SEITE 6NEUE VERWALTUNGSSTEUERUNGFLZ Nr. 3/05Fortsetzung von Seite 5Zielvereinbarungen /Kontrakteb(3) die Leistungen der Verwaltungsollen wirtschaftlich, d.h. effizientund effektiv sein.Eine Outputsteuerung lehnen wirab; Bildung darf nicht nur von denErgebnissen abhängig gemachtwerden!Die Bürgerinnen und Bürgersind keine Kunden und wir sindkein Dienstleistungsunternehmen.Bildung darf nicht vorr<strong>an</strong>gig<strong>an</strong> wirtschaftlichen Kriterien gemessenwerden. Für uns ist Bildungein Bürgerrecht!Eine Outputsteuerunglehnen wir ab;Bildung darf nicht nurvon denErgebnissen abhängiggemacht werden!Folgende fünf Steuerungselementesollen die Umsetzung dieserVerwaltungsreformzielsetzungengar<strong>an</strong>tieren:— die Dezentralisierung und dieDelegation der Ver<strong>an</strong>twortung alskombinierte Steuerung über Inhalteund Geld,— die Definition und Beschreibungvon Produkten als outputorientierteSteuerungsgröße,— die Budgetierung als haushaltstechnischesSteuerungsinstrument,— das Controlling mit Berichtswesenals Steuerung über Rechenschafts-und Rechnungslegung sowie— das Kontraktm<strong>an</strong>agement alsSteuerung über Ziel- bzw. Leistungsvereinbarungen.Dezentralisierung k<strong>an</strong>n nicht diezentrale Ver<strong>an</strong>twortung der L<strong>an</strong>desregierungfür die gleichmäßigeErfüllung des Bürgerrechts auf Bildungersetzen und die Ver<strong>an</strong>twortungabwälzen.Bildungseinrichtungen sindkeine Firmen, die Produkte erstellen.Es geht in der Bildung um Prozesse,nicht um Output.Das Budget als alleiniges Steuerungsinstrumentlehnen wir ab,insbesondere <strong>an</strong>gesichts jetzt schonunzureichender Ressourcenzuweisungen.„Controlling und Berichtswesen“absorbieren unnötige Arbeitskraft,die den Bildungsprozessenentzogen wird.Gleiches gilt für das „Kontraktm<strong>an</strong>agement“,das auch nochdie Ver<strong>an</strong>twortung für unzureichendeZuweisungen den Bildungseinrichtungenzuschiebt.(...)Die Org<strong>an</strong>isationseinheiten könnendieses Budget in ihrem Ver<strong>an</strong>twortungsbereichund nach Maßgabeder unter ihnen vereinbartenRegularien zum Kontraktm<strong>an</strong>agement<strong>selbst</strong> steuern. Eine solche <strong>an</strong>den Ergebnissen des Verwaltungsh<strong>an</strong>delnsorientierte Vorgehensweisewird im Rahmen des NeuenSteuerungsmodells als Kontraktm<strong>an</strong>agementbezeichnet. (...)Worin die „Selbststeuerung“ bestehensoll, bleibt <strong>an</strong>gesichts der Vorgabendurch Org<strong>an</strong>isations- undRechtsvorschriften nicht nachvollziehbar.Dabei ersetzt das Kontraktm<strong>an</strong>agementdas bisherige Mittelzuweisungsverfahren.Den Ersatz des <strong>an</strong> Inputkriterienorientierten Mittelzuweisungsverfahrenslehnen wir ab.Im Regelfall bestehen hierarchischeWeisungsverhältnisse zwischenden Kontraktpartnern. Innerhalbdieser Steuerungsebenen ersetztdamit der Kontrakt die möglicheWeisung. Der einvernehmlicheAbschluss der Kontrakte zwischenden Steuerungsebenen ist entsprechenddem Leitbild einer kooperativenFührung <strong>an</strong>zustreben. ImFalle einer fehlenden Einigungmüssen die Kontrakte im Sinne einerLeistungs- und Budgetvorgabevon der jeweils übergeordnetenSteuerungsebene durch eine Weisungersetzt werden, um den Verwaltungsvollzugaufrecht zu erhalten.Diese Klarstellung ist deutlich. Essollten daraus d<strong>an</strong>n aber auch dieKonsequenzen gezogen werden!Dabei