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Wolff plant: Schulen selbst schuld an Unterrichtsausfall - GEW ...

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FLZ Nr. 3/05 FEUILLETONSEITE 19„Deutschl<strong>an</strong>d 2008 – ein Szenario“Heinrich von Pierer, der ehemaligeSiemens-Chef, hat in den zweiJahren seiner K<strong>an</strong>zlerschaft vielerreicht. Der STERN sprach mitdem Bundesk<strong>an</strong>zler über seineErfolge und künftigen Pläne.STERN: Sehr geehrter Herr Bundesk<strong>an</strong>zler,Kritiker werfen Ihnenvor, Sie seien bei der S<strong>an</strong>ierungDeutschl<strong>an</strong>ds übertrieben brutalvorgeg<strong>an</strong>gen.v. Pierer: Das sehe ich nicht so.Als mich das überparteiliche Bündnisfragte, ob ich K<strong>an</strong>zler werdenmöchte, um Deutschl<strong>an</strong>d vor demKonkurs zu retten, habe ich gleicherklärt, dass ich das L<strong>an</strong>d so s<strong>an</strong>ierenwerde, wie ich Siemens s<strong>an</strong>ierthabe: streng marktwirtschaftlich.Siemens und Deutschl<strong>an</strong>d gleichensich in gewisser Weise: zwei Gemischtwarenlädenmit sehr unterschiedlichenKomponenten, dieeinen leistungsfähig, die <strong>an</strong>derenweniger. Ich habe nur das gemacht,was ich auch bei Siemens get<strong>an</strong>habe: unproduktive Unternehmensteileabgestoßen.STERN: Sie sprechen von den neuenBundesländern?v. Pierer: Nicht von allen. Thüringenund Sachsen haben sich jaals s<strong>an</strong>ierungsfähig erwiesen, diehaben wir behalten. Für Mecklenburg-Vorpommernkonnten wirnichts mehr tun, Totalverlust. Dakam uns das Angebot der Bush-Administrationg<strong>an</strong>z recht, gegen dieÜbernahme der L<strong>an</strong>des<strong>schuld</strong>en undfür den symbolischen Kaufpreis von1 Euro das L<strong>an</strong>d als Testgelände fürdie US-Army zu kaufen.STERN: Polen hat Berlin, Br<strong>an</strong>denburgund Sachsen-Anhalt sogarkostenlos bekommen.v. Pierer: Richtig. Sie dürfenaber nicht vergessen, dass sichPolen im Gegenzug verpflichtete,drei Millionen der ärmsten deutschenRentner dort <strong>an</strong>zusiedeln. Von300 Euro Rente k<strong>an</strong>n in Deutschl<strong>an</strong>dkeiner leben, aber in Polen wegender wesentlich geringeren Lebenshaltungskostenschon. Mit diesemBefreiungsschlag haben wir dieSozialhilfekosten massiv reduziertund den deutschen Kommunenwieder auf die Beine geholfen.STERN: Den Bundeshaushalt habenSie durch einen Verkauf derdeutschen Schulden <strong>an</strong> US-Pensionsfondss<strong>an</strong>iert. Es gab durchausKritik dar<strong>an</strong>, dass Sie als Sicherheitdie Alpen, den Schwarzwald, denKölner Dom, die RüdesheimerDrosselgasse sowie Rothenburg obder Tauber und das Münchner Oktoberfestverpfändet haben.v. Pierer: Verpfändet ist nichtverkauft! Die einheimische Bevölkerungk<strong>an</strong>n diese Liegenschaftengegen eine geringe Eintrittsgebührweiterhin ungehindert nutzen.STERN: Bei den Arbeitslosen sindSie einen neuen Weg geg<strong>an</strong>gen ...v. Pierer: ...den am Anf<strong>an</strong>gauch wieder keiner begriffen hat.Erst hieß es, es sei widersinnig, dieArbeitslosenzahl durch Entlassungensenken zu wollen. Aber dasmacht jeder M<strong>an</strong>ager, der zu vieleLeute hat, die zu viel Geld kosten. Erentlässt sie einfach! Wir haben zweiMillionen Arbeitslose aus der deutschenStaatsbürgerschaft entlassenund aus Deutschl<strong>an</strong>d ausgewiesen.STERN: Wohin?S<strong>an</strong>ierungsfall Deutschl<strong>an</strong>d AGv. Pierer: Unterschiedlich. Nichtwenige sind mit einer „Blond Card“als Straßenkehrer in Indien untergekommen.Andere wurden als Soldatenin diversen afrik<strong>an</strong>ischen Bürgerkriegsländernverpflichtet.STERN: Auch bei der L<strong>an</strong>desverteidigungkonnten Sie massiv sparen.v. Pierer: Das stimmt. Sie alsPrivatm<strong>an</strong>n halten sich ja auch keinenpersönlichen Polizisten. Warumsollten wir das als Staat tun?!Dem Trend zum Outsourcing könnensich auch die öffentlichen Einrichtungennicht entziehen. Alsohabe ich die Bundeswehr abgeschafft,die viel