Die vierte Generation: Randolf Rodenstock (seit 1990)

Die vierte Generation: Randolf Rodenstock (seit 1990) Die vierte Generation: Randolf Rodenstock (seit 1990)

geschichtsbuero.de
von geschichtsbuero.de Mehr von diesem Publisher
23.11.2012 Aufrufe

Umstellung auf eine flexible Fertigung mit häufigen Modellwechseln und kleinen Serien nicht. „Wir hatten einfach noch nicht das Know-how, wie man einen solchen modernen Produktionsbetrieb führt“, so Randolf Rodenstock heute. 9 Daher verlagerte Rodenstock seit 1993 die gesamte Fassungsfertigung nach Malta und betrieb das Werk Ebersberg nur noch als Entwicklungs- und Technologiezentrum. 300 der noch verbliebenen 600 Arbeitsplätze wurden abgebaut. Aber letztlich scheiterte auch dieser Sanierungsversuch, denn es erwies sich als nicht machbar, technologisches Know-how und Fertigung räumlich zu trennen und die Fertigung aus der Ferne steuern zu wollen. Schon 1994 musste Rodenstock das Werk Ebersberg vollständig schließen, um den Bereich Brillenfassungen endlich aus den roten Zahlen zu bekommen. Ebenso erging es kurz darauf auch dem Werk in Puerto Rico. Auch dort gelang es nicht, die Fertigung an die geänderten Anforderungen anzupassen und das Werk wurde ebenfalls 1994 geschlossen. Aber auch damit wurde das Problem der Brillenfassungen nicht gelöst, denn es zeigte sich, dass auch das Werk in Malta nicht rentabel arbeitete. Die Managementprobleme, die schon in Ebersberg aufgetreten waren, waren nach Malta übertragen worden. Bis 1998 wurden in Malta noch die Brillen mit den patentierten, extrem kleinen, schraubenlosen Zylinderscharnieren produziert, anschließend wurde das Werk an das lokale Management verkauft. Heute spielt das Werk keine Rolle mehr im Rodenstock-Fertigungsverbund. Der Rückgang der eigenen Fertigung bei Brillenfassungen wirkte jedoch für Rodenstock auch befreiend: Das Unternehmen musste jetzt nicht mehr um jeden Preis die vorhandenen Kapazitäten auslasten, sondern konnte dort fertigen lassen, wo es die besten Spezialisten oder die beste Technologie gab. Rodenstock konnte jetzt erfolgreich seine Stärken beim Die extrem kleinen, schraubenlosen Zylinderscharniere sind eine patentierte Rodenstock-Entwicklung aus dem Jahr 1995.

Metinee Tarakham – eine von mehr als 1.400 thailändischen Mitarbeiter/ innen – überprüft die Mittendicke eines torischen Mineralglases. Design und der Entwicklung sowie Engineering von Brillenfassungen ausspielen und musste „keine Modellpolitik nach Werksauslastung mehr betreiben“. 10 Brillenfassungen: der Markt explodiert – der Verbrauch stagniert Vor 30 Jahren gab es in Deutschland nur ein paar Handvoll namhafter Hersteller von Brillenfassungen. Im Jahr 2001 verkauften allein in Deutschland mehr als 400 Firmen weit mehr als 1.000 Marken oder Labels mit rund 30.000 verschiedenen Brillenmodellen – Farb- und Größenvarianten noch gar nicht gerechnet. Und das bei einem stagnierenden Markt, dessen Umsatzvolumen konstant etwa 1,25 Milliarden Euro beträgt. Seit vielen Jahren liegt außerdem die „Wiederbeschaffungsfrist“ für Brillen, also nach welcher Zeit ein Brillenträger durchschnittlich einen neue Brille kauft, bei etwas über vier Jahren. Schließlich besitzt der deutsche Brillenträger durchschnittlich nicht einmal zwei Brillen – obwohl schon jeder Autofahrer laut Straßenverkehrsordnung eine Ersatzbrille im Fahrzeug mitführen muss. Trotz dieser schwierigen Bedingungen ist Rodenstock in Deutschland Marktführer bei Brillenfassungen: Mit fast sechs Prozent Marktanteil ist die Marke Rodenstock die stärkste Einzelmarke bei Brillenfassungen, im Konzernverbund mit NiGuRa erzielt der Rodenstock-Konzern sogar gut zehn Prozent Marktanteil. Doch bis dahin war es ein schwieriger Weg (s. auch S. 171). Fassungskollektionen: Rodenstock und NiGuRa Eine der wichtigsten Aufgaben im Reorganisationsprozess war die Neuausrichtung der Rodenstock-Fassungskollektion. Die Beliebigkeit musste verschwinden, die Fassungen mussten wieder zum Unternehmen passen. Nach den Umsatzeinbrüchen kehrte das Unternehmen 1993/94 zur klassischen Kollektion mit drei Stilrichtungen „Tradition“, „Klassik“ und „Innovation“ zurück. Im Windschatten von Rodenstock musste in diesen schwierigen Zeiten auch NiGuRa seinen Weg neu finden. Während sich Rodenstock auf das klassisch-elegante obere Preis- und Design-Segment konzentrierte, kümmerte sich NiGuRa weiterhin um die preiswerteren Fassungen, in denen Rodenstock keine Konkurrenz sah. Gleichzeitig baute NiGuRa in Abstimmung mit Rodenstock ein Portfolio von wohlklingenden Lizenzmarken auf. Um eine 164 165