ist der budgeterhaltende undleistungserbringende Kontraktpartnermit der Zeichnung desKontraktes ver<strong>an</strong>twortlich für dieLeistungserbringung, die Einhaltungdes Kostenbudgets (Vermeidungvon Verlusten im Erfolgspl<strong>an</strong>)und die Einhaltung der Liquiditätsvorgabenaus dem kameralenGlobalbudget<strong>an</strong>satz getrennt nachlaufenden Ausgaben und Investitionsausgaben.Er hat über zu erwartendegravierende Abweichungenvom Kontrakt rechtzeitig und unterAngabe der beabsichtigten Gegensteuerungsmaßnahmenzu berichten.Die Ver<strong>an</strong>twortung ist nach untenabgeschoben, ohne dass dort überLösungsmöglichkeiten verfügt werdenk<strong>an</strong>n.Auf allen Steuerungsebenen mussder abzuschließende Kontrakt diefolgenden dreiRegelungsbest<strong>an</strong>dteile besitzen:– Leistungsziele: Angaben überdie zu erzielende Wirkung, die zuerstellenden Leistungen, Produkte,Projekte nach Qu<strong>an</strong>tität und Qualität– Fin<strong>an</strong>zziele: Vereinbartes Budgetzur Leistungserstellung– Berichterstattungsziel: Festlegungdes Inhaltes und der Art derBerichterstattung.(...)Wirkungsindikatoren werden überKennzahlen einer Bal<strong>an</strong>ced-Scorecardim Haushaltspl<strong>an</strong> abgebildet.(...)Die Ver<strong>an</strong>twortungist nach untenabgeschoben, ohnedass dortüber Lösungsmöglichkeitenverfügtwerden k<strong>an</strong>n.Optional können für die Leistungsebeneeigene abgestufte Qualitätskennziffernaufgebaut werden.Dabei ist auf einen widerspruchs-freien Wirkungszusammenh<strong>an</strong>gmit den für die Produkte vorgegebenenBSC-Kennzahlen zu achten.Die bisherigen „Wirkungskennziffern“sind großenteils absurd.„Produkte“ sehen wir nicht alsErgebnisse des Bildungsprozesses.(...)Entwickeln sich die Kosten bei einzelnenAufw<strong>an</strong>dspositionen deutlichüber den Pl<strong>an</strong>zahlen des Haushaltes,ist die M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tenleitunggefordert mit Kosteneinsparungen<strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle zu reagieren.Dieser Fall dürfte in den nächstenJahren die Regel werden. Kosteneinsparungenbringen d<strong>an</strong>n abernicht Lösung, sondern verschärfendie Probleme!(...)Es k<strong>an</strong>n sich empfehlen, alternativin der entsprechenden Anwendungder Vorsichtregel, wie sie zur Zeitfür den Kassen<strong>an</strong>schlag der Ausgabenbesteht, die im Haushaltspl<strong>an</strong>bestehende Haushaltsermächtigungnicht gleich voll auszuschöpfen,sondern ggf. einen Teil desverfügbaren Ausgabenvolumensdurch eine vorläufige Vollzugssperrezu sichern.Dies würde dazu führen, dass derohnehin zu geringe Zuweisungsspielraumweiter eingeschränkt würde!Auch die Entscheidungskompetenzfür die mögliche Umwidmung vonSach- in Personalaufw<strong>an</strong>d muss geklärtwerden. Da es sich bei Personalentscheidungenum Entscheidungenmit l<strong>an</strong>gfristiger Bindungswirkungfür das Budget h<strong>an</strong>delt,wird im Regelfall für die Begründungeines Dauerbeschäftigungsverhältnisseseine Entscheidungder M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tenleitung erforderlichsein. Je nach M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tenstrukturkönnen Personalentscheidungenaber auch den dezentralenErlös-Kosten-Einheiten überlassenwerden, soweit es sich etwa nurum Wiederbesetzungen h<strong>an</strong>deltund die Personalkosten im Unterbudgetzugeteilt sind oder es sichz.B. um befristete Beschäftigungsverhältnisseh<strong>an</strong>delt (z.B. Möglichkeitenfür einzelne <strong>Schulen</strong> zurUnterrichtsabdeckung befristetLehrkräfte <strong>selbst</strong> einzustellen).Hier werdendie Daumenschraubenherausgeholt undauch die <strong>an</strong>derenFolterwerkzeugegezeigt: „Benchmarkvergleiche“,„effektives Kostencontrolling“,„realitätsnaheErfolgspl<strong>an</strong>zahlen“,„entsprechenderKostendruck“.