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Freiwilligensurvey 2009 - Wir tun was

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Zivilgesellschaft,freiwilliges Engagement undsoziales Kapital in Rheinland-Pfalz1999–2004–<strong>2009</strong>Ergebnisse der repräsentativenTrenderhebung zu Ehrenamt,Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichemEngagementDurchgeführt im Auftrag derStaatskanzlei Rheinland-PfalzVorgelegt vonTNS Infratest Sozialforschung, MünchenThomas GensickeTel. 089/5600-1547thomas.gensicke@tns-infratest.comSabine GeissTel. 089/5600-1494sabine.geiss@tns-infratest.comMünchen, August 2010BE 67.06.111901


2InhaltsverzeichnisVorwort 5Zusammenfassung 6A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaftin Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong> 221. Deutlich steigende Reichweite der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz 221.1 Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> 221.2 Öffentliche Beteiligung in Rheinland-Pfalz 251.3 Öffentliche Beteiligung in wichtigen Bevölkerungsgruppen 282. Freiwilliges Engagement 312.1 Vielfalt des freiwilligen Engagements 312.2 Rheinland-Pfalz im Vergleich der Länder 353. Freiwilliges Engagement in Regionen und Bevölkerungsgruppen 373.1 Regionale Unterschiede 373.2 Männer und Frauen 383.2 Ältere Menschen 423.4 Erwerbsstatus 454. Potenziale – bei nicht Engagierten, aber auch bei Engagierten 474.1 Engagierte könnten mehr <strong>tun</strong> 474.2 Viel Engagementbereitschaft trotz hohen Engagements 48


3B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagementsin Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong> 521. Subjektive Hintergründe des freiwilliges Engagements 531.1 Warum man sich engagiert 531.2 Was man von der Tätigkeit erwartet 541.3 Renaissance des Ehrenamts? 572. Was Freiwillige <strong>tun</strong> und <strong>was</strong> sie können müssen 602.1 Vielfalt der Tätigkeitsformen 602.2 Anforderungen an Freiwillige 612.3 Weiterbildung und Lei<strong>tun</strong>gstätigkeiten 633. Unter welchen organisatorischen Bedingungen Freiwillige arbeiten 653.1 Vereine und Gruppen dominieren 653.2 Hauptamtliche und Ansprechpartner 684. Zeitregime, Zielgruppen, materielle Aspekte 704.1 Steigende zeitliche Bindung des Engagements 704.2 Veränderungen im Zeitregime 724.3 Zielgruppen des Engagements 764.4 Materielle Aspekte 785. Förderung des freiwilligen Engagements 805.1 Unterstützung und Verbesserungsbedarf 805.2 Informations- und Kontaktstellen 835.3 Zugangswege zum freiwilligen Engagement 87Literatur 90Anhang 1:Informationen zum <strong>Freiwilligensurvey</strong> 91Anhang 2:Methodische Anlage telefonischer Bevölkerungsumfragen von TNS Infratest 95Hinweis 99Impressum 100


5VorwortEin Gemeinwesen ist immer so stark undlebendig, wie sich Menschen zusammenfindenund über ihre gesetzlichen Pflichtenhinaus bereit sind, sich füreinander einzusetzen.Der Wunsch der Bürgerinnen undBürger, sich einzubringen, der Wunsch nachBeteiligung und Mitwirkung an den gesellschaftlichenund politischen Entscheidungenist in den letzten zehn Jahren – entgegenhäufiger Äußerungen in Medien und Öffentlichkeit– gewachsen, und nicht etwa zurückgegangen.Die vorliegende Studie zu Ehrenamt,Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichemEngagement bestätigt dies in eindrucksvollerWeise. Mit den Ergebnissen der Repräsentativbefragungenvon 1999, 2004 undnunmehr <strong>2009</strong> verfügen wir nicht nur übereine Fülle von Daten und Informationenüber das bürgerschaftliche Engagement inRheinland-Pfalz, sondern können darausauch in einer Längsschnittperspektive Trendsund Entwicklungen ablesen. Dies ist für dieEngagementpolitik des Landes von großerBedeu<strong>tun</strong>g, denn es erlaubt, die Förderungdes Ehrenamtes noch enger an den Wünschenund Bedürfnissen der Praxis vor Ortauszurichten. Bereits seit einigen Jahrengehen wir hierbei neue Wege und bemühenuns darum, die Unterstützung von Ehrenam<strong>tun</strong>d Bürgerengagement mit der Stärkungvon Möglichkeiten politischer Partizipationzu verbinden. Dabei haben wir mit verschiedenstenInstrumenten der Bürgerbeteiligung(Bürgerkongresse, Planungszellen etc.)gute Erfahrungen gemacht. Ich bin überzeugtdavon, dass Menschen dort, wo siemitbestimmen können, auch bereit sind,Verantwor<strong>tun</strong>g zu übernehmen und sich zuengagieren. Dies verbinde ich mit dem Bildvon einer aktiven und lebendigen Bürgergesellschaft.Nachdem Rheinland-Pfalz 2004 mit einerEngagementquote von 39% im Länderrankingbereits den 2. Platz belegte, konnte dasLand <strong>2009</strong> noch einmal zwei Prozentpunktezulegen. Mit 41% steht Rheinland-Pfalz nungemeinsam mit Baden-Württemberg undNiedersachsen auf dem Spitzenplatz imEngagement-Vergleich der Länder. Daraufkönnen wir mit Recht stolz sein.Mit diesem Ergebnis sehe ich zugleichunsere Politik zur Stärkung von Ehrenamt,freiwilligem Engagement und Bürgerbeteiligungbestätigt. Diesen Kurs wollen wir auchkünftig beibehalten, um die Rahmenbedingungenfür bürgerschaftliches Engagementweiter zu verbessern.Ich wünsche allen Leserinnen und Leserneine spannende und anregende Lektüre underhoffe mir, dass aus der Diskussion der Ergebnissevielfältige Impulse für die Weiterentwicklungder Bürgergesellschaft inRheinland-Pfalz erwachsen.Kurt BeckMinisterpräsident


6ZusammenfassungWas ist der <strong>Freiwilligensurvey</strong>?Im Auftrag des Bundesministeriums fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend(BMFSFJ) führte das MeinungsforschungsinstitutTNS Infratest SozialforschungMünchen im Jahr <strong>2009</strong> seit 1999 und 2004zum dritten Mal den <strong>Freiwilligensurvey</strong>(Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichesEngagement) durch. Die LandesregierungRheinland-Pfalz beauftragte TNSInfratest Sozialforschung nunmehr bereitszum dritten Mal 1 mit einer Auswer<strong>tun</strong>gdieses <strong>Freiwilligensurvey</strong>s für das LandRheinland-Pfalz, um die Lage und Entwicklungder Zivilgesellschaft und des freiwilligenEngagements in Rheinland-Pfalz zuuntersuchen und sichtbar zu machen. Nebender Darstellung der empirischen Fakten ginges auch darum, Entwicklungs- und Handlungsfelderzu bestimmen, um die Rahmenbedingungenfür freiwillig Engagierte imLande und in den Organisationen, in denenFreiwillige tätig sind, zu verbessern.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> verwendet einbesonderes Verfahren, um freiwilligesEngagement umfassend und konkret inmöglichst all seinen Formen zu erfassen.Es werden sowohl Tätigkeiten von Bürgerinnenund Bürgern untersucht, die als Ehrenamtverstanden, als auch solche, die alsFreiwilligenarbeit bzw. als bürgerschaftlichesEngagement gesehen werden. Darüberhinaus wurden die vielfältigen Formen derInitiativen und Projektarbeit und der Selbsthilfeberücksichtigt. Diese Tätigkeiten werdenim Interview wortwörtlich erfasst undanschließend auf ihre Gültigkeit hin geprüft.Diese Handlungsformen im Rahmen derZivilgesellschaft sind im Einzelnen sehr differenziert.Einen Oberbegriff für die vielfältigenFormen und Verständnisse des Engagementsder Bürgerinnen und Bürger zu finden,war für die Engagementforschungallerdings unumgänglich. Zu diesem Zweckwählte bereits der <strong>Freiwilligensurvey</strong> von1999 den Begriff des freiwilligen Engagements.Dieser ist auch am ehesten mit deminternationalen Sprachgebrauch vergleichbar(„Volunteering“ und „Volunteers“ imEnglischen).Wie viele Bürgerinnen und Bürger beteiligensich in der Zivilgesellschaft und wie vieleengagieren sich freiwillig?In Rheinland-Pfalz beteiligten sich <strong>2009</strong> 77%der ab 14-jährigen Bevölkerung in Gruppen,Vereinen und Organisationen oder in öffentlichenInstitutionen und Einrich<strong>tun</strong>gen.Diese „Infrastruktur der Zivilgesellschaft“wurde somit von einem sehr hohen Anteilder Bürgerinnen und Bürger sporadisch oderregelmäßig für öffentliche Aktivitätengenutzt. Das waren deutlich mehr als noch1999, als erst 63% der Rheinland-Pfälzerinnenund Rheinland-Pfälzer öffentlich beteiligtwaren. Die größten Bereiche dieseröffentlichen Aktivität sind der Sport, Freizei<strong>tun</strong>d Geselligkeit und die Kultur, die zu einemgroßen Teil in Vereinen organisiert sind,insbesondere der Sport. Das intensive Lebeninnerhalb der Organisationen und Institutionenim Lande war eine wichtige Voraussetzungdafür, dass auch das freiwillige Engagementstark gewachsen ist. Freiwillige könnenunter den öffentlich aktiven Menschenbesonders gut geworben werden bzw.öffentlich Beteiligte erhalten viele Anregungenzur Übernahme freiwilliger Tätigkeiten.Im Jahre <strong>2009</strong> waren in Rheinland-Pfalz41% der ab 14-jährigen Bevölkerung freiwilligengagiert Grafik Z1. Das Land steht damit1 Der Autor dieser Studie hatte nach einer 10-jährigenTätigkeit am Forschungsinstitut für öffentliche Verwal<strong>tun</strong>gin Speyer und im Rahmen einer anschließenden Kooperationmit dem Institut und mit TNS Infratest SozialforschungMünchen bereits den ersten und zweiten <strong>Freiwilligensurvey</strong>von 1999 und 2004 für das Land ausgewertet. Rheinland-Pfalz ist unter den Bundesländern der Pionier bei derlandesspezifischen Auswer<strong>tun</strong>g des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s.Vgl. Gensicke 2001.


7Grafik Z1Freiwillig Engagierte, „nur “ öffentlich Aktive und nicht Aktive im ZeitverlaufBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)DeutschlandRheinland-Pfalz34 30 29 37 26 233234 35303536nicht Aktive„nur“ Aktive3436 36333941Freiwillig Engagierte1999 2004 <strong>2009</strong>1999 2004 <strong>2009</strong>zusammen mit Baden-Württemberg undNiedersachsen an erster Stelle der deutschenBundesländer. Rheinland-Pfalz istaußerdem nach Niedersachsen und vorSchleswig-Holstein und Brandenburg einesder vier Bundesländer, in denen seit 1999 dasfreiwillige Engagement besonders starkzugenommen hat Grafik Z2. Auffällig ist,dass alle diese Bundesländer einen eherländlichen Charakter haben, und das gehtdamit einher, dass auch deutschlandweit aufdem Lande das freiwillige Engagement amstärksten gestiegen ist. In Rheinland-Pfalzwar das Engagement bereits zwischen 1999und 2004 sehr stark von 33% auf 39% gestiegenund es war nicht unbedingt abzusehen,ob dieser hohe Zuwachs zu halten war.Insofern ist der nochmalige Anstieg seit2004 hoch zu bewerten. Obwohl das Engagementbereits stark gewachsen ist, würdensich weitere 12% der Bevölkerung bestimmtfreiwillig engagieren und 22% eventuell.Freiwilliges Engagement spielt sich in einerVielfalt von Engagementbereichen mi<strong>tun</strong>terschiedlichem quantitativem Gewichtab. Besonders groß ist der Bereich „Sport undBewegung“. Größere Bereiche sind auch„Freizeit und Geselligkeit“, „Schule undKindergarten“, „Kirche und Religion“ sowie„Kultur und Musik“. In der Größenordnungfolgen das soziale Engagement sowie mitgewissem Abstand die freiwillige Feuerwehrund die Ret<strong>tun</strong>gsdienste. Seit 1999 ist besondersdas Engagement im Natur- undTierschutz gestiegen, auch in der außerschulischenJugendarbeit und Erwachsenenbildung,im sozialen Bereich, bei Freizeit undGeselligkeit, bei Kultur und Musik und in der


8ZusammenfassungGrafik Z2Anteil freiwillig Engagierter in den Ländern <strong>2009</strong>Ländlicher strukturierte Länder legen besonders zuBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)40Größte Zunahme des freiwilligen Engagements ineinzelnen FlächenbundesländernNiedersachsen: +10%Rheinland Pfalz: + 8%Schleswig-Holstein: + 6%Brandenburg: + 5%353029412629283336313341393641freiwilligen Feuerwehr und den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten.Die Anstiege lagen allerdingszuallermeist zwischen 1999 und 2004, wieauch die stark gestiegene allgemeine Engagementquotezeigt. Auffällig ist seit 2004der Rückgang beim lokalen Bürgerengagement,wobei der Stand dennoch über demJahr 1999 liegt. Weiterhin ist das hoheFreizeitengagement ein besonderes Markenzeichendes Landes sowie das hohe politischeEngagement.1999 war die Engagementquote im nördlichen,insgesamt ländlicher strukturiertenRheinland-Pfalz (ehemalige RegierungsbezirkeKoblenz und Trier) et<strong>was</strong> höher alsim südlichen, städtischer strukturierten Teil(ehemaliger Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz).Dann eilten die Verhältnisse imSüden denen des Nordens voraus, da es hierbeim Engagement einen großen Schub von8 Prozentpunkten gab, während im Nordendas Engagement „nur“ um 4 Prozentpunktevorankam. Seit 2004 drehten sich die Verhältnissejedoch wieder, da jetzt der Nordenwieder stark zulegte und der Süden sogaret<strong>was</strong> zurückfiel. Die Entwicklung im Nordenwar stetig und aufwärts strebend, im Südenunregelmäßig und schwankend. Am Endewar das Engagement im Norden deutlichhöher als im Süden. Besonders positiv wares, dass die kernstädtischen Gebiete vonRheinland-Pfalz, die 1999 noch deutlichhinter dem ländlichen Raum zurücklagen,aufgeholt haben und nun mit ihrem Umlandfast gleichauf liegen. Der ländliche Raum,1999 ohnehin schon mit einer hohen Engagementquote,hat sich auf die höchste Engagementquotealler Siedlungsmilieus gesteigert.


9Wie engagieren sich verschiedene Bevölkerungsgruppen?Auch <strong>2009</strong> waren Männer in Rheinland-Pfalzzu einem größeren Anteil freiwillig engagiertals Frauen. Das ist auch auf Bundesebenezu beobachten. Allerdings waren dieUnterschiede zwischen den Geschlechtern inRheinland-Pfalz über die Zeit viel unsteter.Von Welle zu Welle des <strong>Freiwilligensurvey</strong>snahm das Engagement der Frauen kontinuierlichum jeweils 3 Prozentpunkte zu, währendes bei den Männern in der ersten Periodeeinen großen Schub gab, auf den danachkaum noch eine Veränderung folgte. Diestetige Entwicklung bei den Frauen beruhteallerdings ausschließlich auf der Gruppe derab 46-Jährigen. Im Alter von bis zu 45 Jahrenblieb dagegen das weibliche Engagementauf anfänglich bereits erhöhtem Niveauvöllig gleich (1999 38%, <strong>2009</strong> 38%). Die ab46-jährigen Frauen erhöhten dagegen ihrEngagement von 1999 noch sehr niedrigen23% auf nunmehr 36% und bleiben inzwischenkaum mehr hinter den jüngeren Frauenzurück.Nach wie vor ist das thematische Profildes Engagements von Männern und Frauensehr unterschiedlich, in Rheinland-Pfalz oftin besonders deutlicher Weise. Hat das weiblicheEngagement seine Schwerpunkte beiKindergarten und Schule, Religion und Kircheund Kultur und Musik und ist außerdemim gesundheitlichen Bereich höher, so sindin den meisten anderen Bereichen dieMänner stärker vertreten. Das betrifft geradedie vereinsgestützten Großbereiche Spor<strong>tun</strong>d Freizeit. Sehr stark sind auch die Unterschiedebei Beruf und Politik, und ganzbesonders bei der freiwilligen Feuerwehrund den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten. Der nur knappeUnterschied im sozialen Bereich ist eineBesonderheit von Rheinland-Pfalz, ebensoder Vorrang der Frauen im Bereich „Kulturund Musik“. Auch für die sehr hohe Dominanzder Männer im Bereich „Freizeit undGeselligkeit“ in Rheinland-Pfalz gibt es aufBundesebene kein Gegenstück. Ebenso istdort kein so großer Unterschied zwischenMännern und Frauen in den BereichenReligion und Kirche und Kindergarten/Schulezu erkennen.Je älter die Bürgerinnen und Bürger vonRheinland-Pfalz, desto stärker war seit 1999der Anstieg des freiwilligen Engagements.An der Spitze des Aufschwungs in Rheinland-Pfalzsteht die Gruppe der ab 60-Jährigen.Sie haben seit 1999 (21%) besonderszugelegt und erreichten <strong>2009</strong> mit 35% sogarWerte weit über dem Bundesdurchschnittder Senioren Grafik Z3. Die anderen Altersgruppenhatten von einem 1999 durchschnittlichenNiveau her bereits 2004 denDurchschnitt der Bundesrepublik überschritten,wobei allerdings die Familienjahrgängeder 31- bis 45-Jährigen <strong>2009</strong> als einzigenahe dem Bundesdurchschnitt lagen. Einenstarken Anstieg des Engagements gab es imgesamten Zeitraum bei der Gruppe der46- bis 59-Jährigen. Besonders hervorhebenswertist das Engagement der jüngstenGruppe der 14- bis 30-Jährigen, das deutlichüber dem bundesweiten Durchschnitt liegt.Es ist allerdings nicht zu übersehen, dasses bei den jüngeren Jahrgängen unter46 Jahren seit 2004 nur wenig Dynamik gab,allerdings auf einem hohen Niveau desEngagements.Zwischen 1999 und 2004 war das Engagementder Erwerbstätigen stark gestiegenund nahm unter den Erwerbsstatusgruppeneinen Spitzenplatz ein. Seitdem hat dieseGruppe mit einem eigentlich eingeschränktenZeitbudget ihr hohes Niveau gehaltenund wird <strong>2009</strong> nur noch durch die jungenLeute in der Ausbildungsphase übertroffen(Schüler, Auszubildende und Studentenzusammengefasst). Entsprechend denErgebnissen der ältesten Gruppe hat sich dasfreiwillige Engagement auch in der Gruppeder Rentner besonders günstig entwickelt.Die Gruppe der anderen nicht Erwerbstätigen(Hausfrauen, Arbeitslose, Arbeitssuchen-


10ZusammenfassungGrafik Z3Freiwilliges Engagement und Bereitschaft nicht Engagierter zum freiwilligen Engagement(4 Altersgruppen)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong>26 17 16 40 25 18 42 20 21 69 47 421826 3023232317Nicht bereit2017151471016138121455194176EventuellbereitBestimmtbereitEngagierte36 40 39 39 42 43 37 45 48 21 30 3514 bis 30 Jahre 31 bis 45 Jahre 46 bis 59 Jahre 60 Jahre und älterde, Sonstige) ist die einzige, innerhalb dererdas freiwillige Engagement seit 1999 deutlichabgenommen hat. Dennoch ist dieBereitschaft zum Engagement in dieserGruppe hoch und hat sich seit 1999 deutlichverstärkt. Eine Verlagerung vom freiwilligenEngagement auf eine nur unverbindlicheöffentliche Beteiligung ist allerdings unverkennbar.Warum engagieren sich Bürgerinnen undBürger freiwillig?In Rheinland-Pfalz wollen die Menschenwenigstens im Kleinen die Dinge ihresGemeinwesens mitbestimmen, obwohl vielevon der Parteipolitik enttäuscht sind. Einweiteres, ganz wichtiges Motiv, sich zu engagieren,ist die Möglichkeit, außerhalb desprivaten Kreises oder auch des Kollegenkrei-ses interessante Menschen kennenzulernenund mit diesen et<strong>was</strong> zu unternehmen undzu bewegen. Gegenüber den gesellschaftsundgemeinschaftsbezogenen Bedürfnissenstehen „Fremd“-Motive, die im Kern nichtsmit der Zivilgesellschaft zu <strong>tun</strong> haben, deutlichzurück. Grundsätzlich ist nichts dagegeneinzuwenden, wenn Bedürfnisse nachöffentlichem Einfluss oder beruflichemFortkommen an das Engagement herangetragenwerden, solange sie die Kernanliegender Zivilgesellschaft nicht beeinträchtigen.Die Zivilgesellschaft bewegt sich nichtim luftleeren Raum, sondern nimmt alleakzeptablen Bedürfnisse der Gesellschaft insich auf.Engagement muss Spaß machen unddas ist für die meisten Engagierten auchgegeben Grafik Z4. Vielen Engagierten geht


11Grafik Z4Erwar<strong>tun</strong>gen an die freiwillige Tätigkeit (bis 45 Jahre, ab 46 Jahre, <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Mittelwerte)außerordentlichunwichtigwichtig1 2 3 4 5Dass die Tätigkeit Spaß macht4,44,3Dass man damit anderen Menschen helfen kannDass man et<strong>was</strong> für das Gemeinwohl <strong>tun</strong> kannDass man mit sympathischen MenschenzusammenkommtDass man die eigenen Kenntnisse undErfahrungen einbringen kannDass man die eigenen Kenntnisseund Erfahrungen erweitern kannDass man mit Menschen andererGenerationen zusammenkommtDass man eigene Verantwor<strong>tun</strong>g undEntscheidungsmöglichkeiten hatDass man für die Tätigkeit auch Anerkennung findet3,13,24,04,14,04,13,843,743,63,53,53,53,94bis 45 Jahreab 45 JahreDass man eigene Interessen vertreten kann2,83,2es darüber hinaus darum, ihre Kenntnisseund Erfahrungen im Engagement einzusetzen,aber auch um das Bedürfnis, sie in derfreiwilligen Tätigkeit zu erweitern. Im Laufedes Lebens werden dabei die Prioritätenunterschiedlich gesetzt. Ab der Grenze von45 Jahren gewinnt der Aspekt, die im Lebenerworbene Kompetenz in der Tätigkeit einzusetzenbzw. an andere weiterzugeben,immer mehr an Bedeu<strong>tun</strong>g. Bei den jüngerenEngagierten dominiert dagegen mehrder Aspekt der Erweiterung ihrer Fähigkeitenund Kenntnisse. Man erkennt das auchdaran, dass jüngere Menschen mehr alsÄltere den Eindruck haben, im Engagementwichtige Dinge zu lernen. „Informelles“Lernen ist also gerade für das Engagementjunger Leute besonders wichtig.Was leisten Freiwillige und <strong>was</strong> müssen siekönnen?Das Profil der Tätigkeiten von Engagiertenhat zwei wesentliche Schwerpunkte. Zumeinen geht es ganz besonders darum, Veranstal<strong>tun</strong>genund Treffen zu organisieren, zumanderen fallen sehr oft praktische Alltagsarbeitenan, die erledigt werden müssen. Deröffentliche und alltagspraktische Charakterdes Engagements wird damit besondersdeutlich. Menschen kommen regelmäßigzusammen und haben eine Menge Dinge zu<strong>tun</strong> und abzuwickeln. Daneben gibt es et<strong>was</strong>anspruchsvollere Tätigkeiten, die weit wenigerals die Hälfte der Freiwilligen regelmäßigausüben, wie Hilfeleis<strong>tun</strong>gen, Öffentlichkeitsarbeitsowie Interessenvertre<strong>tun</strong>g undMitsprache. Das eigentliche „Sach-Management“im Sinne von Verwal<strong>tun</strong>g, Vernetzung


12Zusammenfassungund Mittelbeschaffung ist dagegen nur dieAufgabe einer kleineren Minderheit.Das Arbeitsprofil engagierter Männerund Frauen weist einige Unterschiede auf.Frauen widmen sich in deutlich stärkeremMaße als Männer persönlichen Hilfeleis<strong>tun</strong>gen,Männer sind bei der Gruppenlei<strong>tun</strong>gund der Verwal<strong>tun</strong>gsarbeit vermehrt dabei.Diese Unterschiede sind auch Reflex desunterschiedlichen inhaltlichen Profils desEngagements von Männern und Frauen.Frauen sind öfter in Bereichen tätig, in denenes um den Dienst am Menschen geht, wie inKindergarten und Schule, bei Kirche undReligion sowie im sozialen und gesundheitlichenBereich. Zum anderen üben Frauendeutlich weniger Lei<strong>tun</strong>gs- und Vorstandsfunktionenaus als Männer. Der <strong>Freiwilligensurvey</strong>verwendet dazu den Sinnspruch:„Männer arbeiten mehr für die Sache, Frauenmehr für den Menschen.“Der zwischenmenschliche Charakter desEngagements wird auch daran erkennbar,dass die Kompetenz des mitmenschlichenUmgangs die wichtigste Anforderung anEngagierte ist, dem alle anderen Fähigkeitennachgeordnet sind. Dennoch geht es nichtnur um das Menschliche, sondern es werdenauch hohe Ansprüche an die Einsatzbereitschaftgestellt, ganz besonders bei der freiwilligenFeuerwehr und den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten.Daneben kommt es auf geistige Qualitätenan, wie Kreativität und Ideenreichtum,sowie auf das Zeitmanagement. Vergleichtman die Anforderungen, die an Männer undFrauen gestellt werden, fällt auf, dass engagiertenFrauen häufiger als Männern diejenigenDinge abverlangt werden, denen Freiwilligeam meisten gerecht werden müssenGrafik Z5. Vor allem die hohe Bedeu<strong>tun</strong>g vonKreativität und Ideenreichtum sowie desZeitmanagements bei Frauen im Land istet<strong>was</strong> Besonderes.Grafik Z5Anforderungen an die Tätigkeiten von Freiwilligen („in hohem Maße “) (Männer und Frauen <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Mit Menschen gut umgehen können6672Hohe Einsatzbereitschaft5557Ideenreichtum, Kreativität4151Gutes Zeitmanagement3444Organisationstalent3836FachwissenBelastbarkeit30324038MännerFrauenFührungsqualitäten2536Selbstlosigkeit1723Mit Behörden gut umgehen können1722


13In welchen organisatorischen Strukturenvollzieht sich das freiwillige Engagement?Die organisatorische Grundlage der Zivilgesellschaftist in Rheinland-Pfalz wie auch inDeutschland über die Dekade des <strong>Freiwilligensurvey</strong>shinweg stabil geblieben. Fürfreiwilliges Engagement ist weiterhin derVerein die ungleich typischste Organisationsform.Zusammen mit den Gruppen undInitiativen spielten sich auch <strong>2009</strong> über 60%der freiwilligen Tätigkeiten in selbstorganisiertenFormen der Organisation ab. Unterden Institutionen haben die Kirchen sowiedie religiösen Gemeinschaften und Einrich<strong>tun</strong>gendie größte Bedeu<strong>tun</strong>g für Tätigkeitenvon Freiwilligen. Das Engagement von Frauenist bei allem, <strong>was</strong> Institution ist, deutlichmehr angesiedelt, seien es religiöse, staatlich-kommunaleoder private. Männer sinddagegen vermehrt im Umfeld der überregionaltätigen, großen Organisationen wieVerbände, Parteien und Gewerkschaftentätig, <strong>was</strong> bereits anhand ihrer hohen Präsenzbeim politischen und berufsbezogenenEngagement erkennbar wurde.Entsprechend der Dominanz selbstorganisierterStrukturen in der Zivilgesellschaftspielen hauptamtliche Mitarbeiter nur imUmfeld einer Minderheit von Freiwilligeneine Rolle (2004: 40%, <strong>2009</strong>: 39%). Dortkommt ihnen jedoch eine besondere Verantwor<strong>tun</strong>gzu. In Institutionen und Einrich<strong>tun</strong>gensind die Verhältnisse formaler als inVereinen und Gruppen. Deshalb muss geradedort eine Kultur der Mitbestimmunggepflegt werden. Ungünstig ist es, dass inRheinland-Pfalz <strong>2009</strong> weniger Ansprechpartnerfür Freiwillige zur Verfügung standen,und das, obwohl es in gleichem Umfanghauptamtliche Mitarbeiter und sogar et<strong>was</strong>mehr leitende Freiwillige gab. Diese scheinensich aber weniger um die Freiwilligen zukümmern. Im Gegensatz zur Bundesebenehatten Engagierte in Rheinland-Pfalz unverändertdas Gefühl, mitbestimmen und mitentscheidenzu können. Frauen und jüngereEngagierte sehen ihre entsprechenden Möglichkeitenallerdings ungünstiger als Männerund ältere Engagierte.In welchen zeitlichen Strukturen vollziehtsich das freiwillige Engagement?Im Durchschnitt übten die Engagierten inRheinland-Pfalz ihre aktuelle Tätigkeitbereits seit 11 Jahren aus. Diese Tätigkeitsdauerist gestiegen, vor allem seit 2004(1999: 8,7 Jahre, 2004: 9,1 Jahre, <strong>2009</strong>: 10,9Jahre). Dieser Zuwachs geht besonders aufdie über 45-Jährigen zurück, vor allem aufdie ab 60-Jährigen (2004: 13,9 Jahre, <strong>2009</strong>:17,8 Jahre). Es lassen sich jedoch auch Aussagendarüber treffen, in welchem Alter sichFreiwillige erstmals engagieren. Das Engagementsetzt im Lebenslauf zumeist früh ein,wird dann gelegentlich unterbrochen oderes wird die Tätigkeit gewechselt. Das Einstiegsalterliegt im Land seit 10 Jahren ziemlichstabil beim Alter von 23 Jahren, freilichmit großen Unterschieden, vor allem zwischenden Altersgruppen. In der jüngstenGruppe, der 14- bis 30-Jährigen, liegt er konstantbei 15 Jahren. Er steigt bis zur Gruppeder ab 60-Jährigen und Älteren auf 31 Jahrean. Dabei ist dieser Wert bei den Älteren seit2004 ausgehend von 37 Jahren deutlichgesunken.73% der freiwilligen Tätigkeiten werdenvon regelmäßigen Terminen bestimmt, undweiter sind 84% langfristig angelegt, werdenalso nicht in absehbarer Zeit beendetsein. Der erste Indikator schwankte et<strong>was</strong>über die Zeit, zeigt aber über die gesamtePeriode eine eher stabile zeitliche Gestal<strong>tun</strong>gdes Engagements an. Der zweite verweistauf einen deutlichen Trend zur längerfristigenBindung des Engagements, vorallem zwischen 1999 (72%) und 2004 (81%).Dazu muss man allerdings wissen, dass esim Freiwilligensektor immer einen gewissenBestand an zeitlich weniger strukturiertenbzw. an zeitlich begrenzt angelegten Tätigkeitengeben wird. Typisches Beispiel sind


14ZusammenfassungTätigkeiten im Bereich Kindergarten undSchule, die zum einen an bestimmte Altersstufender Kinder gebunden sind, zumanderen einer gewissen Amtsrotation unterliegen.Ein Drittel der Engagierten in Rheinland-Pfalz konnte in der Woche 2 S<strong>tun</strong>den einsetzenund diese Gruppe ist mit konstant 34%die relativ größte Grafik Z6. Ebenso stabilsetzen sich 30% der Engagierten zwischen3 und 5 S<strong>tun</strong>den in der Woche ein. Mit 22%sind es inzwischen et<strong>was</strong> mehr Engagierte,die sogar 6 bis 10 S<strong>tun</strong>den investieren können.Überhaupt fällt auf, dass im Lande dieoberen Zeitkategorien inzwischen deutlicherbesetzt sind, so dass <strong>2009</strong> sogar 8% derEngagierten mehr als 10 S<strong>tun</strong>den pro Wochefür ihr Engagement tätig waren. Das angespanntereZeitbudget der Frauen setzt seineBeschränkung nicht nur bei der geringerenBeteiligung der Frauen am Engagement,sondern auch in Form von zeitlich wenigerintensivem Engagement. Reicht es bei ihnenbei 40% für bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche, sosind Männer in dieser Kategorie nur zu 29%vertreten. Zusammen mit dem zeitlich unregelmäßigenEngagement ist fast die Hälfteder Frauen zeitlich eher weniger oder sporadischerengagiert. Dennoch ist das Engagementder Frauen seit 2004 regelmäßigergeworden.Wer ist Zielgruppe des Engagements?Freiwillige Tätigkeiten können bestimmtenZielgruppen zugute kommen, wie z.B. Kindernund Jugendlichen oder älteren Menschen.Sie können jedoch auch nicht aufZielgruppen bezogen sein, wie fachliche,planende oder administrative Arbeiten.Kinder und Jugendliche sind bei Weitem diegrößte Zielgruppe des freiwilligen Engagements.Zusammen mit den Familien standenGrafik Z6Gesamter Zeitaufwand pro Woche (Männer und Frauen, <strong>2009</strong>)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)Bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche29403 bis 5 S<strong>tun</strong>den pro Woche27336 bis 10 S<strong>tun</strong>den pro Woche2023Männer11 bis 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche43FrauenÜber 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche26Unregelmäßig58