Metinee Tarakham –<br />

eine von mehr als<br />

1.400 thailändischen<br />

Mitarbeiter/<br />

innen – überprüft<br />

die Mittendicke eines<br />

torischen Mineralglases.<br />

Design und der Entwicklung sowie Engineering von Brillenfassungen ausspielen und musste<br />

„keine Modellpolitik nach Werksauslastung mehr betreiben“. 10<br />

Brillenfassungen: der Markt explodiert – der Verbrauch stagniert<br />

Vor 30 Jahren gab es in Deutschland nur ein paar Handvoll namhafter Hersteller von Brillenfassungen.<br />

Im Jahr 2001 verkauften allein in Deutschland mehr als 400 Firmen weit mehr als<br />

1.000 Marken oder Labels mit rund 30.000 verschiedenen Brillenmodellen – Farb- und<br />

Größenvarianten noch gar nicht gerechnet. Und das bei einem stagnierenden Markt, dessen<br />

Umsatzvolumen konstant etwa 1,25 Milliarden Euro beträgt. Seit vielen Jahren liegt außerdem<br />

die „Wiederbeschaffungsfrist“ für Brillen, also nach welcher Zeit ein Brillenträger durchschnittlich<br />

einen neue Brille kauft, bei etwas über vier Jahren. Schließlich besitzt der deutsche<br />

Brillenträger durchschnittlich nicht einmal zwei Brillen – obwohl schon jeder Autofahrer laut<br />

Straßenverkehrsordnung eine Ersatzbrille im Fahrzeug mitführen muss. Trotz dieser schwierigen<br />

Bedingungen ist <strong>Rodenstock</strong> in Deutschland Marktführer bei Brillenfassungen: Mit fast<br />

sechs Prozent Marktanteil ist die Marke <strong>Rodenstock</strong> die stärkste Einzelmarke bei Brillenfassungen,<br />

im Konzernverbund mit NiGuRa erzielt der <strong>Rodenstock</strong>-Konzern sogar gut zehn Prozent<br />

Marktanteil. Doch bis dahin war es ein schwieriger Weg (s. auch S. 171).<br />

Fassungskollektionen: <strong>Rodenstock</strong> und NiGuRa<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben im Reorganisationsprozess war die Neuausrichtung der<br />

<strong>Rodenstock</strong>-Fassungskollektion. <strong>Die</strong> Beliebigkeit musste verschwinden, die Fassungen<br />

mussten wieder zum Unternehmen passen. Nach den Umsatzeinbrüchen kehrte das Unternehmen<br />

1993/94 zur klassischen Kollektion mit drei Stilrichtungen „Tradition“, „Klassik“<br />

und „Innovation“ zurück.<br />

Im Windschatten von <strong>Rodenstock</strong> musste in diesen schwierigen Zeiten auch NiGuRa seinen<br />

Weg neu finden. Während sich <strong>Rodenstock</strong> auf das klassisch-elegante obere Preis- und<br />

Design-Segment konzentrierte, kümmerte sich NiGuRa weiterhin um die preiswerteren<br />

Fassungen, in denen <strong>Rodenstock</strong> keine Konkurrenz sah. Gleichzeitig baute NiGuRa in Abstimmung<br />

mit <strong>Rodenstock</strong> ein Portfolio von wohlklingenden Lizenzmarken auf. Um eine<br />

164<br />

165

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!