftliches Eigentum am Vermögen <strong>de</strong>r Stiftung noch eine Treuhän<strong>de</strong>rstellungeines Begünstigten Voraussetzung.Auch beim Bezugsberechtigten reiche es aus, daß dieser eine gewisse Rechtsposition hinsichtlich<strong>de</strong>r Erträge <strong>de</strong>r Stiftung habe. Dazu reiche die Benennung seiner Person als Ertragsbegünstigter.37) Eine Priorität, das Vermögen <strong>de</strong>r <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftung vorrangig <strong>de</strong>m Bezusgberechtigteno<strong>de</strong>r umgekehrt vorrangig <strong>de</strong>m Anfallsberechtigten zuzurechnen, sehe <strong>de</strong>r Gesetzeswortlaut<strong>de</strong>s § 15 AStG nicht vor. 38)30) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 145931) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1459; FG München 27.11.2001 – 12 K 3051/01, EFG 2002,568, 56932) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 145933) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1461. Zur Ermittlungspflicht <strong>de</strong>s Vermögens <strong>de</strong>r Stiftungeinerseits und <strong>de</strong>s Einkommens <strong>de</strong>r Stiftung an<strong>de</strong>rerseits sowie <strong>de</strong>m Einkommen von Bezusgberechtigten und<strong>de</strong>r Möglichkeit <strong>de</strong>r Schätzung, wenn Angaben dazu nicht gemacht wer<strong>de</strong>n FG Nie<strong>de</strong>rsachsen 15.07.1999 – XIV347/93, EFG 2000, 74234) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1461; FG München 25.11.1997 – 12 K 2629/94, n.V.35) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 146136) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 146137 ) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 146138) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1461


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 9 -Es ist bezeichnend, daß die <strong>de</strong>utsche Finanzgerichtsbarkeit § 15 AStG in <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008gelten<strong>de</strong>n Fassung als verfassungsrechtlich unbe<strong>de</strong>nklich behan<strong>de</strong>lt hat. 39) Der Durchgriff durchdie Stiftung wie hier auf Stifter, Anfalls- bzw. Bezusgberechtigte, bedürfe zwar – so die Rechtsprechung<strong>de</strong>s BVerfG 40) - <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Rechtfertigung, so daß es dafür überzeugen<strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>bedürfe. Diese Rechtfertigung sei aber – so <strong>de</strong>r BFH 41) - durch <strong>de</strong>n Normzweck <strong>de</strong>s § 15 AStGgegeben, Steuerflucht bzw. Steuervermeidung im Inland durch Zwischenschaltung einer Stiftungim Ausland entgegenzuwirken. Und ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht gegeben, weilArt. 14 Abs. 1 GG das Vermögen nicht vor steuerlichen Zugriffen schütze. Nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschenFinanzrechtsprechung ist dies verfassungsrechtlich alles nicht be<strong>de</strong>nklich, weil <strong>de</strong>r Durchgriff aufBegünstigte <strong>de</strong>n Normzweck <strong>de</strong>s § 15 AStG (Begegnung <strong>de</strong>r Steuervermeidung, auch bei <strong>de</strong>rVermögenssteuer) rechtfertige. 42)Noch extremer ist die Finanzrechtsprechung, wenn ein Deutscher Gewinne in das Ausland verlagereund dafür keine beachtlichen Grün<strong>de</strong> für eine solche Gestaltung anführen könne, in<strong>de</strong>m diesdann gar als Rechtsmissbrauch bezeichnet wird. 43) § 42 AO gehe § 15 AStG vor. 44) Mit europäischenGrundfreiheiten und <strong>de</strong>ren Anwendungsvorrang befaßte sich die <strong>de</strong>utsche Finanzrechtsprechungauch in diesem Zusammenhang nicht..Hinzu kommt:Wenn die <strong>Liechtenstein</strong>ische Stiftung im Rahmen eines Typenvergleichs einem <strong>de</strong>utschen körperschaftsteuerlichenGebil<strong>de</strong> vergleichbar ist, dann sind im <strong>de</strong>utschen Steuerrecht die Erträge<strong>de</strong>r <strong>Liechtenstein</strong>ischen Stiftung dieser zuzurechnen. Davon machte § 15 AStG in <strong>de</strong>r bis zum24.12.2008 gelten<strong>de</strong>n Fassung – hier übertragen auf die liechtensteiner Stiftung - eine Ausnahme:Ist <strong>de</strong>r Stifter o<strong>de</strong>r sind die bezugs- bzw. anfallberechtigten Personen zu mehr als <strong>de</strong>r Hälfte bezugs-bzw. anfallberechtigt, dann wird von einem steuerlichen Durchgriff auf <strong>de</strong>n Stifter bzw.seine Familie ausgegangen, in<strong>de</strong>m