15sie <strong>2009</strong> bei 35% der freiwilligen Tätigkeitenim Vordergrund. An zweiter Stelle kommendie älteren Menschen, aber mit weitemAbstand hinter den jüngeren Menschen.Dennoch hat ihre Bedeu<strong>tun</strong>g für das Engagementzugenommen, vor allem für Tätigkeitenälterer Freiwilliger. Bei Engagierten imAlter von über 45 Jahren spielen sie mit 17%als Zielgruppe fast die gleiche Rolle wieKinder und Jugendliche, während diese mit45% für das Engagement der unter 46-Jährigenbesonders bedeutsam sind und hierältere Menschen mit 2% fast keine Rollespielen.Das Geschlecht hat eine wesentlicheBedeu<strong>tun</strong>g dafür, ob sich Engagierte überhauptmit bestimmten Zielgruppen beschäftigen.56% des Engagements der Männerhat nichts Spezifisches mit bestimmten Zielgruppenzu <strong>tun</strong>, aber nur 33% der Tätigkeitder engagierten Frauen. Der Unterschied dermännlichen Sacharbeit und der weiblichenBetreuungsarbeit kommt gerade bei diesemIndikator stark zum Vorschein. Das beziehtsich auf alle Zielgruppen, ganz besondersjedoch auf die älteren Menschen, für dieFrauen doppelt so häufig tätig sind wieMänner (14% zu 7%). Höher ist der Bezug desweiblichen Engagements auch zu Kindernund Jugendlichen sowie zu Familien undBehinderten. Das soziale Profil der Frauenwird daran deutlich erkennbar.Welche Rolle spielt der finanzielle Faktor fürEngagierte?Freiwillige Tätigkeiten sind oft mit Kostenverbunden. Steigende Fahrtkosten, im privatenwie öffentlichen Verkehr, spielen dabeidie wesentliche Rolle. Dennoch sahen <strong>2009</strong>deutlich weniger Engagierte die Notwendigkeit,Kosten erstattet zu bekommen. Fielen1999 im Zusammenhang mit freiwilligenGrafik Z7Kostenerstat<strong>tun</strong>g und Gebrauch der Kostenerstat<strong>tun</strong>gZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)ja nein trifft nicht zu, habe keine AuslagenKostenerstat<strong>tun</strong>g gegenNachweis im Zusammenhangmit der Tätigkeit möglich?19993851112004384715<strong>2009</strong>363925ja, regelmäßig ja, gelegentlich neinWenn möglich:<strong>Wir</strong>d davon Gebrauch gemacht?19993541242004225127<strong>2009</strong>145630


16ZusammenfassungTätigkeiten noch zu 89% und 2004 noch zu85% Kosten an, so war dies <strong>2009</strong> nur nochzu 75% der Fall Grafik Z7. Im Land gab es einedeutliche Verschiebung zur nur gelegentlichenNutzung der Erstat<strong>tun</strong>g, wenn tatsächlichKosten anfielen, teils wurden zunehmendKosten gar nicht mehr geltendgemacht. Die Befunde zur Kostenbelas<strong>tun</strong>gsind ein Hinweis auf eine Herabstufung desmateriellen Themas bei den Engagierten, dieder breiten „Normalbevölkerung“ zuzuordnensind (das gilt allerdings nicht für materiellprekär Situierte und Arbeitslose).1999 bekamen erst 13% der Engagiertenin Rheinland-Pfalz (Bundesebene 18%) eineVergü<strong>tun</strong>g für ihre Tätigkeit, <strong>2009</strong> bereits20% (Bund 23%). Im Allgemeinen erhaltenvermehrt politisch Engagierte Vergü<strong>tun</strong>gen,ebenso solche bei der freiwilligen Feuerwehrund bei den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten sowie in derJugendarbeit und Erwachsenenbildung.Freiwillige in den Bereichen Kindergartenund Schule, Freizeit und Geselligkeit undUmwelt- und Tierschutz sowie Kirche undReligion kommen dagegen nur in geringemMaße in den Genuss einer Vergü<strong>tun</strong>g. AußerHonoraren, die zurückgingen, haben inRheinland-Pfalz alle Arten von Vergü<strong>tun</strong>gzugenommen, pauschale Aufwandsentschädigung,geringfügige Bezahlung, vor allemaber Sachzuwendungen. Vergü<strong>tun</strong>gen betragenallerdings zumeist nur geringe Beträgebis zu 50 Euro pro Monat, und diese Größenordnungwird von Engagierten zunehmendals ausreichend eingestuft.Arbeitsmarktnähe des Engagementsliegt dann vor, wenn Tätigkeiten mit einemähnlichen Arbeitsspektrum nebeneinanderher freiwillig und bezahlt durchgeführtwerden. Deutlich mehr als jeder vierte Engagiertein Rheinland-Pfalz beobachtete <strong>2009</strong>eine solche Parallelität von Freiwilligkeit undBezahlung (1999: 28%, <strong>2009</strong>: 27%, auf Bundesebene:25%). War dies der Fall, wolltenimmerhin <strong>2009</strong> 31% der entsprechendenFreiwilligen die Tätigkeit lieber gegen Bezah-lung ausüben. Bei engagierten Arbeitslosenstieg der Anteil derer stark an, die ihre Tätigkeitlieber gegen Bezahlung ausüben wollten.Eine weitere Frage ist, ob Tätigkeiten, diefrüher hauptamtlich ausgeübt wurden,inzwischen durch Freiwillige erledigt werden.Insgesamt meinten 11% der Engagiertenin Rheinland-Pfalz, dass das der Fall sei, 81%sahen das nicht so. Vermehrt kommen solcheHinweise aus den Bereichen Jugend undErwachsenenbildung, Politik, Gesundhei<strong>tun</strong>d Soziales.Wie hat sich die Unterstützung der Freiwilligenseit 1999 entwickelt?2004 und <strong>2009</strong> erhielten fast gleich vieleengagierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmereine Unterstützung seitens desArbeitgebers (2004: 30%, <strong>2009</strong>: 31%,) undmit 36% gaben weniger Freiwillige an, nichtvon ihrem Arbeitgeber unterstützt zu werden(2004: 46%). Der Anteil der Unterstütztenist im Land fast identisch mit dem in denBundesdaten. Allerdings schätzten gerade inRheinland-Pfalz mehr Beschäftigte ihrenBedarf zurückhaltender ein als 2004 (<strong>2009</strong>:33% keine Unterstützung nötig, (Bundesdaten:27%). Im Unterschied zu Männern benötigenFrauen die Unterstützung seitens desArbeitgebers für die Ausübung ihrer freiwilligenTätigkeit seltener, besonders wenn sie inTeilzeit beschäftigt sind, <strong>was</strong> auf einen großenTeil zutrifft. Am häufigsten wurdenArbeitnehmer <strong>2009</strong> in Form von flexiblenArbeitszeiten und von Freistellungen sowieder Nutzung der betrieblichen Infrastrukturunterstützt.Bei der Frage, <strong>was</strong> Organisationen undEinrich<strong>tun</strong>gen aus der Sicht von Freiwilligenverbessern können, hat sich in Rheinland-Pfalz einiges getan Grafik Z8. In drei Punktenhat sich der Problemdruck im Zeitverlaufdeutlich verringert, bei den Fragen einerausreichenden Weiterbildung für Freiwilligeund ihrer fachlichen Unterstützung sowie(vor allem seit 2004) bei einer unbürokrati-


17Grafik Z8Verbesserungswünsche der Freiwilligen an die OrganisationenZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Mehr Finanzmittel für bestimmte Projekte606359Bessere Bereitstellung von Räumen, Sachmitteln etc.414348Bessere Weiterbildungsmöglichkeiten343342Bessere fachliche Unterstützung30344119992004Unbürokratischere Kostenerstat<strong>tun</strong>g263533<strong>2009</strong>Bessere Anerkennung der Freiwilligen durch Hauptamtliche312729Bessere finanzielle Vergü<strong>tun</strong>g für die Freiwilligen202123schen Kostenerstat<strong>tun</strong>g für Freiwillige. DieWünsche nach Verbesserungen im Umfeldder Organisationen konzentrieren sich inzwischenstärker auf Ausstat<strong>tun</strong>gsfragen. Amdringlichsten wird weiterhin eine bessereFinanzierung der Projektarbeit angemahnt.Mit Abstand folgt der Wunsch nach einerbesseren Ausstat<strong>tun</strong>g mit Räumen undSachmitteln. In diesem Punkt stellt sich dieSituation allerdings inzwischen et<strong>was</strong> günstigerdar.Während Engagierte 2004 in Bezug aufdie Rahmenbedingungen, die von Staat undÖffentlichkeit beeinflusst werden, wenigerVerbesserungen forderten, waren sie <strong>2009</strong>wieder et<strong>was</strong> kritischer Grafik Z9. Bis heutewird der unverändert höchste Verbesserungsbedarfbei einer besseren öffentlichenInformation und Bera<strong>tun</strong>g über die Möglich-keiten des Engagements gesehen. Allerdingsgibt es hier seit 1999 einen deutlich rückläufigenTrend. Steuererleichterungen wurden2004 weniger als 1999 gefordert, seitdemaber wieder et<strong>was</strong> häufiger, vor allem beiden Unkosten des Engagements. FehlenderVersicherungsschutz wurde 2004 deutlichweniger bemängelt, <strong>2009</strong> wieder genausowie noch 1999. Da hier inzwischen einigesgetan wurde, kann man die Hypothese aufstellen,dass dadurch (und in Verbindung mitder Öffentlichkeitsarbeit) zusätzliche Bedürfnissegeweckt wurden. Möglicherweise istdas Thema vielen Engagierten dadurch erstrichtig bewusst geworden.Mangelnde Anerkennung des Engagementsder Freiwilligen durch Presse undMedien blieb auch <strong>2009</strong> ein besonderswichtiger Kritikpunkt. Bessere Information


18ZusammenfassungGrafik Z9Verbesserungsvorschläge der Freiwilligen an den Staat bzw. die ÖffentlichkeitZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Bessere Information und Bera<strong>tun</strong>g überMöglichkeiten des freiwilligen Engagements525764Bessere steuerliche Absetzbarkeit der Unkosten424755Bessere steuerliche Absetzbarkeit derAufwandsentschädigungen414352Bessere Anerkennung durch Berichte in Presse und MedienBessere Anerkennung freiwilligerTätigkeiten als berufliches Praktikum49464549424119992004<strong>2009</strong>Bessere Absicherung Freiwilliger durchHaftpflicht- und Unfallversicherung374645Bessere öffentliche Anerkennung, z.B. durch Ehrungen222226und Bera<strong>tun</strong>g über Möglichkeiten des freiwilligenEngagements und dessen ausreichendeMedienpräsenz sind offensichtlichDauerthemen, wenn es um den Bedarf fürVerbesserung der Rahmenbedingungen desfreiwilligen Engagements geht. Im Vergleichzu den Bundesdaten fällt nur ein Punkt inRheinland-Pfalz aus dem Rahmen. Dadurch,dass im Land das Thema Versicherung derFreiwilligen <strong>2009</strong> wieder so stark auf dieTagesordnung gekommen ist, ist es hiersogar bedeutsamer als auf Bundesebene.Hier scheint weitere Aufklärungsarbeit vonnötensowie eine weitere Bedarfsprüfung.Wie werden Informations- und Kontaktstellenfür freiwilliges Engagement genutzt?Eine Möglichkeit zur Information über Möglichkeitendes freiwilligen Engagements sindInformations- und Kontaktstellen, die in denKommunen dafür eingerichtet wurden odereingerichtet werden könnten. In Rheinland-Pfalz hat sich der Kontakt der Bevölkerungmit solchen Stellen zwischen 1999 und <strong>2009</strong>verdoppelt, allerdings lag die Zunahme vorallem zwischen 1999 und 2004. Frauen undältere Menschen suchen weiterhin öfter alsMänner und jüngere Menschen eine solcheKontaktstelle auf. Mit 11% haben bisherMenschen in Kernstädten am häufigsteneine Informations- und Kontaktstellebesucht. Das verdichtete Umland der Städtesteht dem allerdings inzwischen kaum nach,da es sich von 1999 5% über 2004 7% und


19<strong>2009</strong> 9% kontinuierlich gesteigert hat. Sehrschwankend war dieser Kontakt im ländlichenRaum und lag <strong>2009</strong> besonders niedrig(5%). Vor allem in den Kernstädten, aberauch in ihrem Umland hat diese höhereKontaktintensität auch einen höherenBedarf zum Hintergrund, da die vielen Angeboteweniger überschaubar sind.30% der Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnenbekundeten Interesse, sichbei Informations- und Kontaktstellen überMöglichkeiten des freiwilligen Engagementszu erkundigen. Der Kontakt mit diesen Stellenscheint offensichtlich oft positiv zu verlaufen,da 47% derjenigen, die bereits eineInformations- und Kontaktstelle besuchthaben, ihr Interesse äußerten, das unterUmständen wieder zu <strong>tun</strong>. Unter denen, dienoch keinen Kontakt hatten, war das mit28% ein durchschnittlicher Wert. Das Interesseist auf dem Lande am niedrigsten (22%),deutlich höher im verdichteten Umland derStädte (30%) und am höchsten in den Kernstädten(38%). Das bestätigt den erhöhtenBedarf nach Information und Bera<strong>tun</strong>g überMöglichkeiten des freiwilligen Engagementsin den Städten und großenteils auch imUmland. Von den verschiedenen Bevölkerungsgruppenbekundeten jüngereMenschen, Frauen und höher Gebildete einerhöhtes Kontaktinteresse.Was sind die wichtigsten Entwicklungsfelderdes Freiwilligensektors in Rheinland-Pfalz?ADie Umstrukturierung weiter gestalten: Wiegesehen, haben sich seit 1999 immer mehrMenschen in Rheinland-Pfalz freiwillig engagiert.Zwar ist der Zuwachs seit 2004 nichtmehr so groß gewesen, aber die Entwicklungüber das Jahrzehnt von 1999 bis <strong>2009</strong> warmit starken Veränderungen verbunden.Allerdings ist inzwischen auch eine Reihevon stabilisierenden Faktoren zu erkennen.Vereine haben ihre starke Stellung gefestig<strong>tun</strong>d seit 2004 gibt es im Gegensatz zumBundestrend auch wieder mehr Engagiertemit Lei<strong>tun</strong>gs- und Vorstandsfunktionen und,besonders positiv zu bewerten, vor allem beijüngeren Engagierten. Zum anderen hat sichdie emotionale und zeitliche Bindung derfreiwilligen Tätigkeiten erhöht. Nach wie vorgilt allerdings: Neue Engagierte mit neuenBedürfnissen müssen in neue Umfelder desfreiwilligen Engagements integriert werden.Der demografische Wandel bringt mit derAlterung der Engagierten auch zunehmendUngleichgewichte mit sich. Das Durchschnittsalterder Engagierten stieg in Rheinland-Pfalzdeutlich stärker als auf Bundesebene(4,8 Jahre gegenüber 3 Jahren).BWeitere Förderung des Engagements vonFrauen: Das Engagement von Frauen ist seit1999 kontinuierlich gestiegen. Jüngere Frauenhaben allerdings weiterhin und vermehrteine doppelte Belas<strong>tun</strong>g von Familienarbei<strong>tun</strong>d Erwerbsarbeit zu tragen und, wenn siesich freiwillig engagieren, sogar eine dreifache.Die Unterstützung der Männer wirddem auch heute noch nicht ausreichendgerecht. Öffentliche Angebote der Ganztagsbetreuungfür Kinder und Jugendliche schaffenhier Entlas<strong>tun</strong>g. Bei den jüngeren Frauenim Alter bis zu 45 Jahren hat sich seit 2004keine Änderung des Engagements ergeben,bei den 31- bis 45-Jährigen im jüngerenErwerbs- und Familienalter gab es sogareinen Rückgang. Bemerkenswert war allerdingsdie Entwicklung bei Frauen im Alter ab46 Jahren. Da sich viele Frauen in öffentlichen,kirchlichen und privaten Institutionenund Einrich<strong>tun</strong>gen engagieren, sollten diehauptamtlichen Mitarbeiter das Engagementder Frauen besser anerkennen. Das giltauch für leitende Engagierte, unter denenbesonders viele Männer sind. Frauen könnennicht so viel Zeit wie Männer für ihre Tätigkeitenaufbringen und benötigen zeitlichflexiblere Arrangements.


20ZusammenfassungCDifferenzierte Förderung des Engagements inden Siedlungsmilieus: Das freiwillige Engagementin innerstädtischen Gebieten ist inRheinland-Pfalz seit 2004 deutlich gewachsen,nachdem es am Aufschwung des Engagementszwischen 1999 und 2004 wenigerbeteiligt war. In den Kernstädten gilt es,diesen Erfolg zu halten und möglichst weiterauszubauen. Informations- und Kontaktstellenspielen in diesem Milieu eine größereRolle als auf dem Lande, vor allem als Vermittlerim Rahmen einer weniger überschaubarenSituation der vielfältigen Möglichkeitendes Engagements. Zu beachten istgerade dort der höhere und steigende Anteilan Migranten, die im Engagement immernoch recht wenig vertreten sind. Auf demLande stellen sich andere Probleme, die vorallem mit dem demografischen Wandel undder relativen Isolierung vieler Orte zu <strong>tun</strong>haben. Wegen der Abwanderung und derdemografischen Probleme drohen Überalterungund eine Zunahme der räumlichenImmobilität. Die öffentliche Infrastrukturmuss altersgerecht an diese Prozesse angepasstwerden, Engagement kann begleitendein Integrations- und Haltefaktor der ländlichenBevölkerung sein. Nach wie vor istallerdings das größte Hindernis für die lokalenInfrastruktureinrich<strong>tun</strong>gen, dass sie ihreTätigkeit unter finanziell prekären Bedingungenerbringen müssen. Hier wäre es wünschenswert,in Zukunft für eine angemesseneGrundausstat<strong>tun</strong>g zu sorgen.DNeugestal<strong>tun</strong>g des Verhältnisses freiwilligenEngagements und bezahlter Tätigkeiten:Die Arbeitslosigkeit ging in den letztenJahren in Deutschland deutlich zurück, teilsaus wirtschaftlichen, aber auch aus demografischenGründen. Andererseits beteiligensich längerfristig Arbeitslose oder prekärBeschäftigte sehr wenig am Engagement.Arbeitslose nehmen neben ihrer freiwilligenTätigkeit zunehmend bezahlte Tätigkeitenmit einem ähnlichen Profil wahr. Das erhöhteauch ihr Bedürfnis, lieber bezahlt tätig zusein. Das Management mancher sozialerEinrich<strong>tun</strong>g oder Institution sieht im Einsatzvon geringfügig bezahlten Freiwilligen eineAlternative zu „teurerer“ regulärer Beschäftigung.Durch solche und andere Entwicklungenist im Freiwilligensektor in Zeiten vonHartz IV und Ein-Euro-Jobs eine „neueUnübersichtlichkeit“ entstanden. Klare undgut begründete Strukturen und Rollen fürfreiwillige und bezahlte Tätigkeiten sindgefordert, wobei auch der Gesetzgebergefragt ist, und zwar durch klare Regelungen,die nicht zum Missbrauch einladen. InZeiten knapper öffentlicher Kassen (unddiese werden sich bald noch verschärfen)werden Einrich<strong>tun</strong>gen und Institutionennoch mehr versuchen, ihre Personalkostenzu begrenzen.ERessourcen sinnvoll verteilen und einsetzen:Die finanziellen Ressourcen des Freiwilligensektorssind auch in Rheinland-Pfalz angespannt,auch wenn es bei den Finanzen undbei Räumen und Ausstat<strong>tun</strong>g für freiwilligesEngagement im Großen und Ganzen in derBewer<strong>tun</strong>g der Befragten einen positivenTrend gibt. Neue und bereits aktive Freiwilligemüssen auch durch sinnvolle Ressourcennutzungintegriert werden. Dabei solltezunehmend auf eine ausgleichende Verteilungzwischen Freiwilligen, die es sich leistenkönnen, und solchen mit geringeren Einkommengeachtet werden, um einen „sozialenRiss“ im Freiwilligensektor zu vermeiden. Dieempirischen Daten legen insgesamt nahe,dass ein Spielraum der Umverteilung gegebenist. Allerdings entsteht der Eindruck,dass es im Moment viel mehr die mittlereEinkommensgruppe ist, die vom materiellenFaktor profitiert, indem hier Vergü<strong>tun</strong>genseit 1999 besonders deutlich zunahmen (von9% auf 25%). Das liegt sowohl über der


21oberen Einkommensgruppe (16%) als auchder unteren (18%). Um das Engagement dereinfachen Schicht zu stabilisieren, darfgeringfügige Bezahlung und eine Bevorzugungbei der Kostenerstat<strong>tun</strong>g kein Tabusein. Wichtig ist jedoch, das materielle Elementnicht zum Ersatz hauptamtlicher Tätigkeitzu missbrauchen und vor allem denVorrang des Ideellen in der Zivilgesellschaftzu bewahren.FKultur der Mitbestimmung stärken: Im Gegensatzzur Bundesebene gab es in Rheinland-Pfalzkeinen Trend zu einer kritischerenEinschätzung der Möglichkeiten der Mitbestimmungdurch die Engagierten. Einebesonders positive Entwicklung verzeichnetedas Thema der fachlichen Unterstützung derFreiwilligen, das im Laufe der Zeit immergünstiger eingestuft wurde. Dennoch gab esin Organisationen und Institutionen seit2004 weniger Ansprechpartner für Freiwilligebzw. die Zuständigen nahmen diese Rolleweniger wahr. Das ist gerade im selbstorganisiertenBereich zu beobachten, also beiden Vereinen und Gruppen. In dieser Kernzoneder Zivilgesellschaft wurde gegenüberden mehr hierarchisch organisierten Bereichenauch die Mitbestimmung über die Zeitdeutlich ungünstiger eingeschätzt (wobeidiese auch weiterhin höher als anderswoist). Bei Vereinen und Gruppen nahm seit2004 sowohl die Zahl der Hauptamtlichendeutlich zu (wenn auch weiter auf niedrigemNiveau) als auch der Anteil an leitendenFreiwilligen. Wie ohnehin in den großenOrganisationen und Institutionen musssomit auch im Bereich der Vereine und Gruppenverstärkt die Kultur der Mitbestimmunggepflegt werden.Bürgerengagement und beim politischenEngagement zu verzeichnen. Gleichwohlliegt Rheinland-Pfalz in diesen Bereichenweiterhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt.In der Fachdebatte wird zunehmendauch der Zusammenhang von bürgerschaftlichemEngagement und Formen der politischenBeteiligung thematisiert. Die Befundeder rheinland-pfälzischen Daten sollten dasLand ermutigen, den beschrittenen Weg derstärkeren Einbeziehung der Bevölkerung inpolitische Entscheidungsprozesse weiter zuverfolgen. Dies ist in den vergangenen Jahrenmit breit angelegten Prozessen derBürgerbeteiligung, zuletzt im Rahmen derKommunal- und Verwal<strong>tun</strong>gsreform inRheinland-Pfalz begonnen worden (vgl.Sarcinelli/König/König <strong>2009</strong>).GMöglichkeiten der Bürgerbeteiligung aufkommunaler und Landesebene ausbauen:Seit 2004 ist ein Rückgang beim lokalen


22A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaftin Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>1. Deutlich steigende Reichweite der Zivilgesellschaftin Rheinland-Pfalz1.1 Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> 2Gruppen, Vereine, Organisationen undöffentliche Institutionen bieten Bürgerinnenund Bürgern vielfältige Möglichkeiten, sichaktiv zu beteiligen und sich freiwillig oderehrenamtlich zu engagieren. Der sogenannte„Dritte Sektor“, innerhalb dessen sichöffentliche Beteiligung und Engagementvollziehen, ist ein wichtiger gesellschaftlicherBereich neben <strong>Wir</strong>tschaft und Staat.Stehen dessen Angebote allen gutwilligenMenschen offen und sind sie von demokratischenWerten und Umgangsformengeprägt, dann bilden sie die „Infrastrukturder Zivilgesellschaft“.Die öffentlichen Angebote der Zivilgesellschaftsind allerdings nur die eine Seite, dieandere, in welchem Umfang sie von denBürgerinnen und Bürgern auch tatsächlichgenutzt werden. Den Umfang und die Qualitätder öffentlichen Beteiligung und desEngagements der Bevölkerung bundes- undlandesweit von Zeit zu Zeit zu überprüfenist Aufgabe des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s (Ehrenamt,Freiwilligenarbeit, BürgerschaftlichesEngagement). Diese große und repräsentativeBefragung der Bevölkerung wird vomBMFSFJ finanziert und alle 5 Jahre beauftragt(bisher 1999, 2004, <strong>2009</strong>) 3 . (Vgl. im Anhangmethodische Informationen zum <strong>Freiwilligensurvey</strong>)Repräsentative Informationen des <strong>Freiwilligensurvey</strong>sdarüber, ob Bürgerinnen undBürger bereit sind, sich über ihre privatenZwecke hinaus in der Öffentlichkeit zu beteiligenund sich freiwillig zu engagieren, liegenauch für das Bundesland Rheinland-Pfalz vor. <strong>2009</strong> wurden dazu im Lande über1.000 Menschen befragt. Die Daten werdenin dieser Studie für Rheinland-Pfalz nunmehrschon zum dritten Mal ausgewertet. 4Somit kann inzwischen eine Dekade derZivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz empirischdargestellt werden (1999–<strong>2009</strong>).Die Informationen des <strong>Freiwilligensurvey</strong>sdienen jedoch nicht nur der Schätzung derReichweite der öffentlichen Beteiligung unddes freiwilligen Engagements, sonderngehen weit darüber hinaus. Sie zeigen z.B.,<strong>was</strong> engagierte Menschen im Einzelnen <strong>tun</strong>,welchen Anforderungen sie gerecht werdenmüssen, aus welchen Gründen sie sich engagieren,im Rahmen welcher Organisationsformdas passiert, wie viel Freizeit sie dafüreinsetzen, welchen Zielgruppen sie sichzuwenden, welche Probleme sich im Engagementstellen und welche Verbesserungen beiden Rahmenbedingungen nötig sind. Nichtengagierte Menschen werden gefragt, ob siesich engagieren würden, außerdem werdenehemals Engagierte erfasst.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> dient somit nichtnur zur Bestandsaufnahme von Fakten überdie öffentliche Beteiligung und das freiwilligeEngagement der Bevölkerung, sonderndeckt auch Probleme auf und hilft dabei,Vorschläge zu formulieren, wie die Arbeitsbedingungenfür Freiwillige verbessert werdenkönnen. Die Empfehlungen, die darauserwachsen, richten sich zum einen an dieOrganisationen und Institutionen, in denenEhrenamtliche tätig sind, zum anderen andie politischen und staatlichen Akteure wieKommunen, Länder und den Bund. Diese2 Vgl. zum <strong>Freiwilligensurvey</strong> auch Anhang 1 dieser Studie.3 TNS Infratest Sozialforschung führte das bundesweiteProjekt „<strong>Freiwilligensurvey</strong>“ bisher zu allen 3 Zeitpunktendurch. <strong>2009</strong> wurden 20.000 Menschen im Alter ab 14 Jahrenbefragt. Das Institut entwickelte in Zusammenarbeitmit den Projektbeiräten seit 1998 die Fragebögen, führtedie tetefonischen Befragungen durch und erstellte dieErstauswer<strong>tun</strong>gen. Vgl. Rosenbladt 2001, Gensicke 2010b,Gensicke/Picot/Geiss 2006.4 TNS Infratest Sozialforschung zeichnete für die bisherigenLandesstudien für Rheinland-Pfalz verantwortlich.Das Land war das erste, das eine umfassende Landesstudieauf Basis des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s von 1999 durchführte,dem eine zweite auf der Grundlage des Surveys von 2004folgte. Vgl. Gensicke/Lopez-Dias 2005.


23und -verwal<strong>tun</strong>g, mit den Organisationenund Institutionen in einen Dialog treten. Einhohes Engagement der Bürgerinnen undBürger sollte seitens der <strong>Wir</strong>tschaft und derKommunalpolitik wegen des Beitrags zueiner hohen lokalen Lebensqualität undBindung der Einwohner als wesentlicherStandortfaktor der kommunalen Attraktivitätbegriffen werden.Eine wichtige Grundlage von Engagementpolitiksind möglichst exakte Informationenüber den Stand der Bürgeraktivität.Diese Aktivitäten vollziehen sich in einersehr großen Bandbreite der Themen. Dazuzählen Sport und Kultur ebenso wie Politikund Berufsverbände, soziales wie kirchlichesEngagement, Beteiligungsformen in KinderundJugendeinrich<strong>tun</strong>gen, die freiwilligeFeuerwehr usw. Zum anderen reichen dieorganisatorischen Formen von Gruppen undInitiativen bis hin zu Großverbänden, vomKindergarten bis zur Großinstitution. Vereinekönnen 50, aber auch über 1.000 Mitgliederhaben.Diese Bandbreite repräsentativ einzufangenist Aufgabe des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s, derdaraus in einem zweiten Schritt allgemeineBeteiligungsquoten ermittelt. Die erstedavon ist: Wie viele Menschen in Rheinland-Pfalz sind über ihre rein privaten Angelegenheitenhinaus im Rahmen der Zivilgesellschaftöffentlich aktiv? Die zweite: Wie vielehaben sich in einem Verein, einer Organisationoder einer Institution an ein Amt, eineFunktion, eine bestimmte Tätigkeit gebundenoder auf andere Weise dauerhafte Verantwor<strong>tun</strong>gübernommen?Die Quote der öffentlichen Beteiligungwird im Rahmen des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s als„Reichweite der Zivilgesellschaft“ bezeichnet.In welchem Anteil wird die Bevölkerungvon deren organisierten Angeboten überhaupterfasst? Die zweite Quote bezieht sichauf das „freiwillige Engagement“ der Bürgerinnenund Bürger, also die dauerhafte Übernahmekonkreter Tätigkeiten in der Zivilgehabenes in der Hand, auf ihren Ebenen derZuständigkeit die Rahmenbedingungen derZivilgesellschaft und des Engagements derBürgerinnen und Bürger zu verbessern.Dabei geht es jedoch nicht etwa umpolitische Einmischung oder um eine Lenkungdes Bürgerengagements, sondernvielmehr um dessen Ermunterung und dieSchaffung eines positiven öffentlichen Klimas.Dazu kommen die Beseitigung vonHindernissen (z.B. von unnötiger Bürokratie)oder die Unterstützung einer öffentlichenInformations-, Bera<strong>tun</strong>gs- und Vernetzungsstrukturzur Förderung der öffentlichenBeteiligung und des freiwilligen Engagements.In den vergangenen Jahren hat sichdie rheinland-pfälzische Politik zur Unterstützungvon Ehrenamt und Bürgerengagementvon traditionellen, vor allem zielgruppenbezogenenAnsätzen der Ehrenamtsförderunggelöst. Der Trend hin zu einerbereichsübergreifenden, integrierten Engagementpolitikist erkennbar. Dabei werdenzunehmend auch Modelle politischer Partizipationerprobt (vgl. Heuberger 2010, Heuberger/Hartnuß2010).Neben dem Staat wird in letzter Zeitzunehmend auch die <strong>Wir</strong>tschaft angesprochen,ihren Beitrag zur Zivilgesellschaft zuleisten. Dabei geht es heute um eine Erweiterungüber das bereits verbreitete Sponsoringhinaus. Arbeitnehmer, die in der Zivilgesellschaftengagiert sind, sollten von denArbeitgebern stärker unterstützt und anerkanntwerden und nicht Engagierte zurBeteiligung ermutigt werden. Bei Bewerberngleicher Qualifikation sollte eventuell vorhandenesfreiwilliges Engagement einesBewerbers berücksichtigt werden, ebensogilt das für den Einbezug des Engagementsbei Entscheidungen über Aufstieg und Beförderungvon Mitarbeitern.Außerdem sollten sich die Unternehmender verschiedenen Größenordnungen vorOrt als Partner der lokalen Zivilgesellschaftengagieren und mit der Kommunalpolitik


24A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>sellschaft. Um diese Kennzahlen zu erfassen,wird eine aufwendige Methodik eingesetzt.Die über die Zeit in den Interviews unverändertbenutzten Verfahren wurden im Rahmender Berichterstat<strong>tun</strong>g auf Bundesebeneausführlich dargestellt. 5Dient beim <strong>Freiwilligensurvey</strong> die Darstellungder Reichweite der Zivilgesellschaftin den einzelnen Bereichen und im Allgemeinennur als erster Orientierungspunkt, sobesteht seine eigentliche Aufgabe darin,eine inhaltliche Beschreibung des freiwilligenEngagements der Bürgerinnen undBürger zu erstellen. Dieser Tätigkeitstyp istenger gefasst als die öffentliche Beteiligung,die durch den Begriff der Reichweite derZivilgesellschaft ausgedrückt wird. WennBürgerinnen und Bürger in einer Gruppe,Organisation oder Institution Verantwor<strong>tun</strong>gfür das Gemeinwohl oder andere Menschenübernehmen, also sich an bestimmteTätigkeiten oder Ämter binden, dann erreichtdas zivilgesellschaftliche Verhalten seinehöchste Qualität.Wie der <strong>Freiwilligensurvey</strong> zeigt, ist dasfreiwillige Engagement als anspruchsvollsteForm zivilgesellschaftlichen Verhaltens nichtvoraussetzungslos und in eine Kultur derallgemeinen öffentlichen Teilhabe eingebunden.Sehr viele Menschen interessieren sichheute in mittlerem bis starkem Maße füröffentliche Angelegenheiten und viele beteiligensich über ihre privaten Zwecke hinausin Vereinen, Organisationen und Institutionen.Viele unterschreiben z.B. bei eineröffentlichen Aktion, die sich gegen einenMissstand richtet, oder sie beteiligen sich aneinem Volksentscheid. Ungleich wenigerMenschen jedoch organisieren solche Aktionen,stellen sich z.B. an einen Stand, werbenum Unterschriften oder widmen sich derAufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit.Ein anderes Beispiel: Viele Menschenbeteiligen sich in einer Sportmannschaft,einem Chor, einer Theatergruppe oder einerWandergruppe, aber nur wenige überneh-men Funktionen als Trainer, Platzwarte,Gruppen- oder Chorleiter, Kassierer, Wegewarteusw. Deutlich geringer ist ebenso dieAnzahl derer, die Veranstal<strong>tun</strong>gen oderUnternehmungen organisieren, die für eineGruppe oder einen Verein die Finanzplanungund die Abrechnung fürs Finanzamt besorgen,sich mit der Öffentlichkeitsarbeitbeschäftigen, oder jener, die sich in einerHütte um die Versorgung der Wanderer mitEssen und Getränken kümmern, die nichtnur zum Gottesdienst gehen, sondern auchdie Kirche ausschmücken oder reinigen.Die besondere Bewer<strong>tun</strong>g der Verantwor<strong>tun</strong>gsübernahmerichtet sich jedochnicht gegen diejenigen, die sich „nur“ beteiligen,ohne sich dauerhaft zu engagieren.Auch wenn sie keine freiwilligen Tätigkeitenübernehmen, tragen „nur“ beteiligte Menschenoft durch Mitgliedsbeiträge oderSpenden dazu bei, dass in der Stadt und vorallem auf dem Lande ein engmaschigesöffentliches Netz an Organisationen undderen Angebote einer sinnvollen und geselligenFreizeitgestal<strong>tun</strong>g aufrechterhaltenwerden können. Durch ihre massenhafteBeteiligung bringen sie Leben in die Strukturender Zivilgesellschaft, <strong>was</strong> auch denZugang zu öffentlichen Zuschüssen verbessert.Eine umfangreiche Beteiligung der Bevölkerunginnerhalb der Zivilgesellschaft istnicht selbstverständlich. Besonders in denmittleren und größeren Städten konkurrierendie organisierten Angebote mit denvielen kommerziellen Angeboten zur reinprivaten Freizeitgestal<strong>tun</strong>g. Dagegen hat dieöffentliche Beteiligung ihre eigene, oft geselligeoder gemeinschaftliche Qualität. Ganzbesonders wichtig ist jedoch, dass die „nur“Beteiligten, die „Mitmacher“ die wesentlicheBasis zur Rekrutierung von Freiwilligen sind.Sie sind sozusagen bereits in „Reichweite“,5 Vgl. Gensicke/Picot/Geiss 2006, Gensicke 2010b.