zu teuer ist. ImBedarfsfall kaufen wir uns Sicherheitsleistungenzum Beispiel vonUS-Söldnerfirmen ein, die zudemauch noch das g<strong>an</strong>ze Kriegsgerätvorrätig halten. So entfallen füruns Lager- und Wartungskosten.Just-in-time-Sicherheit sozusagen.STERN: Sogar die Politiker habenSie zu Gunsten der Staatskasse eingesp<strong>an</strong>nt.v. Pierer: Es war schließlichnicht einzusehen, dass solche hochkarätigenEntertainer kostenlos beiVereinsfesten und Einweihungenauftreten. Seitdem wir Gebührenfür die Anwesenheit von Politikernerheben, kommt Geld in die Staatskasseund die Terminflut für die Politikernimmt ab, so dass sie endlichwieder in ihren Büros arbeiten können,statt bei irgendwelchen KarnickelzüchternGrußworte zu sprechen.Die Deutschen müssen sichdr<strong>an</strong> gewöhnen, dass es nichts mehrkostenlos gibt, auch nicht Grußwortevon Politikern. Roberto Bl<strong>an</strong>cosingt bei der Einweihung eines Baumarktesja auch nicht kostenlos.STERN: Aber ein Staatssekretärsingt doch auch nicht.v. Pierer: Gegen Aufpreis schon!STERN: Was sind Ihre nächstenPläne, Herr Bundesk<strong>an</strong>zler?v. Pierer: Wir haben noch zirka2,5 Millionen Arbeitslose in Deutschl<strong>an</strong>d.Ich beabsichtige, durch weitereEntlassungen endlich Vollbeschäftigungherzustellen. Außerdem müssenwir uns noch stärker auf unsereKernkompetenzen konzentrieren.Ich habe <strong>an</strong> den Universitäten unsinnigeStudienfächer wie Sozialpädagogikstreichen und deutsche Kernfächerwie Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaftenstark ausbauen lassen.STERN: Wird Deutschl<strong>an</strong>d durchZukäufe wachsen?v. Pierer: Das halte ich nicht fürausgeschlossen. Wie Sie sicher wissen,befinden wir uns seit einigenWochen in Verh<strong>an</strong>dlungen mitFr<strong>an</strong>kreich, weil wir das Elsass kaufenwollen. Obwohl wir den Fr<strong>an</strong>zoseneinen fairen Preis gemachthaben, sträuben sie sich noch. Aberich glaube nicht, dass sie diesen Kursnoch l<strong>an</strong>ge durchhalten können.Schließlich hat es Fr<strong>an</strong>kreich imGegensatz zu Deutschl<strong>an</strong>d versäumt,um 5 vor 12 mit einem strengmarktwirtschaftlichen Kurs dasRuder doch noch herumzureißen.Das hat dazu geführt, dass Paris vonmarodierenden Afrik<strong>an</strong>ern aus denehemaligen Kolonien zur Hälfteniedergebr<strong>an</strong>nt wurde und in Marseillejetzt ein islamischer Kalif regiert.Fr<strong>an</strong>kreich braucht Geld, eswird uns das Elsass verkaufen. Ichwill nicht verhehlen, dass wir auchInteresse <strong>an</strong> der Champagne unddem Bordelais haben.STERN: Duce Berlusconi, der Führerdes weitgehend b<strong>an</strong>krotten Italiens,soll Deutschl<strong>an</strong>d Südtirol zumKauf <strong>an</strong>geboten haben?v. Pierer: Das stimmt. Südtirolwürde durchaus in unser Produkt-Portfolio passen. Dort gibt es nocheine ausgeprägte L<strong>an</strong>dwirtschaft ,und diese gehört zu den deutschenKernkompetenzen: Der deutscheBauer erzeugt auf deutscher Scholledeutsche Lebensmittel. Allerdingsmüssten die Italiener zunächstdie Altlasten entsorgen.STERN: Altlasten?v. Pierer: Na, die in Südtirol lebendenItaliener. Die können wirnatürlich nicht gebrauchen. Diemuss der Duce erst zurücknehmen.STERN: Es gibt Gerüchte, Großbrit<strong>an</strong>nienhabe Deutschl<strong>an</strong>d eineFusion <strong>an</strong>geboten.v. Pierer: Dazu möchte ich zumjetzigen Zeitpunkt nur sagen, dassGroßbrit<strong>an</strong>nien wie wir gut amMarkt positioniert ist. Eine Fusionkönnte durchaus die F<strong>an</strong>tasie derAnleger wecken. Diese müssteallerdings auf gleicher Augenhöheerfolgen. Eine feindliche Übernahmewird es nicht geben.STERN: Herr Bundesk<strong>an</strong>zler, wird<strong>an</strong>ken Ihnen für dieses Gespräch.v. Pierer: Gern geschehen. Undvergessen Sie nicht, am Ausg<strong>an</strong>gdie Gebühren für das Interview indie Staatskasse einzuzahlen. Achja, bevor ich’s vergesse: Dieses Interviewwas powered by Coca Colalight.aus: STERNEmpfehlenswerte Bücher„Weinen hat seine Zeit undLachen