zwar die rechtliche Selbständigkeit <strong>de</strong>r <strong>Liechtenstein</strong>ischenStiftung akzeptiert wird, dies aber als von einem Deutschen beherrschtes Unternehmen angesehenwird. Und auf diese Weise wird eine steuerliche Zurechnung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r liechtensteinerStiftung erzielten Erträge beim Stifter bzw. <strong>de</strong>n bezugs- bzw. anfallberechtigten Personen vorgenommenund das Einkommen <strong>de</strong>r <strong>Liechtenstein</strong>er Stiftung steuerlich als steuerpflichtiges Einkommen<strong>de</strong>r betroffenen inländischen natürlichen Personen behan<strong>de</strong>lt.Vergleichbares gilt, wenn die liechtensteiner Stiftung im Rahmen eines Typenvergleichs einem<strong>de</strong>utschen körperschaftsteuerlichen Gebil<strong>de</strong> nicht vergleichbar ist. Dann sind im <strong>de</strong>utschen Steuerrechtdie Erträge <strong>de</strong>r liechtensteiner Stiftung <strong>de</strong>n dahinterstehen<strong>de</strong>n natürlichen Personen zuzurechnen(§ 15 AStG).39) BFH 05.11.1992 – I R 39/92, BStBl. II 1993, 388; BFH 02.02.1994 – I R 66/92, BStBl. II 1994, 727; BFH25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 1462; FG München 25.11.1997 – 12 K 2629/94, n.V.; FG München27.11.2001 – 12 K 3051/01, EFG 2002, 568, 57040) BVerfG 24.01.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 33141) BFH 25.04.2001 – II R 14/98, BFH/NV 2001, 1457, 146242) FG München 25.11.1997 – 12 K 2629/94, n.V.43) FG München 17.09.1997 – 1 K 3239/96, EFG 1998, 61244) FG München 17.09.1997 – 1 K 3239/96, EFG 1998, 612, 613


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 10 -ABER: Dies war Stand <strong>de</strong>r dargestellten <strong>de</strong>utschen Finanzrechtsprechung und <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r<strong>de</strong>utschen Finanzverwaltung. 2003 wur<strong>de</strong> jedoch von <strong>de</strong>r EU-Kommission gegen die Bun<strong>de</strong>srepublikDeutschland wegen § 15 AStG ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, 45) Einer Presseerklärung<strong>de</strong>r EU-Kommission vom 23.07.2007 46) ist dazu folgen<strong>de</strong>s zu entnehmen:„Die Europäische Kommission hat Deutschland förmlich ersucht, seine Steuervorschriften für ausländischeFamilienstiftungen zu än<strong>de</strong>rn, weil diese nicht mit <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>s freien Kapital- und Personenverkehrsgemäß Artikel 56 und 18 <strong>de</strong>s EG-Vertrages vereinbar sind. Das Ersuchen erfolgt in Form einer mitGrün<strong>de</strong>n versehenen Stellungnahme (zweiter Schritt <strong>de</strong>s Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. 226EG-Vertrag). Wer<strong>de</strong>n die betreffen<strong>de</strong>n nationalen Rechtsvorschriften nicht mit <strong>de</strong>r mit Grün<strong>de</strong>n versehenenStellungnahme in Einklang gebracht, kann die Kommission <strong>de</strong>n Europäischen Gerichtshof befassen.Nach gelten<strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Recht sind die Einkünfte, die bezugsberechtigte Personen bei Familienstiftungenmit Geschäftsleitungen o<strong>de</strong>r Sitz in Deutschland beziehen, steuerpflichtig. Zur Vermeidung vonSteuerumgehung wird das Einkommen von Familienstiftungen mit Sitz im Ausland aber <strong>de</strong>m Stifter o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>n bezugsberechtigten zugerechnet, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe diese tatsächlich Einküfteaus <strong>de</strong>r Stiftung beziehen. Das <strong>de</strong>utsche Außensteuergesetz (AStG) legt in § 15 fest, dass die Einkünfteeiner ausländischen Familienstiftung (jährlich) besteuert wer<strong>de</strong>n, auch wenn diese nicht an die Bezugsberechtigtenausgeschüttet wer<strong>de</strong>n.Nach Auffassung <strong>de</strong>r Kommission ist diese unterschiedliche Behandlung inländischer und ausländischerStiftungen mit <strong>de</strong>m freien Kapitalverkehr (Artikel 56 EG-Vertrag) unvereinbar.Diese Auffassung <strong>de</strong>r Kommission wird durch das Urteil <strong>de</strong>s Europäischen Gerichtshofes vom 12.09.2006in <strong>de</strong>r Rechtssache C-196/04, „Cadbury Schweppes“, bestätigt. Danach können sich Missbrauchsbekämpungsbestimmungenspeziell auf „rein künstliche Gestaltungen“ beziehen. Wie <strong>de</strong>r Gerichtshof ausführt,ist „von <strong>de</strong>r Anwendung einer solchen Besteuerungsmaßnahme folglich abzusehen, wenn es sich auf <strong>de</strong>rGrundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte Gesellschaftungeachtet <strong>de</strong>s Vorhan<strong>de</strong>nseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaatangesie<strong>de</strong>lt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht.“Die Kommission ist ferner <strong>de</strong>r Auffassung, dass die betreffen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Rechtsvorschriften mit <strong>de</strong>mRecht auf Freizügigkeit (Art. 18 EG-Vertrag) unvereinbar sind, da Bezugsberechtigte, die ursprünglich imAusland wohnhaft waren, aufgrund <strong>de</strong>r steuerlichen Behandlung ausländischer Stiftungendavon abgehaltenwer<strong>de</strong>n, sich in Deutschland nie<strong>de</strong>rzulassen.“Daraufhin wur<strong>de</strong> die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland zwecks Meidung eines Vertragsverletzungsverfahrensaktiv und fügte mit Wirkung ab <strong>de</strong>m 25.12.2008 folgen<strong>de</strong> Abs. 6 und 7 in § 15 AStGein:6) Hat eine Familienstiftung Geschäftsleitung o<strong>de</strong>r Sitz in einemMitgliedstaat <strong>de</strong>r Europäischen Union o<strong>de</strong>r einem Vertragsstaat<strong>de</strong>s EWR-Abkommens, ist Absatz 1 nicht anzuwen<strong>de</strong>n,wenn1. nachgewiesen wird, dass das Stiftungsvermögen <strong>de</strong>r Verfügungsmacht<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Absätzen 2 und 3 genanntenPersonen rechtlich und tatsächlich entzogen ist und45) Az. <strong>de</strong>r EU-Kommission 2003/4610. Siehe auch: FSen Berlin 01.02.2005 – III A 3 – S 1361 – 3/2004, DStR2005, 65246) IP/07/1151


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 11 -2. zwischen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland und <strong>de</strong>m Staat,in <strong>de</strong>m die Familienstiftung Geschäftsleitung o<strong>de</strong>r Sitzhat, auf Grund <strong>de</strong>r Richtlinie 77/799/EWG 47) o<strong>de</strong>r einervergleichbaren zwei- o<strong>de</strong>r mehrseitigen Vereinbarung,Auskünfte erteilt wer<strong>de</strong>n, die erfor<strong>de</strong>rlich sind, um dieBesteuerung durchzuführen.(7) Das nach Absatz 1 zuzurechnen<strong>de</strong> Einkommen ist in entsprechen<strong>de</strong>rAnwendung <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschenSteuerrechts zu ermitteln. Ergibt sich ein negativer Betrag,entfällt die Zurechnung. § 10d <strong>de</strong>s Einkommensteuergesetzesist entsprechend anzuwen<strong>de</strong>n.Daraufhin stellte die EU-Kommission am 19.03.2009 das von ihr eingeleitete Vertragsverletzungsverfahrenein.Dies hat zur Folge, daß für Fälle, die noch nach <strong>de</strong>m § 15 AStG in <strong>de</strong>r bis zum 24.12.2008 gelten<strong>de</strong>nFassung zu beurteilen sind, die hier und an an<strong>de</strong>rer Stelle 48) angesprochenen Verstößegegen die Grundfreiheiten <strong>de</strong>r Kapitalverkehrsfreiheit und Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit sowie die von<strong>de</strong>r EU-Kommission angesprochene Grundfreiheit <strong>de</strong>s Rechts auf Freizügigkeit (Art. 18 EG)Be<strong>de</strong>utung behalten. Und für Fälle, die aus <strong>de</strong>r Zeit ab <strong>de</strong>m 25.12.2008 herrühren, stellt sichebenfalls nach wie vor die gleiche Frage. Denn mit § 15 Abs. 6 und 7 AStG n.F. hat die Bun<strong>de</strong>srepublikDeutschland ja nur <strong>de</strong>n gemeinschaftsrechtlichen Be<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>r EU-Kommissionzwecks Abwendung eines Vertragsverletzungsverfahrens Rechnung getragen. Ob dies aber auch<strong>de</strong>r EuGH so sehen wür<strong>de</strong> bzw. ob nicht auch § 15 AStG n.F. im Hinblick auf angesprocheneVerstöße gegen die Grundfreiheiten <strong>de</strong>r Kapitalverkehrsfreiheit und Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit nochgemeinschaftsrechtlichen Be<strong>de</strong>nken ausgesetzt bleibt, ist <strong>de</strong>rzeit noch offen.Ferner:Erfolgen Zahlungen an eine ausländische Gesellschaft, die selbst nicht in nennenswertem Umfangwirtschaftlich tätig ist und erzielt diese Erträge, dann spricht man im Steuerrecht von sog.Domizilgesellschaften. In diesem Fall wird steuerlich so getan, als ob Empfänger <strong>de</strong>r Zahlungennicht die Gesellschaft selbst sei, son<strong>de</strong>rn die Person, die eine solche Gesellschaft „zwischengeschaltet“habe 49) o<strong>de</strong>r Empfänger <strong>de</strong>r Leistung ist. 50) Zu solchen Domizilgesellschaften zählt <strong>de</strong>rBFH auch eine Gesellschaft mit Sitz in <strong>Liechtenstein</strong>, die dort nicht o<strong>de</strong>r nur niedrig besteuertwird. 