25vervierfacht hat. Seit 2004 gab es auch einedeutliche Zunahme bei Menschen unter 45Jahren. Neben der eigentlichen sportlichenAktivität geht es dabei auch um die Beteiligungvon Eltern an den Aktivitäten ihrerKinder, indem sie Veranstal<strong>tun</strong>gen besuchen,an denen diese beteiligt sind.„Freizeit und Geselligkeit“ sind weitereThemen, die zu großer öffentlicher Beteiligungvon Bürgerinnen und Bürgern in Gruppen,Vereinen und Organisationen führen.Auf diesem Gebiet erkennt man in Rheinland-Pfalzein über die Zeit etwa gleichesNiveau, während auf Bundesebene dieseAktivitäten rückläufig sind. Trotz des inRheinland-Pfalz insgesamt etwa gleichenBildes über die Zeit haben die Aktivitäten derälteren Menschen in diesem großen Bereichkontinuierlich zugenommen. „Kultur undMusik“ rundet die Gruppe der vor allemvereinsgestützten Großbereiche der öffentlichenBeteiligung ab. Hier gab es zwischen1999 und 2004 eine deutliche Zunahme, diebesonders auf die Älteren zurückgeht, seitdemblieben die Verhältnisse etwa unverändert.Drei weitere Themen zeigen einen anderenTyp der öffentlichen Beteiligung, dersich besonders auf öffentliche Einrich<strong>tun</strong>genund Institutionen bezieht. Das betrifft Kindergartenund Schule, den sozialen Bereichund die Beteiligung in Kirchen und religiösenGemeinschaften. Hier gibt es gegenüberGruppen und Vereinen besondere Rahmenbedingungen,die mit den Funktionen undAufgaben der Träger zu <strong>tun</strong> haben. Kindergärten,Schulen und soziale Einrich<strong>tun</strong>genwerden für ihre Aufgaben zumeist vomStaat finanziert und sind dafür umfassendmit bezahltem Personal ausgestattet.Freiwillige sind im Bereich der sozialenInstitutionen und Einrich<strong>tun</strong>gen oft „ansich“ nicht nötig, auch wenn die Finanzknappheitder öffentlichen Hand dazu verführenkann, sie als billige Arbeitskräfte zusehen. Dennoch gibt es hier viele Einsatzfelmankennt sie, man kann sie relativ unkompliziertauf eine freiwillige Tätigkeit ansprechen.Sie wissen außerdem bereits, wie es inder Organisation zugeht, <strong>was</strong> in etwa auf siezukommt.Menschen, die keinen Zugang zu Vereinen,Organisationen oder Institutionenhaben und ihr Leben rein privat verbringen,für freiwillige Aufgaben zu gewinnen, ist vielschwieriger. Das gilt nicht nur deswegen,weil hier mit mehr Vorbehalten zu rechnenist, sondern weil unklar ist, welches Profildiese Menschen haben und wie man siegewinnen kann. Zwar gibt es in vielen Kommunenöffentliche Informations- und Kontaktstellen,die mit wachsendem Erfolg dieseGruppe anzusprechen versuchen (z.B. auchmittels des Internets), aber deren Bedeu<strong>tun</strong>gbei der Rekrutierung von Freiwilligen stehtnoch in keinem Verhältnis zur klassischeninternen Rekrutierung (vgl. Teil B, letztesKapitel 5.3).1.2 Öffentliche Beteiligung in Rheinland-PfalzInwieweit beteiligt sich die Bevölkerung vonRheinland-Pfalz über ihre privaten Zweckehinaus in Gruppen, Vereinen und Institutionenund wie hat sich diese Beteiligung inden letzten 10 Jahren entwickelt? Der Frei -willigensurvey erfasst diese Reichweite derZivilgesellschaft mittels der Abfrage vonöffentlichen Aktivitäten in 14 BereichenGrafik 1. Die unangefochtene Spitzenstellungkommt auch in Rheinland-Pfalz dem Bereich„Sport und Bewegung“ zu. Die öffentlicheBeteiligung hat dort seit 2004 sogar nochdeutlich von 40% auf 48% zugenommen.Diese Zunahme war in Rheinland-Pfalz deutlicherals auf Bundesebene.In Rheinland-Pfalz ist inzwischen fast dieHälfte der Bevölkerung in irgendeinemsportlichen Zusammenhang öffentlich aktiv.Beeindruckend ist die Zunahme der öffentlichenAktivität bei den älteren Menschenim Alter ab 60 Jahren, die sich seit 1999 fast


26A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 1Bevölkerung: Öffentliche Aktivitäten in 14 BereichenBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Mehrfachnennungen, Angaben in %)Sport und Bewegung384048Freizeit und GeselligkeitKultur, Kunst, MusikKindergarten und SchuleSozialer BereichReligion und KircheNatur- und TierschutzPolitische Interessenvertre<strong>tun</strong>gBerufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>gLokales BürgerengagementJugendarbeit undErwachsenenbildungFreiwillige Feuerwehr undRet<strong>tun</strong>gsdiensteGesundheitKriminalitätsprobleme1111612131311151511121391011898611116107588578556212025282719992004<strong>2009</strong>Es gibt vielfältige Möglichkeiten, außerhalbvon Beruf und Familie irgendwo mitzumachen,beispielsweise in einem Verein, einer Initiative,einem Projekt oder einer Selbsthilfegruppe.Ich nenne Ihnen verschiedene Bereiche, diedafür in Frage kommen. Bitte sagen Sie mir, obSie sich in einem oder mehreren dieserBereiche aktiv beteiligen.(Gestützte Erfassung unter Vorgabe von14 Engagementbereichen und jeweils verschiedenenBeispielen von Beteiligungen inVereinen, Gruppen, Organisationen undEinrich<strong>tun</strong>gen)


27der für Freiwillige. Sie können die Verhältnissefür betreute Personen menschlichergestalten und deren bzw. auch die eigenenInteressen vertreten. Die Kirchen sind öffentlichprivilegiert und finanzieren sich, staatlichgeregelt, vor allem aus Kirchensteuern.Sie verfügen als Großinstitutionen ebensoüber viele bezahlte Mitarbeiter.Die Institutionen und der vereinsgeprägteBereich der Zivilgesellschaft zeichnen sichdurch unterschiedliche Verhältnisse vonEhrenamtlichen und Menschen aus, die dortohne weitere Verpflich<strong>tun</strong>gen an verschiedenenAktivitäten teilnehmen. In den Vereinenstehen vielmehr „nur“ Beteiligte deutlichweniger Freiwillige gegenüber. Da es in denVereinen jedoch viel weniger bezahlte Mitarbeitergibt, müssen hier die Freiwilligen auchden Löwenanteil des laufenden Betriebstragen.Die Vereine sind als gemeinnützig anerkann<strong>tun</strong>d spielen in den Kommunen ofteine wichtige Rolle. Dennoch beziehen sichihre Angebote zumeist auf et<strong>was</strong>, <strong>was</strong> imBlick der Kommunalpolitik als „freiwillige“von „notwendigen“ Aufgaben unterschiedenwird. „Notwendig“ ist im offiziellen Blick derPolitik die Gewährleis<strong>tun</strong>g von BildungsundSozialaufgaben, so wie sie gesetzlichfestgelegt sind und durch die öffentlichenInstitutionen und Einrich<strong>tun</strong>gen geleistetwerden.Sinnvolle Freizeitgestal<strong>tun</strong>g, z.B. in derSport-, Kultur- und Jugendarbeit (und inweiteren öffentlichen Bereichen) erbringteinen hohen Beitrag zur Lebensqualität inden Kommunen. Durch soziale Integrationund Kompetenzgewinne der Beteiligtenersparen sie der Öffentlichkeit viel Geld. Siewerden dennoch offiziell wegen ihres „Freizeitcharakters“als zweitrangig eingestuft.<strong>Wir</strong>d in den Kommunen das Geld knapp,<strong>was</strong> oft genug der Fall ist, müssen sie zurückstehen.Über die gesamte Periode betrachtet, istdie öffentliche Beteiligung im sozialenBereich stark gestiegen und hat sich auch imBereich Kirche und Religion et<strong>was</strong> erhöht. Imsozialen Bereich vollzog sich diese Veränderungallerdings nur im Zeitraum von 1999 bis2004. In Kindergarten und Schule sind dieVerhältnisse in Rheinland-Pfalz stabil geblieben.Auf Bundesebene gab es in allen dreiBereichen eine leichte, aber kontinuierlicheBelebung.Den Bereichen „Natur- und Tierschutz“,„politische und berufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>g“ist gemeinsam, dass sie vermehrt vonVerbandsstrukturen (inklusive der Gewerkschaftenund Parteien) geprägt sind. Teils istder überlokale Bezug, teils der Gemeinwesenbezugerhöht. Die Vertre<strong>tun</strong>g von Interessenspielt eine wichtige Rolle. Zwischen1999 und 2004 hat in Rheinland-Pfalz besondersdie berufsbezogene öffentliche Aktivitätzugenommen, über die gesamte Zeitauch die ökologische. Wenig verändert hatsich im politischen Bereich.Beim lokalen Bürgerengagement gab eseinen Aufschwung zwischen 1999 und 2004,der sich jedoch <strong>2009</strong> wieder vollständigzurückgebildet hatte. Aktivitäten in derJugendarbeit und der Erwachsenenbildungzeigen ein ähnliches Verlaufsmuster wie dieberuflichen Aktivitäten. Relativ stetig nahmdie öffentliche Beteiligung im Bereich „freiwilligeFeuerwehr und Ret<strong>tun</strong>gsdienste“ zu,stabil war sie im Bereich Gesundheit.Mittels der Angaben der Befragten kannman für Rheinland-Pfalz jene bereitserwähnte Quote ermitteln, die die Reichweiteder Zivilgesellschaft bestimmt und überdie Zeit hinweg sichtbar macht Grafik 2. Dieöffentliche Beteiligung der Bürgerinnen undBürger erfreute sich in den letzten 10 Jahreneiner starken Zunahme, von 1999 bis 2004stieg sie sehr deutlich von 63% auf 74%, von2004 bis <strong>2009</strong> noch einmal auf 77%. Sie liegtdamit inzwischen weit über dem Durchschnittdes Bundes (71%). Rheinland-Pfalzkann sich somit der Einbeziehung seinerBevölkerung in die öffentlichen Strukturen


28A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>und Angebote der Zivilgesellschaft einesSpitzenwertes in Deutschland rühmen.1.3 Öffentliche Beteiligung in wichtigenBevölkerungsgruppenÖffentliche Aktivität ist allerdings über dieBevölkerungsgruppen ungleich verteilt.Männer erreichen in Rheinland-Pfalz inzwischenden enormen Wert von 82%, hinterdem die Frauen trotz einer Zunahme seit1999 mit 73% zurückbleiben. Die Männerliegen damit weit über dem Durchschnittder Männer bundesweit. Die Frauen übertreffenden bundesweiten Wert der Frauenzwar auch, aber nicht so stark. Damit sindbei der öffentlichen Beteiligung die Unterschiededer Geschlechter in Rheinland-Pfalzdeutlich stärker als auf Bundesebene.Seit 2004 ging es im Land mit der öffentlichenEinbeziehung der Frauen nicht weitervoran, während es in der Vorperiode einedeutliche Steigerung gegeben hatte. Einwesentliches Hindernis dafür (vor allem fürdauerhaftes freiwilliges Engagement) sindProbleme für Frauen, Familienarbeit, Berufund öffentliche Aktivitäten miteinander zuvereinbaren. Darauf deutet hin, dass beijüngeren Frauen im Alter von unter 46 Jahrendie öffentliche Beteiligung seit 2004sogar rückläufig war, bei älteren Frauendagegen zunehmend, so dass beide Gruppeninzwischen auf eine identische Beteiligungkommen (73%). 1999 lag die ältere Gruppeerst bei 55%, die jüngere bereits bei 68%.Der erste <strong>Freiwilligensurvey</strong> von 1999zeigte, dass öffentliche Beteiligung für jungeLeute ganz besonders typisch, für ältereLeute weit weniger typisch war. Seitdem hatsich jedoch eine enorme Veränderung vollzogen.Haben sich die jungen Leute noch einmalvon 71% auf 79% öffentlich Aktivegesteigert, so vor allem die Älteren in beeindruckenderWeise von 40% auf 71%. Einendeutlichen und stetigen Trend gab es auchbei den Familienjahrgängen im Alter zwischen31 und 45 Jahren (von 65% auf 77%).Familien sind für die Zivilgesellschaft besonderswichtig und umgekehrt sind öffentlicheAngebote für Familien hilfreich. Familienbringen sich besonders in die Kindergärten,Schulen und die Jugendarbeit ein, ihr Spektrumist jedoch viel breiter. Sie sind in Sportvereinensehr aktiv, im Bereich Kultur undMusik, in den Freizeitvereinen und nichtzuletzt in der kirchlichen Arbeit. Da es inDeutschland wegen des demografischenWandels immer weniger Familien gibt, werdenderen Beiträge zur Zivilgesellschaftimmer wichtiger. So positiv es ist, dassimmer mehr ältere Menschen öffentlichaktiv sind, so bedeutsam ist es für einegemischte Altersstruktur, dass auch vieleMenschen im mittleren und jüngeren Alterbeteiligt sind.Grafik 3 zeigt, wie sich die öffentlicheAktivität einer Reihe weiterer Gruppen darstellt.Besonders beeindruckend ist dieenorm hohe Beteiligung junger Menschen,die sich in den verschiedenen Phasen derAusbildung befinden, als Schüler, als Auszubildendeoder als Studenten. 87% erscheinenals eine kaum noch zu steigernde Quote deröffentlichen Beteiligung im Rahmen derZivilgesellschaft (1999 bereits 81%). In dieserGruppe junger Leute vereinen sich verschiedeneFaktoren, die zu der außerordentlichhohen öffentlichen Beteiligung beitragen.Zum einen spielt die Öffentlichkeit imLebensstil junger Menschen ganz allgemeineine große Rolle. Sie sind unter allen Altersgruppendiejenige mit dem „modernsten“Lebensstil, der besonders auf öffentlichenAustausch mit anderen ausgerichtet ist.Außerdem befinden sich Jugendliche dieserGruppe wegen ihrer Ausbildung ständig inöffentlichen Einrich<strong>tun</strong>gen, in denen selbstviele Möglichkeiten und Anregungen zu öffentlichenAktivitäten vorhanden sind. Dazuschätzen Jugendliche in der Ausbildungsphasedie Möglichkeiten des Kompetenzerwerbsin der Öffentlichkeit, die auch für ihre beruflicheEntwicklung von Nutzen sein können.


29Grafik 2Teilnehmend Aktive in der Infrastruktur der Zivilgesellschaftnach Geschlecht und Altersgruppen (mindestens in einem von 14 Bereichen)Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt19992004<strong>2009</strong>Öffentlich Aktive637477Nicht Aktive372623Geschlechtmännlich: 1999männlich: 2004männlich: <strong>2009</strong>647582362518weiblich: 1999weiblich: 2004weiblich: <strong>2009</strong>627273382827Alter14 bis 30 Jahre: 199914 bis 30 Jahre: 200414 bis 30 Jahre: <strong>2009</strong>71787929222131 bis 45 Jahre: 199931 bis 45 Jahre: 200431 bis 45 Jahre: <strong>2009</strong>65727735282346 bis 59 Jahre: 199946 bis 59 Jahre: 200446 bis 59 Jahre: <strong>2009</strong>697981312119ab 60 Jahren: 1999ab 60 Jahren: 2004ab 60 Jahren: <strong>2009</strong>406271603829


30A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 3Teilnehmend Aktive in der Infrastruktur der Zivilgesellschaft nachErwerbsstatus (mindestens in einem von 14 Bereichen)Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)GesamtÖffentlich AktiveNicht Aktive199963372004<strong>2009</strong>74772623ErwerbsstatusErwerbstätige: 1999Erwerbstätige: 2004Erwerbstätige: <strong>2009</strong>667679342421Schüler, Azubis, Studenten: 1999Schüler, Azubis, Studenten: 2004Schüler, Azubis, Studenten: <strong>2009</strong>818587191513Rentner, Pensionäre: 19994951Rentner, Pensionäre: 2004Rentner, Pensionäre: <strong>2009</strong>64723628Sonstige: 1999Sonstige: 2004Sonstige: <strong>2009</strong>627469383126


31Neben den jungen Leuten in den verschiedenenAusbildungszweigen sind es dieErwerbstätigen, die öffentlich besondersaktiv sind. Deren Beteiligung hat über dengesamten Zeitraum deutlich zugenommen.Ebenso wie die jungen Leute in der Ausbildungsphasesind auch die Arbeitnehmerschon von ihrer Tätigkeit her stark in dieÖffentlichkeit integriert, in die Arbeitsweltmit ihren Betrieben. Auch sie erhaltendadurch Anstöße und Anregungen zuröffentlichen Aktivität, wenn auch nicht ineinem so hohen Maße wie die jungen Leuteim Bildungs- und Ausbildungssystem.Rentner und Pensionäre sind zumeistweder ins Bildungs- noch ins Erwerbssystemintegriert und damit stärker auf das Privatlebenverwiesen. Inzwischen haben sie jedochimmer mehr Zugang zum öffentlichen Systemder Zivilgesellschaft gefunden, eineEntwicklung, die zum großen Teil die bereitsgesehene Entwicklung bei den ab 60-Jährigenspiegelt. Man erkennt darin eine starkeVeränderung des Lebensstils der älterenMenschen. Sie wollen sich nicht mehr aufsPrivate und zufällige öffentliche Kontaktebegrenzen und suchen immer stärker denKontakt zur organisierten Öffentlichkeit.Gerade Vereine, Organisationen undEinrich<strong>tun</strong>gen sind für die Älteren eine guteMöglichkeit zur öffentlichen Erweiterungihrer privaten Existenz. Da ältere Menschenüber kleinere private Netzwerke als jüngereverfügen, haben sie besonders in der Zivilgesellschaftdie Möglichkeit, diese außerhalbdes Privaten zu vergrößern. Gleichzeitigerbringen sie dort zunehmend Leis<strong>tun</strong>genfür das Gemeinwohl oder andere Menschen.Die immer bessere öffentliche Integrationälterer Menschen, die ihnen selbst undanderen nützt, ist ein besonders positiverBefund der letzten Dekade der Zivilgesellschaft,sowohl in Rheinland-Pfalz als auchauf Bundesebene.Die verbleibende Gruppe der so genannten„Sonstigen“ kann im Rahmen einer Länder-studie statistisch nicht genauer aufgeschlüsseltwerden. In den alten Ländern setzt siesich vor allem aus den Hausfrauen zusammen,in den neuen Ländern vor allem ausden Arbeitslosen und Arbeitssuchenden. Aufder Ebene der Bundesdaten kann man Folgendesfesthalten: Bei den Hausfrauen, dieoft über eigene Kinder einen Zugang zurZivilgesellschaft haben, ist die öffentlicheBeteiligung auf höherem Niveau leicht rückläufig.Bei den Arbeitslosen war die öffentlicheAktivität zwischen 1999 und 2004 auf relativniedrigem Niveau gestiegen, ging aber bis<strong>2009</strong> wieder et<strong>was</strong> zurück. Die Erklärung istwohl, dass der zunehmende Einbezug derArbeitslosen in die Arbeitswelt im Zuge derHartz-Reformen zu einem vermehrten Verbleibvon Personen mit geringerer Qualifikationund Motivation in der Arbeitslosigkeitgeführt hat, die auch für öffentliche Aktivitätweniger gewinnbar sind. Personen, dieArbeitslosengeld 2 beziehen, sind weit wenigerals solche mit ALG 1 öffentlich beteiligt,insbesondere solche mit geringer Qualifikation.2. Freiwilliges Engagement2.1 Vielfalt des freiwilligen EngagementsEs wurde bereits davon berichtet, dassgegenüber der Gruppe der öffentlich in derZivilgesellschaft Beteiligten die Zahl dererviel geringer ist, die längerfristig bestimmteÄmter oder konkrete Aufgaben übernehmen.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> betreibt einen hohenAufwand, um diese „Kernmannschaft“ derZivilgesellschaft genau zu erfassen. Daserfolgt nicht direkt, sondern vermittelt überdie Ansprache einzelner Bereiche des Engagements.Eine der wichtigsten Besonderheitendes Surveys besteht darin, dass Befragteihre freiwilligen bzw. ehrenamtlichen Tätigkeitenund deren organisatorische Kontextewörtlich angeben und diese vom Interviewermitgeschrieben werden.


32A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Übersicht 1:Auswahl typischer freiwilliger Tätigkeiten• THW: <strong>Wir</strong> sind für die Brandbekämpfung,Unfallret<strong>tun</strong>g und den Katastrophenschutzverantwortlich.• Ich arbeite in einer Kleingartenanlagee.V.: Ich bin dort Wasserobmann undkümmere mich um die Wasseranlagenim Verein.• Fußballverein: Ausbau von Sportlerheim• Verschönerung des Dorfes:Planung, die alte Schule umbauen• Schule als Arbeitsgemeinschaftsleiter:Arbeit mit Kindern, Vermitteln vonGrundkenntnissen am PC• Vorberei<strong>tun</strong>g der Kinderchöre undRäume für Auftritte schmücken Schülercafean meiner Schule, Freizeitgestal<strong>tun</strong>gwie Bastelarbeiten; Pausenversorgungder Mitschüler• Kindergarten: Elternbeirat• Tierheim: Tiere betreuen• Programm zur Integration von Langzeitarbeitslosen:Koordinierung von Haushaltsauflösungen• Schule für lernbehinderte Kinder:Instandsetzung von Spielgeräten• Kirche: Gemeindeblätter austragen,anfallende Arbeiten• Die grünen Damen (Hilfsorganisation):Besuchsdienste (Einkaufen, Betreuungbei Seniorenheimbewohnern)• Theatergruppe: Regisseur• Universität: Betreuung von Studentenbei Projekten• Pflegeheim: Spazieren gehen, Singen,Vorlesen• Schützenverein: Veranstal<strong>tun</strong>genvorbereiten• Schule: Lesepause, Musical-AGunterstützen• Verein zur Ret<strong>tun</strong>g einer kleinenromanischen Dorfkirche: Kassiererinund Vorstand• Wanderverein: Wegewart• Seniorenbüro: Zuständig für dieFinanzen• Entwicklungshilfe: Betreuen vonMitgliedern und kümmere mich umden Schriftverkehr• Pfadfinder: Organisation undKinderbetreuung• Die Tafel: Vorsortieren und Ausgabeder Lebensmittel, Reinigung der Räume• Sportverein: Kassenprüfung• Evangelische Kirchengemeinde:Betreuung der Kindergruppe,z.B. Basteln, Ausflüge mitgestaltenund ausführen, Besprechung vonGeschichten, Singen mit Kindern• Bibliotheksförderverein: Vorstandsmitglied• Deutsch-Griechische Gesellschaft:Organisation von Festen und Verkauf• Telefonseelsorge: allgemeine Fragender Anrufer aus allen Altersgruppen• Gemeinderat: Vorsitzende• Weißer Ring: Organisation vonVeranstal<strong>tun</strong>gen• AWO: Betreuung von Behinderten• Gewerkschaft Verdi: im Vorstand• Hilfsschöffe Jugendgericht:Ehrenamtlicher Richter• NABU Naturschutzbund:Ornithologische Bestandserfassung• Schülerparlament: Abgeordneter,Interessenvertre<strong>tun</strong>g• Hospizverein: Beglei<strong>tun</strong>g vonSterbenden• Gegen die Bundesstraße:Organisatorische Dinge• DRK: Mehrgenerationenhaus:Hausmeistertätigkeiten, Mithilfe beider Ausführung von Veranstal<strong>tun</strong>gen• Moschee: Gruppenleiterin


33Befragte ordnen ihr Engagement also nichtnur pauschal einem Bereich wie etwa Spor<strong>tun</strong>d Bewegung zu, sondern beschreiben dieTätigkeit möglichst konkret. Der Surveyermittelte <strong>2009</strong> bundesweit über 10.000einzelne Tätigkeitsangaben, die in der Folgesämtlich vom Projektleiter überprüft wurden.Nur wenn diese Überprüfung der Tätigkeitenpositiv ausfiel, wurden Befragte alsFreiwillige gezählt, indem das minimaleKriterium die aktuelle Ausübung einer gültigenTätigkeit war. Um sich eine Vorstellungvon der Bandbreite der einzelnen Nennungenzu machen, sei eine kleine Auswahlvorgestellt.Grafik 4 zeigt noch einmal, mit welchemWortlaut die öffentlich aktiven Befragtenauf mögliche freiwillige bzw. ehrenamtlicheTätigkeiten angesprochen wurden. Die Frageenthält in Zusammenhang mit der Vorfrageder öffentlichen Aktivität Grafik 1 diejenigenKriterien, auf die es zur Bestimmung freiwilligenEngagements ankommt. Anhand desAusgangsschemas, das bereits zur Ermittlungöffentlicher Aktivitäten verwendetwurde, wird die Vielfalt der einzelnen Tätigkeiten14 Bereichen zugeordnet.In manchen Fällen wurde die bei derErmittlung der öffentlichen Aktivitätursprünglich durch die Befragten vorgenommeneZuordnung verändert, wenn Tätigkeitenin einem anderen Kontext besser aufgehobenwaren (z.B. ein Ret<strong>tun</strong>gssanitäterbesser bei den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten statt imBereich Gesundheit oder ein Jugendgruppenleiterder Pfadfinder statt im BereichFreizeit besser bei der außerschulischenJugendarbeit). Das wurde durch die erst andieser Stelle des Interviews vorliegendewörtliche Tätigkeitsbeschreibung möglichund sinnvoll.Es wurde bereits angesprochen, dass esBereiche gibt, in denen den engagiertenFreiwilligen deutlich mehr Beteiligte gegenüberstehen,die keine konkrete Tätigkeitübernommen hatten. Besonders ist das inden Bereichen Freizeit und Geselligkeit undSport und Bewegung der Fall. Das Verhältnisvon Freiwilligen und Beteiligten ist dortmehr als 1 zu 4. Ganz anders im BereichKindergarten und Schule, wo das Verhältnisnur 1 zu 2 ist, ähnlich auch bei Kirche undReligion und unter den kleineren Bereichenbei der freiwilligen Feuerwehr und denRet<strong>tun</strong>gsdiensten.Bei den Engagementformen, die sich inInstitutionen und Einrich<strong>tun</strong>gen abspielen,wurde bereits zur Erklärung herangezogen,dass es hier einen großen Stamm an hauptamtlichemPersonal gibt und Freiwilligeergänzend tätig sind. Im Vereinsbereichhalten vor allem Freiwillige den Betrieb unddie Angebote aufrecht, und zwar für einesehr große Anzahl von Beteiligten. Die Absolutzahlenzeigen noch et<strong>was</strong> anderes: da derVereinsbereich äußerst groß ist, stellt erinsgesamt sogar mehr als die Hälfte allerFreiwilligen in Deutschland und in Rheinland-Pfalz,zusammen mit Gruppen undInitiativen sogar mehr als 60%. Das zeigtnoch einmal die enorme Bedeu<strong>tun</strong>g derzumeist von Freiwilligen selbst organisiertenFormen des Engagements bzw. der flächendeckendenöffentlichen Angebote, diedadurch ermöglicht werden.Obwohl es wichtig ist, die besondereBedeu<strong>tun</strong>g der selbstorganisierten Strukturender Zivilgesellschaft hervorzuheben,kann es jedoch nicht darum gehen, Tätigkeitenvon Freiwilligen je nach Bereich als mehroder weniger wertvoll einzustufen. AlleBereiche gehören gleichberechtigt zumEngagement hinzu und gewähren die großeVielfalt der Engagementmöglichkeiten inDeutschland. Menschen suchen sich einefreiwillige Tätigkeit in erster Linie nach ihrenInteressen und ihrer Lebenslage, und dassollte auch in Zukunft so bleiben.Sport und Bewegung ist nicht nur dergrößte Bereich der öffentlichen Aktivität,sondern auch des freiwilligen Engagements.Dieses Engagement betrifft fast immer


34A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 4Freiwilliges Engagement in 14 BereichenBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Mehrfachnennungen, Angaben in %)Sport und BewegungReligion und KircheKindergarten und SchuleFreizeit und GeselligkeitKultur, Kunst, MusikPolitische Interessenvertre<strong>tun</strong>gSozialer BereichFreiwillige Feuerwehr undRet<strong>tun</strong>gsdiensteBerufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>gNatur- und TierschutzJugendarbeit undErwachsenenbildungLokales BürgerengagementGesundheitKriminalitätsprobleme1,10,90,60,30,71,92,82,01,53,13,54,74,14,24,34,02,83,24,21,72,32,91,53,82,52,65,15,55,66,66,56,66,57,66,86,27,07,17,219992004<strong>2009</strong>11,611,511,5Uns interessiert nun, ob Sie inden Bereichen, in denen Sieaktiv sind, auch ehrenamtlicheTätigkeiten ausüben oder inVereinen, Initiativen, Projektenoder Selbsthilfegruppenengagiert sind. Es geht umfreiwillig übernommeneAufgaben und Arbeiten, dieman unbezahlt oder gegengeringe Aufwandsentschädigungausübt. Sie sagten,Sie sind im Bereich … aktiv.Haben Sie derzeit in diesemBereich auch Aufgaben oderArbeiten übernommen, dieSie freiwillig oder ehrenamtlichausüben? In welcher Gruppe,Organisation oder Einrich<strong>tun</strong>gsind Sie da tätig? Sagen Siemir bitte den Namen und einStichwort, um <strong>was</strong> es sichhandelt. Und <strong>was</strong> machen Siedort konkret? Welche Aufgabe,Funktion oder Arbeit üben Siedort aus?


35Sportvereine und -verbände und nur ingeringerem Umfang schwach organisierte(„informelle“) Sportgruppen. In Rheinland-Pfalz ist die Größe des Bereichs stabil, bundesweitet<strong>was</strong> rückläufig. Wegen des deutlichenAnstiegs der öffentlichen Aktivität seit2004 gestaltet sich hier inzwischen dasVerhältnis noch mehr zugunsten der „nur“aktiv Beteiligten. Dagegen hat sich imBereich Freizeit und Geselligkeit das Verhältniszugunsten der Freiwilligen verschobenund der Bereich rangiert inzwischen an derzweiten Stelle des freiwilligen Engagements.Am meisten hat über die gesamte Periodedas freiwillige Engagement in den BereichenUmwelt und Tierschutz sowie bei derfreiwilligen Feuerwehr und den Ret<strong>tun</strong>gsdienstenzugenommen. Die größten positivenVeränderungen erbrachte die Periodezwischen 1999 und 2004, danach blieb dasBild eher konstant, manche Bereiche warensogar et<strong>was</strong> rückläufig, besonders auffälligbeim lokalen Bürgerengagement. In dengroßen Bereichen Soziales und Freizeit konntendie seit 2004 deutlich erhöhten Niveausgehalten werden.2.2 Rheinland-Pfalz im Vergleich der LänderIn einem nächsten Schritt gilt es, das nocheher unübersichtliche Bild der 14 Bereiche,das die große Vielfalt des „Engagementsektors“widerspiegelt, zu einer Quote desEngagements zu verdichten. Zu welchemAnteil war die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz im Alter ab 14 Jahren zu den jeweiligenZeitpunkten am freiwilligen Engagementbeteiligt? Das wird berechnet, indem diejenigengezählt werden, die mindestens einegültige freiwillige Tätigkeit angegeben hatten.Diejenigen Befragten, die sogar mehrereTätigkeiten ausüben, und das sind nichtwenige, wurden nur als einziger Kopfgezählt wie die anderen auch.Grafik 5 bestätigt das Bild von Grafik 4.Zwischen 1999 und 2004 gab es einen großenSchub beim zivilgesellschaftlichen Enga-gement in Rheinland-Pfalz, sowohl in einzelnenBereichen als auch im Allgemeinen.Waren 1999 erst 33% der Bevölkerung freiwilligengagiert, so waren es 2004 bereits39%. Schon damals bewegte sich das Landdamit deutlich über dem Durchschnitt desBundes. Diese günstige Position wurde bis<strong>2009</strong> weiter ausgebaut, und dazu war keinso großer Sprung mehr nötig wie zwischen1999 und 2004, da der Bundesschnitt seitdembei 36% verharrte. Rheinland-Pfalz liegtnunmehr mit 41% noch deutlicher darüber.Der Vergleich mit anderen TeilenDeutschlands lässt sich weiter verfeinernGrafik 6. Die für Rheinland-Pfalz eigentlichpassende Vergleichsregion ist Süddeutschlandmit seinen gegenüber dem Nordwestenund Nordosten Deutschlands eigenen kulturellenTraditionen, die auch für das freiwilligeEngagement wichtig sind. 6 Hier ist dieVeränderung am bemerkenswertesten. Lagdas Land 1999 noch weit unter dem SüdenDeutschlands, der damals die unbestritteneFührungsrolle beim Engagement hatte, solag es <strong>2009</strong> erkennbar darüber. Gemessenan der am weitesten entwickelten bürgerschaftlichenKulturregion im Süden Deutschlandshat Rheinland-Pfalz somit eine Spitzenstellungerreicht. In derselben Periodeschob sich der deutsche Nordwesten bei derEngagementquote an den Süden heran. DerNordosten (die neuen Länder) verblieb trotzhoher Potenziale auch <strong>2009</strong> am Ende derdeutschen Großregionen.6 Der Süden umfasst das Saarland, das südliche Rheinland-Pfalz, das südliche Hessen, Baden-Württemberg und Bayern,der Nordwesten das nördliche Rheinland-Pfalz, das nördlicheHessen, Nordrhein-Westfalen sowie Niedersachsen. DenNordosten bilden die neuen Bundesländer. Die Stadtstaatenwurden herausgerechnet. Die Teilung von Rheinland-Pfalzund von Hessen bei der Zuteilung zu den Regionen Süd undNordwest trägt dem Übergangscharakter beider Länderzwischen Süd und Nord Rechnung.