„befristet Lehrkräfte <strong>selbst</strong> einzustellen“,das ist der vorgeseheneSpielraum.Es bleibt daher im Regelfall derdeutliche Part der Ressorts und desFin<strong>an</strong>zministeriums, im Prozessdes Haushaltsaufstellungsverfah-rens durch ein effektives Kostencontrolling,die Durchführung vonBenchmarkvergleichen sowie aufgabenkritischerAnsätze etc. imHaushaltspl<strong>an</strong>entwurf der Regierungfür die Ver<strong>an</strong>schlagung realitätsnaherErfolgspl<strong>an</strong>zahlen zu sorgen.M<strong>an</strong>agement<strong>an</strong>strengungen zunotwendigen Umstrukturierungenund Optimierungen des Ressourceneinsatzessind dabei ggf. durcheinen entsprechenden Kostendruck,Innovations- und Investitionspl<strong>an</strong>ungzu fördern.Hier werden die Daumenschraubenherausgeholt und auch die <strong>an</strong>derenFolterwerkzeuge gezeigt:„Benchmarkvergleiche“, „effektivesKostencontrolling“, „realitätsnaheErfolgspl<strong>an</strong>zahlen“, „entsprechenderKostendruck“.Exkurs: Leistungs<strong>an</strong>reize imBudgetpl<strong>an</strong>ungsprozess der NVSEin wesentlicher M<strong>an</strong>gel des „Bottomup“-Pl<strong>an</strong>ungsprozesses derM<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten besteht in dem zur Zeitfehlenden Anreiz, Rationalisierungspotentialezu offenbaren. Dadie Produktabgeltung auf den Ergebnissender Kostenträgerrechnungbasiert, besteht für die M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tenkeine Ver<strong>an</strong>lassung, bereitsbei der Pl<strong>an</strong>aufstellung Einsparmöglichkeitenoffen zu legen. Zumeinen würde der M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>t damitbereits bei der Budgetaufstellungeine Kürzung der Produktabgeltungriskieren, zum <strong>an</strong>deren verkürzter sich die Möglichkeiten voneventuellen Budgetunterschreitungenim Wege einer Erfolgsbeteiligungzu profitieren.Der notwendige Kostendruckk<strong>an</strong>n in der Folge nur bei den Pl<strong>an</strong>ungsvorgabenund im Pl<strong>an</strong>ungsprozess„top down“ entstehen.Dieser ergibt sich bereits aus den zuerwartenden Budgetrestriktionen -beschränktes Volumen des Staatsbudgetsinsgesamt bei schrumpfendenVerteilungsspielräumen, u.a.bedingt durch steigende Zins- undVersorgungslasten. Zum <strong>an</strong>derensind diese Vorgaben aus dem einzurichtendenSach- und Fin<strong>an</strong>zcontrollingzu entwickeln. Hier sinddie Struktur-, Prozess-, Org<strong>an</strong>isations-und Aufgabenkritik auf dereinen sowie der kritische Umg<strong>an</strong>gmit den Ergebnissen der KostenundLeistungsrechnung der M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>teninsbesondere im Hinblickauf Benchmarkvergleiche auf der<strong>an</strong>deren Seite die wesentlichen Instrumente.Einen noch größeren Erfolgversprächen indes persönliche Anreizsysteme,für die zur Zeit jedochim öffentlichen Dienstrecht nur einunzureichendes Instrumentariumzur Verfügung steht.Eine Beteiligung der Beschäftigtenam wirtschaftlichen