51) Und er hat an seiner Rechtsprechung festgehalten, zivilrechtlich nach <strong>Liechtenstein</strong>erRecht rechtsfähige Gesellschaften seien steuerrechtlich nicht rechtsfähige und nicht handlungsfä-47) RiL vom 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen <strong>de</strong>n zuständigen Behör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mitgliedstaatenim Bereich <strong>de</strong>r direkten Steuern.48) Wagner ZSteu 2008, 9549) BFH 25.01.2006 – I R 39/05, BFH/NV 2006, 1618, 1619; FG München 26.07.2007 – 15 K 422/06, DStRE 2008,24450) BFH 10.11.1998 - I R 108/97, BStBl. II 1999, 121, 12251) BFH 01.06.1994 – X R 73/91, BFH/NV 1995, 2, 3; BFH 10.11.1998 - I R 108/97, BStBl. II 1999, 121, 122


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 12 -hige Domizilgesellschaften, 52) wobei er allerdings in <strong>de</strong>m von ihm entschie<strong>de</strong>nen Fall sich damalsmit folgen<strong>de</strong>n Fragen nicht auseinan<strong>de</strong>rzusetzen hatte:- Da <strong>de</strong>r vom BFH entschie<strong>de</strong>ne Fall im Jahre 1991 sich abspielte, mußte er sich nicht mit Art.31, 34 und 40 EWRA-Abkommen befassen. 53)- Und die EuGH-Entscheidungen Überseering 54) und Inspire Art 55) waren ihm noch nicht bekannt.Auch in Fällen von Domizilgesellschaften wird von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Finanzgerichtsbarkeit eineBenennungspflicht <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Steuerpflichtigen gem. § 160 AO bejaht, <strong>de</strong>n Empfänger vonZahlungen zu benennen, wenn er solche Zahlungen z.B. als Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskostenetc. in Deutschland steuerwirksam geltend machen wolle. 56) Dem folgt inzwischen<strong>de</strong>r BFH 57) in seiner iüngsten Entscheidung im Anschluss an das FG München, damit geklärtwer<strong>de</strong>n könne, ob <strong>de</strong>r Zahlung die Qualität als im Inland steuerlich abzugsfähige Lasten, Betriebsausgaben,Werbungskosten etc. zukommen könnten. Denn dies sei nicht <strong>de</strong>r Fall, wenn eineliechtensteiner Stiftung als Zahlungsempfängerin keinen eigenen Geschäftsbetrieb habe. 58)Von einer Domizilgesellschaft spricht <strong>de</strong>r BFH jedoch dann nicht, wenn es sich um eine in einemEU-Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft, die in Deutschland Leistungen erbringt. Dies wi<strong>de</strong>rsprächesonst – so <strong>de</strong>r BFH - <strong>de</strong>n gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten. 59)b) Zur Übertragung von Vermögen auf eine liechtensteiner Stiftung - schenkungssteuerpflichtigeSchenkung ?Von <strong>de</strong>r Frage, ob Zuwendungen aus <strong>de</strong>m Stiftungsvermögen zivilrechtlich Schenkungen sind,was mit obiger BGH-Rechtsprechung 60) zu verneinen ist, zu trennen ist die Frage, ob die Zuwendungvon Leistungen <strong>de</strong>s Stifters an die lichtensteiner Stiftung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schenkungssteuerzuzuordnen<strong>de</strong> Schenkungen sind, <strong>de</strong>rentwegen <strong>de</strong>m Stifter gegenüber Schenkungssteuer anzusetzenist. Diesen Fall hat <strong>de</strong>r BFH 61) entschie<strong>de</strong>n, wobei die rechtliche Würdigung <strong>de</strong>n beurteiltenSachverhalt nicht aus <strong>de</strong>m Auge verlieren darf.Der hier verkürzt wie<strong>de</strong>rgegebene Sachverhalt war folgen<strong>de</strong>r: Ein in Deutschland ansässigerStifter hatte eine liechtensteiner Stiftung gegrün<strong>de</strong>t, die von einem Stiftungsrat vertreten wur<strong>de</strong>.Zweck <strong>de</strong>r Stiftung war die Ausrichtung von Zuwendungen an Dritte und/o<strong>de</strong>r Familienmitglie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>s Stifters nach Maßgabe eines vom Stiftungsrat zu erlassen<strong>de</strong>n Reglements (Beistatut). In52) BFH 26.04.2001 – V R 50/99, DStRE 2001, 990, 99153) BFH 26.04.2001 – V R 50/99, DStRE 2001, 990, 99154) EuGH 05.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering), NJW 2002, 361455) EuGH 30.09.2003 – Rs. C-167/01 (Inspire Art), NJW 2003, 333156) BFH 01.06.1994 – X R 73/91, BFH/NV 1995, 2, 3; FG München 26.07.2007 – 15 K 422/06, DStRE 2008, 24457) BFH 24.04.2009 – IV B 104/07, BFH/NV 2009, 139858) BFH 24.04.2009 – IV B 104/07, BFH/NV 2009, 1398 Rdn. 28 f.59) BFH 17.10.2001 – I R 19/01, DStRE 2002, 395, 39760) BGH 07.10.2009 – Xa ZR 08/09, WM 2010, 94 Rdn. 12 f.61) BFH 28.06.2007 – II ZR 21/05, BStBl. II 2007, 669