36A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 5Freiwillig Engagierte, öffentlich Aktive und nicht Aktive im ZeitverlaufBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)DeutschlandRheinland-Pfalz34 30 29 37 26 233234 353035363436 36333941nicht Aktive„nur“ Aktive1999 2004 <strong>2009</strong>1999 2004 <strong>2009</strong>Freiwillig EngagierteGrafik 6Freiwillig Engagierte, öffentlich Aktive und nicht Aktive im Zeitverlauf(3 deutsche Regionen und Rheinland-Pfalz)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)1999 2004 <strong>2009</strong>1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong>44 38 37 33 29 27 30 28 27 37 26 232731 323436373233 353035362931 313335 36 38 39 38333941nicht Aktive„nur“ AktiveDeutschlandNordostDeutschlandNordwestDeutschlandSüdRheinland-PfalzFreiwilligEngagierte


37Noch genauer lässt sich die Situation deszivilgesellschaftlichen Engagements inDeutschland anhand einer Bundesländerkartedarstellen Grafik 7. Hier erweist sich, dassRheinland-Pfalz zusammen mit Baden-Württembergund Niedersachsen (im gerundetenDurchschnitt) inzwischen sogar den erstenPlatz aller Bundesländer einnimmt, vor demSaarland und Schleswig-Holstein, die beimzivilgesellschaftlichen Engagement ebenfallseine starke Position vor den nachfolgendenLändern haben.Auffällig ist, dass seit 1999 das freiwilligeEngagement vor allem in ländlich strukturiertenLändern besonders zugenommenhat. Alle Stadtstaaten liegen weiterhin deutlichunter den ländlichen Bundesländern, dasstark verstädterte Nordrhein-Westfaleninzwischen et<strong>was</strong> unter dem Bundesdurchschnitt.In Hessen und Bayern als zwischenStadt und Land eher unauffällig unterschiedenenLändern war das Engagement <strong>2009</strong>nur noch durchschnittlich. Die starke Stellungder Zivilgesellschaft im ländlichenRaum ist allerdings viel mehr ein Phänomenin den alten als in den neuen Ländern.3. Freiwilliges Engagement in Regionen undBevölkerungsgruppen3.1 Regionale UnterschiedeZurück zu den Verhältnissen in Rheinland-Pfalz: Welche Unterschiede zwischen denRegionen und zwischen wichtigen Bevölkerungsgruppengibt es hier? Regional lassensich zwei Arten der Unterscheidung vornehmen,zum einen nach dem nördlichen undsüdlichen Rheinland-Pfalz, zum anderenlandesweit nach dem SiedlungsmilieuGrafik 8. Der Norden des Landes, der sich ausden ehemaligen Regierungspräsidien Trierund Koblenz zusammensetzt, ist ländlicherstrukturiert als der Süden, den das ehemaligeRegierungspräsidium Rheinhessen-Pfalzallein repräsentiert.Grafik 7Anteil freiwillig Engagierter in den Ländern <strong>2009</strong>Ländlicher strukturierte Länder legen besonders zuBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)40Größte Zunahme des freiwilligen Engagements ineinzelnen FlächenbundesländernNiedersachsen: +10%Rheinland Pfalz: + 8%Schleswig-Holstein: + 6%Brandenburg: + 5%353029412629283336313341393641


38A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Beide Teile umfassen etwa die Hälfte derBevölkerung des Landes, der Süden aufkleinerem Territorium, da die Bevölkerunghier konzentrierter ist. Wer allerdings dieRegion kennt, weiß, dass man hier keineStadt wirklich als großstädtisch bezeichnenkann, auch nicht die Hauptstadt Mainz oderLudwigshafen (höchstens in regionalerKombination mit Mannheim auf der anderenRheinseite, die aber zu Baden-Württembergzählt.) Jemand, der aus einem größerenBallungsraum kommt, wird jedenfalls auchden Süden von Rheinland-Pfalz als eherländlich empfinden.1999 war die Engagementquote im nördlichenRheinland-Pfalz et<strong>was</strong> höher als imsüdlichen. Dann eilten die Verhältnisse imSüden denen des Nordens voraus, da es hierbeim Engagement einen ungewöhnlichgroßen Schub von 8 Prozentpunkten gab,während im Norden das Engagement „nur“um 4 Prozentpunkte vorankam. Seit 2004drehten sich die Verhältnisse jedoch wieder,da jetzt der Norden mit 5 Punkten starkzulegte und der Süden sogar um 2 Punktezurückfiel. Die Entwicklung im Norden wardamit stetig und aufwärts strebend, imSüden unregelmäßig und schwankend. AmEnde war die Engagementquote im Nordendeutlich höher als im Süden.Besonders positiv ist zu bewerten, dassdie kernstädtischen Gebiete von Rheinland-Pfalz, die 1999 noch deutlich hinter demländlichen Bereich zurücklagen, beim Engagementihrer Bürgerinnen und Bürger starkaufgeholt haben und nun mit ihrem verdichtetenUmland fast gleichauf liegen. Derländliche Raum, 1999 ohnehin schon miteiner hohen Engagementquote, hat sichnach einem leichten Rückgang 2004 inzwischenauf die höchste Engagementquotealler Siedlungstypen gesteigert (45%).Rheinland-Pfalz profitiert davon, dass imLand der ländliche Raum im Gegensatz zuanderen westdeutschen Bundesländernstärker vertreten und das Engagement dortso hoch ist. Gleichzeitig haben gerade diehier weniger stark vertretenen Kernstädteseit 1999, besonders seit 2004, einen besonderenAnteil an der Steigerung der Engagementquoteerbracht. Nicht ganz so ausgeprägtbetrifft das auch das verdichteteUmland der Kernstädte. Die geringste Steigerunggab es auf dem Lande, allerdings warhier das Engagement bereits 1999 besondershoch.3.2 Männer und FrauenWelche Entwicklungen gab es bei denGeschlechtern und in den Altersgruppen? 7Die Beteiligung von Männern und Frauen amfreiwilligen Engagement unterschied sich1999 in Rheinland-Pfalz erkennbar, aber mit4 Punkten Differenz deutlich weniger als aufBundesebene. Bis 2004 hatte sich dieseDifferenz auf 10 Prozentpunkte erhöht, <strong>was</strong>über dem Unterschied auf Bundesebene lag,um bis <strong>2009</strong> wieder auf 8 Punkte Unterschiedzu schrumpfen, also auf einen eherdurchschnittlichen Unterschied Grafik 9. DieVerhältnisse der Geschlechter im Engagementwaren somit im Gegensatz zur Bundesebenein Rheinland-Pfalz über die Zeitziemlich unstet, <strong>was</strong> aber nur auf die Männerzurückgeht. Die kontinuierliche Aufwärtsbewegungbei den Frauen ist bemerkenswert.Von Welle zu Welle des <strong>Freiwilligensurvey</strong>snahm das Engagement der Frauen umjeweils 3 Prozentpunkte zu, während es beiden Männern in der ersten Periode einengroßen Schub gab, auf den kaum noch eineVeränderung folgte. Die stetige Entwicklungbei den Frauen beruhte allerdings ausschließlichauf der Gruppe der ab 46-Jährigen.Im Alter von bis zu 45 Jahren blieb dagegendas weibliche Engagement auf anfänglichbereits erhöhtem Niveau völlig gleich7 Vgl. auch Grafik 16, die die unterschiedlichen Engagementquotenvon Männern und Frauen in vier Altersgruppen für<strong>2009</strong> zeigt.


39Grafik 8Freiwilliges Engagement und teilnehmende Aktivität nach Region undsiedlungsstrukturellem GemeindetypBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt19992004<strong>2009</strong>Freiwillig Engagierte „nur“ Aktive nicht Aktive333941303536372623RegionRheinland-Pfalz Nord: 1999343036Rheinland-Pfalz Nord: 2004383329Rheinland-Pfalz Nord: <strong>2009</strong>433423Rheinland-Pfalz Süd: 1999323038Rheinland-Pfalz Süd: 2004403624Rheinland-Pfalz Süd: <strong>2009</strong>383923SiedlungstypKernstädte: 1999273142Kernstädte: 2004302841Kernstädte: <strong>2009</strong>383725Verdichtetes Umland: 1999323137Verdichtetes Umland: 2004413524Verdichtetes Umland: <strong>2009</strong>403525Ländlicher Raum: 1999412831Ländlicher Raum: 2004393823Ländlicher Raum: <strong>2009</strong>453916


40A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 9Freiwilliges Engagement und teilnehmende Aktivität nach Geschlecht undAltersgruppenBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt19992004<strong>2009</strong>Freiwillig Engagierte „nur“ Aktive nicht Aktive333941303536372623Geschlechtmännlich: 1999352936männlich: 2004443125männlich: <strong>2009</strong>453718weiblich: 1999313138weiblich: 2004343828weiblich: <strong>2009</strong>373627Alter14 bis 30 Jahre: 199936352914 bis 30 Jahre: 200440382214 bis 30 Jahre: <strong>2009</strong>39402131 bis 45 Jahre: 199939263531 bis 45 Jahre: 200442302831 bis 45 Jahre: <strong>2009</strong>42342446 bis 59 Jahre: 199937342946 bis 59 Jahre: 200445342146 bis 59 Jahre: <strong>2009</strong>483220ab 60 Jahren: 1999212752ab 60 Jahren: 2004303634ab 60 Jahren: <strong>2009</strong>3539 2639


41(1999 38%, <strong>2009</strong> 38%). Die ab 46-jährigenFrauen erhöhten dagegen ihr Engagementvon 1999 noch sehr niedrigen 23% auf nunmehr36% und bleiben inzwischen kaummehr hinter den jüngeren Frauen zurück.Treibende Kraft waren dabei vor allem die46- bis 59-Jährigen.Bei den Männern gab es im Alter vonüber 45 Jahren ebenso eine stetige Steigerungder Beteiligung am Engagement. DieStagnation bei den Männern insgesamt seit2004 beruht auf einem leichten Rückfall beiden Männern im Alter bis zu 45 Jahren.Dieser Rückfall war bei den jungen Männernim Alter von bis zu 30 Jahren besondersdrastisch, während die stetige Zunahmedes Engagements bei Männern im Alter vonüber 45 Jahren ganz besonders auf demveränderten Verhalten der ab 60-jährigenMänner beruht (1999 26%, 2004 36%,<strong>2009</strong> 44%).Besonders großen Zuwächsen bei Frauenin den reiferen mittleren Jahrgängen standenin Rheinland-Pfalz demnach besondersgroße Zuwächse bei den Männern im Seniorenaltergegenüber. Die unterschiedlichenEntwicklungen bei Männern und Frauenglichen sich bei den beiden jüngeren Altersgruppenzu einem insgesamt eher stabilenBild aus. Die jungen Frauen im Alter von biszu 30 Jahren glichen den Rückfall bei denjungen Männern aus, der Zuwachs bei denMännern in der Gruppe der 31- bis 45-Jährigenden Rückgang bei den Frauen gleichenAlters.Ein besonders markanter Unterschiedzwischen Männern und Frauen zeigt sich beiden Erwerbstätigen. Während sich dieerwerbstätigen Frauen in Rheinland-Pfalzimmer mehr engagierten (1999 29%, <strong>2009</strong>45%), waren es bei den Männern gerade dienicht Erwerbstätigen (1999 29%, <strong>2009</strong> 44%).Erwerbstätige Männer fielen seit 2004 (aufhohem Niveau) sogar et<strong>was</strong> zurück, währendsich bei nicht erwerbstätigen Frauenauf niedrigem Niveau kaum et<strong>was</strong> veränderte(1999 31%, <strong>2009</strong> 32%).Nach wie vor ist das thematische Profil desmännlichen und weiblichen Engagementssehr unterschiedlich, in Rheinland-Pfalz oftsogar in besonders deutlicher Weise Grafik10. Hat das weibliche Engagement seineSchwerpunkte bei Kindergarten und Schule,Religion und Kirche und bei Kultur undMusik und ist außerdem im gesundheitlichenBereich höher, so sind in den meistenanderen Bereichen die Männer stärker vertreten.Das betrifft gerade die vereinsgestütztenGroßbereiche Sport und Freizeit.Sehr stark sind auch die Unterschiede beiBeruf und Politik, und ganz besonders beider freiwilligen Feuerwehr und den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten.Der nur knappe Unterschiedim sozialen Bereich ist eine Besonderheitvon Rheinland-Pfalz, ebenso der Vorrang derFrauen im Bereich „Kultur und Musik“. Auchfür die sehr hohe Dominanz der Männer imBereich „Freizeit und Geselligkeit“ in Rheinland-Pfalzgibt es auf Bundesebene keinGegenstück. Ebenso ist dort kein so großerUnterschied zwischen Männern und Frauenin den Bereichen Religion und Kirche undKindergarten/Schule zu erkennen.Abgesehen von diesen Abweichungen,die mit dem ländlichen Profil von Rheinland-Pfalz und damit mit einer gewissen Traditionalitätzu <strong>tun</strong> haben können, sind die Hintergründeder Unterschiede im Land und aufBundesebene (insbesondere im Vergleich zuden westdeutschen Ländern) im Prinzipdieselben. Die allgemeine und thematischeArbeitsteilung der Geschlechter, wie sie daspraktische Leben auch heute zeigt, wird auchin der Zivilgesellschaft nicht umgeworfen.Sie hat zum einen et<strong>was</strong> mit dem Verhältnisvon Beruf und Familie zu <strong>tun</strong>, zum anderenmit dem von Sach- bzw. Facharbeit undBetreuungsarbeit.Den Frauen ist auch heute viel mehr dieFamilienarbeit zugewiesen, darunter besondersdie Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen,den Männern vermehrt dieBerufsarbeit. Das drückt sich im Zeitalter


42A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>3.2 Ältere MenschenEbenso wie es thematische Besonderheitendes Engagements von Männern und Frauengibt, so auch des Engagements von jüngerenund älteren Menschen. Wie gesehen beteiligtensich seit 1999 immer mehr ältereMenschen am freiwilligen Engagement.Geschah das relativ gleichmäßig in allenTätigkeitsfeldern oder konzentrierten sichdie Zuwächse auf bestimmte GebieteGrafik 11? Der erste Überblick zeigt, dass dieWaagschale eher in Rich<strong>tun</strong>g der erstenAnnahme neigt: in den vier obersten Kategoriender Grafik, die die in Rheinland-Pfalz amstärksten vertretenen Bereiche des Engagementsabbilden, gab es erhebliche Zuwächsebei den älteren Menschen.In den vier führenden Bereichen gab esbei Menschen im Alter ab 60 Jahren sogardurchweg eine Verdopplung des EngagezunehmenderFrauenerwerbstätigkeit vorallem in dem Unterschied von besser bezahlterVollzeittätigkeit der Männer und wenigergut bezahlter Teilzeitarbeit von Frauen aus.Die Teilzeitarbeit der Frauen drückt oft dasanders verteilte Zeitbudget aus, das auchKonsequenzen für das zivilgesellschaftlicheEngagement hat.Frauen erreichen ihre höchsten Engagementquoten,wenn sie teilzeiterwerbstätigsind, für Männer ist die für sie typischeVollzeittätigkeit zumeist kein Hindernis fürfreiwilliges Engagement. Anders ist es, wennMänner wegen sehr unregelmäßiger Beanspruchungdurch ihre berufliche Tätigkeitihre Freizeit unter der Woche nicht planenkönnen. Dann ist ihr freiwilliges Engagementniedrig. Dieses ungünstige Szenarioist heutzutage nicht selten, wie es der neueste<strong>Freiwilligensurvey</strong> empirisch belegenkonnte.Die Frage des Budgets an freier Zeitscheint allerdings für die Frage, welchenThemen des Engagements sich Männer undFrauen widmen, nicht so entscheidend zusein, noch weniger dafür, dass Lei<strong>tun</strong>gspositionenauch in der Zivilgesellschaft sehrüberwiegend von Männern besetzt sind.Hier greift eher die Alternative von SachundPersonenarbeit. Sowohl die Lebensumständeals auch die unterschiedlichenNeigungen von Männern und Frauen führendazu, dass Männer sowohl in der Erwerbsarbeitals auch in der freiwilligen Tätigkeitvermehrt mit sachlichen Inhalten beschäftigtsind, Frauen sich eher um Personenkümmern (vgl. auch Kapitel 4.3).Auch heute hört man bei der Berufswahlvon jungen Frauen vermehrt, dass sie einenBeruf ausüben wollen, der „et<strong>was</strong> mit Menschenzu <strong>tun</strong> hat“, <strong>was</strong> für junge Männerweniger relevant ist. Sie interessieren sichmehr für Technik, Administration oder dieGewinnung von Sachwissen. Diese Unterschiedekorrespondieren mit der realenArbeitsteilung sowohl im Privaten als auchin der Arbeitswelt. Deshalb ist es nicht verwunderlich,dass sie sich auch in der Zivilgesellschaftwiederfinden, da sich Männer undFrauen hier ihre Tätigkeiten vermehrt nacheigenen Präferenzen aussuchen. Führungspositionenerfordern ein erhöhtes Interessefür Sacharbeit und wenn sie sich auf Menschenbeziehen, dann auch in der Zivilgesellschaftin eher hierarchischer Weise.Diese Beschreibung der Geschlechterunterschiedesoll kein Plädoyer dafür sein, allesbeim Alten zu lassen. Dennoch muss manrealistisch an das Problem herangehen, unddas unabhängig davon, ob man die Unterschiedenun hauptsächlich genetisch oderkulturell bedingt sieht. Erforderlich ist dieSchaffung eines offenen und unterstützendenKlimas, innerhalb dessen an Sacharbei<strong>tun</strong>d Führungsverantwor<strong>tun</strong>g interessierteFrauen ermutigt werden, solche Tätigkeitenzu übernehmen und auszuüben. Wenig Sinnhat es jedoch, im Sinne einer abstraktenGleichheitsideologie die Frauen mit kurzfristigenKampagnen eher zu überfordern als zuunterstützen.


43Grafik 10Freiwilliges Engagement in 14 Bereichen (Männer und Frauen <strong>2009</strong>)Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Mehrfachnennungen, Angaben in %)Sport und Bewegung8,215,0Freizeit und Geselligkeit3,710,8Kultur, Kunst, MusikSozialer Bereich5,45,45,87,0Kindergarten und SchuleReligion und Kirche4,85,08,28,8Berufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>g0,83,3Natur- und TierschutzJugendarbeit undErwachsenenbildung4,03,12,92,9MännerFrauenLokales Bürgerengagement2,13,1Freiwillige Feuerwehr undRet<strong>tun</strong>gsdienste1,07,9Politische Interessenvertre<strong>tun</strong>g3,15,6Gesundheit1,93,3Kriminalitätsprobleme0,60,6


44A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 11Freiwilliges Engagement in 14 Bereichen (Menschen im Alter ab 60 Jahren)Bevölkerung im Alter ab 60 Jahren (Mehrfachnennungen, Angaben in %)Sport und BewegungFreizeit und GeselligkeitKultur, Kunst, MusikSozialer BereichKindergarten und SchuleReligion und KircheBerufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>gNatur- und TierschutzJugendarbeit undErwachsenenbildungLokales BürgerengagementFreiwillige Feuerwehr undRet<strong>tun</strong>gsdienstePolitische Interessenvertre<strong>tun</strong>gGesundheitKriminalitätsprobleme3,22,64,24,24,90,50,42,31,61,31,30,52,73,70,50,51,71,13,11,71,10,40,72,60,92,30,50,43,70,00,00,76,27,76,77,37,18,68,310,56,77,719992004<strong>2009</strong>


45ments, bei Freizeit und Geselligkeit fast eineVerdreifachung. Hier geht es auch darum,dass sich das Engagement der älteren Gruppeinzwischen weniger im Rahmen vonInstitutionen und Großorganisationen vollzieh<strong>tun</strong>d Vereine und Gruppen zunehmendein Umfeld des Engagements werden bzw.auch Tätigkeiten ausgeübt werden, die keinendirekten organisatorischen Bezughaben. Damit vollzieht sich ein Prozess derInformalisierung des Engagements der ab46-Jährigen.Gerade die starke Zunahme im BereichSport und Bewegung, ein Bereich der besonderstypisch für Leute im jüngeren Alter ist,zeigt eine Annäherung des thematischenProfils Jüngerer und Älterer an. Dieser Eindruckwird durch den Rückgang des religiöskirchlichenEngagements bei den Älterenbestätigt, das traditionell eine ihrer Domänendarstellt. Die Zunahme im BereichUmwelt- und Tierschutz gleicht das Profil derÄlteren ebenso an die eher jüngere Bevölkerungan. Die Verstärkung des Engagementsder Älteren in den Bereichen Soziales undGesundheit ist allerdings auch ein Hinweisauf eine Verstärkung des eigenen Profils.So kann beides festgehalten werden, eindominanter Trend zur Angleichung desinhaltlichen Repertoires des Engagementsder älteren Menschen an die Bevölkerung inmittleren, teils in jüngeren Jahren, und aucheine Schärfung des eigenen Profils, soweit esim sozial-gesundheitlichen Bereich liegt.Interessant sind auch leichte Tendenzen, dieanzeigen, dass das Engagement der Älterensich zunehmend auf für sie besonders untypischeBereiche ausrichtet. Auf niedrigemNiveau, aber stark zunehmend, ist das inKindergärten und Schulen sowie in deraußerschulischen Jugendarbeit und derErwachsenenbildung der Fall.3.4 ErwerbsstatusDieses Hauptkapitel abschließend soll nochein Blick auf die Frage geworfen werden,inwieweit sich der Erwerbsstatus der Rheinland-Pfälzerinnenauf ihr freiwilliges Engagementauswirkt Grafik 12. Erwerbstätigewaren zu allen drei Zeitpunkten des <strong>Freiwilligensurvey</strong>süberdurchschnittlich engagiert,womit die Verhältnisse in Rheinland-Pfalzdenen im Bundesdurchschnitt entsprechen.Erwerbstätigkeit mit ihrer vermehrtenAnspannung des Zeitbudgets ist also keinprinzipielles Hindernis für freiwilliges Engagement.Eine zeitliche Anspannung ist auchdeswegen gegeben, weil viele Erwerbstätigegleichzeitig vermehrt Familienarbeit leisten.Dass Erwerbstätige dennoch öffentlichsehr aktiv sind, wurde bereits aus ihrer Eingebundenheitin das öffentliche System„Arbeitswelt“ erklärt. Zum anderen enthältdie vermehrte Familienarbeit, die Erwerbstätigeoft leisten, keineswegs eine negativePrognose für ihre öffentliche Aktivität undihr freiwilliges Engagement. Familien habenbesonders viele Beziehungen zur Zivilgesellschaft,zum einen wegen der Kinder undJugendlichen, wodurch sich schon Beziehungenzu einem anderen öffentlichen System(Bildungssystem) von selbst ergeben, zumanderen, weil sie sich vor allem als jüngereFamilien oft an einem neuen Wohnort einrichten,und deshalb die soziale Integrationbesonders im Vordergrund steht. Unabhängigdavon schafft die Kombination zweiergrundlegender sozialer Verantwor<strong>tun</strong>gsrollen,als Eltern und als Erwerbstätige, quasieine natürliche Affinität zur Verantwor<strong>tun</strong>gauch innerhalb der Zivilgesellschaft.Bei den jungen Menschen in den verschiedenenZweigen des Bildungs- undAusbildungssystems waren die öffentlicheEinbindung und deren Anregungswirkungnoch erklärungskräftiger für ihre öffentlicheAktivität. Beim freiwilligen Engagementführt diese Einbindung allerdings nicht indem Maße zu höheren Beteiligungsquoten.


46A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 12Freiwilliges Engagement und teilnehmende Aktivität nach ErwerbsstatusBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt1999Engagierte Aktive Nicht Aktive3330372004393526<strong>2009</strong>413623ErwerbsstatusErwerbstätige: 1999363034Erwerbstätige: 2004443224Erwerbstätige: <strong>2009</strong>453421Schüler, Azubis, Studenten: 1999374419Schüler, Azubis, Studenten: 2004444214Schüler, Azubis, Studenten: <strong>2009</strong>474013Rentner, Pensionäre: 1999212851Rentner, Pensionäre: 2004323137Rentner, Pensionäre: <strong>2009</strong>353728Sonstige: 1999402238Sonstige: 2004284527Sonstige: <strong>2009</strong>303931


47Erwerbstätigkeit mit ihren Begleitumständenbietet also fast ebenso wie Bildung undAusbildung ein günstiges Umfeld für freiwilligesEngagement.Dagegen führt bei Erwerbstätigen geradedie öffentliche Aktivität vermehrt zurÜbernahme freiwilliger Tätigkeiten. Das hatzum einen mit dem oft mittleren Alter derErwerbstätigen zu <strong>tun</strong> und mit dem vermehrtenVorhandensein von Kindern undJugendlichen im Haushalt. Außerdem bietetdie Erwerbstätigkeit auch vielfältige Anregungenzu Tätigkeiten in Gewerkschaftenund Berufsverbänden. Zum anderen sinddie Erwerbstätigen ab einem bestimmtenAlter nicht mehr so regional mobil wiedie jungen Menschen. Diejenigen, die aneinem neuen Wohnort leben, suchen sichvermehrt auch in der lokalen Zivilgesellschaftzu verwurzeln.4. Potenziale – bei nicht Engagierten, aberauch bei Engagierten4.1 Engagierte könnten mehr <strong>tun</strong>Nach dem Bisherigen ist Rheinland-Pfalznicht unbedingt ein Land, indem sich dieFrage nach weiterem Potenzial für freiwilligesEngagement besonders dringlich stellt.Das Land hat zwischen 1999 und <strong>2009</strong> einenbedeutenden Aufschwung der öffentlichenAktivität und des Engagements erlebt undman fragt sich unwillkürlich: ist damit dasPotenzial nicht erst einmal ausgereizt?Dennoch stellt sich für die zukünftigeEntwicklung der Zivilgesellschaft im Lande– gerade auch angesichts des demografischenWandels – dauerhaft die Frage desNachwuchses. Außerdem ist auch in Rheinland-Pfalzdie Situation zwischen den verschiedenenGruppen durchaus nicht ausgeglichen.Männer sind nach wie vor deutlichstärker engagiert als Frauen, auch wenndiese sich seit 1999 kontinuierlich gesteigerthaben, auch die Kombination desGeschlechts mit verschiedenen Generatio-nen ergab ein recht unterschiedliches Bild.Auffällig war außerdem, dass der Süden desLandes deutlich hinter dem Norden zurückblieb.Deshalb ist es auch für Rheinland-Pfalzvon Interesse, das Potenzial für weiteresEngagement zu untersuchen. Dabei ist dieFragestellung eine doppelte: Oft wird übersehen,dass es bei der Erweiterung der Zivilgesellschaftnicht nur von Interesse ist,möglichst viele Menschen in die Welt derVereine, Organisationen und Institutioneneinzubinden. Dieses Ziel ist unstreitig vonhoher Bedeu<strong>tun</strong>g, da man davon ausgeht,dass ein Mensch, der sich für eine gewisseZeit öffentlich für das Gemeinwohl oderandere Menschen engagiert hat, nicht mehrderselbe ist, wie jemand, der das nicht getanhat. Dieser Einsatz führt, wenn er nichtvorrangig mit frustrierenden Erlebnissenverbunden ist, zu einer gewissen Veränderungder Persönlichkeit, die einen stärkerenBezug zur öffentlichen Sache („res publica“)entwickelt. Wer sich engagiert, gewinntjedoch auch praktische Einsichten, welcheChancen und Probleme sich in der Zivilgesellschaf<strong>tun</strong>d in der Gesellschaft überhauptauf<strong>tun</strong>. Gerade deswegen ist es von Interesse,junge Menschen möglichst frühzeitig indie Zivilgesellschaft einzubinden.Es darf jedoch auch nicht vergessenwerden, dass Menschen, die sich zu einerfreiwilligen Tätigkeit entschlossen haben,deswegen noch nicht automatisch am richtigenEinsatzort oder schon ausgelastet sind.Bereits der erste <strong>Freiwilligensurvey</strong> erbrachtein dieser Hinsicht die interessante Einsicht,dass es einen erheblichen Prozentsatzan Engagierten gibt, die gerne mehr leistenwürden, wenn sich für sie weitere interessanteEinsatzgebiete oder Aufgaben ergeben.Diesen Fall, dass Engagierte der Meinungsind, eigentlich mehr leisten zu können,als ihnen bereits abverlangt wird, nenntder <strong>Freiwilligensurvey</strong> das „interne Potenzial“.Dieser Begriff bezieht sich sozusagen auf


48A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>die „Insider“, im Unterschied zu den Außenstehenden,die als „externes Potenzial“bezeichnet werden, wenn sie eventuell oderbestimmt bereit sind, sich freiwillig zu engagieren.Auch in Rheinland-Pfalz gibt es inzwischendeutlich mehr Engagierte, die sichnicht richtig ausgelastet fühlen, als noch1999 (1999 10%, <strong>2009</strong> 18%). Dagegen ist dieGruppe der Engagierten, die keine Möglichkeitzur Erweiterung ihres Engagementssehen, stabil geblieben (1999 23%, <strong>2009</strong> 22%).Das eindrucksvolle Wachstum des Engagementsin Rheinland-Pfalz ging somit in deutlichzunehmendem Maße mit dem Gefühlvon Freiwilligen einher, nicht ausgelastetoder nicht richtig eingesetzt zu sein. Besondersunbalanciert ist die Situation bei denjüngeren Engagierten im Alter von bis zu 30Jahren Grafik 13. In keiner Altersgruppe ist einsolch abweichendes Muster zu beobachten.Ein Verhältnis von 27% zu 11% zugunstenjunger Freiwilliger, die ihr Engagementerweitern könnten, ist trotz der eigentlichpositiven Aussage zum internen Potenzialauch ein kritischer Indikator, der eine Unterauslas<strong>tun</strong>goder auch Unterforderunganzeigt, die zu Unzufriedenheit führen kann.Dieser Befund kann verschiedene Hintergründehaben, zum einen befriedigen vielleichtdie Aufgaben inhaltlich nicht wirklich,zum anderen wird möglicherweise jungenLeuten zu wenig zugetraut, wobei beides oftmiteinander zusammenhängen wird. Beijungen Männern ist das ganz besonders zubeobachten, hier beträgt das Verhältnis derErweiterungswilligen zu den anderen 2:1.Extremer ist die Relation bei jungen Leutenim mittleren Bildungsgang bzw. -niveau (5:1),bei denen mit Abiturhintergrund ist sie (3:1).Das Fazit könnte also heißen: neben derFrage, wie man mehr junge Leute für dasEngagement gewinnen kann, sollte überlegtwerden, wie man die vielen engagiertenjungen Leute in Rheinland-Pfalz besser mitbefriedigenden Aufgaben ausstattet und siebesser auslastet. Auch bei den älteren Menschenstellt sich diese Frage zunehmend,besonders bei den 46- bis 59-Jährigen. Seit2004 hat hier die Gruppe der „Unausgelasteten“stark zugenommen, und bei den ab60-Jährigen gab es (ausgehend von einemniedrigeren Niveau) sogar mehr als eineVerdoppelung. In der zweitältesten Gruppebetrifft das Phänomen Männer und Frauengleichermaßen, in der ältesten Gruppe vorallem die Männer.Die Frage des richtigen Einsatzes undeiner angemessenen Auslas<strong>tun</strong>g Freiwilligerist also nicht nur ein Sonderproblem derjungen Leute, auch wenn es dort anteiligbesonders häufig vorkommt.4.2 Viel Engagementbereitschaft trotzhohen EngagementsWie sieht es nun in einem Land wie Rheinland-Pfalz,das inzwischen eine besondershohe Engagementquote hat, mit der Möglichkeitaus, zusätzliche Engagierte zugewinnen? Seit 2004 hat das Land eineEngagementquote, die deutlich über demDurchschnitt des Bundes liegt, und damitwird auch eine gewisse Sättigung des Engagementpotenzialserkennbar. Einen besondersgroßen Schub beim Potenzial gab eszwischen 1999 und 2004, allerdings nur beider unverbindlichen Bereitschaft zum EngagementGrafik 14. Dieser Schwerpunkt beider Unverbindlichkeit ist auch auf Bundesebeneklar zu erkennen.Trotz der nur vagen Prognose diesesIndikators für eine tatsächliche Übernahmeeiner freiwilligen Tätigkeit ist die zunehmendeAufwer<strong>tun</strong>g des Engagements bei sovielen Menschen dennoch sehr wichtig. Siezeigt, dass für die Bevölkerung (wenigstenstheoretisch) ein Lebensbereich immerbedeutsamer geworden ist, der bisher fürviele Menschen keineswegs ein Bestandteilihrer Lebensauffassung war. Es ist ein bedeutenderKulturwandel, wenn in Rheinland-Pfalz 1999 noch 45% der Bevölkerung eine


49Grafik 13Bereitschaft Engagierter zur Ausdehnung des Engagements(4 Altersgruppen)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong>6460 62 61 58 58 63 55 52 79 70 65nichtengagiert211611 2826 262632272422nicht möglichAusdehnungmöglich1815 24 27 11 16 16 11 13 21 313614 bis 30 Jahre 31 bis 45 Jahre 46 bis 59 Jahre 60 Jahre und älterGrafik 14Freiwilliges Engagement und Bereitschaft zum freiwilligen EngagementBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)45 29 25121022102212Nichts davonEventuell bereit33 39 411999 2004 <strong>2009</strong>Bestimmt bereitEngagiert


50A. Trend-Indikatoren zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 15Bereitschaft nicht Engagierter zum freiwilligen Engagement (4 Altersgruppen)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong> 1999 2004 <strong>2009</strong>26 17 16 40 25 18 42 20 21 69 47 42182026 301715147231023161382312171455194176Nicht bereitEventuell bereitBestimmt bereitEngagierte36 40 39 39 42 43 37 45 48 21 30 3514 bis 30 Jahre 31 bis 45 Jahre 46 bis 59 Jahre 60 Jahre und älterBeteiligung am freiwilligen Engagementstrikt aus ihrem Leben ausklammerten, aber10 Jahre später nur noch 25%.Immerhin gab es in Rheinland-Pfalzzwischen 2004 und <strong>2009</strong> auch einenZuwachs bei der Gruppe derjenigen, diebestimmt zum freiwilligen Engagementbereit waren. Grafik 15 zeigt, dass dieserZuwachs ausgerechnet aus den Altersgruppenstammt, die ohnehin in besonderemMaße freiwillig engagiert sind, ganz besondersvon den Familienjahrgängen der 31- bis45-Jährigen. Hier sind zusätzlich zu den 43%Engagierten sogar weitere 16% bestimmtzum Engagement bereit. In dieser Altersgruppeschließen nur 18% eine Beteiligungam Engagement aus, ein sehr niedriger Wert,der nur noch durch die jungen Leute im Altervon 14 bis 30 Jahren unterboten wird. Beiden jungen Leuten liegt allerdings die Enga-gementbereitschaft inzwischen mit 30%extrem im Unverbindlichen. In dieser Gruppefällt auf, dass die verbindliche Bereitschaftzum Engagement sogar rückläufig ist, freilichausgehend von einem sehr hohen Wert(von 1999 20% auf 15%).Wenn es also Effekte der Ausschöpfungoder sogar der Erschöpfung des externenEngagementpotenzials gibt, dann besondersbei jungen Leuten im Alter von bis zu 30Jahren. Vor allem in den mittleren Altersgruppengibt es dagegen einen Gleichschrittzwischen zunehmendem Engagement undeinem immer größeren verbindlichen Engagementpotenzial.Bei den älteren Menschenbeeindruckt vor allem das immer größereEngagement, während hier das Engagementpotenzialschon altersbedingt nicht sogroße Sprünge macht. Das ist die gute Nachricht.Die problematischere Information


51Grafik 16Bereitschaft nicht Engagierter zum freiwilligen Engagement (Männer und Frauen <strong>2009</strong>)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)MannFrauMann Frau Mann Frau Mann Frau23 10 17 18 23 18 37 4631929 182116301614 2115 1314420Nicht bereitEventuell bereitBestimmt bereit6Engagierte37 40 49 36 48 48 45 2814 bis 30 Jahre 31 bis 45 Jahre 46 bis 59 Jahre 60 Jahre und älterbesteht darin, dass sich die Situation in derjungen Generation nicht so günstig darstellt.Auch in Rheinland-Pfalz gilt, dass diejunge Generation heute in der Phase derBildung und Ausbildung sowie des Berufseinstiegsimmer stärker mit Anforderungenbelastet, teils überlastet wird. Sie stellt sichzwar aktiv und leis<strong>tun</strong>gsbereit dieser Situation,wie auch die 16. Shell Jugendstudie von2010 wieder zeigt (vgl. Gensicke 2010a).Dennoch gerät dabei das Zeitbudget für dasEngagement unter Druck. Dabei stellt sichallerdings im Land die Situation zwischenjungen Männern und Frauen völlig unterschiedlichdar. Junge Frauen bekunden einenormes verbindliches Engagementpotenzialvon 21%, während dieses mit 9% bei jungenMännern besonders niedrig ist. Auffälligist, dass dieses Potenzial sich umso größerdarstellt, je jünger die Frauen sind Grafik 16.


