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Ihr festlicher Auftritt von 17 - Gemeinde Illingen, Saar

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| illinger seiten 46/2012 |- 12 -<br />

Neue Gedenktafel am Media-Futura-Denkmal<br />

vor der Illipse erinnert an Verfolgung<br />

der Juden und Zerstörung der Synagoge<br />

DenkmalMit setzt Zeichen - Kooperation mit der<br />

<strong>Gemeinde</strong><br />

„Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen Israel!“<br />

So steht es auf Hebräisch auf dem Torbogen der einstigen Illinger<br />

Synagoge, die in den Novemberpogromen <strong>von</strong> örtlichen<br />

Nazis niedergebrannt wurde. Die Reste der Synagoge wurden<br />

abgerissen, geblieben ist nur der Torbogen, der heute Teil des<br />

Media-Futura-Kunstwerks <strong>von</strong> Armin Hüwels ist, das <strong>von</strong> Daniel<br />

Scheer realisiert und <strong>von</strong> der <strong>Gemeinde</strong> in unmittelbarer Nähe<br />

des ehemaligen Standorts vor dem Kulturforum Illipse und dem<br />

Pfarrheim aufgestellt wurde. Jetzt können Illinger und Gäste<br />

auch die Übersetzung auf einer Edelstahltafel lesen, die seit<br />

Neuestem am Denkmal angebracht ist - zusammen mit der notwendigen<br />

Einordnung in den historischen Kontext: „Durch diesen<br />

Torbogen traten Illinger jüdischen Glaubens zum Gebet in<br />

ihre Synagoge. Am Mittag des 10. November 1938, infolge der<br />

Reichspogromnacht, wurde sie <strong>von</strong> Nationalsozialisten geplündert,<br />

niedergebrannt und zerstört. Wir gedenken der jüdischen<br />

Opfer.“<br />

In einer Gedenkveranstaltung haben die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Illingen</strong> und<br />

DenkmalMit e.V. an die Zerstörung der Illinger Synagoge und die<br />

Novemberpogrome 1938 erinnert und der Opfer der Judenverfolgung<br />

gedacht. Bürgermeister Dr. Armin König und der Denkmal-<br />

Mit-Vorsitzende Richard Lucien Borg legten einen Kranz nieder<br />

und enthüllten die Gedenktafel am Media-Futura-Kunstwerk <strong>von</strong><br />

Armin Hüwels, das den Torbogen der Illinger Synagoge trägt.<br />

Der Verein schenkte der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Illingen</strong> die Erinnerungstafel.<br />

Borg sprach <strong>von</strong> einem „schönen und wichtigen Tag“ - für<br />

<strong>Illingen</strong> und den Verein.<br />

Borg sagte, der Torbogen der ehemaligen Illinger Synagoge sei<br />

ein beeindruckendes Denkmal, das auf das Unrecht und auf die<br />

Verbrechen, die den Juden der Region zugefügt wurden, hinweise.<br />

Aber bisher habe das klare Bekennen zu diesem Unrecht<br />

gefehlt. Dies werde nun mit der neuen Tafel korrigiert. Die<br />

Inschrift des Torbogens belege, „wie sehr die Illinger sich mit<br />

ihrer Heimat verbunden fühlten, mit dem Ort, an dem sie ihre<br />

Synagoge, ihr Zelt aufbauten“. Und genau dies sei <strong>von</strong> großer<br />

Bedeutung: dass sich die Juden in Deutschland, im <strong>Saar</strong>land,<br />

in <strong>Illingen</strong> mit dem Land und ihrer <strong>Gemeinde</strong> voll identifizierten:<br />

