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Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 3 - 2007 ...

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Wegwespen (Insecta: Pompilidae)<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong> - Teil 3Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld, Vol. 4 (<strong>2007</strong>)ISSN 1865-936512 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 1


<strong>Bionomie</strong>* <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong> - Teil 3Wegwespen (Insecta: Pompilidae)Martin Sorg & Werner StenmansMitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld, Vol. 4 (<strong>2007</strong>)Zitiervorschlag:Sorg, M. & W. Stenmans (<strong>2007</strong>): <strong>Bionomie</strong>* <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>,Teil 3: Wegwespen (Insecta: Pompilidae).- Mitteilungen aus dem EntomologischenVerein Krefeld, <strong>2007</strong>(4): 1-12.Herausgeber:Entomologischer Verein Krefeld e.V., gegründet 1905c/o Entomologische Sammlungen Krefeld; Marktstraße 159; 47798 KrefeldURL: http://www.entomologica.deeMail: post@entomologica.de© <strong>2007</strong> UWM, Verlag für Unterrichts- und Wissenschaftsmedien, Krefeld.Text und Abbildungen dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb<strong>der</strong> engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlagesunzulässig und strafbar. Das gilt insbeson<strong>der</strong>e für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungenund die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.ISSN 1865-9365Abbildungsnachweis:Alle Fotografien Entomologischer Verein Krefeld und kooperierende Mitglie<strong>der</strong> und Entomologen.Die Zeichnung <strong>der</strong> Abb. 5 mit freundlicher Erlaubnis von Heinrich Wolf.Titelbild:Sandbiotop am Nie<strong>der</strong>rhein, Wegwespe (Episyron rufipes) beim Beutefang.Rückseite: Sand-Segge (Carex arenaria) nach Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé: Flora vonDeutschland, Österreich und <strong>der</strong> Schweiz 1885, Gera, Germany.Die Herausgabe dieser Broschüre wurde geför<strong>der</strong>t durch die Nordrhein-Westfalen-StiftungNaturschutz, Heimat- und Kulturpflege.2 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong>*1 <strong>Bionomie</strong>: Wissenschaft von denGesetzen des Lebens, von griechischbios „Leben“ und nomos „Gesetz“.• Hilfsmittel zur Erstellung von Zeichnungen.• Projektion von Filmmaterial o<strong>der</strong> „live“ - Projektionen aus Beobachtungsgefäßen.• Kokonstrukturen und Entwicklungsstadien.• Anpassungen an das Mikroklima <strong>der</strong> „heißen“ <strong>Sandbiotope</strong>.• Sinnesleistungen und speziell angepasste Sinnesorgane.• Funktionen im Lebensraum, Stellung in Nahrungsnetzen und Wechselbeziehungenmit an<strong>der</strong>en Arten.Die Bildungsangebote für Schulen erfolgen in Anpassung an die jeweiligen Lehrpläne <strong>der</strong>Jahrgänge für die Sekundarstufen I und II.5. LiteraturPeeters, T.M.J., Achterberg, C. Van , Heitmans, W.R.B., et al. (2004): De Wespen enMieren van Ne<strong>der</strong>land.- Ne<strong>der</strong>landse Fauna 6, Leiden, 496 S.Pitts, J.P., Wasbauer, M.S. & C.D. Von Dohlen (2006): Preliminary morphologicalanalysis of relationships between the spi<strong>der</strong> wasp subfamilies (Hymenoptera: Pompilidae):revisiting an old problem.- Zoologica Scripta, 35: 63-84.Richards, O.W. & Hamm, A.H. (1939): The biology of the British Pompilidae (Hymenoptera).-Trans. Soc. Br. Ent., 6: 51-114; London.Schmid-Egger, C. & Wolf, H. (1992): Die Wegwespen Baden-Württembergs (Hymenoptera,Pompilidae).- Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ., 67: 267-370;Karlsruhe.Sorg, M., H. Wolf & W. Stenmans (1995): Naturkundliche Untersuchungen zum Naturschutzgebiet„Die Spey“ (Stadt Krefeld, Kreis Neuss). V. Die Lebensgemeinschaften <strong>der</strong>Wegwespen (Hymenoptera, Aculeata, Pompilidae). - Natur am Nie<strong>der</strong>rhein NF 10: 30-37.Krefeld.Tsuneki, K. (1969): Return to the nest in the spi<strong>der</strong> wasps (Hymenoptera).- Etizenia36: 1-32; Fukui.KontaktadresseFragen zum Thema, Besuch und Ausleihe <strong>der</strong> Ausstellung, Durchführung von Seminaren,Exkursionen, Unterricht und Unterrichtsbegleitung.Entomologischer Verein Krefeld e.V.c/o Entomologische SammlungenMarktstraße 159; 47798 KrefeldeMail: post@entomologica.deTel.: 02845 1694; 0172 8013056<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 11


aus unserer Sicht als eine Art „Abstandhalter“zwischen <strong>der</strong> Puppe und <strong>der</strong>Innenwand des Kokons. Die Kokonswerden von den Imagines durch einenscharfen Schnitt, vermutlich mit Hilfe<strong>der</strong> Mandibeln, geöffnet. Verlassene,als auch mit Puppen belegte Kokonskönnen in geeigneten Habitaten, an vegetationsfreienStellen aus einer Tiefevon ca. 10-30 cm ausgegraben werden.Bei manchen Wegwespenarten wirdauch Cleptobiose beobachtet. Hierbeiwird ein Weibchen mit Beutespinnevon einem zweiten Weibchen attakiertund die Beutespinne „gestohlen“, umsie für die eigene Brutfürsorge zu verwenden.Ähnliche Verhaltensweisen,z.B. auch die Entnahme von Beutespinnenaus fremden Nestern sind auch füran<strong>der</strong>e, heimische Wegwespen bekanntgeworden.Neben den „gelegentlich“ in Nahrungskonkurrenztretenden Arten leben dieWegwespen <strong>der</strong> Gattungen Evagetesund Ceropales ausschließlich parasitoid.Die Evagetes Weibchen dringen indie Nester ihrer Wirte ein, während dieCeropales-Arten während des Spinnentransportes<strong>der</strong> ”Zwischenlagerung”<strong>der</strong> Spinne neben dem Nestbau ihr Eiin die Tracheenlunge <strong>der</strong> Beutespinnelegen.Abb. 8 - Wegwespen <strong>der</strong> Gattung Episyron amNesteingang (a) und mit ihrer Beutespinne (b).4. FortbildungIm Rahmen unseres Fortbildungsangebotes können die Dateils zum Verhalten, dem Körperbau,<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Anpassungen <strong>der</strong> Wegwespen an <strong>Sandbiotope</strong> sowohl im Freiland,als auch im Seminarraum „erlebt“ werden.Aktionen in den angebotenen Kursen beinhalten:• Beobachtungen im Freiland und Arbeitsraum.• Einsatz von Lupen, Stereomikroskopen und Mikroskopen.• Formen und Funktionen nachvollziehen.• Fähigkeiten und Leistungen <strong>der</strong> Arten durch Experimente verstehen.10 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong>Inhaltsverzeichnis1. Einleitung 32. <strong>Sandbiotope</strong> am Nie<strong>der</strong>rhein 53. Biologie <strong>der</strong> Wegwespen 64. Fortbildung 95. Literatur 101. EinleitungDer Entomologische Verein Krefeld möchte miteiner kleinen Serie von Broschüren auf die interessanten<strong>Insekten</strong>arten <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>rheinischen Silikatmagerrasen,Sandheiden und ähnlicher Biotoptypenaufmerksam machen. Die hierzu vermitteltenInformationen sollen in allgemein verständlicherForm ausgewählte Gruppen <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> auch alsThema für Fortbildungsveranstaltungendarstellen. Zu den Einzelthemen bietet<strong>der</strong> Entomologische Verein KrefeldLehrveranstaltungen, Exkursionen undweiteres Schulungsmaterial, insbeson<strong>der</strong>efür Bildungsträger in <strong>der</strong> RegionNie<strong>der</strong>rhein an.Eine Anzahl von Arten <strong>der</strong> <strong>Sandbiotope</strong>sind in beson<strong>der</strong>em Maße geeignet,spezielle Anpassungen und Verhaltensweisen<strong>der</strong> Arten auch selbst zu beobachten.Dies kann bei einer Exkursionschon am Wegrand entsprechend geeigneterGebiete erfolgen.Abb. 1 - Oben: Silbergras (Corynephoruscanescens) als Charakterart <strong>der</strong> Silikatmagerrasenmit tiefer Verwurzelung im trockenenSandboden.Unten: Sandweg am Waldrand zwischenangrenzenden Flugsanddünen, Heidekraut(Calluna vulgaris), Offensandflecken undeiner von vielen <strong>Insekten</strong>arten <strong>der</strong> <strong>Sandbiotope</strong>besiedelten Wegsohle.<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 3