52B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagementsin Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Bisher wurde die Zivilgesellschaft in Rheinland-Pfalzvor allem anhand quantitativerIndikatoren beschrieben. Diese sollten anzeigen,in welchem Umfang die Menschen inRheinland-Pfalz die Angebote der Organisationenund Institutionen für öffentlicheAktivitäten und freiwilliges Engagementnutzen und sich mit ihren Tätigkeiten dorteinbringen. Ergänzt wurde diese quantitativeAnalyse durch die Untersuchung vonPotenzialen, sowohl bei Engagierten als auchbei nicht Engagierten. Qualitative Aspektekamen bereits insofern ins Spiel, als diequantitativen Größen auf einzelne Gruppenmit ihrem besonderen Profil bezogen wurden(Altersgruppen, Erwerbstätige, Männerund Frauen usw.) sowie dadurch, dass siesich auf bestimmte, voneinander oft starkunterschiedene Bereiche richteten (freiwilligeFeuerwehr und Ret<strong>tun</strong>gsdienste, Sport,Politik usw.).Nunmehr konzentriert sich die Analyseausschließlich auf das freiwillige Engagemen<strong>tun</strong>s es sollen die konkrete Alltagspraxisund deren Konstanten und Veränderungenbeschrieben werden. Dabei ist vor allemzwischen der subjektiven und objektivenEbene zu unterscheiden, wobei in Umfragendazwischen keine sehr scharfe Trennlinie zuziehen ist. Stets besteht das Material ausMeinungen und Urteilen, die aus der Perspektiveeinzelner Engagierter geäußertwurden. Dennoch sind die Bezugspunkteunterschiedlich, je nachdem, ob es um dieBeschreibung objektiver Tatbestände oderum die Bewer<strong>tun</strong>g einer Situation bzw. dieBeurteilung persönlicher Motive und Erwar<strong>tun</strong>gengeht. Die Frage, warum man sichfreiwillig engagiert, ist et<strong>was</strong> anderes als derEindruck, in der Organisation genügendMöglichkeiten zur Mitbestimmung zuhaben. Davon unterscheiden sich wiederumobjektiv gestützte Angaben von Freiwilligen,dass sich ihr Engagement z.B. im Rahmeneines Vereins abspielt oder dass es imUmfeld hauptamtliche Mitarbeiter gibt.Zunächst soll die subjektive Seite des Engagementsim Vordergrund stehen, und dafürgibt es gute Gründe. Im Bereich der dreigesellschaftlichen Sektoren <strong>Wir</strong>tschaft,Politik und Zivilgesellschaft wird die Letzteream stärksten von übergreifenden sozialenNormen und Werten bestimmt. Neben derFamilie und den privaten Beziehungen istdie Zivilgesellschaft die öffentliche Pflegeanstaltder weichen Faktoren der Gesellschaft.Eigentlich sollten auch in <strong>Wir</strong>tschaft undPolitik die Werte der Ehrlichkeit, der Verantwor<strong>tun</strong>gund der Mitmenschlichkeit eineRolle spielen, aber das bleibt leider in deralltäglichen Praxis oft ein frommer Wunsch.Zwar leiden auch im Privaten und in derZivilgesellschaft die Werte immer wiederunter so genannten „Sachzwängen“ derAlltagspraxis, dennoch sind hier die Chancenauf ihre Verwirklichung ungleich größer, vorallem dann, wenn Menschen mit Menschenauf einer niedrig hierarchisierten Ebenemiteinander umgehen.Deshalb kommt es bei der Analyse derZivilgesellschaft auf eine Überprüfung dessenan, <strong>was</strong> man den guten Willen nennt,also auf Motive, die sich auf die Verbesserungdes Gemeinwesens und der sozialenBeziehungen richten. Freilich hat die modernePraxis längst definiert, dass der gute Willebestimmten Kriterien gerecht werden muss,dass er auch den anderen ihren guten Willenzugestehen muss, schon weil es oft vorkommt,dass andere die Dinge anders sehen.Dazu muss es Verfahrensregeln geben, dievon einer Gleichberechtigung der Gutwilligenausgehen und die mit Hilfe von Aushandlungenzu Ergebnissen führen, die füralle akzeptabel sind. Guter Wille und demokratischesWesen sind die Zauberformel derZivilgesellschaft, ohne die sie letztlich nurein weiterer Teil der <strong>Wir</strong>tschaft oder despolitischen Machtapparates wäre.


53Grafik 17Ob das Engagement ein wichtiger Teil des eigenen Lebens istEngagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)FWS 2004FWS 1999weniger/garnicht wichtig16%30%sehr wichtigweniger/garnicht wichtig25%sehr wichtig26%54%wichtig49%wichtigweniger/garnicht wichtig13%FWS <strong>2009</strong>29%sehr wichtig58%wichtig1. Subjektive Hintergründe des freiwilligesEngagements1.1 Warum man sich engagiertEin erster Indikator für den guten Willen ist,dass freiwilliges Engagement überhaupteine emotionale Bedeu<strong>tun</strong>g hat, also fürEngagierte einen wesentlichen Platz inihrem Leben einnimmt. Das Wort Engagementist ja selbst emotionsbesetzt. In dieserHinsicht gibt es eine interessante Entwicklung.War das eigene Engagement 1999immerhin noch für 25% der Engagierten inRheinland-Pfalz ziemlich unwichtig, so hatsich dieser Anteil inzwischen auf 13% verringertGrafik 17.Immer mehr engagierte Menschen sind alsoinzwischen mit Herzblut dabei. DieserBefund zieht sich über alle Altersgruppen,allerdings nehmen ältere Menschen im Alterab 60 Jahren ihr Engagement besonderswichtig. Auch Frauen legen mehr Emotionenin ihre freiwillige Tätigkeit als Männer, desgleichenRheinland-Pfälzer mit mittleremBildungsniveau. Aus den bundesweitenDaten lässt sich erschließen, dass Befragtebei der freiwilligen Feuerwehr und denRet<strong>tun</strong>gsdiensten und im Bereich Religionund Kirche ihr Engagement besonders wichtignehmen, teils auch im Bereich Sozialesund Gesundheit.Aber worum geht es den Freiwilligeneigentlich, wenn sie sich engagieren? Wofürinvestieren sie ihre freie Zeit, die sie ja auchanderweitig einsetzen könnten? In Rheinland-Pfalzgibt es (wie im gesamtenDeutschland auch) einen ungebrochenengesellschaftlichen Gestal<strong>tun</strong>gswillen: Die


54B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Menschen wollen wenigstens im Kleinen dieDinge ihres Gemeinwesens mitbestimmen,und das, obwohl sie zumeist von der Parteipolitikenttäuscht sind. Das politische Systemder Bundesrepublik steckt schon seitLängerem in einer Akzeptanzkrise.Die Bevölkerung ist unzufrieden, dass sieeigentlich nur eher abstrakte ideologischeBedürfnisse an die politischen Parteiendelegieren kann, ohne auf das Konkrete derAusführung von großen politischen Projekteneinen wirklichen Einfluss zu haben. Abergerade in dieser praktischen Umsetzungsteckt heute die Sprengkraft des Politischen,und die Politik versucht die Bevölkerung mitHilfe von modernen Medienstrategien oderNebenthemen von dieser heiklen Frageabzulenken. 8Trotz der Tendenz, dass sich die Bevölkerungvon wesentlichen Themen der großenPolitik ausgeschlossen fühlt, ist der Wille derBevölkerung eindrucksvoll, dennoch ihrGemeinwesen mitzubestimmen Grafik 18.Da das im Großen kaum möglich ist, wird derEinfluss im Kleinen gesucht, im Wohn- undLebensumfeld oder in der Kommune. Aufgesamtdeutscher Ebene hat sich allerdingsin dieser Hinsicht ein wenig Resignationbreitgemacht, aber nicht in Rheinland-Pfalz.Ein weiteres, ganz wichtiges Motiv, sich zuengagieren, ist die Möglichkeit, außerhalbdes privaten Kreises oder auch des Kollegenkreisesinteressante Menschen kennenzulernenund mit diesen gemeinsam et<strong>was</strong> zuunternehmen und zu bewegen. DieserAspekt ist in Rheinland-Pfalz in den letztenJahren noch wichtiger geworden.8 Sicher ist der Einwand richtig, dass die politische Materieheute sehr komplex geworden ist, z.B. wegen der Zuständigkeitenauf kommunaler Ebene, der Länder, des Bundesund zunehmend der EU und wegen der vielen zu berücksichtigendensachlogischen Zusammenhänge. Dennoch hängtGegenüber den gesellschafts- und gemeinschaftsbezogenenBedürfnissen stehen„Fremd“-Motive, die im Kern eigentlichnichts mit der Zivilgesellschaft zu <strong>tun</strong> haben,deutlich zurück. Grundsätzlich ist jedochnichts dagegen einzuwenden, dass Bedürfnissenach Qualifikation, nach öffentlichemEinfluss oder nach beruflichem Fortkommenan das Engagement herangetragen werden.Die Zivilgesellschaft bewegt sich ja nichtim luftleeren Raum, sondern nimmt alleakzeptablen Bedürfnisse der Gesellschaft insich auf. Dennoch hat sie bestimmte Kernanliegen,die im Mittelpunkt stehen sollenund die nicht durch Fremdzwecke verdrängtwerden dürfen, wenn die Zivilgesellschaftnicht in der <strong>Wir</strong>tschaft, im Machtapparatoder im Privaten aufgehen soll. Die Empirie,die auch die Aufgabe hat, den zivilgesellschaftlichenCharakter des Engagementsimmer wieder zu überprüfen, kann hierjedoch anhand ihrer BefragungsergebnisseEntwarnung geben.1.2 Was man von der Tätigkeit erwartetGegenüber dem bisher Gesagten mögen dieErgebnisse von Grafik 19 verwundern, nachdenen der Spaß im Vordergrund dessensteht, <strong>was</strong> Engagierte von ihrer Tätigkeiterwarten. Ist diese Erwar<strong>tun</strong>g an freiwilligesEngagement, die eher den LebensaspektenErlebnis und Erholung zugehörig erscheint,nicht ganz und gar eine Fremd-Kategorie fürdie Zivilgesellschaft? Bei der Interpretationhilft eine allgemeine Überlegung weiter, dieet<strong>was</strong> mit der Psychologie von Menschenzu <strong>tun</strong> hat, die freiwillig eine Tätigkeit übernehmen,die sie Zeit, körperliche Kraf<strong>tun</strong>d Nerven, oft auch Geld kostet. Diesen„Kosten“ muss ein ideeller „Nutzen“ gegenüberstehen,da der Einsatz ja freiwillig is<strong>tun</strong>d nicht durch die Notwendigkeit desGeldverdienens oder gar durch eine öffentlicheAutorität angeordnet ist.Es gibt Menschen, für die die Bestätigungihres Altruismus subjektiver Lohn genug ist,z.B. eine Frage wie die des Einsatzes der Bundeswehr inAfghanistan damit nur sehr bedingt zusammen.


55Grafik 18Warum man sich freiwillig engagiert (<strong>2009</strong>)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)voll und ganz teilweise überhaupt nichtIch will durch mein Engagementdie Gesellschaftzumindest im Kleinen mitgestalten200468293<strong>2009</strong>68293Ich will durch mein Engagementvor allem mit anderenMenschen zusammenkommen2004<strong>2009</strong>6166363133<strong>2009</strong>Ich will durch mein Engagementwichtige Qualifikationen erwerben333433Ich will durch mein Engagement Ansehen undEinfluss in meinem Lebensumfeld erwerben124444Ich will durch mein Engagementauch beruflich vorankommen112069Grafik 19Erwar<strong>tun</strong>gen an die freiwillige Tätigkeit (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Mittelwerte)außerordentlichunwichtigwichtig1 2 3 4 5Dass die Tätigkeit Spaß macht4,4Dass man damit anderen Menschenhelfen kannDass man et<strong>was</strong> für das Gemeinwohl<strong>tun</strong> kann4,14,1Dass man mit sympathischen MenschenzusammenkommtDass man die eigenen Kenntnisse undErfahrungen einbringen kannDass man die eigenen Kenntnisseund Erfahrungen erweitern kannDass man mit Menschen andererGenerationen zusammenkommt3,93,83,83,8Dass man eigene Verantwor<strong>tun</strong>g undEntscheidungsmöglichkeiten hat3,5Dass man für die Tätigkeit auchAnerkennung findetDass man eigene Interessen vertreten kann3,13,0


56B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>ihnen reicht es, mit ihrem Engagement demGemeinwohl gedient oder anderen Menschenet<strong>was</strong> Gutes getan zu haben. Wennman jedoch der Psychologie folgt, dann istdiese Einstellung für die meisten Menschennicht typisch. Das Menschliche umfasstnicht nur das Soziale, sondern auch Bedürfnissenach Anregung und Selbstbestätigung.Der moderne Mensch folgt hier mehr Schillerals Kant, der meinte, für den Menschensollte die Erfüllung der Pflicht Befriedigunggenug sein. Unsere Klassiker der Literatur,die auch Philosophen waren, waren da realistischerund folgten dieser „preußischen“Auffassung mit guten Gründen nicht. Siewaren vielmehr der Meinung, soziale Pflichterfüllungund Spaß schlössen sich nicht aus.Diese Auffassung hat sich heute allgemeindurchgesetzt, und deswegen gilt derSatz, der moderne Mensch muss motiviertwerden (bzw. er oder sie motiviert sich auchselbst), und das betrifft ganz besondersdiejenigen, die freiwillig et<strong>was</strong> für dasGemeinwesen oder andere Menschen <strong>tun</strong>.Wem die freiwillige Tätigkeit keine Freudebereitet, der wird sie irgendwann beenden,es sei denn, er gehört der kleinen Gruppe an,die „masochistisch“ veranlagt ist, also durchnegative Erlebnisse motiviert wird. Das istaber ganz und gar kein verallgemeinerbarespsychologisches Modell für die Zivilgesellschaft,auch wenn dieses Phänomen (inharmloser Form) wahrscheinlich nicht seltenvorkommt. Aufgrund dieser psychologischenÜberlegungen ist der Befund, dass dieFreude an der Tätigkeit den Engagiertenganz besonders wichtig ist, problemloseinzuordnen.Der weitere Überblick zeigt, dass Engagierteganz selbstverständlich, also wedereuphorisch noch eingeschränkt, bekunden,dass ihre Tätigkeit dem Gemeinwohl unddem Wohl anderer Menschen dienen soll.Sehr interessant ist, dass die Frage, ob es inder Tätigkeit auch um eigene Interessengeht, von den Engagierten zwischen Zustim-mung und Ablehnung vollkommen ausgeglichenbewertet wird. Man kann dieseUrteilstendenz mit der Kategorie „teils-teils“interpretieren, und so ähnlich ist es auch beider Frage, ob Engagierte mit ihrer TätigkeitAnerkennung finden wollen. Das sind Nebenaspektedes Engagements, die einegewisse, aber nicht entscheidende Bedeu<strong>tun</strong>ghaben. Demgegenüber gibt es Erträgeder freiwilligen Tätigkeit, die wesentlichersind.Der moderne Mensch ist nicht nur einMensch, der motiviert sein will (von außenund von innen her), sondern auch jemand,dem seine Kompetenz wichtig ist. Ebensoseit unseren Klassikern hat sich der Aspektder Bildung, ausgehend vom aufstrebendenBürgertum, immer stärker in der breitenBevölkerung verankert. Kenntnis- und Erfahrungsreichzu sein ist ein hoher Wert in dermodernen Gesellschaft, und dass dieser inder Zivilgesellschaft eine besondere Rollespielt, kann nicht verwundern. Zwar wirdBildung heute immer mehr zu einem „harten“Kriterium, das gerade auch über Karriereund beruflichen Erfolg entscheidet, dennochbleibt eine breite und humanistischeAuffassung von Bildung und Kompetenz fürviele Menschen ein „weicher“ Faktor, dergerade deswegen seinen ganz und garberechtigten Platz in der Zivilgesellschafthat.Dabei geht es sowohl darum, seineKenntnisse und Erfahrungen im Engagementeinzusetzen, als auch um das Bedürfnis,sie in der freiwilligen Tätigkeit zu erweitern.Im Laufe des Lebens werden dabei diePrioritäten unterschiedlich gesetzt. Ab derGrenze von 45 Jahren gewinnt der Aspekt,die erworbene Kompetenz in der Tätigkeiteinzusetzen oder an andere weiterzugeben,immer mehr an Bedeu<strong>tun</strong>g. Bei den jüngerenEngagierten dominiert dagegen mehrder Aspekt der Erweiterung der Fähigkeitenund Kenntnisse. Man erkennt das auchdaran, dass jüngere Menschen mehr als


57Ältere den Eindruck haben, im Engagementwichtige Dinge zu lernen. Bei 14- bis 30-Jährigentrifft das zu 45% in hohem Maße zu,bei ab 60-Jährigen nur zu 38%. „Informelles“Lernen ist also gerade für die öffentlicheAktivität und das Engagement junger Leutebesonders wichtig Grafik 20.Mit dem Lebensalter ist noch eine andereFrage verbunden, und zwar sogar ganzbesonders. Es geht dabei um die Möglichkeit,im Engagement mit Menschen aus anderenGenerationen zusammenzukommen. Hier istdie „Mitte des Lebens“ eine gewisse Scheidelinie,ab der dieses Bedürfnis eine immerstärkere Rolle spielt. Es ist plausibel, dassMenschen im Alter ab 46 Jahren ein größeresBedürfnis nach Kontakten mit Menschenanderer Altersgruppen entwickeln. Unterhalbdieser Altersgrenze sind die intergenerativenKontakte in den Familien viel intensiverund oberhalb dieser Grenze dünnensie sich immer mehr aus. Deshalb ist es sopositiv zu bewerten, dass in den letzten 10Jahren so viele ältere Menschen Zugang zurZivilgesellschaft gefunden haben. Allein diestark gestiegene öffentliche Aktivität derälteren Menschen hätte genügt, ein positivesUrteil zu fällen. Mit der gestiegenenöffentlichen Beteiligung und dem vermehrtenfreiwilligen Engagement haben sich dieChancen der Älteren deutlich erhöht, mitMenschen verschiedener Alterstufen inKontakt zu kommen.1.3 Renaissance des Ehrenamts?Freiwilliges Engagement hat jedoch nichtnur einen subjektiven Hintergrund aus Motivenund Erwar<strong>tun</strong>gen, sondern ist auch vonbestimmten, mehr oder weniger pauschalenVorstellungen geprägt. Das Ehrenamt istsowohl die prominenteste, aber auch traditionellstedavon. Prominent deswegen, weilder Begriff in der öffentlichen Meinungbesonders präsent ist und weil er im Alltagder Organisationen und Institutionen gangund gäbe ist. Dazu kommt die PlausibilitätGrafik 20Erwar<strong>tun</strong>gen an die freiwillige Tätigkeit (bis 45 Jahre, ab 46 Jahre, <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Mittelwerte)außerordentlichunwichtigwichtig1 2 3 4 5Dass die Tätigkeit Spaß machtDass man damit anderen Menschenhelfen kann4,44,34,04,1Dass man et<strong>was</strong> für das Gemeinwohl<strong>tun</strong> kannDass man mit sympathischen Menschenzusammenkommt4,04,13,843,74 bis 45 Jahre3,63,9 ab 45 JahreDass man die eigenen Kenntnisse undErfahrungen einbringen kannDass man die eigenen Kenntnisseund Erfahrungen erweitern kannDass man mit Menschen andererGenerationen zusammenkommt3,54Dass man eigene Verantwor<strong>tun</strong>g undEntscheidungsmöglichkeiten hat3,53,5Dass man für die Tätigkeit auchAnerkennung findet3,13,2Dass man eigene Interessen vertretenkann2,83,2


58B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>des Begriffs, der darauf hinaus will, mit derEhre besonders das Unentgeltlich-Idealistischedes Engagements zu betonen. Dasheute nicht so Populäre des Ehrenamtesliegt in der Assoziation des „Amtes“, dasdiesen Begriff vor allem für jüngere Leuteund Frauen weniger attraktiv macht.Auffällig ist, dass die Engagierten dasEhrenamt, obwohl es ein eingebürgerter undalltagspraktischer Begriff ist, dennoch imDurchschnitt erst an die zweite Stelle derCharakterisierung ihrer Tätigkeit setzen. Aufder Ebene des Bundes ist auch heute „Freiwilligenarbeit“derjenige Begriff, den Engagiertevor allem benutzen, um in einer Befragungdas Selbstverständnis ihrer Tätigkeitausdrücken. In dieser Situation schlagenoffensichtlich die modernen und internationalenAssoziationen des Begriffs stärker zuBuche als im Alltag des Engagements. Eserfolgt sozusagen eine eher ideologische, alspraktische Selbstveror<strong>tun</strong>g. Dennoch scheinensich auch im ideologischen Bereich dieVerhältnisse zu ändern, und das ist in Rheinland-Pfalzganz besonders zu beobachtenGrafik 21.Im Lande gibt es heute sogar ein genauesPatt der Begriffsverwendung zwischen Freiwilligenarbei<strong>tun</strong>d Ehrenamt (jeweils 40%).Zwar hat auch auf Bundesebene der Begriffder Freiwilligenarbeit an Bedeu<strong>tun</strong>g verloren,bewahrte jedoch auch <strong>2009</strong> seinenVorrang vor dem Ehrenamt. Wie auf Bundesebeneverblassen auch in Rheinland-Pfalzalle anderen Begriffe gegenüber den beidenHauptbegriffen, auch wenn Initiativen- undProjektarbeit von Engagierten inzwischenvermehrt verwendet wird, um die Typik ihrerTätigkeit zu beschreiben.Der bedeutende Schub in Rich<strong>tun</strong>gEhrenamt in Rheinland-Pfalz stammt besondersvon den weiblichen Engagierten, diesich hierin inzwischen deutlich an die Männerangenähert haben, bei denen bereits imJahr 2004 das Ehrenamt die wichtigsteSelbstcharakterisierung des Engagementsdarstellte Grafik 22. Allerdings behielt dieFreiwilligenarbeit bei den Frauen auch<strong>2009</strong> ihren subjektiven Vorrang vor demEhrenamt.Ein Blick auf das Alter lohnt sich, vorallem wegen der jüngeren Menschen. 1999war mit 31% bei den bis 45-Jährigen dasEhrenamt deutlich weniger populär als beiden ab 46-Jährigen (45%) Grafik 23. Freiwilligenarbeitentsprach dem Selbstverständnisjüngerer Engagierter wesentlich besser(53%), während diese Vorstellung bei derälteren Gruppe mit 37% weniger Anklangfand. Seit 1999, aber besonders seit 2004 hatdie Freiwilligenarbeit bei den Jüngeren anAnhängern verloren, <strong>was</strong> seit 2004 demEhrenamt, über die gesamte Periode aberauch anderen Zuordnungen der eigenenTätigkeit zugute kam. Abgesehen davon,dass sich offensichtlich das Ehrenamt beiden jüngeren Menschen als erstaunlich vitalerwies, ist es von Interesse, welche anderenDeu<strong>tun</strong>gen des Engagements an Bedeu<strong>tun</strong>ggewannen.Bei den jüngeren Engagierten in Rheinland-Pfalzfallen zwei Entwicklungen auf.Zum einen wurde das Engagement mehr alsInitiativen- und Projektarbeit verstanden(1999 4%, <strong>2009</strong> 9%), zum anderen mehr alsnebenberufliche Tätigkeit (1999 3%, <strong>2009</strong>5%). Bei den jüngeren Menschen wurde alsoeinerseits das Engagement seit 1999 vermehrtals eher informelle Tätigkeit aufgefasst,andererseits aber auch als erwerbsnähereingeordnet. Bei den Engagierten imAlter ab 46 Jahren nahm die Informalitätzwar ebenso zu, dagegen hat die Erwerbsnähebeim Verständnis des Engagements starkabgenommen.


59Grafik 21Selbstverständnis der freiwilligen Tätigkeiten im ZeitverlaufZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Freiwilligenarbeit434047Ehrenamt363540Bürgerschaftliches EngagementNebenberuf54399819992004<strong>2009</strong>Initiativen- und ProjektarbeitSelbsthilfe303267Grafik 22Selbstverständnis des Engagements im Zeitverlauf nach GeschlechtBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)MännerFrauen1319 20 21 24 184439 35 504947Anderes43 4245FreiwilligenarbeitEhrenamt2927351999 2004 <strong>2009</strong>1999 2004 <strong>2009</strong>


60B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 23Selbstverständnis des Engagements im Zeitverlauf nach AlterBevölkerung ab 14 Jahren (Angaben in %)bis 45 Jahreab 46 Jahren16 20 22 18 22 18535043373638AnderesFreiwilligenarbeit454244Ehrenamt31 30351999 2004 <strong>2009</strong>1999 2004 <strong>2009</strong>2. Was Freiwillige <strong>tun</strong> und <strong>was</strong> sie könnenmüssen2.1 Vielfalt der TätigkeitsformenBisher wurde immer sehr pauschal über dasEngagement der Freiwilligen geredet, abernicht darüber, <strong>was</strong> denn das für Tätigkeitensind. Sicher gewinnt man aus den Bezeichnungender Bereiche Anhaltspunkte darüberund kann sich vorstellen, worum es in denBereichen Sport, Politik, Kultur oder Sozialesin etwa geht, aber das bleibt doch ziemlichim Ungefähren. Glücklicherweise erfasst der<strong>Freiwilligensurvey</strong> die freiwilligen Tätigkeitenwortwörtlich und die bereits dargestellteÜbersicht 1 gab typische Beispiele solcherEngagements. Allerdings lässt sich aus denvielen Einzelfällen keine klare Übersicht überdas Typische des Engagements gewinnen.Deswegen fragt der <strong>Freiwilligensurvey</strong>anhand von standardisierten Listendie Inhalte der Tätigkeiten ebenso ab wie dieAnforderungen, denen Freiwillige gerechtwerden müssen.Das Profil der Tätigkeiten von Engagiertenhat in Rheinland-Pfalz wie auch aufBundesebene zwei wesentliche SchwerpunkteGrafik 24. Zum einen geht es ganz besondersdarum, Veranstal<strong>tun</strong>gen und Treffen zuorganisieren, zum anderen fallen sehr oftpraktische Alltagsarbeiten an, die erledigtwerden müssen. Das ist im Lande sogar nochmehr der Fall als bundesweit. Der öffentlicheund alltagspraktische Charakter des Engagementswird damit besonders deutlich.Menschen kommen regelmäßig zusammenund haben eine Menge Dinge zu <strong>tun</strong> undabzuwickeln. Daneben gibt es et<strong>was</strong>


61Grafik 24Hauptinhalte der freiwilligen Tätigkeit (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Mehrfachnennungen; Angaben in %)Organisation und Durchführungvon Veranstal<strong>tun</strong>genPraktische ArbeitenPersönliche Hilfeleis<strong>tun</strong>genÖffentlichkeitsarbeitInteressenvertre<strong>tun</strong>g und MitsprachePädagogische Betreuungund Gruppenlei<strong>tun</strong>gOrganisation und Durchführungvon HilfeprojektenBera<strong>tun</strong>gMittelbeschaffung (Fundraising)VernetzungsarbeitVerwal<strong>tun</strong>gstätigkeiten22242022202541383943374033323234323664675864DeutschlandRheinland-Pfalzanspruchsvollere Tätigkeiten, die weit wenigerals die Hälfte der Freiwilligen regelmäßigausüben wie Hilfeleis<strong>tun</strong>gen, Öffentlichkeitsarbeitsowie Interessenvertre<strong>tun</strong>g undMitsprache. Das eigentliche „Sach-Management“im Sinne von Verwal<strong>tun</strong>g, Vernetzungund Mittelbeschaffung ist dagegen nur dieAufgabe einer kleineren Minderheit.Das Arbeitsprofil engagierter Männerund Frauen weist einige Unterschiede auf.Ein besonders starker Unterschied, der auchgrößer ist als auf Bundesebene, bestehtdarin, dass sich Frauen in deutlich stärkeremMaße als Männer mit persönlichen Hilfeleis<strong>tun</strong>genbeschäftigen. Männer sind vorallem bei der Gruppenlei<strong>tun</strong>g und der Verwal<strong>tun</strong>gsarbeitvermehrt dabei. Diese Unterschiedesind auch Reflex des unterschiedlicheninhaltlichen Profils des Engagementsvon Männern und Frauen.Frauen sind öfter in Bereichen tätig, in denenes um den Dienst am Menschen geht wie inKindergarten und Schule, bei Kirche undReligion sowie im sozialen und gesundheitlichenBereich Grafik 25. Zum anderen wirdnoch sichtbar werden, dass Frauen deutlichweniger Lei<strong>tun</strong>gs- und Vorstandsfunktionenausüben als Männer. Der <strong>Freiwilligensurvey</strong>verwendet dazu den Sinnspruch: „Männerarbeiten mehr für die Sache, Frauen mehr fürden Menschen.“2.2 Anforderungen an FreiwilligeDer zwischenmenschliche Charakter desEngagements wird auch anhand derAnforderungen sichtbar, denen Freiwilligegerecht werden müssen. Ein guter mitmenschlicherUmgang ist das Entscheidende,dem alle anderen Fähigkeiten nachgeord-


