eintritt. Sie ist dann ganz vorwiegend durch die Muskelschwächeals Folge des Muskelschwundes bedingt. Nurselten ist die Schwäche in den Beinen so ausgeprägt, dassein Rollstuhl erforderlich wird. Mehr betroffen sind dieHände.Vorwiegend wird die Lebensqualität der PatientInnendurch ihren Allgemeinzustand bestimmt. Dieser ist nichtnur durch den Muskelschwund beeinträchtigt, sondern inmanchen Fällen auch durch die Einschränkung der intellektuellenund psychischen Funktionen, zum Beispiel eineMinderung des Antriebs. Mit der Myotonie, die besondersbeim Öffnen der Hand nach einem Faustschluss stört, werdendie PatientInnen meistens gut fertig, wenn sie nichtdadurch in ihrer Berufsausübung behindert werden.Bei den meisten PatientInnen schreitet die Erkrankungerfreulicherweise nur langsam voran. Als Regel, wenn auchnicht ohne Ausnahme, gilt: Je älter jemand beim Auffälligwerdendes Muskelschwundes ist, desto langsamer istdas Fortschreiten der Krankheit. Das Ausmass, das die Erkrankungannehmen wird, ist also deutlich abhängig vomAlter, in dem die ersten Zeichen von Muskelschwächefestgestellt werden.Die myotone <strong>Dystrophie</strong> führt bei der Mehrzahl der PatientInnen– meist erst im höheren Alter – zu einer beidseitigenLinsentrübung (grauer Star oder Katarakt),wodurch die Sehfähigkeit stark eingeschränkt werdenkann. Die Implantation künstlicher Linsen stellt die Sehkraftwieder her.Die kongenitale myotone <strong>Dystrophie</strong>Der Zusatz kongenital sagt aus, dass die Krankheit schonbei der Geburt erkennbar ist. Dies ist selten. Vererbt wirddiese Form immer durch die Mutter. Bei ihr muss danneine entsprechende Untersuchung vorgenommen werden,falls die Diagnose nicht schon vorher bekannt war.Die Symptomatik dieser Form unterscheidet sich von dernormalen Form, die erst im Jugend- oder Erwachsenenaltererkennbar wird, dadurch, dass bei ihr die Myotonie praktischimmer fehlt. Im Vordergrund des meist schwerenKrankheitsbildes stehen Schwierigkeiten beim Trinken undAtmen, die in Form von Verschlucken und Atemnot zumTode führen können. Im weiteren Verlauf ist bei diesenKindern die motorische Entwicklung meistens verzögert.Zeichen geistiger Unterentwicklung können vorhandensein. Es kommt aber im Laufe des frühen Kindesalters zueiner Besserung. Später tritt dann häufig wieder eine deutlicheVerschlechterung ein.TherapieEine medikamentöse Behandlung des Muskelschwundesist bisher nicht möglich. Physiotherapie und orthopädischeMassnahmen sind die Möglichkeiten der Behandlung mitdem Ziel, die Behinderung zu mildern. So kann zum Beispielein durch eine Fussheberschwäche bedingter Fallfussdurch Schuhe mit hohem Schaft oder eine spezielle Einlage,eine so genannte Peronäusfeder, versorgt werden.Die Myotonie ist selten behandlungsbedürftig, da die PatientInnenganz gut damit fertig werden. Ist in Ausnahmefälleneinmal eine Behandlung der Myotonie erforderlich,sollte Phenytoin gegeben werden. Es beeinflusst die häufigvorkommenden Erregungsausbreitungsstörungen desHerzens günstig, während Mexitil ® und Xylotocan ® , beinichtdystrophischen Myotonien Mittel der ersten Wahl, beimyotoner <strong>Dystrophie</strong> wegen der Gefahr von Herzrhythmusstörungennicht verwendet werden sollten. Rhythmusstörungenkönnen aber auch im Rahmen der myotonen<strong>Dystrophie</strong> vorkommen. Deshalb sind regelmässigeEKG-Untersuchungen zu empfehlen und allenfalls zusätzlicheLangzeit-EKG und Belastungs-EKG. Manchmal wirdein Herzschrittmacher erforderlich. Eine fortgeschrittene67
Linsentrübung kann durch Implantation künstlicher Linsenin Lokalanästhesie beseitigt werden.Was ist bei Narkosen zu beachten?Vollnarkosen sollten nur in den allerdringendsten Fällenangewendet werden, denn es besteht die Gefahr von Reizleitungsstörungenam Herzen und Herzstillstand während derNarkose. Die Ärztin, der Arzt sollte wissen, dass depolarisierendeRelaxantien nicht benützt werden dürfen, da sieschwere myotone Zustände auslösen können.Thiopental führt häufig zu mangelnder Atmung. Neostigminsollte nicht zur Beseitigung einer Muskelentspannungam Ende einer Narkose verwendet werden.Obwohl keine sicheren Hinweise auf Häufung von malignerHyperthermie (schwer kontrollierbare Überhitzungdes Körpers während der Narkose) bei der myotonen<strong>Dystrophie</strong> bestehen, wird zur Vorsicht geraten.Es wird empfohlen, dass die PatientInnen den von derSGMK herausgegebenen Notfallpass mit sich führen.Veränderung zu einer verringerten oder zu einer vermehrtenProduktion des betroffenen Eiweisses führt, das imMuskel und in anderen betroffenen Organen vorkommt.Untersucht wird auch die Möglichkeit, ob sich die genetischeVeränderung auf benachbarte Gene des Chromosoms19 auswirkt. Diese Kenntnisse sind <strong>für</strong> die Entwicklungeiner spezifischen Therapie erforderlich.Die Erforschung einer der myotonen <strong>Dystrophie</strong> ähnlichenErkrankung, der Dystrophia myotonica Typ II, oderproximalen myotonen Myopathie (PROMM), bietet einezusätzliche Möglichkeit, die Krankheitsentstehung aufzuklären.Die Leitsymptome von PROMM sind Schwächeder Hüftmuskulatur, Myotonie, Katarakt und Muskelschmerzenin Ruhe. Im Gegensatz zu der myotonen<strong>Dystrophie</strong> besteht keine CTG-Vermehrung im oben genanntenGen auf Chromosom 19q. PROMM hat einen dominantenErbgang, der Gendefekt ist bisher nichtbekannt.Soziale Betreuung der PatientInnenDie Berufsberatung sollte schon vor Beginn einer Ausbildungdie Besonderheiten der Krankheit berücksichtigenkönnen, da bestmögliche Berufswahl vor der Ausbildungeiner späteren Umschulung überlegen ist. Das vorzeitigeAusscheiden aus dem Berufsleben aufgrund falscherBerufswahl hat beachtliche negative Auswirkungen.Besteht der Verdacht, dass ein Familienmitglied betroffenist, sollte es deshalb möglichst früh untersucht werden.Stand der ForschungSeit die Genveränderung bekannt ist, hat sich die Forschungauf die Untersuchung des Genproduktes, eines Eiweisses,konzentriert. Ungeklärt ist, ob die krankheitsspezifische89