Die lückige Vegetation entlang solcher „Sandwege“ erleichtert das Erkennen <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong>und gestattet bei den Teilen <strong>der</strong> für die Öffentlichkeit zugänglichen Wege auch einen Besuchin Naturschutzgebieten. Über unser Angebot zu Exkursionsführungen, Begleitungo<strong>der</strong> Durchführung von Unterrichtsveranstaltungen für Schulen und an<strong>der</strong>e Bildungsträgererhalten sie Auskunft über die genannten Kontaktadressen.Für die Unterstützung <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> ersten Serie dieser Broschüren und auch <strong>der</strong>Anschaffung mancher Untersuchungsgeräte bedanken wir uns bei <strong>der</strong> Nordrhein-Westfalen-StiftungNaturschutz, Heimat- und Kulturpflege. Die Broschüren können zum Herstellungspreisvon Bildungsträgern angefor<strong>der</strong>t werden. Darüber hinaus sind sie online alsdruckfähige PDF-Dateien verfügbar. Die Serie wird auf ehrenamtlicher Basis von Mitglie<strong>der</strong>ndes Vereins fortlaufend aktualisiert und ergänzt. Sie wird künftig als „Print-on-Demand“sowie in angepasstem Layout als E-Book mit den ergänzend möglichen, medientypischenEigenschaften <strong>der</strong> PDF-Dateien (Portable Document Format) verfügbar sein.2. <strong>Sandbiotope</strong> am Nie<strong>der</strong>rheinLebensräume auf Sandböden gehörenzu den faszinierendsten Biotopen.Viele Tiere und Pflanzen diesich an diesen Biotoptyp angepassthaben, können Hungerperiodenund Wasserarmut mit beson<strong>der</strong>enTechniken überdauern. Viele zeigenauch raffinierte Methoden im Beutefang,<strong>der</strong> Tarnung, Energieersparnisund dem Umgang mit dem Sand alsMedium für das Überleben. Es sinddie kargen Bedingungen auf und imnährstoffarmen, im Sommer heißenSand, die diese Anpassungen imLaufe <strong>der</strong> Evolution hervorgebrachthaben. Die Beschäftigung mit denArten <strong>der</strong> <strong>Sandbiotope</strong> eröffnet unseinen Einblick in eine Welt mit beson<strong>der</strong>sinteressanten Arten.Offene <strong>Sandbiotope</strong> mit ihren ureigenenArtenspektren werden immerseltener. In den letzten Jahrhun<strong>der</strong>tensind sie um mehr als 90%ihrer ursprünglichen Ausdehnunggeschrumpft. Dieser Rückgang hatschon sehr viele <strong>der</strong> typischen Arten<strong>der</strong> <strong>Sandbiotope</strong>, <strong>der</strong> Silikatmagerrasenund Sandheiden auf die RotenListen <strong>der</strong> bestandsgefährdeten Artengedrängt.Abb. 2 - Übergänge zu lichten Waldbiotopen, offeneSandflächen und Silikatmagerrasen, Sandheide undnährstoffarme Heideweiher. In dieser Konstellation artenreicheLebensgemeinschaften <strong>der</strong> hier lebenden, speziellangepaßten Arten.4 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong>Bei <strong>der</strong> Anlage <strong>der</strong> Nester und demEintragen <strong>der</strong> Beutespinnen reagierenWegwespen oft wenig störempfindlich.Das Graben im lockeren San<strong>der</strong>folgt in typischer Haltung. Der Sandwird mit den Vor<strong>der</strong>beinen zwischendie Mittel- und Hinterbeine hindurchbeför<strong>der</strong>tund in einem Bogen vonmehreren Zentimetern nach hintengeschleu<strong>der</strong>t. Die Beutespinnen pakkendie Arten mit den Kiefern an denBeinen und ziehen sie in das Nest herein.Danach wird <strong>der</strong> Nesteingang wie<strong>der</strong>vollständig