62B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>net sind Grafik 26. Dennoch geht es nicht nurum das Menschliche, sondern an viele Freiwilligewerden hohe Ansprüche an ihreEinsatzbereitschaft gestellt, ganz besondersbei der freiwilligen Feuerwehr und denRet<strong>tun</strong>gsdiensten. Daneben kommt es aufgeistige Qualitäten an wie Kreativität undIdeenreichtum sowie auf Fähigkeiten zumZeitmanagement. Besonders das Letzteverwundert nicht, haben doch viele Freiwilligeeine Dreifachbelas<strong>tun</strong>g aus Erwerbs- undFamilienarbeit und Engagement zu tragen,so dass sie schon von dieser Seite her dieFähigkeit mitbringen, mit der Ressource Zeiteffizient umzugehen.Vergleicht man in Rheinland-Pfalz dieAnforderungen, die an Männer und Frauengestellt werden, fällt auf, dass engagiertenFrauen häufiger als Männern diejenigenDinge abverlangt werden, denen Freiwilligeam meisten gerecht werden müssen Grafik27. Das ist auf Bundesebene bei Weitemnicht so. Vor allem die hohe Bedeu<strong>tun</strong>g vonKreativität und Ideenreichtum sowie desZeitmanagements bei Frauen im Land istet<strong>was</strong> Besonderes.Ansonsten zeigen sich auch in Rheinland-Pfalz Reflexe des unterschiedlichen Profilsdes Engagements von Männern und Frauen.Führungs- und Fachverantwor<strong>tun</strong>g sowieadministrative Tätigkeiten sind für Männertypischer, und das schlägt sich auch imbesonderen Anforderungsprofil der Männernieder. Dennoch müssen auch zwei Drittelder Männer soziale und emotionale Kompetenzenzeigen, so dass der mitmenschlicheCharakter des Engagements eine grundsätzlicheGemeinsamkeit des männlichen undweiblichen Engagements darstellt.Das Engagement im mittleren und fortgeschrittenenAlter hat, ebenso wie das derMänner, einen stärkeren Bezug zur Führungsarbeit,zum Fachwissen und zumAdministrativen. Gleichzeitig kommt es beiGrafik 26Anforderungen an die Tätigkeiten von Freiwilligen (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)in starkem Maße in gewissem Maße nicht gefordertMit Menschen gut umgehen können69265Hohe Einsatzbereitschaft57376Ideenreichtum, Kreativität464212Gutes Zeitmanagement394417Organisationstalent375112Fachwissen354718Belastbarkeit354718Führungsqualitäten314227Selbstlosigkeit205129Mit Behörden gut umgehen können203050


63der älteren Gruppe wie bei den Frauen auchmehr auf den zwischenmenschlichen Faktoran. Besonders groß ist der Unterschied jüngererund älterer Engagierter, wenn es umdie Anforderung der „Selbstlosigkeit“ geht.Immerhin für 28% der ab 46-Jährigen stelltsich diese Anforderung in hohem Maße, abernur für 10% im Alter von bis zu 45 Jahren.Dennoch ist dieser Anspruch der freiwilligenTätigkeit an die Engagierten in beiden Gruppenhauptsächlich in einem gewissem Maßewichtig, für 56% der bis 45-Jährigen und für48% der ab 46-Jährigen, für einen Teil beiderGruppen auch gar nicht. Das besondereProfil der Tätigkeiten der Jüngeren zeigt sichvor allem an der hohen Einsatzbereitschaft,die sie zeigen müssen, z.B. bei der freiwilligenFeuerwehr und den Ret<strong>tun</strong>gsdiensten.2.3 Weiterbildung und Lei<strong>tun</strong>gstätigkeitenHohe Anforderungen an Freiwillige bedeutenauch einen Bedarf an Weiterbildung.Außerdem ist für Freiwillige die Möglichkeit,an einem Kurs oder einer anderen Maßnahmeder Weiterbildung teilzunehmen, aucheine Anerkennung ihrer Tätigkeit. Deshalbist es für das Land ein positiver Befund, dasshier bisher deutlich mehr Freiwillige ansolchen Maßnahmen teilnehmen konntenals im Durchschnitt aller Länder Grafik 28.Der Unterschied besteht vor allem in dereinmaligen Teilnahme, wodurch im Landeine absolute Mehrheit der Engagiertenbereits Möglichkeiten zur Weiterbildungwahrnehmen konnte. Da Männer mehrin fachintensiven Bereichen freiwillig tätigsind, haben sie bisher auch mehr an derWeiterbildung teilgenommen. Dennochwaren auch Frauen bisher mit absoluterMehrheit dabei, im Anteil sogar et<strong>was</strong> stärkerals Mehrfachteilnehmer. Zwischen jüngerenund älteren Engagierten ist die Situationnoch ausgeglichener, Ältere nahmeninsgesamt et<strong>was</strong> mehr teil, Jüngere warenwie Frauen öfter Mehrfachteilnehmer.Grafik 27Anforderungen an die Tätigkeiten von Freiwilligen („in hohem Maße“)(Männer und Frauen <strong>2009</strong>) Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Mit Menschen gut umgehen können6672Hohe Einsatzbereitschaft5557Ideenreichtum, KreativitätGutes ZeitmanagementOrganisationstalent413444383651MännerFrauenFachwissen3040Belastbarkeit3238Führungsqualitäten2536Selbstlosigkeit1723Mit Behörden gut umgehen können1722


64B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 28Teilnahme an Kursen oder Seminaren zur Weiterbildung (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)DeutschlandRheinland-PfalzeinmaleinmalKeine Teilnahme,keine Angebote11%11%Keine Teilnahme,keine Angebote12%36%36%42%53%53%mehrmals46%mehrmalsBundesweit gibt es einen Trend, dass immerweniger Freiwillige Vorstands- und Lei<strong>tun</strong>gsfunktionenausüben. Ihr Anteil sank kontinuierlich(1999 38%, 2004 35%, <strong>2009</strong> 32%).Rheinland-Pfalz konnte sich von diesemTrend abkoppeln, vor allem, weil seit 2004der Anteil der Vorstands- und Lei<strong>tun</strong>gsfunktionensogar gestiegen ist (1999 35%, 200434%, <strong>2009</strong> 37%). Dabei gab es eine sehrinteressante Entwicklung. Trennt man dieEngagierten wieder in zwei Altersgruppen,dann zeigt sich, dass die Zunahme der Vorstands-und Lei<strong>tun</strong>gsfunktionen seit 2004ausschließlich von den jüngeren Engagiertenstammt, während Engagierte im Alter vonab 46 Jahren kontinuierlich weniger solcheFunktionen ausübten Grafik 29. Da die Entwicklungin dieser Gruppe jedoch von einemviel höheren Ausgangsniveau als bei denJüngeren ausging, treffen sich beide Altersgruppeninzwischen bei einem relativ ähnlichenAnteil der Vorstands- und Lei<strong>tun</strong>gstätigkeiten.Während somit die Alterstruktur derLei<strong>tun</strong>gsfunktionen deutlich ausgeglichenerals noch vor 10 Jahren ist, gilt das nicht fürdie Frage des Geschlechts. Weiterhin sindmit 46% wesentlich mehr Männer in Führungspositionentätig, und deutlich wenigerFrauen (27%). An dieser Asymmetrie derGeschlechter hat sich seit 1999 nur weniggeändert.Die Übernahme von Vorstands- undLei<strong>tun</strong>gsfunktionen geht bei jüngeren wieälteren Engagierten mit einem anderenSelbstverständnis der Tätigkeiten einher(Werte für alle Engagierten wieder Grafik29). Mit 59% dominiert bei den Leitenden


65Grafik 29Lei<strong>tun</strong>gs- und Vorstandsfunktionen nach Alter im Zeitverlauf sowieSelbstverständnis der Tätigkeit bei FunktionsträgernZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Engagierte im Alter von14 bis 45 Jahren1999200430287072<strong>2009</strong>3565Lei<strong>tun</strong>gs- und Vorstandsfunktionkeine FunktionEngagierte im Alterab 46 Jahren1999435720044060<strong>2009</strong>3862Selbstverständnisder TätigkeitLei<strong>tun</strong>gs- undVorstandsfunktion592021Ehrenamt Freiwilligenarbeit Andereskeine Funktion2952193.1 Vereine und Gruppen dominierenDie Rahmenbedingungen, unter denen dieFreiwilligen arbeiten, unterscheiden sich invielfältiger Weise, und das hat schon mit derThematik zu <strong>tun</strong>, für die sie sich einsetzen.Ein wesentlicher Unterschied besteht darin,ob Engagierte im Rahmen von öffentlichenOrganisationen oder von öffentlichen Institutionentätig sind. Allerdings gibt es auchzwischen den Organisationen deutlicheUnterschiede, auf der einen Seite stehen vorallem die Vereine, Gruppen und Initiativen,die zumeist lokal tätig sind, auf der anderenSeite die Verbände, Gewerkschaften undParteien, deren Betätigungsfeld vermehrtüberregionalen Charakter hat. Vereine unterklardie Vorstellung des Ehrenamtes unddie Freiwilligenarbeit spielt nur zu 20% eineRolle. Eine gewisse Bedeu<strong>tun</strong>g hatte alsLeitvorstellung der Tätigkeit auch das bürgerschaftlicheEngagement (10%).Befragte ohne Führungsfunktionensehen sich nur zu 29% im Ehrenamt, aber zu52% in der Freiwilligenarbeit tätig. In diesemmarkanten Unterschied des Verständnissesder Tätigkeit sind sich jüngere und ältereBefragte ziemlich ähnlich. Allerdings ist dasehrenamtliche Selbstverständnis der Leitendenim Alter von bis zu 45 Jahren et<strong>was</strong>weniger ausgeprägt als bei denen über45 Jahren (53% zu 66%). Freiwilligenarbeitsehen sich 27% der Jüngeren leisten, abernur 13% der Älteren.3. Unter welchen organisatorischen BedingungenFreiwillige arbeiten


66B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>scheiden sich wiederum sehr nach Größe, esgibt solche mit mehr als 1.000 Mitgliedern,aber auch sehr kleine mit vielleicht nur 10bis 15 Mitgliedern. Die Situation der kleinerenVereine nähert sich deutlich an informelleGruppen, Initiativen und Projekte an.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> hat bereitsgezeigt, dass selbstorganisierte Organisationen,die eine gewisse Größenordnung nichtüberschreiten, ein wesentliches Kriteriumder Zivilgesellschaft besonders gut erfüllen.Die Engagierten haben dort besonders häufigdas Gefühl, wichtige Dinge mitentscheidenund mitbestimmen zu können. DieVerhältnisse sind wenig hierarchisiert, derUmgang von Gleichberechtigung geprägt.Anders liegen die Dinge, wenn der Rahmendes Engagements durch Großvereine undGroßorganisationen, vor allem aber durchöffentliche Institutionen gesetzt wird. DieHierarchisierung ist deutlich erhöht und esgibt viele hauptamtliche Mitarbeiter. DieInstitutionen (z.B. Schulen) haben einenstaatlich-rechtlich definierten Zweck undeinen strikteren Arbeitsstil, dem sich dieFreiwilligen mehr oder weniger einfügenmüssen.Allerdings zeigte bereits der <strong>Freiwilligensurvey</strong>von 2004, dass die Freiwilligen dieMöglichkeiten zur Mitbestimmung in einernichtstaatlichen Institution wie etwa derkatholischen Kirche noch ungünstiger als inanderen Institutionen einschätzten. Hierbesteht das Problem im Eigenleben einerInstitution, deren Traditionen sehr weitzurückreichen, und die sich nur sehr eingeschränktan die Moderne angepasst hat. Einehöhere Bereitschaft der evangelischen Kirche,sich mit ihrer neueren Tradition aufmoderne Gepflogenheiten einzulassen, kamzumindest 2004 in den günstigeren Möglichkeitenfür Freiwillige zum Ausdruck, aufihre Tätigkeit und ihr Umfeld Einfluss zunehmen.Allerdings konnte sich auch die evangelischeKirche nicht dem allgemeinen Trend entziehen,dass Freiwillige seit <strong>2009</strong> ihre Möglichkeitender Mitgestal<strong>tun</strong>g und Mitbestimmungungünstiger einschätzen als noch2004 (Bundesdaten). Die Bedürfnisse undAnsprüche der Engagierten scheinen sich indiesem Punkt erhöht zu haben, ohne dassoffensichtlich die Organisationen undInstitutionen darauf bereits hinreichendeingehen.Nicht umsonst wird die Zivilgesellschaftganz besonders von der selbstorganisiertenKraft der Vereine bestimmt, zu denen sichdie Gruppen, Projekte und Initiativen alszivilgesellschaftliches Urgestein auf der„Graswurzelebene“ gesellen Grafik 30.Zusammen bilden diese von Freiwilligenbesonders stark bestimmten Strukturen zuüber 60% das Umfeld des freiwilligen Engagements.Von den Institutionen haben dieKirchen, Religionsgemeinschaften und religiösenEinrich<strong>tun</strong>gen die größte Bedeu<strong>tun</strong>gfür Tätigkeiten von Freiwilligen.Eben wurden die Strukturen der Kirchen,besonders der katholischen, als weniger mitzivilgesellschaftlichen Kriterien vereinbargekennzeichnet. Dennoch ist das ursprünglicheAnliegen der Kirchen (bzw. der Gläubigen),die Sorge für die Seelen und um denNächsten (zumindest in modernisierterForm), sehr wohl mit dem Zweck der Zivilgesellschaftvergleichbar.Ein wesentlicher Sinn der Zivilgesellschaftist es, die bürgerliche Gesellschaft, inder sich der Einzelne und seine Familie vorallem um ihr eigenes Wohlergehen kümmern,in eine mit-bürgerliche Gesellschaft zuerweitern, in der man sich auch um öffentlicheDinge und Menschen außerhalb seinerprivaten Kreise kümmert. Von den drei klassischenZielen der Demokratie, der Freiheit,der Gleichheit und der Brüderlichkeit, ist vorallem das Letztere ein Anliegen der Religion.Die Zivilgesellschaft verfolgt dieses Zielebenso, allerdings zumeist unabhängig vonreligiösen Motiven.


67Grafik 30Organisationsform der freiwilligen Tätigkeiten (1999, 2004, <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Verein475251Kirche oder religiöse Einrich<strong>tun</strong>g131619Gruppen, InitiativenStaatliche oder kommunale Einrich<strong>tun</strong>gVerband41181291087819992004<strong>2009</strong>Partei, Gewerkschaft543Private Einrich<strong>tun</strong>g, Stif<strong>tun</strong>g, Sonstiges355Die organisatorische Grundlage der Zivilgesellschaftist in Rheinland-Pfalz wie auch inDeutschland über die Dekade des <strong>Freiwilligensurvey</strong>shinweg stabil geblieben, auchwenn sich zwischendurch gewisse Schwankungengezeigt haben. Wieder gibt esbedeutende Abweichungen zwischen engagiertenMännern und Frauen Grafik 31. DieGeschlechter unterscheiden sich dadurch,inwieweit sie sich mehr im Raum der Selbstorganisationder Zivilgesellschaft bewegenoder im Raum der Institutionen und Großorganisationen.60% der engagierten Männer sind inVereinen tätig, aber nur 40% der Frauen.Allerdings sind die Frauen wiederum aufder „Graswurzelebene“ der Gruppen, Initiativenund Projekte präsenter, so dass sich derUnterschied bei der Selbstorganisationwieder et<strong>was</strong> ausgleicht. Er wird dadurchnoch mehr abgemildert, dass sogar 5% derengagierten Frauen ganz allein, ohne direkteAnbindung an eine Organisation oder Institution,engagiert sind. So et<strong>was</strong> gibt es nurbei einem Prozent der Männer.Dennoch ist das Engagement von Frauenbei allem, <strong>was</strong> Institution ist, deutlich mehrangesiedelt, seien es religiöse, staatlichkommunaleoder private. Männer bewegensich dagegen vermehrt im Umfeld der überregionalenGroßorganisationen wie derVerbände, Parteien und Gewerkschaften,<strong>was</strong> bereits anhand der großen Präsenz beimpolitischen und berufsbezogenen Engagementerkennbar wurde.In Bezug auf das Engagement Freiwilligerin Vereinen setzt das Alter keinen Unterschied.Bei den Institutionen ist es so, dass


68B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 31Organisationsform der freiwilligen Tätigkeiten (Männer und Frauen <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Verein4060Kirche oder religiöse Einrich<strong>tun</strong>g919Gruppen, Initiativen916MännerFrauenStaatliche oder kommunale Einrich<strong>tun</strong>gVerband66910Partei, GewerkschaftPrivate Einrich<strong>tun</strong>g, Stif<strong>tun</strong>g, Sonstiges4228Jüngere im Alter von unter 46 Jahren mehrin staatlich-kommunalen Einrich<strong>tun</strong>gentätig sind (Beispiel: Schulen und Kindergärten),reifere und ältere Jahrgänge mehr beiden Kirchen und religiösen Einrich<strong>tun</strong>gen.Jüngere Engagierte sind auch deutlich mehrbei den Gruppen und Initiativen zu finden,während Ältere sich vermehrt der Verbandsarbeitwidmen und auch et<strong>was</strong> mehr allein,also ohne direkte organisatorische Anbindung,tätig sind.3.2 Hauptamtliche und Ansprechpartner<strong>Wir</strong> hatten bereits die Rolle des hauptamtlichenPersonals in den öffentlichen Institutionenangesprochen. Zwar gibt es auch inVereinen solches Personal, aber ungleichweniger. Diesen Schwerpunkt bei der freiwilligenSelbstorganisation erkennt man daran,dass die große Mehrheit von konstant ca.60% der Engagierten keine hauptamtlichTätigen in ihrem Arbeitsumfeld wahrnimmtGrafik 32. Hauptamtliche können Ansprechpartnerfür Freiwillige sein, genauso aberauch andere Engagierte, insbesondere solchemit Lei<strong>tun</strong>gsfunktionen. Diese Ansprechpartnerstanden <strong>2009</strong> in Rheinland-Pfalz wieauf gesamtdeutscher Ebene weniger zurVerfügung als noch 2004, trotz gleicherVertre<strong>tun</strong>g von Hauptamtlichen und inRheinland-Pfalz sogar mehr leitenden Engagierten.Das heißt, dass die dafür eigentlichZuständigen ihre Rolle anscheinend wenigerwahrnehmen.Auf Bundesebene wird der Rückgang vonPartnern für Engagierte begleitet durcheinen ebenso abnehmenden Eindruck vonFreiwilligen, wichtige Dinge mitbestimmen


69Grafik 32Hauptamtliche, Ansprechpartner und MitbestimmungZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)(2004, <strong>2009</strong>)Festangestellte Hauptamtlichevorhanden?20044060<strong>2009</strong>3961ja teils/teils neinAnsprechpartner für Freiwilligevorhanden?20046832<strong>2009</strong>6139Ausreichende Möglichkeiten zuMitbestimmung undMitentscheidung?200472226<strong>2009</strong>71236und mitentscheiden zu können. Rheinland-Pfalz konnte diesem Trend, der sich über diemeisten Organisationsformen und Bereichedes Engagements hinzieht, bisher widerstehen.Das ist ein positiver Befund. Möglicherweisewirkte die große Dynamik des Engagementsim Lande dem allgemeinen Trendentgegen, dass Engagierte heute sensiblerMöglichkeiten der Mitbestimmung einfordern.Dennoch gibt es einige Unstimmigkeiten.Männer beurteilten bereits 2004 ihrenEinfluss auf Entscheidungen besser alsFrauen und diese Schere zwischen denGeschlechtern hat sich seit 2004 noch verstärkt(„ausreichende Mitbestimmung“2004: Männer 74%, Frauen 69%, <strong>2009</strong> 75%zu 66%). Recht ähnlich ist der Unterschiednach Alter, der zuungunsten der jüngerenEngagierten geht und sich ebenso leichtverstärkt hat („ausreichende Mitbestimmung“2004: 14- bis 45-Jährige 66%, über45-Jährige 77%, <strong>2009</strong> 64% zu 77%). Bemerkenswertist dieses Ergebnis deswegen,weil im gleichen Zeitraum der Anteilan leitenden Engagierten bei den Jüngerensogar zugenommen und bei den Älterenabgenommen hat.Jüngere Engagierte und Frauen könntensomit zukünftig die bevorzugten Trägereines möglichen Trends zu abnehmenderZufriedenheit mit den Möglichkeiten derMitbestimmung und Mitentscheidung sein.Eine angemessene Beteiligung und Anerkennungder Engagierten steht also ganz obenauf der Agenda der Engagementpolitik undorganisatorischer Verbesserungen, <strong>was</strong>besonders auf die öffentlichen Institutionen


70B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>zutrifft, aber nicht nur auf diese. Eine Verbesserungdes Angebots an Ansprechpartnernfür die Probleme und Anregungen der Freiwilligenspielt dabei eine wichtige Rolle bzw.die bessere Wahrnehmung dieser Rolledurch hauptamtliche Mitarbeiter und leitendeEhrenamtliche.4. Zeitregime, Zielgruppen, materielleAspekte4.1 Steigende zeitliche Bindung desEngagementsBisher wurde das freiwillige Engagement derRheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnenimmer so dargestellt, dass es sich dabeium eine längerfristige Bindung einer Personan eine (fast immer organisierte) Tätigkeithandelt. Der Nachweis dafür wurde abernoch nicht erbracht. Was es im Konkretenmit der zeitlichen Bindung und dem Zeitregimedes Engagements auf sich hat, soll nunim Detail analysiert werden. Dabei stellensich zunächst zwei Fragen: Wann warenFreiwillige in ihrem Leben überhaupt zumersten Mal freiwillig engagiert? Und wielange sind sie in ihrer aktuellen Tätigkeitbereits engagiert?Im Durchschnitt übten die Engagierten inRheinland-Pfalz ihre aktuelle Tätigkeitbereits seit 11 Jahren aus. Diese Tätigkeitsdauerist gestiegen, vor allem seit 2004(1999: 8,7 Jahre, 2004: 9,1 Jahre, <strong>2009</strong>: 10,9Jahre). Dieser Zuwachs geht besonders aufdie über 45-Jährigen zurück, vor allem die ab60-Jährigen (2004: 13,9 Jahre, <strong>2009</strong>: 17,8Jahre). Naturgemäß gibt es ganz erheblicheUnterschiede zwischen den Altersgruppen,wie lange sie ihre aktuelle Tätigkeit bereitsausüben.Jemand der über 60 Jahre alt ist, hatte inseinem Leben viel mehr Zeit, seine aktuelleTätigkeit lang- oder mittelfristig auszuübenals jemand, der vielleicht erst 20 Jahre alt istGrafik 33. Der Unterschied der jüngstenGruppe mit ca. 4 Jahren Dauer der Tätigkeitzur ältesten Gruppe mit 17,7 Jahren ist ganzerheblich. 78% der bis 30-Jährigen waren inder aktuellen Tätigkeit erst seit bis zu5 Jahren engagiert, aber nur 16% der ab60-Jährigen. Diese übten ihre Tätigkeit mit48% fast zur Hälfte bereits länger als 15Jahre aus, <strong>was</strong> im Alter von bis zu 30 Jahrenfast nie vorkommt (1%).Ältere Engagierte hatten gegenüberjüngeren jedoch nicht nur mehr Zeit für ihreaktuelle Tätigkeit. Sie hatten darüber hinausim Laufe ihres Lebens wesentlich mehr Möglichkeiten,in verschiedenen Zusammenhängendes Engagements Tätigkeiten zu wechselnund das für ihre Eignung und NeigungPassende herauszufinden. Jüngere sind oftnoch auf der Suche oder beim Experimentieren.Außerdem stehen junge Leute vor einerReihe von biografischen Umorientierungen.Im Rahmen der Phase ihrer Bildung undAusbildung, der beruflichen Etablierung undder Familiengründung wird es noch grundlegendeVeränderungen geben, nicht zuletzteinen oder mehrere Wechsel des Wohnorts,bis man sich irgendwo familiär auf Dauereinrichtet. Wie gesehen hat diese Etablierungauch et<strong>was</strong> mit der Übernahme freiwilligerTätigkeiten zu <strong>tun</strong>, oft im Zusammenhangmit den eigenen Kindern, dient aberauch dazu, sich an einem neuen Wohnortsozial zu integrieren.Neben der aktuell ausgeübten Tätigkeitvon Freiwilligen interessiert es, wie langeFreiwillige überhaupt schon engagiert sind.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> zeigt, dass im Lebenein solches Erstengagement zumeist früheinsetzt und dann gelegentlich unterbrochenoder gewechselt wird. Das Einstiegsalterliegt in Rheinland-Pfalz seit 10 Jahren imDurchschnitt ziemlich stabil beim Alter von23 Jahren, freilich mit großen Unterschieden,vor allem zwischen den Altersgruppen.Betrachtet man den Alterswert für die jüngsteGruppe, dann liegt dieser erstaunlichniedrig (konstant bei 15 Jahren). Er steigt biszur Gruppe der ab 60-Jährigen auf 31 Jahre


71Grafik 33Wie lange die freiwillige Tätigkeit bereits ausgeübt wird (<strong>2009</strong>)nach Alter der EngagiertenZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)3,9* 7,7 12,4 17,75 112 29 481615782814seit 16 Jahren (und länger)seit 11-15 Jahren45261125seit 6-10 Jahrenseit unter 6 Jahren3116* Durchschnitt in Jahren:Alle: 10,9 Jahre14 bis 30Jahre31 bis 45Jahre46 bis 59Jahre60 Jahreund älteran. Dabei ist dieser Wert bei den Älteren seit2004 ausgehend von 37 Jahren deutlichgesunken.Warum ist der Einstiegswert, je älter dieEngagierten sind, umso höher? Und wiekonnte er in der ältesten Gruppe seit 2004so deutlich sinken? Zur Erklärung muss manin Prozesskategorien denken. Bei den älterenMenschen hat im Engagement bereits einviel größerer Austausch stattgefunden, vorallem zwischen Menschen, die irgendwannaus dem Engagement ausgestiegen sind,und solchen, die in späteren Jahren alsin früher Jugend neu dazu gekommen sind.Bei den jüngeren Menschen konnten sichsolche Prozesse noch weniger vollziehen, dieerst mit dem Älterwerden stärker wirksamwerden.Die Besonderheit bei den älteren Engagierten,dass zwischen 2004 und <strong>2009</strong> das Einstiegsaltergesunken ist, kann man darauserklären, dass ältere Menschen, die bereitsaus dem Engagement ausgeschieden waren,inzwischen wieder zurückgekehrt sind,insbesondere solche, die bereits relativ frühin ihrem Leben engagiert waren. Daraufdeutet die Einzelanalyse hin: zwischen 2004und <strong>2009</strong> lag der Anteil derjenigen Engagiertenab 60 Jahren, die bereits im Alter vonunter 46 Jahren erstmals ihr Engagementaufgenommen hatten, bei 66%, <strong>2009</strong> dagegenbei 81%, wobei vor allem diejenigenhäufiger vertreten sind, die schon bis zumdreißigsten Lebensjahr dabei waren.


72B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>4.2 Veränderungen im ZeitregimeWieder mit dem aktuellen Zeitregime desfreiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalzbeschäftigt sich Grafik 34. Auch hier verweisenzwei Indikatoren auf die Frage der Verbindlichkeitder freiwilligen Tätigkeiten. Zumeinen stellt sich die Frage, in welchem Ausmaßdie Tätigkeiten von regelmäßigenTerminen bestimmt sind, zum anderen, obsie nur kurzfristig oder auf Dauer angelegtsind. Der erste Indikator schwankte et<strong>was</strong>über die Zeit, zeigt aber über die gesamtePeriode eine eher stabile zeitliche Gestal<strong>tun</strong>gdes Engagements an. Der zweite verweistauf einen deutlichen Trend zur längerfristigenBindung des Engagements, vorallem zwischen 1999 und 2004.Man muss allerdings wissen, dass es imFreiwilligensektor immer einen gewissenBestand an zeitlich weniger strukturiertenbzw. an zeitlich begrenzt angelegten Tätigkeitengibt. Typisches Beispiel sind Tätigkeitenim Bereich Kindergarten und Schule, diezum einen an bestimmte Altersstufen derKinder gebunden sind, zum anderen einergewissen Amtsrotation unterliegen. Deshalbkann es nicht verwundern, dass solche Tätigkeitenund Ämter sogar zu 53% nicht aufDauer angelegt sind (Bundesdaten, auch imFolgenden). Da in den Einrich<strong>tun</strong>gen eingeregelter Betrieb seitens des hauptamtlichenPersonals vorhanden ist, kann dieBeteiligung von Freiwilligen außerdemunregelmäßiger erfolgen.Terminlich noch unregelmäßiger als beiKindergarten und Schule sind die Tätigkeitenallerdings im Bereich Umwelt- und Tierschutzund im lokalen Bürgerengagementsituiert. Hier sind die Aktivitäten auch jahreszeitenbedingt,zum anderen mehr aufKampagnen, temporäre Aktionen oder andereunregelmäßige Anlässe bezogen. Vermehrtzeitlich begrenzt sind freiwilligeTätigkeiten im politischen und beruflichenEngagement angelegt sowie im BereichJustiz und Kriminalitätsprobleme (z.B. Schöf-fenämter). Im Umwelt- und Tierschutz sindtrotz der erhöhten terminlichen Unregelmäßigkeitdie Tätigkeiten dennoch besondershäufig langfristig angelegt. Das betriffthäufiger auch Sport und Kultur sowieGesundheit und Soziales.Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> enthält zweiweitere Indikatoren, die das Zeitregime desEngagements verdeutlichen. Der erstebeschäftigt sich mit der Rhythmik, mit derfreiwillige Tätigkeiten ausgeübt werdenGrafik 35. Diese ist im Vergleich der Tätigkeitensehr unterschiedlich und reicht von einerkleinen Gruppe an Freiwilligen (<strong>2009</strong>: 4%),die sogar täglich tätig ist, bis hin zu einergrößeren Gruppe, die nur gelegentlich imJahr aktiv wird (<strong>2009</strong>: 11%). Die Verteilungüber die Kategorien ist über die Dekade des<strong>Freiwilligensurvey</strong>s hinweg recht stabil.Unterschiede zwischen Männern und Frauenwerden daran erkennbar, dass Frauen ihreTätigkeiten weniger häufig ausüben alsMänner. Das angespanntere Zeitbudget derFrauen setzt seine Beschränkung somit nichtnur bei der geringeren Beteiligung der Frauenam Engagement, sondern auch durchzeitlich weniger intensives Engagement(dazu Weiteres im Folgenden).Abgesehen von der Häufigkeit des Engagementsfragt sich, wie viel Zeit am Endevon Engagierten in einer typischen Wochefür die freiwillige Tätigkeit eingesetzt wirdGrafik 36. Hier handelt es sich, zumindest fürdie nicht wenigen Engagierten, die mehr alseiner Tätigkeit nachgehen, um eine Sammelkategoriefür alle ausgeübten Tätigkeiten.Für ein Drittel der Engagierten in Rheinland-Pfalz reicht es in der Woche nur für 2 S<strong>tun</strong>denund diese Gruppe ist mit konstant 34%die relativ größte. Ebenso stabil setzen sich30% der Engagierten zwischen 3 und 5 S<strong>tun</strong>denin der Woche ein.Mit 22% sind es inzwischen et<strong>was</strong> mehrEngagierte, die sogar 6 bis 10 S<strong>tun</strong>den investierenkönnen. Überhaupt fällt auf, dass imLande die oberen Zeitkategorien inzwischen


73Grafik 34Regelmäßige terminliche Verpflich<strong>tun</strong>g und zeitliche BegrenzungZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)janeinRegelmäßige terminlicheVerpflich<strong>tun</strong>gen?1999703020046634<strong>2009</strong>7327Zeitaufwendigste Tätigkeit inabsehbarer Zeit beendet?1999287220041981<strong>2009</strong>1684Grafik 35Häufigkeit der Ausübung der freiwilligen TätigkeitenZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Täglich334Mehrmals die Woche273030Einmal die Woche232424Mehrmals im MonatEinmal im Monat11111121202319992004<strong>2009</strong>Seltener121211


74B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 36Gesamter Zeitaufwand pro Woche (2004 und <strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche34343 bis 5 S<strong>tun</strong>den pro Woche30306 bis 10 S<strong>tun</strong>den pro Woche202211 bis 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche342004<strong>2009</strong>Über 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche24Unregelmäßig611deutlicher besetzt sind, so dass <strong>2009</strong> sogar8% der Engagierten mehr als 10 S<strong>tun</strong>den proWoche für ihr Engagement tätig waren.Deutlich rückläufig war das zeitlich unregelmäßigebzw. zeitlich schwer einschätzbareEngagement.Die Entwicklung zu einer höheren zeitlichenIntensität des Engagements stammtvor allem von den Engagierten im Alter vonüber 45 Jahren, während sich bei den Jüngerendie eingesetzte Zeit deutlich in Rich<strong>tun</strong>gder unteren Kategorien von bis zu 5 S<strong>tun</strong>denpro Woche entwickelte. Mehr Engagierte inreiferen und älteren Jahren seit 1999 bedeutetenalso auch mehr Zeitbudget für freiwilligesEngagement.Wie gesehen, gibt es zwischen Männernund Frauen nicht nur einen Unterschiedbeim Umfang der Beteiligung am Engagement,sondern auch bei der Regelmäßigkeit,mit der man sich engagiert. Frauen könnensich nicht so häufig wie Männer engagieren,und das hängt auch mit der geringeren Zeitzusammen, die sie in ihr Engagement investierenkönnen Grafik 37. Reicht es bei ihnenzu 40% nur zu bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche,so sind Männer in dieser Kategorie nur zu29% vertreten. Zusammen mit dem zeitlichunregelmäßigen Engagement, ist fast dieHälfte der Frauen zeitlich eher wenig odersporadischer engagiert. Alle Zeitkategorienoberhalb der 2 S<strong>tun</strong>den sind dagegen deutlichstärker von Männern besetzt.Dennoch ist das Engagement der Frauenseit 2004 regelmäßiger geworden. WarenTätigkeiten von Frauen damals noch zu 17%unregelmäßig bzw. sporadisch situiert (Männer5%), so <strong>2009</strong> nur noch zu 8% (Männer


75Grafik 37Gesamter Zeitaufwand pro Woche (Männer und Frauen, <strong>2009</strong>)Engagierte ab 14 Jahren (Angaben in %)Bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche29403 bis 5 S<strong>tun</strong>den pro Woche27336 bis 10 S<strong>tun</strong>den pro Woche202311 bis 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche43MännerFrauenÜber 15 S<strong>tun</strong>den pro Woche26Unregelmäßig58weiter 5%). Diese gestiegene Regelmäßigkeitkam zum einen dem vermehrten Einsatzvon bis zu 2 S<strong>tun</strong>den pro Woche zugute,andererseits aber auch einer erhöhten freiwilligenAktivität von 6 bis 10 Wochens<strong>tun</strong>den,ein wenig auch einer noch höherenS<strong>tun</strong>denzahl.Eine dennoch immer noch geringerezeitliche Striktheit des Engagements vonFrauen zeigt sich im Vergleich zu Männernauch daran, dass ihre Tätigkeit weniger mitregelmäßigen Terminen verbunden ist(70% zu 75%). Bei der unbegrenzten Anlageihrer Tätigkeiten sind sich Männer undFrauen jedoch näher gekommen. Beeindruckendist allerdings vor allem die Entwicklungbei den Männern. Waren bei diesen1999 noch 31% der freiwilligen Tätigkeitenbefristet angelegt, so 2004 zu 20% und<strong>2009</strong> nur noch zu 15%. Bei Frauen verringertsich dieser Prozentsatz nicht so stark, aberdennoch deutlich von 25% auf 18%.Eine andere Möglichkeit, das Zeitvolumenfür freiwilliges Engagement zu ermitteln,besteht darin, die Freiwilligen dieungefähre S<strong>tun</strong>denzahl für ihre zeitaufwendigsteTätigkeit pro Monat schätzen zulassen. Danach wandten die Engagierten1999 im Durchschnitt 16,6 S<strong>tun</strong>den proMonat für ihre Tätigkeiten auf, <strong>2009</strong>15,2 S<strong>tun</strong>den. Damit lag man 1999 deutlichunter den Bundesdaten, <strong>2009</strong> nicht mehrso stark, da der Bundeswert von 18,0 auf 16,8gefallen ist.Dieser Befund scheint in einem gewissenGegensatz zu Grafik 36 zu stehen, die einsteigendes Zeitvolumen des Engagementsanzeigt. Allerdings sind die Bezüge anders.


