Ausgabe 4/2009 - Staufenbiel Karrieremagazin
Ausgabe 4/2009 - Staufenbiel Karrieremagazin
Ausgabe 4/2009 - Staufenbiel Karrieremagazin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
04 <strong>2009</strong> <strong>Staufenbiel</strong> <strong>Karrieremagazin</strong><br />
CAMPUS Bologna<br />
Praxisnah studieren<br />
Informatikstudent Martin Salfer hat sich seine Hochschulwahl<br />
gut überlegt. Nach einigen Wochen Probestudium an<br />
Universität und Fachhochschule fi el ihm die Entscheidung<br />
leicht: „Ich habe mich wegen der besseren Vorlesungs- und<br />
Tutorienbetreuung für die Fachhochschule entschieden“,<br />
sagt er. Dort säßen etwa 30 Studenten in der Vorlesung, an<br />
der Universität oft über 300. Und ein Tutorium werde vom<br />
MEINE MEINUNG<br />
ANDERS, ABER NICHT<br />
SCHLECHTER<br />
Armin Willingmann, 46, ist Professor<br />
für Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht,<br />
Rektor der Hochschule<br />
Harz, Wernigerode und Präsident der<br />
Landesrektorenkonferenz Sachsen-Anhalt.<br />
Das Bologna-System hat Unis und FHs vergleichbarer gemacht. Die<br />
Bachelor- und Master-Abschlüsse sind jetzt auch formal gleichwertig.<br />
Darum kann eine Uni die Bewerbung eines FH-Absolventen für<br />
ihren Master nicht pauschal ablehnen. Probleme gibt es noch bei<br />
dem Promotionsrecht für Fachhochschulen, aber auch da ist viel<br />
in Bewegung. Die Aufteilung, Uni sei grundlagenorientiert, FH eher<br />
praxisbezogen, ist historisch berechtigt. Denn der Ansatz von Fachhochschulen<br />
war und ist eine akademische Ausbildung mit engem<br />
Praxisbezug ab dem ersten Semester. Der Bologna-Prozess hat diesen<br />
historischen Gegensatz aber aufgeweicht. Jetzt müssen auch<br />
Universitätsstudiengänge berufsbezogene Inhalte aufweisen; Praxiselemente<br />
werden ausgebaut. Die Forschung an FHs ist aber praxisorientierter<br />
und fi ndet meist in Kooperation mit Unternehmen<br />
statt. Wissenschaft und Wirtschaft sind oft eng verzahnt. Gewöhnlich<br />
sind die Vorlesungsgruppen an FHs kleiner. So ist die gesamte<br />
Atmosphäre vertrauter, die Betreuung intensiver. Das zeigt: Ein FH-<br />
Studium mag anders sein. Es ist aber keinen Deut weniger wert als<br />
an einer Universität.<br />
© ISTOCKPHOTO/ DAVIDHILLS<br />
Die zwei schiefen Türme von Bologna: Bewegen sich aufeinander zu –<br />
wie Fachhochschule und Universität<br />
Professor persönlich betreut, nicht von einem wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter. Auch die Praxiskompetenz spreche für<br />
die Fachhochschule.<br />
Das fängt schon beim Professor an, denn die Professur an einer<br />
Fachhochschule ist an wichtige Bedingungen geknüpft.<br />
„Anwärter müssen neben der Promotion meist mindestens<br />
fünf Jahre Berufserfahrung im wirtschaftsnahen Bereich<br />
vorweisen“, bestätigt Bologna-Expertin Witte.<br />
Bachelor-Korsett<br />
Das Studium an Fachhochschulen ist schon immer straffer<br />
organisiert gewesen als das an der Uni. Feste Stundenpläne,<br />
organisierte Praxissemester, kleine Lerngruppen – mit diesen<br />
Voraussetzungen ist es nicht schwer, den Leistungskatalog<br />
des Bachelors zu erfüllen. Doch der Bachelor macht das<br />
Studium auch straffer. „Das führt dazu, dass die meisten<br />
Fachhochschulen Praxissemester streichen mussten und die<br />
Praktika jetzt teilweise gekürzt in den Semesterferien untergebracht<br />
werden müssen“, berichtet Witte. Oder sie müssten<br />
stärker in die Lehrveranstaltungen integriert werden.<br />
Die Universitäten haben mit der stimmigen Umsetzung<br />
des neuen Abschlusses größere Schwierigkeiten. Große Veranstaltungen,<br />
freie Vorlesungswahl, keine Anwesenheitspflicht<br />
und viel Theorie – es ist schwer, das Uni-Studium<br />
in das Bachelor-Korsett zu schnüren. Nach sechs Semestern<br />
und dem Bachelor in der Tasche fühlen sich nur wenige Uni-<br />
Absolventen bereit für den Job.<br />
„Bei uns an der Uni will kaum jemand nach dem Bachelor<br />
den Berufseinstieg wagen, die große Mehrheit plant den<br />
Master zu machen“, sagt Uni-Student Pyro. „In dieser Phase<br />
des Studiums gleichen sich die Studiengänge von Fachhochschule<br />
und Uni nicht mehr als vor Bologna“.<br />
Das bestätigt auch Hochschulexperte Briedis vom HIS:<br />
„Nach wie vor ist die Fachhochschule eher praxisbezogen,<br />
die Universität wissenschaftlicher. Die Universitäten brauchen<br />
den längeren Atem bei der Umstellung auf den Bachelor.“<br />
Simone Derichsweiler<br />
42 staufenbiel.de