Erfolgihres M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten - das ist hier dievolle Dienstleistungserbringung inQualität und Qu<strong>an</strong>tität bei gleichzeitiger,durch besondere Wirtschaftlichkeits<strong>an</strong>strengungenerzielterUnterschreitung des zugewiesenenBudgets - scheint so nochin weiter Ferne.Hier wird der „Erfolg“ in wünschenswerterund enthüllenderDeutlichkeit definiert:„die volle Dienstleistungserbringungin Qualität und Qu<strong>an</strong>titätbei gleichzeitiger, durch besondereWirtschaftlichkeits<strong>an</strong>strengungenerzielter Unterschreitungdes zugewiesenen Budgets“.Zusammengestelltund kommentiert von H. Storn
FLZ Nr. 3/05 FORT (VON DER) BILDUNGSEITE 7Die SonntagsschuleDie Lehrer, die Fortbildung undder DienstherrAn der Kirchentür blieb Tom zurückund sprach einen sonntäglichgekleideten Kameraden <strong>an</strong>: „Sagmal, Bill, hast du einen gelbenZettel?“„Ja.“„Was willst du dafür?“„Was gibst du?“„Ein Stück Süßholz und einenAngelhaken.“„Lass mal sehen!“Tom zeigte seine Ware. Beidewaren einverst<strong>an</strong>den, und dieSchätze wechselten ihren Besitzer.Darauf h<strong>an</strong>delte Tom mit einigenweißen Murmeln drei rote Zettel,mit wieder <strong>an</strong>deren Kleinigkeitenauch noch ein paar blaue ein.Nach der Ankunft neuer Jungenfuhr er noch eine Zeitl<strong>an</strong>g fort,Zettel in den verschiedensten Farbenaufzukaufen. (...)Für das Auswendiglernen vonzwei Versen gab es nämlich einenblauen Zettel, zehn blaue hattenden Wert eines roten und konntendafür eingetauscht werden. Zehnrote Zettel wiederum warengleich einem gelben, und für zehngelbe Zettel schenkte der Predigerdem Schüler eine sehr einfach gebundeneBibel. (...)Nur ein Ding fehlte, um des HerrnPredigers Freudenrausch vollkommenzu machen: eine Gelegenheitzum Aushändigen einesEine peinliche Geschichtevon Mark TwainBibelpreises, um so die Wunderseiner Erzieherkunst ins richtigeLicht zu stellen. Wohl hatten einigeSchüler ein paar gelbe Zettel,aber keiner hatte genug; Waltershatte bereits bei allen Musterschülernherumgefragt.Aber gerade in diesem Augenblick,da er schon alle Hoffnungaufgegeben hatte, trat Tom Sawyermit neun gelben, neun rotenund zehn blauen Zetteln vor undbat um einen Buchpreis. Das warein Blitz aus heiterem Himmel!Ein Ersuchen aus diesem Mundehatte der Prediger innerhalb dernächsten zehn Jahre nicht erwartet.Dennoch gab es nichts dar<strong>an</strong>zu deuteln: Die Zettel waren daund in schönster Ordnung. Tomwurde also <strong>an</strong> den erhöhten Platzgeführt, wo die Richter und diesonstigen Auserwählten saßen,und die große Neuigkeit wurdevom Hauptquartier aus verkündet.(...)Sag dem Herrn auch deinenFamiliennamen, Thomas“, sagteder Prediger. „Und sag auch ‚HerrKreisrichter’. Du weißt doch, wassich gehört.“„Thomas Sawyer, Herr Kreisrichter!“„Also so heißt du! Du bist einbraver Junge! Ein hübscher Junge!Ein tüchtiger Kerl! ZweitausendVerse, das ist viel, außerordentlichviel. Aber die Mühe, diedir das Lernen gekostet hat, wirstdu nie bereuen, denn Wissen istmehr wert als sonst etwas in dieserWelt. Wissen macht die großenMänner und die guten Menschen.Auch du, Thomas, wirst einst eingroßer und guter M<strong>an</strong>n sein, undwenn du später auf die verg<strong>an</strong>genenZeiten zurückblickst, d<strong>an</strong>nwirst du dir sagen: Alles, was ichbin, verd<strong>an</strong>ke ich der Sonntagsschulemeiner Jugendzeit, meinenlieben Lehrern, die