76B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 38Zielgruppen des freiwilligen EngagementsZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Kinder und Jugendliche3230Ältere MenschenFrauen439102004<strong>2009</strong>Familien35Anderer Personenkreis67Kein spezieller Personenkreis4645Die Daten in der Grafik beziehen sich auf dasgesamte Engagement, also auch auf zweite,dritte oder weitere Tätigkeiten. Da mehrfacheEngagements inzwischen zugenommenhaben, verteilt sich das gesamte Zeitvolumenauf mehr Tätigkeiten als früher.Bewegte sich 1999 die monatliche S<strong>tun</strong>denzahlder zeitaufwendigsten Tätigkeitenengagierter Frauen bereits unter der derMänner (Frauen: 15,8 und Männer: 17,3), so<strong>2009</strong> noch deutlicher darunter (Frauen: 13,5und Männer: 16,7). Bundesweit lagen Männer<strong>2009</strong> bei 17,8 S<strong>tun</strong>den und Frauen bei13,9 S<strong>tun</strong>den. Am stärksten haben die mittlerenJahrgänge im Alter von 31 bis 59 Jahrenihr Zeitvolumen bei der zeitaufwendigstenTätigkeit reduziert, also diejenigen, die amstärksten durch die Doppelbelas<strong>tun</strong>g ausFamilien- und Erwerbsarbeit betroffen sind.Möglicherweise lässt sich mit dieser Situationeine zeitlich reduzierte Haupttätigkeit inKombination mit einer oder mehrerenNebentätigkeiten mit begrenztem undflexiblem Zeitregime besser kombinieren alsnur eine, aber zeitlich sehr beanspruchendeHaupttätigkeit.4.3 Zielgruppen des EngagementsFreiwillige Tätigkeiten können unterschiedlichenZielgruppen zugute kommen, wiez.B. Kindern und Jugendlichen oder älterenMenschen. Sie können jedoch auch nichtauf Zielgruppen bezogen sein, wie fachliche,planende oder administrative Arbeiten odersie richten sich an keine bestimmte Gruppe.Kinder und Jugendliche sind bei weitem diegrößte Zielgruppe des freiwilligen EngagementsGrafik 38. Zusammen mit den Famili-


77Grafik 39Zielgruppen des freiwilligen Engagements nach Geschlecht (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Kinder und Jugendliche2733Ältere Menschen714MännerFrauen06FrauenFamilien35Anderer Personenkreis79Kein spezieller Personenkreis3356en machten sie <strong>2009</strong> 35% des Engagementsaus. An zweiter Stelle kommen die älterenMenschen als Zielgruppe, aber mit weitemAbstand hinter den jüngeren Menschen.Dennoch hat ihre Bedeu<strong>tun</strong>g für das Engagementzugenommen, vor allem für Tätigkeitenälterer Freiwilliger. Bei Engagierten imAlter von über 45 Jahren spielen sie mit 17%als Zielgruppe fast die gleiche Rolle wie Kinderund Jugendliche, während diese mit 45%für das Engagement der unter 46-Jährigenbesonders bedeutsam sind und hier ältereMenschen mit 2% fast keine Rolle spielen.Neben dem Alter, das vor allem über dieBesonderheit der jeweiligen Zielgruppenentscheidet, hat das Geschlecht zunächsteine wesentliche Bedeu<strong>tun</strong>g dafür, ob sichEngagierte überhaupt mit bestimmtenZielgruppen beschäftigen Grafik 39. DerUnterschied der männlichen Sacharbeit undder weiblichen Betreuungsarbeit kommtgerade bei diesem Indikator stark zum Vorschein.56% des Engagements der Männerhat nichts Spezifisches mit bestimmtenZielgruppen zu <strong>tun</strong>, aber nur 33% der Tätigkeitder engagierten Frauen. Das bezieht sichauf alle Zielgruppen, ganz besonders jedochauf die älteren Menschen, für die Frauendoppelt so häufig tätig sind wie Männer(14% zu 7%). Höher ist der Bezug des weiblichenEngagements auch zu Kindern undJugendlichen sowie zu Familien und sonstigenGruppen, vor allem zu Behinderten. Dassoziale Profil der Frauen wird daran wiederdeutlich erkennbar. Dass sie außerdem dasauf Frauen bezogene Engagement fast völligdominieren, ist gut nachvollziehbar.


78B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>4.4 Materielle AspekteDieses Hauptkapitel soll mit einigen Bemerkungenzum materiellen Element im Engagementabgeschlossen werden. FreiwilligeTätigkeiten sind oft mit Kosten verbunden.Steigende Fahrtkosten, im privaten wieöffentlichen Verkehr, dürften dabei diewesentliche Rolle spielen. Dennoch sahen<strong>2009</strong> deutlich weniger Engagierte die Notwendigkeit,Kosten erstattet zu bekommen,bzw. hatten keine Kosten. Fielen 1999 zu89% und 2004 noch zu 85% Kosten imZusammenhang mit der freiwilligen Tätigkeitan, war dies <strong>2009</strong> nur noch zu 75% derFall Grafik 40.Wie auch auf Bundesebene ist in Rheinland-Pfalzdennoch diejenige Gruppe, diekeine Kosten geltend machen kann, immernoch relativ größer, als die, die das kann,wobei sich im Lande, ausgehend von einerungünstigeren Konstellation als auf Bundesebene,eine stark ausgleichende Entwicklungvollzogen hat. Besonders in Rheinland-Pfalzgab es eine Verschiebung zur nur gelegentlichenNutzung der Erstat<strong>tun</strong>g, wenn tatsächlichKosten anfielen, teils wurdenzunehmend Kosten gar nicht mehr geltendgemacht.Die sinkende Bedeu<strong>tun</strong>g der Kostenbelas<strong>tun</strong>gbetrifft alle Bereiche des Engagementsund viele Bevölkerungsgruppen,wobei typische Unterschiede bestehenblieben. Nach wie vor fallen bei Engagierten,die sich mit beruflicher Interessenvertre<strong>tun</strong>gbefassen, häufiger Kosten an, währendEngagierte in den Bereichen Schule undKindergarten sowie im lokalen Bürgerengagementweniger finanzielle Auslagen hatten(Bundesdaten). Hier schlagen sicher diekurzen Wege vor Ort besonders durch, z.B.auch die Möglichkeit (und die Neigung), dasFahrrad zu benutzen.Die Befunde zur Kostenbelas<strong>tun</strong>g sindwohl ein Hinweis auf eine relative Herabstufungdes materiellen Themas bei denEngagierten, die der breiten „Normalbevöl-kerung“ zuzuordnen sind (das gilt allerdingsnicht für materiell prekär Situierte undArbeitslose, alles wieder Bundesdaten).Engagierte in ungünstigen materiellenVerhältnissen nehmen die Kostenerstat<strong>tun</strong>gmehr in Anspruch als solche in mittlerenoder guten materiellen Umständen. Allerdingsist der Unterschied nicht sehr groß, sodass das materielle Element im Allgemeinenkeine durchschlagende Rolle spielt. Dennochwird es anhand der engagierten Arbeitslosenindirekt erkennbar, welche Kostenerstat<strong>tun</strong>gensie besonders häufig und regelmäßigerals andere Gruppen in Anspruch nehmen(Bundesdaten). In Zeiten von Hartz IV wirdein Sozialausgleich im Freiwilligenbereichwichtiger, und das erscheint anhand desVerhaltens der materiell besser Gestelltenauch möglich.1999 bekamen erst 13% der Engagiertenin Rheinland-Pfalz (Bundesebene 18%) eineVergü<strong>tun</strong>g für ihre Tätigkeit, <strong>2009</strong> bereits20% (Bund 23%). Vergü<strong>tun</strong>gen erhaltenvermehrt politisch Engagierte, ebenso solchebei der freiwilligen Feuerwehr und denRet<strong>tun</strong>gsdiensten sowie in der außerschulischenJugendarbeit und Erwachsenenbildung(Bundesdaten). Freiwillige in den BereichenKindergarten und Schule, Freizeit undGeselligkeit und Umwelt- und Tierschutzsowie Kirche und Religion (wieder Bundesdaten)kamen dagegen nur in geringemMaße in den Genuss einer Vergü<strong>tun</strong>g. AußerHonoraren haben in Rheinland-Pfalz überdie gesamte Dekade von 1999 und <strong>2009</strong> alleArten von Vergü<strong>tun</strong>g zugenommen, pauschaleAufwandsentschädigung, geringfügigeBezahlung, vor allem aber Sachzuwendungen.Vergü<strong>tun</strong>gen beliefen sich <strong>2009</strong> zumeistauf bis zu 50 Euro pro Monat. (Bundesdaten).Überwiegend wurden die Vergü<strong>tun</strong>genregelmäßig ausgezahlt, wobei <strong>2009</strong> mehrEngagierte als 2004 ihre Vergü<strong>tun</strong>gen nurgelegentlich erhielten. Obwohl die Vergü<strong>tun</strong>ggeringer ausfiel und weniger regelmä-


79Grafik 40Kostenerstat<strong>tun</strong>g und Gebrauch der Kostenerstat<strong>tun</strong>gZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)ja nein trifft nicht zu, habe keine AuslagenKostenerstat<strong>tun</strong>g gegen Nachweisim Zusammenhangmit der Tätigkeit möglich?19992004383851471511<strong>2009</strong>363925ja, regelmäßig ja, gelegentlich neinWenn möglich:<strong>Wir</strong>d davon Gebrauchgemacht?19993541242004225127<strong>2009</strong>145630ßig gezahlt wurde, wurde sie <strong>2009</strong> dennocheher als angemessen eingeschätzt als 1999.Auch das ist ein Hinweis darauf, dass dasmaterielle Element, obwohl es in geringfügigerForm vermehrt vorkommt, dennoch beiden meisten Engagierten nur eine untergeordneteRolle spielt.Arbeitsmarktnähe des Engagementsliegt dann vor, wenn Tätigkeiten mit einemähnlichen Arbeitsspektrum nebeneinanderher freiwillig und bezahlt durchgeführtwerden. Deutlich mehr als jeder vierte Engagiertein Rheinland-Pfalz beobachtete <strong>2009</strong>eine solche Parallelität von Freiwilligkeit undBezahlung (1999: 28%, <strong>2009</strong>: 27%, auf Bundesebene:25%). War dies der Fall, wolltenimmerhin <strong>2009</strong> 31% der entsprechendenFreiwilligen die Tätigkeit lieber gegen Bezahlungausüben.Eine bedenkliche Entwicklung gab es bei denengagierten Arbeitslosen (nur Bundesdaten).Zum einen nahmen diese <strong>2009</strong> wesentlichmehr eine Parallelität von freiwilliger undbezahlter Arbeit als andere Engagierte wahr.Gleichzeitig stieg bei ihnen der Anteil dererstark an, die ihre Tätigkeit lieber gegenBezahlung ausüben wollten, und dieser liegtinzwischen doppelt so hoch wie bei denanderen Freiwilligen.Eine weitere Frage ist, ob Tätigkeiten, diefrüher hauptamtlich ausgeübt wurden,inzwischen unentgeltlich oder gegen geringeBezahlung durch Freiwillige erledigtwerden. Insgesamt meinten nur 11% derEngagierten in Rheinland-Pfalz, dass das inihrem Umfeld der Fall sei, 81% sahen dasnicht so (8% keine Einschätzung). Zwischenmännlichen und weiblichen Engagierten


80B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>nach Verbesserungen im Umfeld der Organisationenkonzentrieren sich inzwischenstärker auf Ausstat<strong>tun</strong>gsfragen. Am dringlichstenwird weiterhin eine bessere Finanzierungder Projektarbeit angemahnt. MitAbstand folgt der Wunsch nach einer besserenAusstat<strong>tun</strong>g mit Räumen und Sachmitteln.In diesem Punkt stellt sich die Situationallerdings inzwischen et<strong>was</strong> günstiger dar.Ein Drittel der Engagierten sah <strong>2009</strong>Verbesserungsbedarf bei den Möglichkeitender Weiterbildung. Insbesondere diejenigen,die sich bereits weitergebildet hatten, mahntenVerbesserungen an, so dass die Beteiligungentsprechende Bedürfnisse weiter zufördern scheint (Bundesdaten). Durch hauptamtlichesPersonal sehen sich die Freiwilligeninzwischen kaum besser anerkannt,insbesondere bei direktem Kontakt beiderGruppen wird weiterhin Handlungsbedarfgeäußert. Auch hier setzt die Praxis vermehrteBedürfnisse, besonders bei älterenEngagierten. Bei monetären Aspekten wieKostenerstat<strong>tun</strong>g oder Vergü<strong>tun</strong>g für Freiwilligeist der Problemdruck weiterhin niedrig.Bei der Kostenerstat<strong>tun</strong>g zeigt der Vergleichzur Bundesebene eine inzwischendeutlich bessere Situation an Grafik 43.Während Engagierte 2004 in Bezug aufdie Rahmenbedingungen, die von Staat undÖffentlichkeit beeinflusst werden, wenigerVerbesserungen forderten, waren sie <strong>2009</strong>wieder et<strong>was</strong> kritischer. Bis heute wird derunverändert höchste Verbesserungsbedarfbei einer besseren öffentlichen Informationund Bera<strong>tun</strong>g über die Möglichkeiten desEngagements gesehen Grafik 44. Allerdingsgibt es hier seit 1999 einen deutlich rückläufigenTrend.Steuererleichterungen wurden 2004weniger als 1999 gefordert, seitdem aberwieder et<strong>was</strong> häufiger, vor allem bei denUnkosten des Engagements. Verbesserungenbei der steuerlichen Absetzbarkeit von Kostenwünschten weiterhin vermehrt Engagiertein den Bereichen Soziales und beruflisowieJüngeren und Älteren besteht hierin inRheinland-Pfalz kein Unterschied. Vermehrtkamen Hinweise auf Aufgabentransfers vonhauptamtlicher Ausführung an Freiwilligeaus den Bereichen Jugend und Erwachsenenbildung,Politik, Gesundheit und Soziales(Bundesdaten).5. Förderung des freiwilligen Engagements5.1 Unterstützung und Verbesserungsbedarf2004 und <strong>2009</strong> erhielten fast gleich vieleArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eineUnterstützung für freiwilliges Engagementseitens des Arbeitgebers (2004: 30%, <strong>2009</strong>:31%) und mit 36% gaben weniger Freiwilligean, nicht von ihrem Arbeitgeber unterstütztzu werden (2004: 46%) Grafik 41. Vor allemschätzten gerade in Rheinland-Pfalz auchmehr Arbeitnehmer ihren Bedarf zurückhaltenderein als 2004 (<strong>2009</strong>: 33% keine Unterstützungnötig).Besonders Arbeiter profitieren inzwischenmehr von der Unterstützung ihresArbeitgebers (Bundesdaten, auch im Folgenden).Sie gaben allerdings auch häufiger an,auf diese Unterstützung angewiesen zu sein.Im Unterschied zu Männern benötigenFrauen diese Unterstützung für die Ausübungihrer freiwilligen Tätigkeit seltener,besonders wenn sie in Teilzeit beschäftigtsind, <strong>was</strong> auf einen großen Teil zutrifft. Amhäufigsten wurden Arbeitnehmer <strong>2009</strong> inForm von flexiblen Arbeitszeiten und vonFreistellungen sowie der Nutzung derbetrieblichen Infrastruktur unterstützt.Bei der Frage, <strong>was</strong> Organisationen undEinrich<strong>tun</strong>gen aus der Sicht von Freiwilligenverbessern können, hat sich in Rheinland-Pfalz vor allem seit 1999 einiges getan. Indrei Punkten hat sich der Problemdruck imZeitverlauf deutlich verringert Grafik 42, beider Weiterbildung für Freiwillige und ihrerfachlichen Unterstützung sowie (vor allemseit 2004) bei einer unbürokratischen Kostenerstat<strong>tun</strong>gfür Freiwillige. Die Wünsche


81Grafik 41Unterstützung durch den ArbeitgeberZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)vorhanden nicht vorhanden nicht nötigDeutschland:Abhängig Beschäftigte 2004295318<strong>2009</strong>304327Rheinland-Pfalz:Abhängig Beschäftigte 2004304624<strong>2009</strong>313633Grafik 42Verbesserungswünsche der Freiwilligen an die OrganisationenZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Mehr Finanzmittel für bestimmte Projekte606359Bessere Bereitstellung von Räumen, Sachmitteln etc.414348Bessere Weiterbildungsmöglichkeiten343342Bessere fachliche Unterstützung30344119992004Unbürokratischere Kostenerstat<strong>tun</strong>g263533<strong>2009</strong>Bessere Anerkennung derFreiwilligen durch Hauptamtliche312729Bessere finanzielle Vergü<strong>tun</strong>g für die Freiwilligen202123


82B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 43Verbesserungswünsche der Freiwilligen an die Organisationen (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Mehr Finanzmittel für bestimmte Projekte5962Bessere Bereitstellung von Räumen, Sachmitteln etc.4243Bessere Weiterbildungsmöglichkeiten3533Bessere fachliche UnterstützungUnbürokratischere Kostenerstat<strong>tun</strong>g26333032DeutschlandRheinland-PfalzBessere Anerkennung derFreiwilligen durch Hauptamtliche2729Bessere finanzielle Vergü<strong>tun</strong>g für die Freiwilligen2323Grafik 44Verbesserungsvorschläge der Freiwilligen an den Staat bzw. die ÖffentlichkeitZeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Bessere Information und Bera<strong>tun</strong>g überMöglichkeiten des freiwilligen Engagements525764Bessere steuerliche Absetzbarkeit der Unkosten424755Bessere steuerliche Absetzbarkeit derAufwandsentschädigungenBessere Anerkennung durch Berichtein Presse und MedienBessere Anerkennung freiwilligerTätigkeiten als berufliches Praktikum52414349464549424119992004<strong>2009</strong>Bessere Absicherung Freiwilliger durchHaftpflicht- und Unfallversicherung374645Bessere öffentliche Anerkennung,z. B. durch Ehrungen222226


83che Interessenvertre<strong>tun</strong>g (Bundesdaten).Fehlender Versicherungsschutz wurde 2004deutlich weniger bemängelt, <strong>2009</strong> wiedergenauso wie noch 1999.Da bei der Versicherung inzwischeneiniges getan wurde, kann man ebenso dieBedürfnishypothese aufstellen, verbundenmit den <strong>Wir</strong>kungen der Öffentlichkeitsarbeit.Möglicherweise ist das Thema vielen Engagiertendadurch erst richtig bewusst geworden.Hier scheint weitere Aufklärungsarbeitvonnöten sowie eine weitere Bedarfsprüfung.Kritik kommt beim Versicherungsschutzbesonders aus der Jugendarbeitsowie der beruflichen Interessenvertre<strong>tun</strong>g(Bundesdaten auch im Folgenden).Mehr Anerkennung freiwilligen Engagementsals Weiterbildung bzw. als Praktikumwünschten sich besonders Engagierte in denBereichen Kindergarten und Schule, Jugendarbei<strong>tun</strong>d Erwachsenenbildung sowie Sozialesund Gesundheit.Mangelnde Anerkennung des Engagementsder Freiwilligen durch Presse und Medienblieb auch <strong>2009</strong> ein wichtiger Kritikpunkt.Bessere Information und Bera<strong>tun</strong>g überMöglichkeiten des freiwilligen Engagementsund dessen ausreichende Medienpräsenzsind offensichtlich wichtige Dauerthemenbei der Einschätzung des Bedarfs für dieVerbesserung der öffentlichen Rahmenbedingungendes freiwilligen Engagementsdurch die Engagierten. Im Vergleich zu denBundesdaten fällt nur ein Punkt in Rheinland-Pfalzaus dem Rahmen Grafik 45.Dadurch, dass im Land das Thema Versicherungder Freiwilligen <strong>2009</strong> wieder so starkauf die Tagesordnung gekommen ist, ist eshier bedeutsamer als auf Bundesebene.5.2 Informations- und KontaktstellenIm Zusammenhang mit den Rahmenbedingungendes freiwilligen Engagements inRheinland-Pfalz soll noch einmal die FrageGrafik 45Verbesserungsvorschläge der Freiwilligen an den Staat bzw. die Öffentlichkeit (<strong>2009</strong>)Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Da drückt der Schuh, da wären Verbesserungen nötig …Bessere Information und Bera<strong>tun</strong>g überMöglichkeiten des freiwilligen Engagements5255Bessere steuerliche Absetzbarkeit derUnkostenBessere steuerliche Absetzbarkeit derAufwandsentschädigungenBessere Anerkennung durch Berichtein Presse und MedienBessere Anerkennung freiwilligerTätigkeiten als berufliches Praktikum4647464346454041DeutschlandRheinland-PfalzBessere Absicherung Freiwilliger durchHaftpflicht- und Unfallversicherung4145Bessere öffentliche Anerkennung,z. B. durch Ehrungen2526


84B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>bei Informations- und Kontaktstellen überMöglichkeiten des freiwilligen Engagementszu erkundigen Grafik 47. Der Kontakt mitdiesen Stellen scheint offensichtlich oftpositiv zu verlaufen, da 49% derjenigen, diebereits eine Informations- und Kontaktstellebesucht haben, ihr Interesse äußerten, dasunter Umständen wieder zu <strong>tun</strong>. Von denen,die noch keinen Kontakt hatten, waren dasnur 28%. Dieses Interesse ist auf dem Landeam niedrigsten (22%), deutlich höher imverdichteten Umland der Städte (30%) undam höchsten in den Kernstädten (38%).Grafik 47 Das bestätigt die These vom erhöhtenBedarf nach Information und Bera<strong>tun</strong>güber Möglichkeiten des freiwilligen Engagementsin den Städten und großenteils auchim Umland.Wie in den Siedlungsmilieus läuft dieLogik des Kontaktes und des Kontaktinteressesauch bei den Geschlechtern parallel.Frauen haben mehr Kontakt zu Informations-und Kontaktstellen und auch einhöheres Interesse an diesem Kontakt. DieNähe der Frauen zu den Kontaktstellen kanndamit zu <strong>tun</strong> haben, dass hier mehr Angebote„gehandelt“ werden, die das Interessensspektrumder Frauen betreffen. Die Schwerpunkteder Männer bei der Vereins- undVerbandsarbeit (inkl. Parteien, Gewerkschaften)und der freiwilligen Feuerwehr bzw. denRet<strong>tun</strong>gsdiensten scheinen dort wenigerpräsent zu sein. Diese Bereiche scheinenauch vermehrt selbst zu rekrutieren. Besondersdie höhere Bindung des weiblichenEngagements an Institutionen und öffentlicheEinrich<strong>tun</strong>gen scheint besser zum Angebotsspektrumder Stellen zu passen, außerdemdas mehr informelle Engagement inkleinen Gruppen bzw. in alleiniger Durchführung.Beim Alter ist die Logik des Kontaktesund des Kontaktinteresses eher umgekehrt,vor allem zwischen der jüngsten und ältestenGruppe. Die ganz Jungen haben bishereher wenig mit Informations- und KontaktdesZugangs zum Engagement bzw. derAnwerbung von Freiwilligen diskutiert werden.Bessere Aufklärung und Informationüber Möglichkeiten des freiwilligen Engagementswerden von vielen Engagierten gefordert.Eine Möglichkeit sind InformationsundKontaktstellen, die in den Kommunendafür eingerichtet wurden oder werdenkönnten. In Rheinland-Pfalz hat sich derKontakt der Bevölkerung mit solchen Stellenzwischen 1999 und <strong>2009</strong> verdoppelt, allerdingslag die Zunahme vor allem zwischen1999 und 2004 Grafik 46.Frauen suchen weiterhin öfter alsMänner eine Kontaktstelle für freiwilligesEngagement auf. Positiv ist, dass jungeLeute inzwischen öfter diesen Kontakthaben, dennoch ist das immer noch mehrbei Menschen im Alter ab 46 Jahren der Fall,besonders bei solchen im Alter ab 60 Jahren.Mit 11% haben bisher Menschen in Kernstädtenhäufiger eine Informations- und Kontaktstellebesucht. Das verdichtete Umlandder Städte steht dem allerdings inzwischenkaum nach, da es sich von 1999 5% über2004 7% und <strong>2009</strong> 9% kontinuierlich gesteigerthat. Sehr schwankend war dieser Kontaktim ländlichen Raum und lag <strong>2009</strong>besonders niedrig (5%).Vor allem in den Kernstädten, aber auchim Umland hat diese Kontaktintensität aucheinen höheren Bedarf zum Hintergrund, dadie vielen vorhandenen Angebote wenigerüberschaubar sind. Der Vorteil ist, dass dieMöglichkeiten zum Engagement in der Regelvor Ort angesiedelt sind, so dass die Wegerelativ kurz sind. Auf dem Lande sind in denzumeist überschaubaren Orten die Möglichkeitenviel besser bekannt, wo man sich alsFreiwilliger engagieren kann, und sie müssenzumeist nicht extra durch InformationsundKontaktstellen aufgenommen undbeworben werden. Man wird dort einfachdirekt hingehen, wenn man Interesse hat.30% der Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnenbekundeten Interesse, sich


85Grafik 46Ob man bisher Kontakt mit Informations- und Kontaktstellen für freiwilligesEngagement hatteBevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt19992004<strong>2009</strong>578Bereits Kontakt gehabtGeschlechtmännlich: 1999männlich: 2004männlich: <strong>2009</strong>356weiblich: 1999weiblich: 2004weiblich: <strong>2009</strong>61010Alter14 bis 30 Jahre: 199914 bis 30 Jahre: 200414 bis 30 Jahre: <strong>2009</strong>11631 bis 45 Jahre: 199931 bis 45 Jahre: 200431 bis 45 Jahre: <strong>2009</strong>46746 bis 59 Jahre: 199946 bis 59 Jahre: 200446 bis 59 Jahre: <strong>2009</strong>789ab 60 Jahren: 1999ab 60 Jahren: 2004ab 60 Jahren: <strong>2009</strong>71212


86B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 47Ob man Interesse am Kontakt mit Informations- und Kontaktstellen fürfreiwilliges Engagement hat (<strong>2009</strong>)Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren (Angaben in %)Gesamt<strong>2009</strong>Kontaktinteresse30SiedlungSmilieuKernstädteVerdichtetes UmlandLändlicher Raum223038Geschlechtmännlichweiblich2237Alter14 bis 30 Jahre31 bis 45 Jahre46 bis 59 Jahreab 60 Jahren22283140BildungEinfacher AbschlussMittlerer AbschlussAbiturHochschulabschluss19303737ErwerbsstatusErwerbstätigeArbeitsloseSchule, Ausbildung, StudiumHausfrauenRentner, Pensionäre2428294345


87stellen zu <strong>tun</strong> gehabt, die Älteren besondersoft; dennoch sind die Jungen ganz besondersam Kontakt interessiert, die Älteren vielweniger. Hintergrund dürfte vor allem dasbesonders hohe Engagementpotenzial derJüngeren sein und das (schon aus Altersgründen)deutlich niedrigere bei den Senioren.Vielleicht sind die Älteren als oft langjährigeEinwohner und als kirchennähereGruppe aber auch besser über Möglichkeitenzum Engagement informiert.Das Kontaktbedürfnis zu InformationsundKontaktstellen ist bei höher gebildetenMenschen deutlich größer als bei einfachGebildeten. Hier folgt das Bedürfnis vorallem der Logik des freiwilligen Engagements,das bei höherem Bildungsniveau vielausgeprägter ist als bei einfachem.Der Effekt des Engagements ist bei denErwerbstätigen nicht zu erkennen, die nurdurchschnittlich am Kontakt interessiertsind, aber überdurchschnittlich engagiert.Bei den jungen Leuten in Schule, Ausbildungund Studium passen zwei Erklärungen, siesind überdurchschnittlich engagiert undgleichzeitig sehr zum Engagement bereit.Auf relativ kleiner Zahlenbasis kann auchet<strong>was</strong> über die Arbeitslosen ausgesagt werden.Sie sind besonders an InformationsundKontaktstellen für freiwilliges Engagementinteressiert. Hintergrund ist ein hohesPotenzial für Engagement, das Qualifikation,soziale Einbindung, einen geregelten Tagesablaufund eventuell die Aussicht auf eineStelle verbessern soll.5.3 Zugangswege zum freiwilligenEngagementBereits am Beginn dieser Studie war daraufhingewiesen worden, dass freiwilliges Engagementauch heute ganz überwiegenddurch Ansprache bereits öffentlich aktiverMenschen in den Organisationen und Institutionenzustande kommt. Grafik 48 zeigt,dass besonders bei denjenigen Engagierten,die ihre Tätigkeit seit 6 bis 10 Jahren ausüben,die Ansprache durch Leitende dieBedeu<strong>tun</strong>g eigener Erlebnisse deutlichdominiert; nicht ganz, aber so ähnlich ist esbei denjenigen Tätigkeiten, die erst seit biszu 5 Jahren ausgeübt werden.Bei Engagierten, die schon länger in ihrerTätigkeit aktiv sind, waren eigene Erlebnissesogar et<strong>was</strong> wichtiger beim Zugang als dieAnsprache in der Organisation. Allerdingsheißen eigene Erlebnisse als Anstoß nicht,dass man nicht trotzdem in einer Organisationangeworben wurde. Zu 45% kam zu demEigenanstoß durch Erlebnisse noch dieAnwerbung durch Leitende dazu (vgl. auchdie doppelten Verknüpfungen der Erlebnissein Übersicht 2).Bei Tätigkeiten, die erst in jüngerer Zeitaufgenommen wurden, fällt auf, dassFamilie und Freundeskreis an Bedeu<strong>tun</strong>gverloren haben. Beide Zugangsarten bildenauch ein eigenes familiär-privates Musterdes Zugangs zum Engagement Übersicht 2.Dafür sind die weniger typischen Anstößebei den erst seit kürzerer Zeit ausgeführtenTätigkeiten vermehrt vertreten, vor allemdie Informations- und Kontaktstellen, aberauch andere im Fragemodell nicht erfassteGründe („Sonstiges“).Die insgesamt für den Zugang zum Engagementimmer noch eher geringe Bedeu<strong>tun</strong>gder Informations- und Kontaktstellenzeigt, wie groß die Bedeu<strong>tun</strong>g der klassischenRekrutierung ist. Der Zugang überdiese Stellen hängt auch eng mit Anregungendurch die Massenmedien zusammen,durch die Engagierte zu einer Tätigkeitgekommen sind Übersicht 2.Informations- und Kontaktstellen fürfreiwilliges Engagement sind allerdings oftnicht hinreichend finanziert und mitPersonal ausgerüstet, um wirksamer sein zukönnen und vor allem um auch anspruchsvollereAufgaben als nur die reine Rekrutierungvon Freiwilligen zu übernehmen. Solchewichtigen Aufgaben sind die einer kommunalenVernetzungsagentur, die alle Akteure


88B. Qualitative Entwicklung des freiwilligen Engagements in Rheinland-Pfalz in der Dekade 1999 – <strong>2009</strong>Grafik 48Anstöße zum freiwilligen Engagement nach der Dauer der ausgeübten Tätigkeiten(Mehrfachnennungen <strong>2009</strong>) Zeitaufwendigste freiwillige Tätigkeiten (Angaben in %)Ansprache durch leitende Engagierte545862Eigene Erlebnisse514857Freunde und Bekannte414850FamilieSonstigesMassenmedien911875441620bis 5 Jahre6 bis 10 Jahremehr als 10 JahreInformations- und Kontaktstellen215Übersicht 2:Muster der Zugänge zum EngagementAnwerbungLeitende Personen(Eigene Erlebnisse)Nicht: SonstigesÖffentliche AnregungMassenmedienEigene ErlebnisseInformations- und Kontaktstellen(nicht: Freunde/Bekannte)Familiär-private AnregungFamilieFreunde/Bekannte((nicht: Sonstiges))Faktorenanalyse (Hauptkomponenten, Varimax, nur Eigenwerte ab 1), Fettdruck: besonders bestimmendeMerkmale, Klammerung: weniger bestimmende Merkmale


89der Engagementförderung an einen Tischbringt und dazu beiträgt, dass sie an einemStrang ziehen. Dazu kommen Aufklärungund Weiterbildung, um bei den öffentlichenTrägern veraltete Bilder des Einsatzes vonFreiwilligen zu hinterfragen. Angesichtsdieser Situation ist ein Vermittlungsanteilvon 5% der freiwilligen Tätigkeiten, die inden letzten 5 Jahren in Rheinland-Pfalzaufgenommen wurden, bemerkenswert.Zunehmend spielt bei den Kontaktstellen,aber auch bei denjenigen Menschen, diezum Engagement bereit sind, das Interneteine Rolle, besonders bei jüngeren Menschen.Von Menschen, die zum Engagementbereit sind, wurde dieses bereits zu 7% zurSuche nach einem Engagement genutzt undweitere 57% würden das Netz dazu benutzen,vor allem Menschen im jüngeren undmittleren Alter. Das Internet ist jedoch heuteauch aus dem Alltag des Engagements nichtmehr wegzudenken. Nutzten 2004 erst 42%der Engagierten das Internet für ihre Tätigkeit,waren es <strong>2009</strong> bereits 59%. Alle Altersgruppensetzten <strong>2009</strong> das Medium stärkerfür ihr Engagement ein als 2004, und daswar auch in allen Engagementbereichen zubeobachten.Ab der Altersgrenze von 60 Jahren wirddas Internet allerdings noch immer seltenerfür die freiwilligen Tätigkeiten genutzt,dennoch gab es auch hier einen deutlichenZuwachs. Engagierte, in deren TätigkeitOrganisationstalent und Fachwissen besondersgefordert sind, nutzen häufiger dasInternet, ebenso Freiwillige, die Lei<strong>tun</strong>gsfunktionenausüben. In der politischen undberuflichen Interessenvertre<strong>tun</strong>g sowie inder Jugendarbeit und Erwachsenenbildungist die Internetnutzung weiterhin am höchsten(Bundesdaten auch im Folgenden).Obwohl im kirchlichen und sozialen Bereichdas Internet noch keine so große Rolle spieltwie in anderen Sektoren, hat es auch dortseit 2004 einen Modernisierungsschubgegeben, der zu einer deutlich intensiverenInternetnutzung geführt hat.


