10.07.2015 Aufrufe

Dezember 2006 - Institut Christus König und Hoherpriester

Dezember 2006 - Institut Christus König und Hoherpriester

Dezember 2006 - Institut Christus König und Hoherpriester

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

D E R H L. F R A N Z V O N S A L E SÜ B E R D I E F R E U N D S C H A F TDie echten Fre<strong>und</strong>schaftenLiebe jeden mit echter, starker Nächstenliebe;Fre<strong>und</strong>schaft dagegenschenke nur solchen, die mit dir Verbindungin wertvollen Dingen aufnehmenkönnen. Je höher die Werte sind, die ihreinander mitteilt, um so vollkommenerwird eure Fre<strong>und</strong>schaft sein. Wenn ihr eurewissenschaftlichen Kenntnisse austauscht,so ist eure Fre<strong>und</strong>schaft gewiß lobenswert;noch besser ist sie, wenn ihr einander zurTugend der Klugheit, der taktvollen Mäßigung,der Stärke <strong>und</strong> Gerechtigkeit aneifert;wenn ihr einander aber die Liebe, dieFrömmigkeit, die christliche Vollkommenheitvermittelt, wie wertvoll wird dann eureFre<strong>und</strong>schaft sein! Sie wird eine ausgezeichnetesein, weil sie von Gott kommt,weil sie auf Gott hinzielt, weil Gott ihrBand ist, weil sie ewig in Gott weiterlebenwird. Wie schön ist es, auf Erden so zu lieben,wie man im Himmel lieben wird, <strong>und</strong>zu lernen, einander auf dieser Welt so herzlichverb<strong>und</strong>en zu sein, wie wir es in deranderen ewig sein werden!Ich spreche hier nicht von der einfachenNächstenliebe, die wir allen Menschenschulden, sondern von der geistlichenFre<strong>und</strong>schaft, in der zwei, drei oder mehrSeelen einander ihre Frömmigkeit mitteilen,ihre geistigen Empfindungen austauschen<strong>und</strong> eins werden im Geist. Mit Rechtkönnen diese glücklichen Menschen singen:„Wie schön <strong>und</strong> lieblich ist es, wennBrüder einig zusammenleben!“ (Ps 133,1).Ja, denn unaufhörlich wird der königlicheBalsam der Frömmigkeit von einem Her-zen in das andere strömen, so daß man sagenkann, daß Gott auf diese Fre<strong>und</strong>schaftseinen Segen ausgegossen hat <strong>und</strong> das Lebenfür alle Ewigkeit (vgl. Ps 133,3).Ich meine, daß jede andere Fre<strong>und</strong>schaft imVergleich damit nur ein Schatten ist <strong>und</strong> ihreBande nur gläserne Ketten, verglichenmit diesem goldenen, ganz herrlichen Bandder heiligen Frömmigkeit.Suche keine andere Art von Fre<strong>und</strong>schaft.Ich spreche von Fre<strong>und</strong>schaften, die manselbst wählt, denn man darf deswegen nichteine Fre<strong>und</strong>schaft brechen oder verachten,die uns Natur <strong>und</strong> Notwendigkeit aufrechtzuhaltenverpflichten: mit den Eltern,Verwandten, Wohltätern, Nachbarn <strong>und</strong>anderen.Manche werden dir vielleicht sagen, mandürfe überhaupt keine besondere Fre<strong>und</strong>schaftunterhalten, weil sie das Herz beschäftige,den Geist zerstreue <strong>und</strong> Eifersuchthervorrufe. Sie irren aber; sie habenwohl in verschiedenen frommen Bücherngelesen, daß Sonderfre<strong>und</strong>schaften den Ordensleutensehr schaden; nun meinen sie,das gelte für alle. Dagegen ist aber vieles zusagen.In einem geordneten Kloster ist die wahreFrömmigkeit das gemeinsame Ziel aller;daher sind dort besondere Verbindungennicht am Platz. Wenn man in abgesondertenGruppen anstrebt, was alle erstrebensollen, liegt die Gefahr nahe, daß man sichnicht nur absondert, sondern auch Parteienbildet. Für solche aber, die mitten unterWeltmenschen die wahre Tugend anstreben,ist es notwendig, sich untereinanderdurch eine heilige Fre<strong>und</strong>schaft zu verbinden;dadurch ermuntern sie sich gegenseitig,helfen einander <strong>und</strong> tragen sich