verschlossen.Die Larven <strong>der</strong> Wegwespen fertigenmit ihren Spinndrüsen einen relativdichten und dickwandigen Kokon, indem später auch die Verpuppung stattfindet.Die Abbildung 9 zeigt einenaufgeschnittenen Kokon mit <strong>der</strong> darinliegenden Puppe. Im polarisiertenDurchlicht wird die Orientierung <strong>der</strong>Spinnfäden in <strong>der</strong> Kokonwand sichtbar(Abb. 9 - unten). Im Ausschnittzeichnen sich zwei, etwa im Winkelvon 90 Grad zueinan<strong>der</strong> stehendeFaserrichtungen ab, die in <strong>der</strong> Abbildungdurch die Farben Rot und Blaumarkiert sind. Es ist anzunehmen, dass<strong>der</strong>artige Kokonwände eine relativgute Isolierung gegen Umwelteinflüssedarstellen. So z.B. bei wechselndemGrundwasserstand o<strong>der</strong> in Auenlebensräumeneine periodisch im Winterhalbjahrauftretendes Hochwasser.Darüber hinaus ist auch eine Funktionals „physikalische Kieme“ bei diesenKokons gut vorstellbar.Die Puppen in den Kokons zeigenauffällige Fortsätze an verschiedenenKörperteilen (Kopf, Brustoberseite,Seiten des Hinterleibes). Über dieFunktion dieser teils dornen-, teilsamboßartigen Körperanhänge gibt esverschiedene Ansichten. Sie fungierenAbb. 9 - Oben: Ein aufgeschnittener Kokon einer Wegwespe<strong>der</strong> Gattung Episyron mit darin ruhen<strong>der</strong> Puppe.Unten: Kokonfäden im polarisierten Durchlicht.<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 9


Abb. 7 - Eine Wegwespe <strong>der</strong> Gattung Pompilus zieht mit ihren Kiefern eine Beutespinne in denvorher gegrabenen Nestbau.Typische „Bewohner“ <strong>der</strong> <strong>Sandbiotope</strong> sind in den Sommermonaten u.a. Wegwespen <strong>der</strong>Gattungen Pompilus und Episyron. Daneben ist die Gattung Anoplius, vor allem mit <strong>der</strong> ArtAnoplius viaticus bereits imzeitigen Frühjahr anzutreffen.Manche <strong>der</strong> typischenBesiedler offener, vegetationslosero<strong>der</strong> -armerAbb. 8 - Eine Wegwespe <strong>der</strong> Gattung Anoplius mit iherer Beutespinneam Eingang des vorher gegrabenen Nestbaues.Flugsanddünen lebenaber auch an sandigenWaldrän<strong>der</strong>n sowie inKiesgruben mit sandigenBodenstellen. Auch Flußufermit diese begleitenen,offenen Sandstellen bzw.sandigen Uferwällen werdenbesiedelt. Die Nestermancher Arten werdenauch kolonial angelegtund diese Kolonien befindensich oft über viele Jahrean denselben Stellen.Manche Wegwespen sindan den Lebensraum „sandige,vegetationsarmeund periodisch überfluteteFlußauen“ sowie <strong>Sandbiotope</strong> im Binnenland mit wechelndem Grundwasserspiegel gutangepasst.8 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong>Abb. 3 - Ohne die „Störungen“ durch Beweidung, Viehtritt o<strong>der</strong> Brand überdecken oft Becherflechtenund Moospolster den Sandboden und verhin<strong>der</strong>n eine Besiedlung <strong>der</strong> auf offene Sandflächenangewiesenen <strong>Insekten</strong>.Heute gibt es viele Bemühungen, diesen negativen Trend aufzuhalten. Um aber einen effektivenSchutz zu gewährleisten, ist es notwendig zu wissen:• Welche Arten in welchen Teillebensräumenüberhaupt vorkommen.• Wie ihre Anspruchsprofile aussehen.• In welcher Abhängigkeit sie untereinan<strong>der</strong>stehen (Nahrungsnetze, Wechselbeziehungenetc.).• Welche Schlüsselarten die Grundlage fürdie Existenz an<strong>der</strong>er Arten o<strong>der</strong> Artengruppengewährleisten.• Welche natürlichen wie künstlichen, dynamischenVorgänge in den Ökosystemenvon Bedeutung sind.Abb. 4 - Heute sind unsere „Flugsanddünen“ nichtmehr in Bewegung. Ein Auftreten von Offensandflächendurch „Störungen“ ist daher ein wichtigerAspekt für die seltenen Spezialisten <strong>der</strong> Flugsanddünen.<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 5