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 13 -einem Gründungsauftrag an einen Rechtsanwalt erklärte <strong>de</strong>r Stifter, diesem als Treuhän<strong>de</strong>r DMSF 30.000,-- zur Verfügung zu stellen, damit <strong>de</strong>r Treuhän<strong>de</strong>r im eigenen Namen, aber für Rechnung<strong>de</strong>s Stifters, eine liechtensteiner Stiftung mit vorgenanntem Stiftungszweck grün<strong>de</strong>n sollte.Ferner versprach <strong>de</strong>r Stifter, <strong>de</strong>r Stiftung sein Privatvermögen von rd. 1 Mio. zu übertragen. NachHinterlegung <strong>de</strong>r Stiftungsakte beim LG sollte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m liechtensteinischen Recht unterstellteTreihandvertrag been<strong>de</strong>t sein und die Rechte vom Stifter selbst ausgeübt wer<strong>de</strong>n. Die Erträge <strong>de</strong>rStiftung sollten gemäß <strong>de</strong>m Reglement zu Lebzeiten <strong>de</strong>s Stifters alleine <strong>de</strong>m Stifter zustehen,nach <strong>de</strong>ssen Tod sollten <strong>de</strong>r Stiftungsgenuss am Stiftungsvermögen und <strong>de</strong>ssen Ertrag zur Hälfteseiner Ehefrau und seinen Söhnen und im übrigen im einzelnen bestimmten Ersatzbegünstigtenzustehen. Dem Stifter sollte zu seinen Lebzeiten das Recht zustehen, das Vermögen je<strong>de</strong>rzeit ansich o<strong>de</strong>r Dritte auskehren zu lassen wie er auch das Recht haben sollte, eine Schenkung je<strong>de</strong>rzeitfrei wi<strong>de</strong>rrufen zu können.Das Finanzamt und das FG hatten für die Übertragung vorgenannter SF 30.000,-- sowie DM 1Mio. auf die Stiftung Schenkungssteuer festgesetzt (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG). Der BFH hat dieVoraussetzungen einer Schenkungssteuerpflicht i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG verneint und dazuauf folgen<strong>de</strong>s hingewiesen:- Für die Frage, ob <strong>de</strong>r Zuwendungsempfänger (die liechtensteiner Stiftung) über das Zugewandtetatsächlich und rechtlich frei verfügen könne, komme es nicht auf eine wirtschaftlicheBetrachtungsweise (§ 39 Abs. 2 AO) an, son<strong>de</strong>rn ausschließlich auf die Zivilrechtslage.Dazu komme es nicht darauf an, ob <strong>de</strong>r Empfänger nach außen wirksam verfügen könne,son<strong>de</strong>rn auf das Innenverhältnis <strong>de</strong>r Stiftung zum Stifter. Und da die Stiftung zivilrechtlichzur Rückgewähr an <strong>de</strong>n Stifter verpflichtet gewesen sei, wenn dieser es verlangen wür<strong>de</strong>, seidie Stiftung nicht bereichert wor<strong>de</strong>n. 62)- Ferner setze § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG voraus, daß die Stiftung über das ihr übertragene Vermögenfrei hätte verfügen können müssen. Dies sei aber nicht <strong>de</strong>r Fall gewesen, da <strong>de</strong>r Stiftersich alle Rechte am gesamten Stiftungsvermögen und Ertrag vorbehalten habe, da <strong>de</strong>rStifter zu seinen Lebzeiten sich umfassen<strong>de</strong> Herrschaftsbefugnisse über die Stiftung und <strong>de</strong>renVermögen sowie <strong>de</strong>r Anlage <strong>de</strong>sselben behalten habe. 63)- Dies habe im liechtensteinischen Stiftungswesen häufigen Gestaltung entsprochen, so daß esan einer für eine Schenkung wesentlichen Vermögensentäußerung gefehlt habe. 64)- Der BFH hob daher <strong>de</strong>n Schenkungssteuerbescheid auf und ließ es offen, ob bei einer solchenGestaltung die liechtensteiner Stiftung Rechtsfähigkeit erlangt habe.Auch diese BFH-Rechtsprechung zeigt, daß es unzutreffend ist, allgemein davon zu sprechen, <strong>de</strong>rTranfer von Geld o<strong>de</strong>r Vermögen auf eine liechtensteiner Stiftung erfolge stets „an <strong>de</strong>r Steuervorbei.“62) BFH 28.06.2007 – II ZR 21/05, BStBl. II 2007, 669, 67163) BFH 28.06.2007 – II ZR 21/05, BStBl. II 2007, 669, 67164) BFH 28.06.2007 – II ZR 21/05, BStBl. II 2007, 669, 672