gleichsamgegenseitig zum guten Ziel. Die aufebenem Weg gehen, brauchen einandernicht an der Hand zu halten; die aber steinige<strong>und</strong> abschüssige Wege betreten, müssensich gegenseitig stützen, um sicher zu gehen.So brauchen zwar die Ordensleutekeine Sonderfre<strong>und</strong>schaften, wohl aber dieMenschen in der Welt, um auf den rauhenWegen, die sie gehen müssen, sich gegenseitigzu sichern <strong>und</strong> einander zu helfen. Inder Welt streben nicht alle nach dem gleichenZiel, haben nicht alle denselben Geist;es ist also notwendig, sich abzusondern<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaften für unsere besonderenBestrebungen zu pflegen. Das ist zwar eineAbsonderung, aber eine heilige, die keinenanderen Keil zwischen die Menschen treibt,als den, der schon zwischen Gut <strong>und</strong> Bösesteckt, zwischen Schafen <strong>und</strong> Böcken, zwischenBienen <strong>und</strong> Drohnen: eine notwendigeTrennung.Niemand kann leugnen, daß der Herr inbesonders liebevoller Fre<strong>und</strong>schaft denHeiligen Johannes, Lazarus, Martha, Magdalenazugetan war, da es die Heilige Schriftbezeugt (Joh 13,23; 11,5). Wir wissen auch,daß der hl. Petrus in besonderer Weise dieHeiligen Markus <strong>und</strong> Petronilla liebte, wiePaulus die Heiligen Timotheus <strong>und</strong> Thekla.Der hl. Gregor von Nazianz rühmt sichwiederholt der unvergleichlichen Fre<strong>und</strong>schaft,die ihn mit dem großen hl. Basiliusverband, <strong>und</strong> beschreibt sie folgendermaßen:„Es schien, als ob wir beide nur eineSeele in zwei Körpern hätten. Wenn manauch den Philosophen keinen Glaubenschenken darf, daß alles in allem sei, so mußman uns doch glauben, daß wir beide in jedemvon uns waren <strong>und</strong> der eine im anderen.Ein einziger Wille beseelte uns beide,die Tugend zu pflegen <strong>und</strong> unsere irdischenPläne den ewigen anzupassen <strong>und</strong> dadurchschon vor unserem Tode über diese vergänglicheErde hinauszuwachsen.‘‘ Der hl.Augustinus bezeugt, daß der hl. Ambrosiusder hl. Monika wegen ihrer seltenen Tugendsehr zugetan war <strong>und</strong> daß sie ihrerseitsihn wie einen Engel Gottes liebte.Aber ich handle unrecht, dir so selbstverständlicheDinge zu erzählen. Hieronymus,Augustinus, Gregorius, Bernhard <strong>und</strong> allegroßen Diener Gottes pflegten solche besondereFre<strong>und</strong>schaften, ohne dadurch ihrerVollkommenheit zu schaden. Wenn derhl. Paulus von der seelischen Zerrüttungder Heiden spricht, wirft er ihnen vor, sieseien Menschen ohne Liebe, d.h. Menschen,die keine Fre<strong>und</strong>schaft kennen(Röm 1,31). Und der hl. Thomas bekenntwie alle wahren Philosophen, daß dieFre<strong>und</strong>schaft eine Tugend ist; er sprichtaber von der besonderen Fre<strong>und</strong>schaft, da(wie er sagt) die vollkommene Fre<strong>und</strong>schaftsich nicht auf viele Menschen erstreckenkann. Die Vollkommenheit bestehtalso nicht darin, keine Fre<strong>und</strong>schaftzu pflegen, sondern darin, nur eine gute<strong>und</strong> heilige.W E I T E R E R A T S C H L Ä G EÜ B E R D I E F R E U N D S C H A F TDie Fre<strong>und</strong>schaft setzt eine enge Verb<strong>und</strong>enheit<strong>und</strong> Gemeinschaft zwischen denFre<strong>und</strong>en voraus, sonst kann sie weder entstehennoch bestehen. Darum geschieht esauch oft, daß mit der Fre<strong>und</strong>schaft nochanderes gegenseitig mitgeteilt wird, daßunmerklich gewisse Neigungen, Wünsche,Ansichten von Herz zu Herz überspringen18 INSTITUT CHRISTUS KÖNIG UND HOHERPRIESTERVERITATEM FACIENTES IN CARITATE · DIE WAHRHEIT IN DER LIEBE TUN 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!