90LiteraturGensicke, T. (2010a) Wertorientierungen,Befinden und Problembewältigung. In:Deutsche Shell (Hg.), Eine pragmatischeGeneration behauptet sich. 16. Shell Jugendstudie,Frankfurt am MainGensicke, T. (2010b) Monitor Engagement(BMFSFJ), Freiwilliges Engagement inDeutschland 1999–2004–<strong>2009</strong>. Ergebnisseder repräsentativen Trenderhebung zuEhrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichemEngagement, Berlin, Publikationsversandder Bundesregierung,http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/engagementpolitik,did=140448.htmlGensicke, T. (2001) Freiwilliges Engagementin Rheinland-Pfalz, Freiwilligenarbeit,Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement,Landesstudie im Auftrag des Ministeriumsdes Innern und für Sport Rheinland-Pfalz, MainzGensicke, T., Picot, S., Geiss, S. (2006)Freiwilliges Engagement in Deutschland1999–2004. Ergebnisse der repräsentativenTrenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbei<strong>tun</strong>d bürgerschaftlichem Engagement,WiesbadenSarcinelli, U., König, M., König, W. (<strong>2009</strong>)Bürgerbeteiligung im Rahmen der Kommunal-und Verwal<strong>tun</strong>gsreform in Rheinland-Pfalz, Gutachten zur ersten und zweitenStufe der Bürgerbeteiligung Oktober 2007–September <strong>2009</strong>, Staatskanzlei und InnenministeriumRheinland Pfalz, MainzHeuberger, F.W., Hartnuß, B. (2010) Vombürgerschaftlichen Engagement zur Engagementpolitik:Entwicklungsetappen derBürgergesellschaft in Rheinland-Pfalz, in:Sarcinelli, U. et. al. (Hg.), Politik in Rheinland-Pfalz. Gesellschaft, Staat und Demokratie,Wiesbaden 2010Heuberger, F.W. (2010) Rheinland-Pfalz aufdem Weg zur Bürgergesellschaft. TheoretischeGrundlagen und landespolitischeRezeption einer gesellschaftlichen Leitidee,in: Sarcinelli, U. et. al. (Hg.), Politik in Rheinland-Pfalz.Gesellschaft, Staat und Demokratie,WiesbadenGensicke, T., Lopez-Dias, K. (2005) FreiwilligesEngagement in Rheinland-Pfalz 1999–2004 im Trend, Freiwilligenarbeit, Ehrenam<strong>tun</strong>d bürgerschaftliches Engagement,Landesstudie im Auftrag des Ministeriumsdes Innern und für Sport Rheinland-Pfalz,MainzRosenbladt B. v. (Hg.) (2001) FreiwilligesEngagement in Deutschland. Ergebnisse derRepräsentativerhebung zu Ehrenamt,Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichemEngagement in Deutschland, Bd. 1, Schriftenreihedes Bundesministeriums für Familie,Senioren, Frauen und Jugend, Bd. 194.1,Stuttgart, Berlin, Köln


91Anhang 1Informationen über den <strong>Freiwilligensurvey</strong>Ende der 1990er-Jahre entschloss sich dieBundesregierung, ein umfragegestütztesInformationssystem einzurichten, das dieZivilgesellschaft in Deutschland im großenStil und in repräsentativer Form empirischdarstellen sollte. Zu diesem Bedürfnis nachöffentlicher Sichtbarkeit kam die Absicht, dieZivilgesellschaft kontinuierlich zu beobachten.Diese Aktivitäten dienten dem Ziel, aufBasis verlässlicher Informationen eine tragfähigegesellschaftliche Strategie zur Förderungder Zivilgesellschaft zu entwickeln bzw.diese immer wieder an neue Entwicklungenanzupassen.Eine Recherche des BMFSFJ als federführendemMinisterium, 1996 als Reaktion aufeine Große Anfrage des Bundestags durchgeführt,war zu dem Ergebnis gekommen,dass die vorliegenden Statistiken nicht in derLage waren, ein umfassendes und verlässlichesBild der Zivilgesellschaft in Deutschlandzu zeichnen. Deshalb wurde bewusst derWeg der großen Bevölkerungsbefragunggewählt, um sich bei den Bürgerinnen undBürgern selbst nach ihren zivilgesellschaftlichenAktivitäten zu erkundigen. Aus denInformationen seitens der Freiwilligen,anderweitig öffentlich aktiver Personen undauch der zivilgesellschaftlich Unbeteiligtensollte in Form sozialwissenschaftlicher Studienein detailliertes Gesamtbild der Zivilgesellschaftin Deutschland zusammengesetztwerden. <strong>Wir</strong>klichkeit, Potenziale und Problemeder Zivilgesellschaft sollten dabei gleichermaßenin den Blick genommen werden.Ein nach einer Pilotphase 1999 gestarteter„Ehrenamtsurvey“, der sich konzeptionellschnell zu einem „<strong>Freiwilligensurvey</strong>“ wandelte,wurde inzwischen bereits zum drittenMale durchgeführt (1999 – 2004 – <strong>2009</strong>).Der Survey war vorrangig für den Zweckeiner genauen Beschreibung des Kernbereichsder Zivilgesellschaft konzipiert, desfreiwilligen Engagements. Ehrenamt, Freiwilligenarbeit,bürgerschaftliches Engagement,Initiativen- und Projektarbeit sowie Selbsthilfesollten detailliert und verallgemeinerbarzugleich beschrieben werden. Heute, woeine breitere Darstellung der Zivilgesellschaf<strong>tun</strong>d ihrer Überlappung mit anderengesellschaftlichen Bereichen verlangt wird,erweist sich das Konzept des <strong>Freiwilligensurvey</strong>sals geeignet, auch den weiteren Bereichder Zivilgesellschaft und dessen Randzonenzu anderen Bereichen abzustecken. 9Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> hat eine Reihe vonStärken, stößt allerdings als klassische Bevölkerungsbefragungauch an gewisse Grenzen.Zunächst sollen die Stärken benannt werden,die dazu geführt haben, dass der Surveytrotz seiner beträchtlichen Kosten bereitsdreimal aufgelegt wurde und von Wissenschaftlern,Politikern, Funktionären, Praktikernund Engagierten gleichermaßen intensivgenutzt wird. Nicht zuletzt für dieEnquetekommission des Bundestags„Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“sowie für die jeweiligen Unterausschüssedes Bundestags zum BürgerschaftlichenEngagement war und ist der <strong>Freiwilligensurvey</strong>ein wichtiges Arbeitsinstrument.Hohe Fallzahl: Der erste <strong>Freiwilligensurvey</strong>startete 1999 mit einem Umfang vonknapp 15.000 Interviews und war damitbereits eine der größten deutschen Bevölkerungsbefragungen.Der zweite folgte 2004mit ebenfalls ca. 15.000 Interviews. Ein wichtigerGrund für dieses aufwendige Formatlag darin, dass auch von der Größenordnungkleine, aber gesellschaftlich wichtige Enga-9 Bei der Erfassung dessen, <strong>was</strong> man mit „Zivilgesellschaft“benennt, bildete für die Bundesregierung zunächst der in derdeutschen Kultur fest verankerte Begriff des „Ehrenamtes“den Ausgangspunkt. Daher wurde 1998 eine repräsentativeUmfrage über das Ehrenamt ausgeschrieben. Heutedient dem federführenden Ministerium der Begriff deszivilgesellschaftlichen Engagements als Kernbegriff derZivilgesellschaft, nachdem zwischenzeitlich das „bürgerschaftlicheEngagement“ eine wichtige Rolle gespielt hatte.Die Initiative „Zivilengagement“ des Ministeriums bündeltdie entsprechenden Aktivitäten.


92Anhang 1gementbereiche abgebildet werden sollten,also nicht nur die Großbereiche Sport, Kindergartenund Schule, Religion und Kirche,Kultur und Freizeit, sondern auch die kleinerenBereiche freiwillige Feuerwehr und Ret<strong>tun</strong>gsdienste,außerschulische Jugend- undBildungsarbeit, Umwelt- und Tierschutz,politische und berufliche Interessenvertre<strong>tun</strong>g,Gesundheit und lokales Bürgerengagement.Die Vielzahl größerer und kleinerer Engagementbereichespiegelt die Vielfalt vonEngagementmöglichkeiten (und nichtzuletzt auch von Engagementnotwendigkeiten)in Deutschland wider. Diese „zersplitterte“Situation, die es schwermacht, überhauptvon einem ganzheitlich strukturiertenFreiwilligen-„Sektor“ zu sprechen, 10 , erfordertin jedem Falle einen hohen statistischenAufwand, um richtig dargestellt zu werden.Die hohe Fallzahl des Surveys hatte darüberhinaus zusätzliche positive Nebenwirkungen.So konnte von Anfang an durch einentsprechendes Stichprobendesign fast allenBundesländern eine Stichprobe von mindestens900 Befragten zur Verfügung gestelltwerden, die für viele Größen des Surveysauch länderspezifische Aussagen ermöglichten.11 Ganz besonders die neuen Länder unddie Stadtstaaten profitierten davon.Bedeutende Fallzahlerhöhung <strong>2009</strong>: ImRahmen der dritten Welle des Surveys wurdedie Stichprobe des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s auf20.000 Interviews erhöht, so dass nunmehrin allen Flächenländern und Stadtstaatenmindestens 1.000 Interviews durchgeführtwurden Grafik A1. 12 Die enorme Stichprobengröße,die der <strong>Freiwilligensurvey</strong> inzwischenerreicht hat, hat die Auswer<strong>tun</strong>gsmöglichkeitenfür kleinere Engagementbereiche undBevölkerungsgruppen weiter verbessert, diebei den üblichen, viel geringeren Stichprobengrößenvon Bevölkerungsbefragungennicht gesondert bzw. nicht statistisch gesicher<strong>tun</strong>tersucht werden können. Das könnenz.B. sehr fein geschnittene Altersgruppensein(z.B. 14- bis 19-Jährige oder 70- bis 75-Jährige)bzw. es eröffnet die Möglichkeit, für dieAnalyse verschiedene Merkmale zu kombinieren,z.B. Alter mit Geschlecht (etwa um20- bis 25-jährige Männer und Frauen miteinanderzu vergleichen oder Ähnliches).Erfassung konkreter Tätigkeiten: Umseine Kernaufgabe zu erfüllen, das freiwilligeEngagement der Bürgerinnen und Bürgerbelastbar zu erfassen, stützt sich der <strong>Freiwilligensurvey</strong>nicht primär auf die Abfrage vonMeinungen und Einstellungen. So wichtigdiese sind, um Motive und Hintergründe desEngagements zu erfassen, so wenig reichensie für eine empirische Bestandsaufnahmedes lebendigen Kerns der Zivilgesellschaft10 <strong>Wir</strong> <strong>tun</strong> das dennoch, weil die gesellschaftliche Notwendigkei<strong>tun</strong>abweisbar ist, die Zivilgesellschaft und das freiwilligeEngagement zu einem Politikfeld mit Querschnittscharakterund zentraler ministerieller Federführung zu machen.Jedem Regierungschef auf Bundes- und Landesebene seiaußerdem angeraten, die Frage der Förderung des Bürgerengagementsunter seine Schirmherrschaft zu nehmen, weildamit einerseits eine große gesellschaftliche Ressource bessergenutzt werden kann, andererseits die Freiwilligen sich inihrer Bedeu<strong>tun</strong>g dadurch besonders anerkannt sehen.11 Die Robert Bosch Stif<strong>tun</strong>g finanzierte davon 5.000Interviews, da sie besonders an landesspezifischen Informationendes <strong>Freiwilligensurvey</strong>s interessiert war.12 Diese Stichprobenvergrößerung ging auf mehrereUrsachen zurück. Zum ersten finanzierte das Ministeriumnunmehr auch dem Saarland, Bremen und Schleswig-Holstein eine Stichprobe von 900 Interviews. Zum anderenstockten das Saarland und Berlin ihre Stichproben auseigenen Mitteln auf, und zwar um jeweils 400 und 600Interviews. Drittens stellte der Zukunftsfonds der GeneraliVersicherung Mittel für weitere 1.000 Interviews zur Verfügung,die den kleinen Ländern mit nur 900 Befragtenzugeschlagen wurden, die nunmehr 1.000 Interviews zurVerfügung haben. Viertens ermöglichte die BertelsmannStif<strong>tun</strong>g die Durchführung von 1.000 zusätzlichen Interviewsmit Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren. DieseAufstockungen führten zu deutlichen Verbesserungen derAuswer<strong>tun</strong>gsmöglichkeiten des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s.


93Grafik A1<strong>Freiwilligensurvey</strong> <strong>2009</strong>:Stichprobe nach Ländergliederung und verschiedenen AufstockungenNordrhein-Westfalen2300215Bayern1500152Baden-Württemberg1300127Niedersachsen110095Bremen900109Hessen900173Rheinland-Pfalz900148SaarlandSchleswig-HolsteinHamburgSachsenBerlinSachsen-AnhaltBrandenburgThüringenMecklenburg-Vorpommern900900900900900900900900900134123156129131130121413*649*Gesamtstichprobe nachLänderaufstockung:20.000 Befragtedarunter:West 13.284Ost 6.716* Eigene Aufstockungder LänderBerlin N=600,Saarland N=400aus. Dieser besteht in konkreten Aufgaben,Arbeiten und Funktionen, die Menschen imRahmen der „Infrastruktur der Zivilgesellschaft“(Jan van Deth) längerfristig übernehmen.Diese Infrastruktur wird durch dieunzähligen Vereine, Initiativen und Gruppengebildet, außerdem von Großorganisationenebenso wie durch die öffentlichen Institutionenund Einrich<strong>tun</strong>gen, in denen Freiwilligeaktiv sind.Die Tätigkeiten von Freiwilligen undEhrenamtlichen, ihren menschlichen Einsatz,ihre Leis<strong>tun</strong>gen sichtbar zu machen, ist eineHauptaufgabe des <strong>Freiwilligensurvey</strong>s. Füreinen Befragten ist es schnell gesagt, dass eroder sie irgendwo öffentlich „engagiert“ ist.Die Spreu sondert sich jedoch vom Weizen,wenn wörtlich beschrieben werden muss,worin dieses Engagement eigentlichbesteht. Der <strong>Freiwilligensurvey</strong> ist die einzigegroße Befragung, in der offene Fragengestellt werden wie: Im Rahmen welcherOrganisation oder öffentlichen Einrich<strong>tun</strong>gfindet Ihre Tätigkeit statt? Welche Aufgabe,Arbeit oder Funktion üben Sie dort imMoment aus? Es kann nicht genug daraufhingewiesen werden, wie wichtig die Verfügungüber diese nicht durch Kategoriengestützten, sondern wörtlichen Angaben ist,um Quantität und Qualität des freiwilligenEngagements realistisch zu erfassen.Prüfung der Tätigkeiten auf Gültigkei<strong>tun</strong>d Bereichszuordnung: Es erstaunt, wiewenig noch immer die Frage der exaktenErfassung freiwilligen Engagements undderen Bedeu<strong>tun</strong>g für die Qualität dergewonnenen Informationen über die Zivilgesellschaftdiskutiert wird. Die oft vorrangig


94Anhang 1angesprochenen Fragen der Größe von Stichprobenund vor allem der zeitlichen Dichteder entsprechenden Umfragen verdeckeneine wesentliche Schwäche der alternativzum <strong>Freiwilligensurvey</strong> vorliegenden undzitierten Umfragen. <strong>Wir</strong>d das freiwilligeEngagement nur oberflächlich mit einzelnen,kurzen Fragen erfasst, richtet sich dasInteresse nicht auf wirklich ausgeübte,konkrete Tätigkeiten und wird deren Profilnicht durch anschließende Nachfragenvertieft, können die besten Stichproben undam häufigsten wiederholten Befragungennicht die auftretenden Qualitätsmängelbeheben. 13Im <strong>Freiwilligensurvey</strong> <strong>2009</strong> lagen dagegenüber 14.000 offene Tätigkeitsangabenvor, die nach Inhalt und organisatorischerAnbindung auf ihre definitorische undbereichsbezogene Gültigkeit hin überprüftwurden. Ca. 2.000 Tätigkeiten wurden alsungültig aussortiert und Tausende vonTätigkeiten neu und zutreffender bestimmtenBereichen zugeordnet. Dieser enormeAufwand lohnt sich, indem auf dieseWeise belastbare Informationen über dasfreiwillige Engagement in Deutschlandgewonnen werden.13 An diesem Punkte zeigt sich eine Schwäche des <strong>2009</strong>vorgelegten und verdienstvollen Engagementberichtes derBundesregierung (vgl. Priller et. al.). Es fehlen sowohl einehinreichend scharfe Definition des zivilgesellschaftlichenEngagements als auch eine Diskussion der Qualität entsprechenderMessungen in verschiedenen Umfragen. Das imBericht ausführlich zitierte Sozioökonomische Panel (SOEP),eine sehr wichtige und jährlich wiederholte Großumfrageder Sozialforschung, ist nur eine sehr oberflächliche Quellefür die Messung zivilgesellschaftlichen Engagements. Eswill diese Quelle auch gar nicht sein, wird in dieser Hinsichtjedoch leider überstrapaziert, obwohl es mit einer sehreinfachen Frage zu den Freizeitgewohnheiten der Befragtenfreiwilliges Engagement nur als randständiges Themaerfasst.


95Anhang 2Methodische Anlage telefonischerBevölkerungsumfragen von TNS Infratest1. ÜberblickTNS Infratest arbeitet in großem Umfangmit der Methode der telefonischen Befragung.Im Jahr <strong>2009</strong> wurden von sechs Telefonstudiosaus (München, Bielefeld, Berlin,Parchim, Güstrow, Halle) insgesamt rd. 2 Mio.Telefoninterviews durchgeführt. Die Bandbreiteder Anwendungen reicht von kontinuierlichenMehrthemenbefragungen (Infra-Scope) bis zu komplexen sozialwissenschaftlichenErhebungen, die auch in der Fachweltgroße Beach<strong>tun</strong>g gefunden haben. 14Die hohe Qualität der telefonischenBefragungen wird bei TNS Infratest durchein Zusammenwirken verschiedener Steuerungsinstrumenteerreicht:• CATI (Computer-Assisted TelephoneInterview)• ITMS (Infratest-Telefonhaushalts-Master-Sample)• SMS (Sample-Management-System)• Autodialer (automatisches Anwählen derzufällig ausgewählten Telefonnummern)• System der kontinuierlichen Kontrolle,Unterstützung und gegebenenfallsSchulung der Interviewer online (Mithörenwährend des Interviews) und offline(qualitätsorientierte Leis<strong>tun</strong>gskennziffern).2. Grundgesamtheit und StichprobenanlageGrundgesamtheit von Bevölkerungsbefragungensind in der Regel alle in Privathaushaltenlebenden deutschsprachigen Personenab 14 Jahren. Weitere studienspezifischeEinschränkungen sind möglich. Die telefonischeDurchführung der Befragung reduziertdie Grundgesamtheit auf die Auswahlgesamtheit„deutsch sprechende Personen ab14 Jahren in Festnetztelefonhaushalten“.Die Befragung basiert auf dem Infratest-Telefon-Master-Sample (ITMS), das für derartigeUntersuchungen aufgebaut wurdeund zu verzerrungsfreien Stichproben(insbesondere weitgehende Vermeidung desnot-at-home bias) ohne Klumpeneffekteführt.Das ITMS ist als multistratifizierte Haushaltsstichprobeauf Flächenbasis mit zufälligerZielpersonenauswahl im Haushalt mitdem Schwedenschlüssel konzipiert. DasRandom-Digit-Dialling wird gemäß demADM-Standard durchgeführt (Gabler-Häder-Verfahren). Kennzeichnend dafür ist, dassdas sog. „random last two digits (RL2D)“der Telefonnummern nicht im Rahmen dereinzelnen Stichproben umgesetzt wird,sondern dass dieser Randomisierungsschrittbereits im Rahmen der Erstellung der Auswahlgrundlageimplementiert ist. Es garantiert,dass auch die Telefonanschlüsse in derAuswahlgrundlage enthalten sind undverzerrungsfrei gezogen werden können, dienicht in Verzeichnisse eingetragen sind.3. Erstellung der ADM-Auswahlgrundlageund eindeutige regionaleVeror<strong>tun</strong>g der Rufnummern im ITMS-SystemITMS-Stichproben werden aus der Auswahlgrundlageder „ArbeitsgemeinschaftADM-Telefonstichproben“ gezogen. Erstellungsbasisdieser Auswahlgesamtheitsind sämtliche Einträge aus Telefonverzeichnissen.Diese werden zunächst von Redundanzenbereinigt. Im nächsten Schrittwerden die letzten beiden Stellen allereingetragenen Rufnummern abgeschnitten.Die so gewonnenen sog. Rufnummernstämmewerden ebenfalls entdupliziert.Anschließend wird pro Nummernstammein Block mit der Ziffernfolge 00 bis 99erzeugt. Somit erhält man ein Universumaller Telefonnummern, eingetragene wieauch generierte. Nur solche Telefonnum-14 C. Babka von Gostomski, J. Hartmann und M. Thum:Die Mannheimer Scheidungsstudie: Aspekte der Durchführungder telefonischen Befragung zu Determinanten derEhescheidung. In: ZUMA-Nachrichten Nr. 41, November 1997.


96Anhang 2mern sind in der Auswahlgrundlage nichtenthalten, die in Blöcken ohne eineneinzigen Eintrag liegen.Diese Auswahlgrundlage enthält lediglichTelefonnummern, jedoch keine Adressen,da diese für eine anonyme Befragung unerheblichsind. Aus den Einträgen werdenjedoch Kennzeichen für die Art des Eintrags(geschäftlich/privat) sowie die Gemeindekennzifferübernommen. Sofern eineRufnummer nicht eingetragen ist, werdendieser in der ADM-Auswahlgrundlage bis zudrei verschiedene Gemeindekennziffernzugeordnet; und zwar die der drei häufigstenGemeinden der eingetragenen Rufnummerndesselben Nummernstamms.Da das ITMS bei TNS Infratest als Flächenstichprobe(haushaltsproportionaleGemeindestichprobe) konzipiert ist, mussjedoch jede Telefonnummer eindeutigregional verortet sein. Nicht eingetrageneTelefonnummern sind nur dann eindeutigverortbar, sofern sich alle eingetragenenRufnummern desselben Blockes in einereinzigen Gemeinde befinden. Ist dies nichtder Fall, wird im ITMS-System bei generiertenRufnummern mit mehreren möglichenGemeindekennziffern eine der Gemeindekennziffernper Zufall ausgewählt.Diese Zufallsauswahl wird per Bedeu<strong>tun</strong>gsgewichtso gesteuert, dass die Häufigkeitsverteilungder Gemeindekennziffernder nicht eingetragenen Nummern im jeweiligenBlock der Verteilung der eingetragenenNummern entspricht. Die Nummern allerTeilnehmer, die auf keinen Fall im Zusammenhangmit einer Befragung angerufenwerden wollen, werden in der Auswahlgrundlagegesperrt.4. Schich<strong>tun</strong>g, Ziehung und StichprobenrealisierungDie Schich<strong>tun</strong>g der Haushaltsstichprobeerfolgt zum einen anhand von Kriterien deramtlichen Gebietseinteilung (Bundesländer,Nielsengebiete, Regierungsbezirke, Kreise,ggf. – bei Schwerpunktstichproben –Gemeinden und Gemeindeteile), zum anderenanhand der BIK-Gemeindetypen(10er-Skala). Das jeweilig verwendete Schich<strong>tun</strong>gsmodellist studienspezifisch wählbarund wird auf die angestrebte Nettofallzahl,die Optimierung der Feldarbeit und anderestudienspezifische Gesichtspunkte ausgerichtet.Das Nettosoll wird erstens mit demreziproken Wert der erwarteten Ausschöpfungmultipliziert und in einer Allokationsrechnungunter Verwendung des COX-Verfahrensauf die Schich<strong>tun</strong>gszellen verteilt.Diese Brutto-Sollverteilung des Schich<strong>tun</strong>gstableauswird zweitens haushaltsproportionalauf die jeweiligen schichtangehörigenGemeinden verteilt und daraus dann dasZiehungsbrutto auf Gemeindeebene berechnet.Die Ziehung der Telefonnummernerfolgt pro Gemeinde per reiner Zufallsauswahl.Nicht-private Einträge, bereits gezogenesowie gesperrte Rufnummern werdendabei negiert.Das ITMS besteht also aus einer mikrostratifiziertenund ungeklumpten Stichprobe,die sich proportional zur Zahl der Privathaushalteauf die Mikrozellen (Gemeindenoder Gemeindeteile) aufteilt. Die Multistratifikationund Aufteilung der Stichprobe aufdie Zellen erfolgt vollautomatisch über einAllokationsprogramm. Die Stichprobenrealisierungerfolgt nach dem Konzept der Nettosteuerungvollautomatisch per Sample-Management-System (SMS). Dabei geht dasSchich<strong>tun</strong>gstableau der Allokationsrechnungals Sollstruktur in die Steuerung derFeldarbeit ein. Es ist somit gewährleistet,dass in jeder Zelle die erforderliche Zahl vonInterviews durchgeführt wird.Von diesem Programm wird auch – fallsnötig – die Gleichverteilung der Interviewsauf Befragungstage und Tageszeiten gesteuert.Innerhalb jeder Steuerungszelle sinddie Datensätze der Telefonhaushalte nachZufallszahlen sortiert. Somit bildet jede Zelle


97eine Urne im klassischen Sinne. Nichterreichte Haushalte werden zurückgeleg<strong>tun</strong>d kommen in größerem zeitlichemAbstand zu anderen Tageszeiten zur Wiedervorlage.Die an einem bestimmten Tag nichterreichten Haushalte werden durch solchesubstituiert, die an anderen Tagen nichterreicht werden. Damit entfällt der sogenannte „not-at-home-bias“ weitgehend(nur Haushalte, die auch nach dem 12. Kontaktnicht angetroffen werden, werdenausgesteuert; nach unserer Erfahrung handeltes sich dabei i. d. R. um (noch) nichtgeschaltete Telefonnummern, auf die keineAnsage der Telekom aufgeschaltet ist).Um mögliche Einflüsse der Tageszeit aufUntersuchungsergebnisse von vornehereinauszuschalten, wird die Stichprobe nacheinem Verfahren der „dynamischen Repräsentativität“bezüglich der Besetzung derZellen des Multistratifikationstableaus optimiert,so dass sich für jedes S<strong>tun</strong>denintervallvorgabenproportionale Teilstichprobenergeben. Durch die letztlich nur noch ausden „harten“ Verweigerern bestehendenAusfälle und die optimale regionale Aussteuerungder Stichproben kann die abschließendePersonengewich<strong>tun</strong>g mit einer wesentlichkleineren Faktorenspannweite die Stichprobean der Struktur der Wohnbevölkerungjustieren, als dies mit den herkömmlichenVerfahren möglich ist.5. Gewich<strong>tun</strong>gNicht in allen von den Interviewern kontaktiertenHaushalten kommt ein Interviewzustande. Diese Ausfälle können sich disproportionalzur Grundgesamtheit verteilenund so Verzerrungen der Stichprobe hervorrufen.Derartige Verzerrungen werden durchaufeinander folgende Faktorengewich<strong>tun</strong>genebenso ausgeglichen, wie die von derHaushaltsgröße und der Zahl der Telefonanschlüsseabhängende Auswahlchance für dieZielperson.Das ITMS führt zu Stichproben, in denenjede Telefonnummer die gleiche Auswahlchancehat. Haushalte mit mehreren genutztenAnschlüssen haben daher eine der Zahldieser Anschlüsse entsprechende Mehrfachchancebei der Auswahl. Zu deren Bereinigungwird die realisierte Stichprobe mit derreziproken Zahl der für Gespräche genutztenAnschlüsse – nur diese haben Einfluss aufdie Auswahlchance der Haushalte – je Haushaltmultipliziert.Diese Stufe der Gewich<strong>tun</strong>g soll Abweichungenvom ursprünglichen haushaltsproportionalenSample-Ansatz korrigieren.Aufgrund der beschriebenen Stichprobensteuerungdurch das ITMS, das zu vollständigerProportionalität führt, kann eine solcheHaushaltsgewich<strong>tun</strong>g jedoch in der Regelunterbleiben.Das beschriebene Auswahlverfahrenführt zu einer haushaltsrepräsentativenStichprobe, wobei – nach Bereinigung – jederHaushalt die gleiche Chance hat, in die Auswahlzu kommen. In jedem der ausgewähltenHaushalte wird durch ein zufälliges,gleiche Auswahlchancen innerhalb einesHaushalts produzierendes Verfahren (z.B.Schwedenschlüssel) nur eine Person alsZielperson ausgewählt. Dies gilt unabhängigdavon, wie viele zur Grundgesamtheit gehörendePersonen in dem betreffenden Haushaltleben. Die Chancen für die in Privathaushaltenlebenden Personen der Grundgesamtheit,als Befragungsperson derStichprobe ausgewählt zu werden, sinddemnach umgekehrt proportional zur Zahlder zur Grundgesamtheit gehörenden Personenin ihren Haushalten. Um eine repräsentativePersonenstichprobe zu erhalten, wirddie erstellte Stichprobe mathematisch imNachhinein so umgeformt, dass jede Personder Grundgesamtheit stichprobentheoretischdie gleiche Auswahlchance erhält.Die Gesamtstichprobe wird anschließendan die aus der amtlichen Statistik bekanntenSollstrukturen der genannten Merkmaleangepasst. Als Datenbasis dient die Bevölkerungsfortschreibung.


98Anhang 26. FazitSowohl bei der Stichprobenanlage (Schich<strong>tun</strong>ga priori) als auch bei der Gewich<strong>tun</strong>g(Schich<strong>tun</strong>g a posteriori) wird die Stichprobenach der Verteilung der Privathaushalte bzw.den soziodemografischen Strukturen derdeutschen Wohnbevölkerung und nichtetwa nach den Telefonhaushalten bzw. derdeutschen „Telefonbevölkerung“ ausgerichtet.Der Anteil der Telefonhaushalte an denPrivathaushalten liegt inzwischen in Wes<strong>tun</strong>d Ost weit über 95%. Merkmalsunterschiedezwischen Telefonhaushalten undPrivathaushalten sind deshalb ohnehin kleinund können nach dem vorgestellten Stichproben-und Gewich<strong>tun</strong>gsverfahren für dieallermeisten Merkmale praktisch vernachlässigtwerden.


99HinweisDiese Druckschrift wird im Rahmen derÖffentlichkeitsarbeit der LandesregierungRheinland-Pfalz herausgegeben. Sie darfweder von Parteien noch von Wahlwerbernoder Wahlhelfern im Zeitraum von sechsMonaten vor einer Wahl zum Zwecke derWahlwerbung verwendet werden. Dies giltfür die Landtags-, Bundestags-, KommunalundEuropawahl. Missbräuchlich ist währenddieser Zeit insbesondere die Verteilung aufWahlveranstal<strong>tun</strong>gen, an Informationsständender Parteien sowie das Einlegen,Aufdrucken und Aufkleben parteipolititscherInformationen oder Werbemittel. Untersagtist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zumZwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichenBezug zu einer bevorstehenden Wahldarf die Druckschrift nicht in einer Weiseverwendet werden, die als Parteinahme derLandesregierung zugunsten einzelner politischerGruppen verstanden werden könnte.Den Parteien ist gestattet, die Druckschriftzur Unterrich<strong>tun</strong>g ihrer eigenen Mitgliederzu verwenden.


100ImpressumHerausgeber:Staatskanzlei Rheinland-PfalzPeter-Altmeier-Allee 155116 MainzKontakt:Staatskanzlei Rheinland-PfalzLeitstelle Bürgergesellschaf<strong>tun</strong>d EhrenamtPeter-Altmeier-Allee 155116 MainzTel.: 06131/165720Fax: 06131/164080E-Mail: ehrenamt@stk.rlp.dewww.wir-<strong>tun</strong>-<strong>was</strong>.deAutoren:Thomas GensickeSabine GeissTNS Infratest Sozialforschung, München<strong>Freiwilligensurvey</strong> Rheinland-Pfalz 2010Layout und Satz:Opak, Frankfurt + MainzDruck:Johnen-Druck, Bernkastel-KuesAuflage:2.000 ExemplareV.i.S.d.P.:Monika Fuhr, Sprecherin der LandesregierungRheinland-Pfalz

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