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 14 -c) Einschaltung einer liechtensteiner Gesellschaft als Rechtsmissbrauch ?In einer neueren Entscheidung hat <strong>de</strong>r BFH 65) erneut iudiziert, daß ein Gestaltungsmißbrauchi.S.d. § 42 AO darin liegen kann,- dass ein Steuerinlän<strong>de</strong>r seine Geschäfte über eine ausländische Kapitalgesellschaft abwikkelt,ohne dass dies auf wirtschaftlichen o<strong>de</strong>r sonst beachtlichen Grün<strong>de</strong>n beruht.- Voraussetzung sei jedoch ferner, daß zwischen <strong>de</strong>m Steuerinlän<strong>de</strong>r bzw. diesem nahestehen<strong>de</strong>nPersonen und <strong>de</strong>r ausländischen Gesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Verflechtungbestehe und das durch die ausländische Gesellschaft letztlich <strong>de</strong>m Steuerinlän<strong>de</strong>r bzw. diesennahestehen<strong>de</strong>n Personen zu Gute komme.Der BFH ver<strong>de</strong>utlicht, daß für § 42 AO nicht alleine daran gemessen wer<strong>de</strong>n dürfe, ob die gewählteGestaltung bei wirtschaftlicher Betrachtung vernünftig gewesen sei. 66)Mit keinem Wort nimmt allerdings <strong>de</strong>r BFH im Hinblick auf diese Definition einen Abgleich miteuropäischen Grundfreiheiten <strong>de</strong>r Kapitalverkehrsfreiheit und Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit vor. 67)III. Schweiz1. Gesellschaftsrechtliche Einordnung von schweizer Gesellschaften in DeutschlandDie Schweiz gestattet <strong>de</strong>n rechtsformwahren<strong>de</strong>n Wegzug einer Gesellschaft, so daß für dieSchweiz auch nach einem Wegzug die besagte Gesellschaft nach wie vor in <strong>de</strong>r Rechtsform existiert,in <strong>de</strong>r sie in <strong>de</strong>r Schweiz gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. 68) Deutschland jedoch nimmt einen Statutenwechselbeim Zuzug einer schweizer Gesellschaft vor wie die neueste Rechtsprechung <strong>de</strong>sBGH 69) zeigt.Die Schweiz ist zwar Mitglied <strong>de</strong>r Europäischen Freihan<strong>de</strong>lsassoziation (EFTA), nicht aber Partei<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r EU geschlossenen EWR-Abkommens. Deshalb fin<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m BGH 70) die Regelungenüber die Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit (Art. 31 EWRA bzw. Art. 43, 48 EG) auf sie keine Anwendung.Der BGH 71) verneint ferner eine Pflicht Deutschlands, schweizerische Kapitalgesellschaftenmit Verwaltungssitz in Deutschland aufgrund Art. 6 Abs. 1, 14 EMRK i.V.m. Art. 1Abs. 1 und 5 <strong>de</strong>s Zusatzprotokolls anzuerkennen. Und die Rechtsprechung <strong>de</strong>s EuGH 72) zur Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheitvon Auslandsgesellschaften bezieht sich mit <strong>de</strong>m BGH 73) nur auf solche65) BFH 21.10.2009 – I T 40/09, n. V. Rdn.11. Zuvor schon BFH 09.05.1979 – I R 126/77, BStBl. II 1979, 586; BFH20.03.2002 – I R 38/00, BStBl. II 2002, 819, 82166) BFH 21.10.2009 – I T 40/09, n. V. Rdn. 1467) Mit gemeinschaftsrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang befaßt sich Fischer in JurisPR-SteuerR 13/2010,<strong>de</strong>r unter Ziff. 7. meint, die Entscheidung <strong>de</strong>s BFH bewege sich auf <strong>de</strong>r Linie <strong>de</strong>r EuGH-Rechtsprechung68) Hellgardt/Illmer NZG 2009, 9469) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 6870) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 1571) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 1872) EuGH 09.03.1999 – Rs. C-212/97 (Centros), Slg. 1999, I-1459 = NZG 1999, 298; EuGH 05.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering), NZG 2002, 1164; EuGH 30.09.2003 – Rs. C-167/01 (Inspire Art), NZG 2003, 106473) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 19


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 15 -Auslandsgesellschaften, die in einem Mitgliedstaat <strong>de</strong>r EU o<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s EWRA bzw. einem damitgleichgestellten Staat gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n sind, für die <strong>de</strong>r BGH von <strong>de</strong>r sog. Gründungstheorieausgeht. Für die Schweiz als sog. Drittstaat wen<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r BGH 74) jedoch weiterhin die Sitztheoriean, so daß für die Rechtsfähigkeit schweizer Gesellschaften in Deutschland <strong>de</strong>r BGH 75) von <strong>de</strong>nallgemeinen Regeln für die Rechtsfähigkeit ausländischer Gesellschaften ausgeht, auf die zu<strong>de</strong>mdie Grundsätze <strong>de</strong>r europäischen Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit nicht anzuwen<strong>de</strong>n seien. Der BGH 76)verweist zwar darauf, daß es Überlegungen gebe, auch in Deutschland ganz allgemein die Gründungstheoriezu kodifizieren, dieses Gesetzgebungsvorhaben sei aber einerseits auf Wi<strong>de</strong>rstandgestoßen