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Klinoskop 2/2009 - Klinikum Chemnitz

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22<br />

Ein genetischer Wanderprediger<br />

Verabschiedung von Chefarzt, Kinderarzt und Genetiker Dr. med. Dietmar Müller im<br />

Februar diesen Jahres – Eine Erinnerung von Dr. Albrecht Kobelt<br />

Chefarzt Dr. Dietmar Müller als Kinderarzt,<br />

Chefarzt Dr. Dietmar Müller als Genetiker?<br />

Wo hört der eine Müller auf, wo fängt<br />

der andere an?<br />

Diese Trennung ist nur administrativ möglich,<br />

indem man Leiter der Neonatologie<br />

und Leiter eines Institutes für Medizinische<br />

Genetik ist. Im wirklichen Leben ist eine<br />

derartige Trennung nicht möglich, ja sogar<br />

vielleicht gefährlich.<br />

Die Klinische Genetik<br />

erwuchs aus der Klinik<br />

Insbesondere die Klinische Genetik erwuchs<br />

eben aus der Klinik, und welche Fachrichtung<br />

ist geradezu prädestiniert dafür? Die<br />

Kinderheilkunde. Jeder werdende Arzt wird<br />

während seiner Ausbildung mit genetischen<br />

Krankheitsbildern konfrontiert. Je nach Auf-<br />

Prof. Dr. Jürgen Klingelhöfer, Medizinischer Geschäftsführer<br />

der <strong>Klinikum</strong> <strong>Chemnitz</strong> gGmbH, hielt die Laudatio<br />

auf Herrn Dr. Müller bei der offiziellen Verabschiedung<br />

durch das Unternehmen.<br />

fassung sind diese Krankheiten dann „Exoten“,<br />

seltene Dinge, fast Kuriositäten – ein<br />

Randgebiet, ein kleines Rinnsal im Strom<br />

des gesamten Fachgebietes. Doch wenn<br />

man die vielen angesprochenen Rinnsale<br />

der einzelnen Gebiete zusammenfasst, wird<br />

ein Fluss daraus, ja geradezu ein Ozean.<br />

Diese eigentliche Einheit von Klinik und klinischer<br />

Genetik konnte Herr Chefarzt Müller<br />

in einzigartiger Manier darstellen, ja geradezu<br />

vorleben. Jeder Ausbildungsassistent,<br />

der in der Säuglingsklinik Dienst tat - immer<br />

mit einem Facharzt im Haus als Hintergrund<br />

– kann sich an die zum Teil turbulenten, anstrengenden<br />

Dienste erinnern – besonders,<br />

wenn Herr Dr. Müller den Hintergrund stellte.<br />

Wenn Ruhe auf den Stationen war, wurden<br />

von ihm Syndrome gezeigt – per Dia oder<br />

Foto, beschrieben, verglichen mit Publikationen,<br />

die per Post – damals verbotenerweise<br />

– als Sonderdrucke den Briefkasten<br />

von ihm füllten. Es war nicht so, dass Bilder<br />

nur gezeigt wurden, nein, die ganzen Umstände,<br />

die zur Diagnosestellung führten,<br />

und waren es auch nur die Theorien, die in<br />

den jeweiligen Familien kursierten, wurden<br />

geradezu zelebriert. Aber – genau so prägt<br />

sich ein Syndrom eben besser ein. Nicht die<br />

Aufzählung der einzelnen Symptome ergibt<br />

ein Bild, sondern auch die Darstellung des<br />

gesamten Kindes und der familiären Umgebung.<br />

Einige Kollegen werden dies unter<br />

dem Begriff Anamnese wohl noch kennen.<br />

Die besondere Situation<br />

während der Dienste<br />

Aber noch einmal zu der Situation während<br />

der Dienste. Natürlich konnte nicht jeder<br />

Assistent diese Leidenschaft teilen, nur bei<br />

Prof. Dr. med. Stefan Mundlos vom Institut für Medizinische<br />

Genetik der Charité Berlin sprach auf der Vormittagsveranstaltung.<br />

wenigen schlug der Funke über, in diesem<br />

Gebiet einmal arbeiten zu wollen. Aber seine<br />

mitreißende Art, seine lebendige Erzählweise<br />

hat zumindest den Eindruck hinterlassen,<br />

dass bei Fehlbildungen immer nach<br />

einer Ursache gesucht werden sollte.<br />

Herrn Dr. Müllers Sicherheit in der Diagnosestellung<br />

bei genetischen Erkrankungen wie<br />

auch seine richtungsweisenden Gedanken<br />

sind ohne Zweifel beeindruckend, beruhen<br />

aber nicht auf reiner Intuition, sondern auf<br />

einer systematischen langen Arbeit, gepaart<br />

mit einem exorbitanten Erinnerungsvermögen.<br />

Dies ermöglichte ihm, Zusammenhänge<br />

zu erkennen, Verbindungen herzustellen,<br />

Theorien zu entwickeln.<br />

Dieses Lernen machte Spaß<br />

Das Lernen bei Herrn Chefarzt Dr. Müller<br />

machte Spaß, ungezählt sind die vielen<br />

Gespräche über Patienten, der Gedankenaustausch,<br />

sei es während der täglichen<br />

offiziellen Besprechungen oder im persönlichen<br />

Gespräch. Wer mit ihm gearbeitet<br />

hat, wird mit dem Genetik-Virus infiziert.<br />

Fast zwangsläufig endet ein Gespräch, das<br />

im medizinischen Bereich angesiedelt ist,<br />

in der Genetik. Aber sollte jemand deshalb<br />

glauben, dass es für ihn keine anderen Gesprächsthemen<br />

gibt, wird dieser schnell eines<br />

Besseren belehrt. Dies kann die Malerei,<br />

Mineralien, Pflanzen oder Geschichte sein,<br />

um nur einige zu nennen, in deren Gefilden<br />

er außerordentlich bewandert ist.<br />

Die Mitarbeiter des Genetischen Institutes,<br />

das in <strong>Chemnitz</strong> viele Bezeichnungen hatte,<br />

denken gern an die Arbeit mit unserem Chef<br />

zurück. An alles wurde gedacht: Als das<br />

Zentrum für Humangenetik noch im Haus<br />

Prof. Dr. med. Peter Meinecke aus Hamburg<br />

gehörte zu den Festrednern. Fotos (10): Fischer

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