„Sie sprachen weder Jiddisch noch Hebräisch, sie sprachen<br />

das gleiche Platt wie Sie hier. Sie waren Illinger Kinder, Frauen<br />

und Männer, die gläubig Gott ehren wollten beim Gebet.“ Die<br />

Geschichte, so Borg, sei „so traurig wie banal“. Die Einen gingen<br />

samstags zum Gebet, die Anderen sonntags. Alle waren sie Illinger.<br />

Aber „die, die samstags gingen, kamen eines Tages nicht<br />

mehr nach Hause.“ Daran erinnert die neue Gedenktafel. Und<br />

sie benennt auch erstmals, dass es Nationalsozialisten aus <strong>Illingen</strong><br />

und Umgebung waren, die die Synagoge niederbrannten<br />

und für Verfolgung und Ausweisung <strong>von</strong> jüdischen Mitbürgern<br />

verantwortlich waren.<br />

Bürgermeister König sagte: „Natürlich kannte man in <strong>Illingen</strong><br />

die Brandstifter und ihre Helfershelfer. <strong>Ihr</strong>e Namen waren<br />

spätestens seit dem Prozess um die Synagogenbrandstiftung<br />

bekannt. Aber die Täter wurden nie geächtet, ihre Namen taktvoll<br />

verschwiegen.“ Es sei aber nicht Verschweigen gefragt, sondern<br />

aktives Erinnern, auch wenn es ritualisiert sei. „Dieser Tag<br />

soll erinnern und in die Zukunft weisen. Denn wir wollen auch<br />

mahnen in einer Zeit, in der Menschen in diesem Land Opfer <strong>von</strong><br />

rechter Gewalt werden. Wir wollen Zeichen setzen gegen das<br />

Zerstörerische, Zeichen setzen gegen Gewalt, und immer wieder<br />

Öffentlichkeit herstellen für ein gutes Miteinander.“<br />

Gegen das „kommunikative Beschweigen“ und die Beschwichtigungs-Mechanismen<br />

der Vergangenheit setze <strong>Illingen</strong> die aktive<br />

Erinnerung. König sagte, in <strong>Illingen</strong> seien es vor allem der langjährige<br />

Direktor des Illtal-Gymnaisums, Robert Kirsch, die beiden<br />

Soziologen Bernhard Haupert und Franz-Josef Schäfer sowie<br />

der ehemalige grüne Beigeordnete Rolf Laubach mit der „Aktion<br />

Courage“ gewesen, die Zeichen gegen das Verschweigen und<br />

Vergessen setzten. Robert Kirsch habe dies als Autor und Pädagoge<br />

auf vorbildliche Weise getan und das Illtal-Gymnasium<br />

zu einer Institution gemacht, die aktiv gegen Rassismus und<br />

Diskriminierung eintrete. Haupert und Schäfer hätten mit ihrer<br />

Studie „Jugend zwischen Kreuz und Hakenkreuz“, das 1991 im<br />

Suhrkamp-Verlag erschien, Maßstäbe gesetzt. Auch die Pfadfinder<br />

hätten einen wichtigen Beitrag geleistet, wie auch Richard<br />

Lucien Borg erinnerte.<br />

Heute sei nicht nur das Erinnern notwendig, sondern auch die<br />

Auseinandersetzung mit Rassismus und Antisemintismus sowie<br />

die gemeinsame Verantwortung <strong>von</strong> Juden und Nichtjuden. Dies<br />

sei Herausforderung und Chance.<br />

Borg sprach <strong>von</strong> der Verpflichtung für die Zukunft, „etwas<br />

zu lernen, und zwar nachhaltig, dass jeder <strong>von</strong> uns sich für<br />

eine <strong>von</strong> Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung freie<br />

Gesellschaft einsetzen“ müsse. Dem entspreche das Leitmotiv<br />

<strong>von</strong> DenkmalMit e.V., „gestern, heute, morgen“. Der ehemalige<br />

Kantor der „Grande Synagogue de la Victoire“ in Paris und heutige<br />

Kantor in Straßburg, Jonathan Blum trug beeindruckende<br />

Gebete und Lieder vor. Die SR-Journalistin Lisa Huth las aus<br />

Michael Wuligers „Der koschere Knigge“ - ein unorthodoxes,<br />

vergnügliches Ratgeber-Buch für den Umgang zwischen Juden<br />

und Nichtjuden.

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