Kulturnotizen - Druckservice HP Nacke KG

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23.11.2012 Aufrufe

18 goldgelb fl irrendes, leuchtendes Gefi eder, noch im Kontrast zum Purpur und zu allem Rot. Das Gesicht wirkt gerade in seiner Längung aufmerksam und unmittelbar. Obzwar etwas seitlicher als bei Velázquez positioniert, ist hier Innozenz X. doch näher am Betrachter. Und erst recht bei Schmersal thront Innozenz X. und vermittelt so geistige Größe. Dazu ist der Umraum weiter abstrahiert, mit dem Pinsel in Farbbahnen gezogen, noch mit der Andeutung möglicher Schatten. Schmersals Gemälde ist eine Malerei über Malerei, eine anregende, hochgebildete Lehrstunde über ihre Gegenwärtigkeit und ihre Präsenz durch die Geschichte hindurch, welche anhand des Motivs in ihrer Historizität unterstrichen ist. Und es ist Porträtmalerei über eine Porträtmalerei – auch hier gilt, was Raimund van Well über Schmersals Malerei vorm menschlichen Modell geschrieben hat: dass es sich um „ein[en] wirklich[en] Beitrag zur Wirklichkeit des anwesenden Menschen“ handle (Kat. Köln 1999, S. 48). Nun aber wird die Frage von Anwesenheit und Abwesenheit auf die Spitze getrieben. Neu angegangen wird die Differenz von Realität und Vorstellung, noch als Nachbild aus der Erinnerung. Und angesprochen ist schließlich das prekäre Verhältnis von Werktreue und Interpretation, von Original und Zitat, unvermittelt und vermittelt: Wie sehr können wir den überlieferten Bildern trauen oder ist nicht erst das neue Bild – fern jeder damaligen Auftragsmalerei, auch mithin „Schönmalerei“ – authentisch? Natürlich fordert Schmersals zeitgenössisches Meisterwerk darüber hinaus zur Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte und deren Konditionen auf. Für andere Bilder wendet sich Schmersal dem Figureninventar der frühen Malerei zu. Mit den Gestalten der klassischen Mythologie und des Alten Testaments kommt augenblicklich eine weitere Refl exionsebene hinzu, die den Kanon der Visualisierung des Nicht-Visualisierbaren anspricht. Schmersal entwirft die überlieferten Figuren als Malerei zwischen Individualität und Typus mit den entsprechenden Attributen. Die Ikonographie und die Symbole – schon die Schlange oder ein Amor – werden für ihn Innozenz X. (Velázquez), 2009, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm zu expressiver Anverwandlung, einzigartig und reich an inhaltlichen Dimensionen. Und mit all dem erweckt Schmersal die Darstellungsweisen der Kunstgeschichte zu zeitgenössischer Vitalität. Er zeigt dabei, über welche schiere Kraft und Frische Malerei verfügt und dass sich ihre klassischen Themen und Gattungen aus sich heraus regenerieren. Innerhalb der Kette der Motive und Sujets, die Peter Schmersal im Laufe seiner Tätigkeit geschaffen hat, ist die Hinwendung auf die Darstellungen aus der Geschichte der Malerei konsequent und geht noch einen Schritt weiter. Seine Malerei ist Ausdruck von Beobachtungsgabe und rigoroser Vergegenwärtigung, sie bannt Aura und spürt die Momente sinnlicher Welt auf – auch da, wo wir nicht damit gerechnet haben. Peter Schmersal stellt vom 11. Dezember bis 26. Februar in der Galerie Horst Schuler, Citadellstr. 15 in Düsseldorf aus. www.horstschuler.com Thomas Hirsch © für alle Bilder: Atelier Peter Schmersal, Porträt: Thomas Hirsch

Der Gigant der tiefen Töne Kurt Rydl und seine Wuppertaler Ehefrau Ein Bild mit Seltenheitswert: Kurt Rydl zu Hause in Wien. Die abwechslungsreiche Geschichte des Barmer Bahnhofs hat eine neue Epoche erreicht. Martina Steimer als langjährige Prinzipalin des Forum Maximum im kuscheligen Rex-Theater in Elberfeld wird Pächterin im Barmer Bahnhof. Mit dem Auftritt von Götz Alsmann am 4.Feburar 2011 soll es losgehen. „Forum Maximum im Barmer Bahnhof“ heißt die Stätte der besonderen Unterhaltung. Es trafen sich Partner, deren Interessen für die Kultur absolut kompatibel sind, auch wenn sie aus unterschiedlichen Bereichen stammen. Was die Sache eher spannender gestaltet. Hier die ausgewiesene Fachfrau Martina Steimer für die Kabarett-und Comedy-Szene. Andererseits Christiane und Kurt Rydl als die Besitzer der Immobilie mit dem Focus auf den klassischen Bereich. Wobei wir beim „Bahnhofsvorsteher“ der besonderen Sorte wären. Kurt Rydl war buchstäblich wieder einmal auf der Durchreise. Angehalten hat er an seinem eigenen Bahnhof. Dem Barmer Bahnhof, den er gemeinsam mit seiner Ehefrau Christiane vor zwei Jahren für 540.000 Euro gekauft hat. Er kam Anfang November 2010 von einem Auftritt im „Ring des Nibelungen“ mit der Kölner Oper bei der EXPO in Shanghai und reiste weiter nach Dresden und Wien, wo er in der Semperoper und in der Staatsoper im „Rigoletto“ von Verdi die Rolle des Mörders Sparafucile spielte. Sein Terminkalender ist gefüllt bis in das Jahr 2014. Allein für 2011 tauchen in seinem Terminkalender in alphabetischer Reihenfolge die Auftrittsorte Amsterdam, Dresden, London, Oviedo, Paris, Turin und Zürich auf. Das Arbeitspensum dieses Mannes ist für einen normalen Menschen kaum vorstellbar und selbst in hochkarätigen Künstlerkreisen eher selten. Aber der Kammersänger Kurt Rydl ist kein „normaler Mensch“ und in fast allen Facetten des Lebens wohl eine Rarität. „Beuteltier, Urviech und Gigant“ sind nur einige der Beschreibungen in den Medien über den Mann, der natürlich mit den legendären „Drei Tenören“ eine CD „Weihnachten der Weltstars“ aufnahm. Rydls Repertoire umfasst ca.100 Partien, 1996 wurde er zum Kammersänger ernannt, im Jahre 1999 zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper und allein bei den Salzburger Festspielen hat der „Megabass“ in 19 Jahren über 200 Vorstellungen absolviert. Beim Wiener Opernball 2010 gab es eine 19