und <strong>de</strong>rzeit noch nicht abgeschlossen. Hieraus zieht <strong>de</strong>r BGH folgen<strong>de</strong> Schlussfolgerungen:- Eine in <strong>de</strong>r Schweiz gegrün<strong>de</strong>te Gesellschaft – z.B. eine AG - sei dann in Deutschlandrechtsfähig, wenn sie ihren Verwaltungssitz in Deutschland habe und dies in einem <strong>de</strong>utschenHan<strong>de</strong>lsregister eingetragen sei. 77)- Fehle es dagegen an einem Eintrag <strong>de</strong>s Verwaltungssitzes in einem <strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>lsregisterdann sei die Schweizer AG zwar nicht als AG rechtsfähig, wohl aber als GbR bzw.OHG, die nicht zwingend einer Eintragung im Han<strong>de</strong>lsregister bedürften. 78)Diese Rechtsprechung ist in Deutschland auf Kritik gestoßen. Insbeson<strong>de</strong>re entzün<strong>de</strong>t sie sich an<strong>de</strong>r bei einer GbR bzw. OHG damit verbun<strong>de</strong>nen persönlichen Haftung <strong>de</strong>ren Gesellschafter.Diese sei zu<strong>de</strong>m gerichtlich dann nicht durchzusetzen, wenn die Haften<strong>de</strong>n ihren Sitz in <strong>de</strong>rSchweiz hätten, da dortige Gerichte als Vorfrage zunächst die Frage zu prüfen hätten, was es<strong>de</strong>nn mit <strong>de</strong>r Rechtsform <strong>de</strong>r GbR bzw. OHG auf sich habe. Und da schweizer Gerichte bei einerwirksam gegrün<strong>de</strong>ten schweizer AG weiterhin von <strong>de</strong>ren Rechtsform als AG ausggehen wür<strong>de</strong>n,wür<strong>de</strong> bei einem Prozess in <strong>de</strong>r Schweiz keine persönliche Haftung von Gesellschaftern durchzusetzensein. 79) Und selbst wenn man in Deutschland einen vollstreckbaren Titel erlangen könnte,wäre dieser in <strong>de</strong>r Schweiz nicht vollstreckbar, weil eine Vollstreckung gegen Gesellschaftereiner in <strong>de</strong>r Schweiz wirksam gegrün<strong>de</strong>ten AG in Anbetracht <strong>de</strong>r Fortgeltung als schweizer AGin <strong>de</strong>r Schweiz gegen <strong>de</strong>n dortigen ordre public verstoßen wür<strong>de</strong>. 80)Auch wird beanstan<strong>de</strong>t, daß <strong>de</strong>r BGH für die Fortgeltung <strong>de</strong>r Sitztheorie bei sog. Drittstaatenkeine überzeugen<strong>de</strong> Begründung gegeben habe. Denn alleine <strong>de</strong>r Hinweis <strong>de</strong>s BGH auf seinebisherige Rechtsprechung zur Sitztheorie und <strong>de</strong>n Verweis, <strong>de</strong>m Gesetzgeber nicht vorgreifen zuwollen, sei unzureichend, zumal es für <strong>de</strong>n Meinungsstreit von Gründungs- und Sitztheorie ohnehinan normativen Vorgaben fehle. 81) Und <strong>de</strong>shalb sei <strong>de</strong>r BGH nicht daran gehin<strong>de</strong>rt gewesen,vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Vorgaben <strong>de</strong>s EuGH sich rechtsfortbil<strong>de</strong>nd für die Gründungstheorie zuentschei<strong>de</strong>n, da eine weiter bestehen<strong>de</strong> Differenzierung zwischen Gesellschaften aus Vertrags-74) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 1975) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 2076) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 2277) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 2178) BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06, NZG 2009, 68 Rdn. 2379) Hellgardt/Illmer NZG 2009, 94, 9580) Hellgardt/Illmer NZG 2009, 94, 9581) Lie<strong>de</strong>r/Kliebisch BB 2009, 338, 339


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 16 -und Drittstaaten nicht mehr zu rechtfertigen sei und einer Erleichterung <strong>de</strong>r Rechtsanwendung imWege stehe. 82)3. Zur strafrechtlichen Würdigung <strong>de</strong>s Ankaufs gestohlener DatenHierzu wur<strong>de</strong> aus Anlass <strong>de</strong>s Ankaufs einer CD im Falle <strong>Liechtenstein</strong> schon an an<strong>de</strong>rer Stelleausgeführt. 