mich zum Auswendiglernen<strong>an</strong>gehalten haben,dem guten Herrn Prediger, dermich ermutigte und über mirwachte. (...)Das Ende dieser peinlichenGeschichte wird besser nicht erzählt.Auszüge aus„Die Abenteuer des Tom Sawyer“,Reutlingen 1949, S. 38–47Fortbildungspflicht alsAblenkungsm<strong>an</strong>över für die Versäumnisseim BildungssystemEin wunderbarer Anf<strong>an</strong>gAuf der Ver<strong>an</strong>staltung am 10.Oktober2005 in der Joh<strong>an</strong>n Wolfg<strong>an</strong>gGoethe-Universität wurdenunter dem Aufruf „Das Bildungswesenist kein Wirtschaftsbetrieb!“die fünf Einsprüche gegendie technokratische Umsteuerungdes Bildungswesens vorgestellt unddiskutiert. Ungefähr 220 Pädagoginnenund Pädagogen, Erziehungswissenschaftlerund <strong>GEW</strong>-Mitglieder waren gekommen, umsich gegen das „gig<strong>an</strong>tische Erziehungsexperiment“wie Radtke esn<strong>an</strong>nte zu wehren und sich dieFrage zu stellen „Wollen wir eigentlichmit Neuer Verwaltungssteuerungregiert werden?“ DieAntwort war ein deutliches NEIN!Auch Kollegen aus dem Fr<strong>an</strong>kfurterBezirksvorst<strong>an</strong>d erhobenihre Stimme. Klaus Schermelleh1. Wir wenden uns gegen die Illusioneneiner alle politischen Parteienübergreifenden Bildungspolitik,die das Bildungssystem nachbetriebswirtschaftlichen Musternin den Griff zu bekommen sucht.2. Wir widersprechen der völligirreführenden Behauptung, bei dergegenwärtigen Umorg<strong>an</strong>isationder Bildungsinstitutionen gehe esum mehr Autonomie von <strong>Schulen</strong>und Hochschulen.3. Wir halten es für einen folgenschwerenIrrtum, wenn behauptetwird, Erziehungswissenschaft erfülleihren öffentlichen Auftragnur d<strong>an</strong>n, wenn sie unmittelbarverfügbare und kurzfristig nutzbareErgebnisse für Politik und Praxiszeitige.4. Wir protestieren gegen die weitereAushöhlung von universitärenStudiengängen – insbesonderebetont, dass Bildung freie Entfaltungder Persönlichkeit bedeutet,wir dar<strong>an</strong> gehindert und auf Wirtschaftzugerichtet werden sollen.Heiner Becker sieht in den Einsprücheneinen Aufbruch ausscheinbarer Aussichtslosigkeit undweist darauf hin, dass die Erklärungin Europa bek<strong>an</strong>nt gemachtwerden muss. Es gibt eine internationaleBewegung gegen die Privatisierungvon Schule und Hochschuleund wir sind nicht so ohnmächtig.Benjamin Ortmeyer hebtneben dem ökonomischen Aspektdie Gefahren einer Veränderunghin zum autoritären Charakterhervor und stellt fest, dass dergebildete Mensch sich gegen Herrschaftwehren will. Er sieht in demAufruf einen wunderbaren Anf<strong>an</strong>g.„Das Bildungswesen ist keinWirtschaftsbetrieb!“auch in der Lehrerausbildung -durch ihre zunehmende Verschulung.5. Wir bezweifeln die vorherrschendeMeinung, die Festlegungund Durchsetzung von Leistungsst<strong>an</strong>dardszur Überprüfung vonBasiskompetenzen sei ein geeignetesMittel, um der demokratischenForderung nach größtmöglicherGleichheit der Bildungsch<strong>an</strong>cenGenüge zu tun.Andreas Gruschka(Fr<strong>an</strong>kfurt/M.), Ulrich Herrm<strong>an</strong>n(Tübingen),Fr<strong>an</strong>k-Olaf Radtke(Fr<strong>an</strong>kfurt/M.), Udo Rauin(Schwäb. Gemünd),Jörg Ruhloff (Wuppertal),Horst Rumpf (Fr<strong>an</strong>kfurt/M.),Michael Winkler (Jena)Fr<strong>an</strong>kfurt, den 7.9.05Der Gesamtpersonalrat der Lehrerinnenund Lehrer beim StaatlichenSchulamt Fr<strong>an</strong>kfurt kritisiert