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noch im Kontrast zum Purpur und zu<br />

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Obzwar etwas seitlicher als bei<br />

Velázquez positioniert, ist hier Innozenz<br />

X. doch näher am Betrachter. Und erst<br />

recht bei Schmersal thront Innozenz X.<br />

und vermittelt so geistige Größe. Dazu<br />

ist der Umraum weiter abstrahiert, mit<br />

dem Pinsel in Farbbahnen gezogen, noch<br />

mit der Andeutung möglicher Schatten.<br />

Schmersals Gemälde ist eine Malerei über<br />

Malerei, eine anregende, hochgebildete<br />

Lehrstunde über ihre Gegenwärtigkeit<br />

und ihre Präsenz durch die Geschichte<br />

hindurch, welche anhand des Motivs in<br />

ihrer Historizität unterstrichen ist. Und es<br />

ist Porträtmalerei über eine Porträtmalerei<br />

– auch hier gilt, was Raimund van Well<br />

über Schmersals Malerei vorm menschlichen<br />

Modell geschrieben hat: dass es<br />

sich um „ein[en] wirklich[en] Beitrag zur<br />

Wirklichkeit des anwesenden Menschen“<br />

handle (Kat. Köln 1999, S. 48). Nun<br />

aber wird die Frage von Anwesenheit<br />

und Abwesenheit auf die Spitze getrieben.<br />

Neu angegangen wird die Differenz<br />

von Realität und Vorstellung, noch als<br />

Nachbild aus der Erinnerung. Und<br />

angesprochen ist schließlich das prekäre<br />

Verhältnis von Werktreue und Interpretation,<br />

von Original und Zitat, unvermittelt<br />

und vermittelt: Wie sehr können wir den<br />

überlieferten Bildern trauen oder ist nicht<br />

erst das neue Bild – fern jeder damaligen<br />

Auftragsmalerei, auch mithin „Schönmalerei“<br />

– authentisch? Natürlich fordert<br />

Schmersals zeitgenössisches Meisterwerk<br />

darüber hinaus zur Auseinandersetzung<br />

mit der Kunstgeschichte und deren Konditionen<br />

auf.<br />

Für andere Bilder wendet sich Schmersal<br />

dem Figureninventar der frühen Malerei<br />

zu. Mit den Gestalten der klassischen<br />

Mythologie und des Alten Testaments<br />

kommt augenblicklich eine weitere<br />

Refl exionsebene hinzu, die den Kanon<br />

der Visualisierung des Nicht-Visualisierbaren<br />

anspricht. Schmersal entwirft die<br />

überlieferten Figuren als Malerei zwischen<br />

Individualität und Typus mit den<br />

entsprechenden Attributen. Die Ikonographie<br />

und die Symbole – schon die<br />

Schlange oder ein Amor – werden für ihn<br />

Innozenz X. (Velázquez), 2009, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm<br />

zu expressiver Anverwandlung, einzigartig<br />

und reich an inhaltlichen Dimensionen.<br />

Und mit all dem erweckt Schmersal die<br />

Darstellungsweisen der Kunstgeschichte<br />

zu zeitgenössischer Vitalität. Er zeigt<br />

dabei, über welche schiere Kraft und<br />

Frische Malerei verfügt und dass sich ihre<br />

klassischen Themen und Gattungen aus<br />

sich heraus regenerieren. Innerhalb der<br />

Kette der Motive und Sujets, die Peter<br />

Schmersal im Laufe seiner Tätigkeit<br />

geschaffen hat, ist die Hinwendung auf<br />

die Darstellungen aus der Geschichte der<br />

Malerei konsequent und geht noch einen<br />

Schritt weiter. Seine Malerei ist Ausdruck<br />

von Beobachtungsgabe und rigoroser Vergegenwärtigung,<br />

sie bannt Aura und spürt<br />

die Momente sinnlicher Welt auf – auch<br />

da, wo wir nicht damit gerechnet haben.<br />

Peter Schmersal stellt vom 11. Dezember<br />

bis 26. Februar in der Galerie Horst<br />

Schuler, Citadellstr. 15 in Düsseldorf aus.<br />

www.horstschuler.com<br />

Thomas Hirsch<br />

© für alle Bilder: Atelier Peter Schmersal,<br />

Porträt: Thomas Hirsch

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