Alte Denkmäler - Warburg Institute

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100 Die Wulh des Thrakischen Lykurgos.sträubte Haar; an dem andern könnte das eine Spilzohr sichtbarseyn und es ist vielleicht im Marmor vorhanden, nurzu schwer von einer Locke zu unterscheiden gewesen. Wonicht, so hat der Arbeiter vergessen es zu machen; denndas Werk ist von dem guten Schlage derjenigen welche,wie wir an so manchem Beispiel sehen, vielfältig copirt wurden.Auch an dem Relief im Pioclementinum Th. 5 Taf. 7sind Satyrn ohne Spitzohren, ebenfalls aus einem blossenVersehen, das uns so wenig irren darf als die Auslassungeines zur grammatischen Richtigkeit unentbehrlichen Wortesin einer Abschrift eines guten Schriftstellers. Was Lanzide' vasi ant. dipinti p. 121 behauptet, dass zuweilen Menschenunter Satyrn und Silenen erscheinen, ist ungegründet;auch führt er nichts an Avas nur einem Grund ähnlich sähe.Nur Menschen als Satyrn oder Satyrn vorstellend finden wir;niemals Sterbliche als Gesellschaft des Gottes. Dass Kadmosund Tiresias vom Taumel ergriffen tanzten, wie kann dasbeweisen dass Figuren welche junge Satyrn vorstellen, nebenMänaden und an einem Orte wo Dionysos selber erschien(die Vorstellung der Marmorvase ist wie eine Abkürzungoder ein Auszug zu betrachten) nicht wirklich auch Satyrnseyn sollten?Nicht geringer ist die Schwierigkeit in welche in derferneren Erklärung des mehrerwähnten VasengemäldesZannoni durch die vorgefasste Meinung verwickelt wird.Kaum kann ein Verstoss gegen die ersten Sprachgesetzeausgemachter seyn und zugleich unangenehmer auffallen alsso manclie Missdeutungen in der Auslegung der alten Kunst,deren bestimmte, im Verstand, in der Analogie und im Gebrauchfestbegründete Regeln zu verletzen noch immer vonden Meisten für eine ziemlich gleichgültige Sache angesehenzu werden scheint, weil eine Grammatik oder Hermeneutikworauf man verweisen könnte, nicht geschrieben ist. Wenndas Weib welches Lykurgos mordet, nicht die Königin ist,sondern er im Begriff steht die Begleiter des Gottes zu überwältigen,so ist freilich der schon getödete Knabe (welcher

Die Wulh des Thrakischen Lykurgos. 101einer Dienerin des Hauses in die Arme gesunken ist) auchnicht für den Sohn des Wüthenden zu halten. Diess istsicher, weil der Künstler sonst die Strafe als etwas der Thalvorausgegangenes dargestellt hätte. Aber um den Jünglingfür etwas Anderes zu halten als den Sohn könnte es nichthelfen Beispiele von männlichen Figuren in rein menschlicherGestalt in Bacchischen Vorstellungen anzuführen, wenn auchbessere da wären als die welche ich vorhin schon ablehnte.Denn dass Lykurgos bei der Erscheinung des Dionysos irgendeinen namhaften Knaben oder, wenn man die Figurgleich jener angeblichen Mänade Ambrosia collectiv nehmenwollte, eine Schaar von Jünglingen getödet habe, davon weissdas Alterthum nichts. Nicht einmal wird gesagt dass dasVolk des Lykurgos sich zu dem Dienst des Gottes herandrängte,wie nach den Metamorphosen (3, 528) die Unterthanendes Pentheus thaten.Die Verlegenheit steigt, die nachtheiligen Folgen einesersten Irrthums mehren sich. An einer andern Vase, diesich in Neapel befindet und noch unherausgegeben seyn soll,genannt bei Jorio Real Museo Borbon. Galleria dei Vasi p. 78,ist vorgestellt Lykurgos und ein Jüngling welchen er mitseinem Beil bedroht. Zannoni weiss nicht ob er den Sohn,der aber wohl doch auch als Barbar bezeichnet seyn müsse,oder den Dionysos selbst erkennen soll. Die Vase scheintdieselbe welche sich bei Dubois Maisonneuve tav. 53 gestochenfindet*), und dann ist nichts gewisser als dass nichtDionysos gemeint ist, knieend in Todesangst vor dem Beil.Es ist beigeschrieben AYK0Pr02, nach Zannoni AY-KOOPr022, und hinter dem Knaben ist nur noch eine Säule.Die Darstellung ist ins Kurze gezogen oder aus einer grösserennur dieses Figurenpaar aufgenommen : Lykurgos tödetden vergeblich flehenden Sohn, wie sonst auch vorkommtdass er allein dessen Mutter ermordet.S. 347.*) Jelzl auch Mus. Borbon. XIII, 29. In Neapels Anl. Bildw.

100 Die Wulh des Thrakischen Lykurgos.sträubte Haar; an dem andern könnte das eine Spilzohr sichtbarseyn und es ist vielleicht im Marmor vorhanden, nurzu schwer von einer Locke zu unterscheiden gewesen. Wonicht, so hat der Arbeiter vergessen es zu machen; denndas Werk ist von dem guten Schlage derjenigen welche,wie wir an so manchem Beispiel sehen, vielfältig copirt wurden.Auch an dem Relief im Pioclementinum Th. 5 Taf. 7sind Satyrn ohne Spitzohren, ebenfalls aus einem blossenVersehen, das uns so wenig irren darf als die Auslassungeines zur grammatischen Richtigkeit unentbehrlichen Wortesin einer Abschrift eines guten Schriftstellers. Was Lanzide' vasi ant. dipinti p. 121 behauptet, dass zuweilen Menschenunter Satyrn und Silenen erscheinen, ist ungegründet;auch führt er nichts an Avas nur einem Grund ähnlich sähe.Nur Menschen als Satyrn oder Satyrn vorstellend finden wir;niemals Sterbliche als Gesellschaft des Gottes. Dass Kadmosund Tiresias vom Taumel ergriffen tanzten, wie kann dasbeweisen dass Figuren welche junge Satyrn vorstellen, nebenMänaden und an einem Orte wo Dionysos selber erschien(die Vorstellung der Marmorvase ist wie eine Abkürzungoder ein Auszug zu betrachten) nicht wirklich auch Satyrnseyn sollten?Nicht geringer ist die Schwierigkeit in welche in derferneren Erklärung des mehrerwähnten VasengemäldesZannoni durch die vorgefasste Meinung verwickelt wird.Kaum kann ein Verstoss gegen die ersten Sprachgesetzeausgemachter seyn und zugleich unangenehmer auffallen alsso manclie Missdeutungen in der Auslegung der alten Kunst,deren bestimmte, im Verstand, in der Analogie und im Gebrauchfestbegründete Regeln zu verletzen noch immer vonden Meisten für eine ziemlich gleichgültige Sache angesehenzu werden scheint, weil eine Grammatik oder Hermeneutikworauf man verweisen könnte, nicht geschrieben ist. Wenndas Weib welches Lykurgos mordet, nicht die Königin ist,sondern er im Begriff steht die Begleiter des Gottes zu überwältigen,so ist freilich der schon getödete Knabe (welcher

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