83) Dies wie<strong>de</strong>rholt sich numehr im Falle <strong>de</strong>s Ankaufs von CD durch <strong>de</strong>utsche staatlicheInstitutionen, welche Daten vermeintlicher Steuerhinterzieher enthalten sollen, die Geld in<strong>de</strong>r Schweiz angelegt haben. Ergänzend ist hierzu folgen<strong>de</strong>s anzumerken:Im weiteren wird unterstellt, daß Institutionen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland am Daten-„Diebstahl“ <strong>de</strong>r auf CDs gespeicherten Daten nicht beteiligt waren, sie also auch nicht in irgen<strong>de</strong>inerWeise veranlaßt haben. Es kann folglich nicht um die strafrechtliche Würdigung <strong>de</strong>s Daten-„Diebstahls“gehen, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>ssen Folgen: Wie ist <strong>de</strong>r Ankauf gestohlener Daten durchInstitutionen <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland o<strong>de</strong>r ihrer Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r zu würdigen.Gesicherte Erkenntnisse zur Frage <strong>de</strong>r Strafbarkeit und zu Beweisverwertungsverboten liegen<strong>de</strong>rzeit nicht vor.a) Strafbarkeit ?Im oben beschriebenen Fall <strong>de</strong>s Vorwurfs <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung bei Geldanlagen in liechtensteinerStiftungen ist es seitens <strong>de</strong>utscher Institutionen zu einem Ankauf einer CD gekommen,auf <strong>de</strong>r sich illegal gewonnene Daten befun<strong>de</strong>n haben sollen. 84) Bei diesen Daten war zum Zeitpunkt<strong>de</strong>s Ankaufs nicht bekannt, ob diese illegal gewonene Daten alleine sog. Steuerhinterziehungsfällebetraf o<strong>de</strong>r nicht. Dies wie<strong>de</strong>rholt sich nunmehr bei CDs, die <strong>de</strong>utschen Institutionenzum Kauf angeboten wor<strong>de</strong>n sein sollen, weil sich darauf dokumentierte Steuerhinterziehungsfällebetreffend die Schweiz befin<strong>de</strong>n sollen. Wie ist ein solcher Ankauf von Daten durch <strong>de</strong>utscheInstitutionen strafrechtlich zu würdigen ?Es wird unterstellt, daß das Kopieren von sensibelen Kun<strong>de</strong>ndaten schweizer Banken auf CDsund <strong>de</strong>ren Zugänglichmachung z.B. an <strong>de</strong>utsche Institutionen vergleichbar zu § 202c StGB in <strong>de</strong>rSchweiz strafbar ist. 85) Dies führt zu <strong>de</strong>r Frage, welche Folgen es für <strong>de</strong>njenigen hat, <strong>de</strong>r inKenntnis <strong>de</strong>ssen solche Daten kauft und für sich nutzt. Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) schei<strong>de</strong>taus, da es sich bei unrechtmäßig angeeigneten Daten um keine „Sache“ han<strong>de</strong>lt und wegen <strong>de</strong>sAnalogieverbotes (Art. 103 Abs. 2 GG) § 259 StGB auch nicht analog anwendbar ist. Bei besagtenauf CD kopierten Daten könnte es sich aber um unbefugt erlangte Geheimnisse i.S.d. § 203Abs. 2 Satz 1 StGB han<strong>de</strong>ln, die Amtsträgern durch Verkauf von CDs bekannt wer<strong>de</strong>n und dannvon diesen <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft bzw. Finanzverwaltung offenbart wer<strong>de</strong>n. Ferner stellt § 1782) Lie<strong>de</strong>r/Kliebisch BB 2009, 338, 34083) Wagner ZSteu 2008, 95, 96 f.84) Dazu Wagner ZSteu 2008, 95, 96 f.85) Lt. Han<strong>de</strong>lsblatt vom 12.03.2010, Seite 38 soll die von NRW für EUR 4,5 Mio. erworbene CD 1.500 Daten vonKun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Credit Suisse enthalten haben.


DR. JUR. KLAUS-R. WAGNERLessingstraße 10Rechtsanwalt und Notar ⋅ Fachanwalt für Steuerrecht65189 Wiesba<strong>de</strong>n- 17 -Abs. 2 Nr. 2 UWG auch <strong>de</strong>njenigen unter Strafe, <strong>de</strong>r Geschäfts- o<strong>de</strong>r Betriebsgeheimnisse erlangthat, die jemand aus Eigennutz unerlaubt mitgeteilt hat.Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema sind <strong>de</strong>rzeit nicht bekannt und das Fachschrifttum hatsich zu diesem Thema eine bemerkenswerte Zurückhaltung auferlegt.b) Beweisverwertungsverbot ?Die einzige bisher bekannt gewor<strong>de</strong>ne Entscheidung im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Datenbeschaffungaus <strong>de</strong>m <strong>Liechtenstein</strong>-Komplex ist <strong>de</strong>r Beschluss <strong>de</strong>s LG Bochum vom 07.08.2009. 86) DasLG Bochum läßt letztlich dahingestellt, ober nach <strong>de</strong>utschem Recht die besagte Datenbeschaffungdurch <strong>de</strong>n Kauf besagter CD rechtswidrig o<strong>de</strong>r gar strafbar gewesen sei. Je<strong>de</strong>nfalls sei keinBeweisverwertungsverbot gegeben. Denn <strong>de</strong>r Verkauf und Ankauf gestohlener Daten durch <strong>de</strong>nBND sei nicht völkerrechtswidrig gewesen. Diese Entscheidung ist kurz und überzeugt insoweitnicht, als ob die Frage eines Beweisverwertungsverbotes alleine an <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Völkerrechtswidrigkeitfestgemacht wer<strong>de</strong>n könnte.86) LG Bochum 07.08.2007 – 2 Qs 02/09, n.V.

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