3. Biologie <strong>der</strong> WegwespenAuf den Offensandflächen ebensowie auf den Sandwegen gehörenWegwespen zum kennzeinendenArtenspektrum. Für diewärmeliebenden und zumeistim Boden nistenden Wegwespenzählen solche Biotope zuden artenreichsten. Wegwespensind kleine bis mittelgroßeStechimmen (Insecta, Hymenoptera,Aculeata), gut erkennbaran ihrer relativ uniformen Gestalt.Der aufmerksame Naturbeobachterbemerkt sie durchihr typisches Verhalten bei <strong>der</strong>Suche nach Beutespinnen: ”Aufgeregt”über den Boden laufendund ”suchend” (”Hymenopteraneurotica” sensu Gauld & Bolton).Viele Arten dieser zumeistwärmeliebenden Spinnenjägersind vor allem in Lebensräumenmit nicht durchgängig bzw.dicht bewachsener Bodenoberflächeanzutreffen. Viele Arten<strong>der</strong> Wegwespen zeigen hochspezialisierte Anspruchsprofilean ihren Lebensraum. Diepotentielle Eignung wird teilsartspezifisch über eine AnzahlAbb. 5 - Eine Wegwespe <strong>der</strong> Gattung Anoplius transportiertdie von ihr gelähmte Beutespinne durch die vertrocknetenGrashalme am Wegrand.von Parametern und <strong>der</strong>en räumlicher Verfügbarkeit definiert, wie z.B. Nistsubtrat, passendesBeutespinnentaxon, Mikroklima, Requisiten für den Nestbau etc. Das Verhaltensmusterzur Brutfürsorge <strong>der</strong> meisten, weiblichen Wegwespen ist relativ uniform. Bei den imtrockenen Sandboden nistenden Wegwespen gehört hierzu in <strong>der</strong> Regel -• die Anlage - die Ausgrabung - einer unverzweigten Neströhre im lockeren Sand,• <strong>der</strong> Beutefang und die Lähmung <strong>der</strong> Spinne durch einen Stich mit dem Giftstachel,• ein Transport <strong>der</strong> gelähmten Spinne, <strong>der</strong> zumeist zu Fuß erfolgt,• schließlich die Einlagerung <strong>der</strong> Spinne im Nest,• eine Eiablage und zum Abschluß <strong>der</strong> Verschluß <strong>der</strong> Niströhre.Eine solche Kette von Handlungen läuft im Regelfall immer in <strong>der</strong>selben Reihenfolge ab,wenn keine Störungen eintreten.6 - <strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong>Abb. 6 - Wegwespe <strong>der</strong> Gattung Episyron beim Graben <strong>der</strong> Neströhre. Auf den zwei hinteren Beinpaarenstehend werden die Vor<strong>der</strong>beine mit den Grabborsten für die Ausschachtung benutzt.Die Wegwespen haben bereits im vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>t Entomologen zu verhaltensbiologischenStudien angeregt (Fabre 1883). In den letzten Jahrzehnten sind mehrere zusammenfassendeVeröffentlichungen zur <strong>Bionomie</strong> von Arten dieser Familie erschienen(z.B.: Day 1988, Evans 1953, Evans & Yoshimoto 1955, Iwata 1976, Olberg 1955,Richards & Hamm 1939).Der Körperbau <strong>der</strong> Wegwespenzeigt eine Anzahl von Anpassungenan ihr Verhaltenmuster sowiedie Existenz in trocken-heißen bzw.sandigen Habitaten. Mit den relativlangen Beinen kann <strong>der</strong> Transporteiner „schweren“ Beutespinne „zuFuß“ erfolgen. Lange Beine bietendarüber hinaus den Vorteil, demKörper einen möglichst großen Abstandvon <strong>der</strong> aufgeheizten Sandoberflächezu geben. Bereits wenigeMillimeter Abstand bedeuten für diehier lebenden Arten eine geringereAufheizung. Der Hinterleib <strong>der</strong> Wegwespenist sehr beweglich, sodaß sieauch bei sehr wehrhaften Spinnen in<strong>der</strong> Lage sind einen Lähmungsstichanzubringen, ohne selbst zur Beutezu werden.Abb. 5 - Zeichnung zum Körperbau einer Wegwespe <strong>der</strong>Gattung Pompilus. Farbig gekennzeichnet die zum Grabenbenutzten Borsten <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>beine.<strong>Bionomie</strong> <strong>der</strong> <strong>Insekten</strong> nie<strong>der</strong>rheinischer <strong>Sandbiotope</strong>, № 3 - <strong>2007</strong> - 7

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