zuSchuljahresbeginn die Versäumnisseder hessischen L<strong>an</strong>desregierungim Bildungssystem.Von m<strong>an</strong>gelndem Fortbildungswillender Lehrkräfte zu sprechenzeugt <strong>an</strong>gesichts der Zerschlagungdes in vielen Jahren bewährtenSystems staatlicher Fortbildungnicht nur von Zynismus, sondernauch von Unkenntnis der wahrenVerhältnisse. Ähnlich wie bei derUnterrichtsgar<strong>an</strong>tie werden auchhier der Bevölkerung Lügen aufgetischt,die von den wahren Versäumnissenin der Bildungspolitikablenken sollen.Die Nachweispflicht bzgl. Fortbildungfür Lehrkräfte, die zumSchuljahresbeginn 1.8.05 eingeführtwurde, bedeutet ein kleinkariertesKontrollsystem, das von dem „Institutfür Qualitätsentwicklung“gestützt, die Lehrkräfte <strong>an</strong>weist,ihre Fortbildungs<strong>an</strong>strengungenpenibel aufzulisten. Dabei gibt esin der Praxis eine Reihe ungelösterProbleme, da m<strong>an</strong> Träger von Ver<strong>an</strong>staltungen,die Lehrkräfte zuihrer Fortbildung nutzen wollen,nicht zwingen k<strong>an</strong>n, sich den Vorschriftendes Hessischen Kultusministeriumszu unterwerfen.Wer aber glaubt, dass das HessischeKultusministerium keineAnstrengung ungenutzt lässt, umFortbildungs<strong>an</strong>gebote für Lehrkräftebereit zu stellen, der irrt. Dasbestehende Fortbildungs<strong>an</strong>gebotsteht in keinem Verhältnis zurAnzahl der Lehrkräfte und ihremBedarf. Mit St<strong>an</strong>d 1.9.05 weisendie Fortbildungsseiten des HessischenKultusministerium Folgendesaus: das „Amt für Lehrerbildung“beispielsweise, das zentrale Fortbildungsver<strong>an</strong>staltungenfür alle ca.50 000 hessischen Lehrkräfte <strong>an</strong>bietensoll, geht zum Schuljahresbeginnmit 26 (!!!) Angeboten insRennen, davon 8 für das schulischeLeitungspersonal und 6 für Lehrkräfte,die in speziellen Funktionentätig sind. Das Staatliche SchulamtFr<strong>an</strong>kfurt, das als „regionales Bildungszentrum“für ca. 5 500 Fr<strong>an</strong>kfurterLehrkräfte fungiert, startetmit 15 Ver<strong>an</strong>staltungen, wobei Fortbildungin Fächern wie Deutsch,Mathematik, Physik, alle Sprachen,sowie für den gesamten Bereich derBeruflichen <strong>Schulen</strong> vollkommenfehlen.Dafür darf sich die Lehrkraftaber per Internet durch ein unübersichtlichesAngebot von 260 privatenFortbildungsträgern arbeiten,wobei unklar bleibt, ob die Kostenfür solche Fortbildungsmaßnahmenvom Arbeitgeber übernommenwerden, da der vom L<strong>an</strong>d zurVerfügung gestellte Etat hartnäckignicht beziffert wird.Der Gesamtpersonalrat derLehrerinnen und Lehrer bezeichnetdiese Situation als unerträglich. Esliegt im Interesse des Arbeitgebers,für die Fortbildung, den Erhalt undAusbau der beruflichen Quaifikationdes Personals zu sorgen und dieMittel hierfür bereit zu stellen. DerWeg in die Privatisierung und dieAbsicht, die Kosten den Lehrkräftenaufzubürden, ist der falsche Weg.Lehrerinnen und Lehrer aberhaben es satt, als Sündenböcke fürdie Versäumnisse <strong>an</strong>derer herhaltenzu müssen. Um die Defizite desBildungssystems zu beheben, fordernsie schon seit l<strong>an</strong>gem kleinereKlassen, mehr Zeit für die Kinderund Jugendlichen, Unterstützungdurch ein Netz von Psychologenund Sozialpädagogen,wie es z.B. in Finnl<strong>an</strong>d <strong>selbst</strong>verständlichist, ein freundliches undsauberes Lernumfeld sowie bessereAusstattung mit Lernmittelnund vieles <strong>an</strong>dere mehr.