hat seine Zeit“Der jüdische Arzt Max Kirschner,der in der NS-Zeit in Fr<strong>an</strong>kfurt amMain als Arzt praktizierte, wirddiskriminiert, entrechtet, nach Buchenwaldverschleppt und k<strong>an</strong>nnoch nach der Haft in die USAemigrieren.Das in der USA geschriebeneM<strong>an</strong>uskript seinerErlebnisse rettet seinSohn und ein Fr<strong>an</strong>kfurterArzt, BerndHontschik org<strong>an</strong>isiertdie Herausgabeim renommiertenJüdischen Verlag.Erneut wird diesogen<strong>an</strong>nte „dunkleZeit“, die Nazi-Zeitin dieser hervorragendgeschriebenen Autobiographieeindrucksvoll beleuchtet, das jüdischeLeben in Fr<strong>an</strong>kfurt am Mainvor seiner Vernichtung wird plastischdeutlich und persönliche undgesellschaftliche Aspekte werden realistischverknüpft.■ Weinen hat seine Zeit undLachen hat seine Zeitvon Max Kirschner, Ebba D.Drolshagen Jüdischer Verlag(2004) EUR 19,80„Stille Rebellen“Einer der eindrucksvollsten Berichteüber Widerst<strong>an</strong>dsaktionen imbesetzten Europa beschreibt MarionSchreiber im Buch „Stille Rebellen“.Der Überfall auf den 20. Deportationszugnach Auschwitz! Esgeht um Belgien!Paul Spiegels’s Schwester wurde,wie er in seinem Vorwortschreibt, aus Belgien nachAuschwitz deportiert, 60%der 60.000 Juden in Belgienkonnten jedoch vor der Deportationgerettet werden.Die Darstellung des Mutes,der Klugheit und des Gerechtigkeitssinnsder in diesemBuch geschilderten Widerst<strong>an</strong>dsgruppewird Jugendlichebeeindrucken. Ja,es gab Menschen, Jugendliche,die unter Einsatz ihres Lebenswagten, einen DeportationszugnachAuschwitz zu überfallen.Wer diesesBuch liest wird indiese Zeit, in dieseAtmosphäre des besetztenBelgien eintauchen,viel Wissenund viele Eindrückeüber dieseSeite der NS-Zeit erhalten– ein geradeauch für Jugendliche hervorragendesBuch.■ Stille Rebellen von MarionSchreiber Aufbau Tb (2002)EUR 9,50„Zeugen ausder Todeszone“Das jüdischeSonderkomm<strong>an</strong>doin Auschwitzist ein Buch (vonEric Friedler u.a.),das in das Zentrumder NS-VernichtungsfabrikAuschwitz-Birkenaueinen tiefen,erschütterndenEinblick ermöglicht.Neben der detailliertenDarstellung des Aufst<strong>an</strong>des desSonderkomm<strong>an</strong>dos in Auschwitz-Birkenauermöglichtdieses Buch unterAuswertung des heutigenwissenschaftlichen Forschungsst<strong>an</strong>dseine seriöseEinführung in die Geschichteund Entwicklungdes Vernichtungslagers.Ein St<strong>an</strong>dardwerk, dasin jede Schulbibliothek gehörtund von mir persönlichebenso wie die beiden<strong>an</strong>deren vorgestellten Bücher nurnachhaltig empfohlen werden k<strong>an</strong>n.■ Zeugen aus der Todeszonevon Eric Friedler, u. a. Dtv (2005)Taschenbuch: EUR 14,50Aktuelle Politik:„Mythos Attac“von Jörg BergstedtAuch innerhalb der <strong>GEW</strong>hat Attac einen gewissenEinfluss. Attac steht –grob gesprochen – für einePolitik, die internationalund in Deutschl<strong>an</strong>d nochdagegenhält,Leute mobilisiert,die dagegenhaltenwollen! Dass dasdringend nötig ist –das steht gewiss außerZweifel.Umso mehr wirdes – hoffentlich produktive– Verärgerungauslösen, dass derBr<strong>an</strong>des &Apsel Verlag„Kritikern vonLinks“ die Möglichkeiteröffnet hat, den Mythos Attaczu untersuchen und zu kritisieren.Der Teufel steckt ja bek<strong>an</strong>ntlichim Detail, und detailliertbemüht sich Jörg Bergstedt,durch die Analyse von Dokumentenund Äußerungen von Sprechernder Attac nachzuweisen,wie „systemstabilisierend“ Attaceher eine Ventilfunktion für großenUnmut bietet, als eine wirklichnachdrückliche Oppositiongegen Kapitalismus und deutscheExp<strong>an</strong>sion! Eine Streitschrift, derenLektüre, ob m<strong>an</strong> zustimmtoder nicht, einen auf jeden Fall<strong>an</strong>regt, genauer hinzuschauen,genauer zu lesen und nicht aufden ersten Anschein (oder die ersteHoffnung) hin einfach unkritischauf Attac zu setzen.■ Mythos Attacvon Jörg Bergstedt,Br<strong>an</strong>des &Apsel (2004)EUR 14,90Zusammengestelltund empfohlenvon Benjamin Ortmeyer

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