Kulturnotizen - Druckservice HP Nacke KG
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2008 über 25% mehr Besucher verzeichnen,<br />
dazu kommen Gäste zu über 89<br />
weiteren Veranstaltungen wie Vorträgen,<br />
Tagungen und Diskussionen oder etwa<br />
dem „public viewing“ in Kooperation<br />
mit dem WDR Köln. Illner wünscht sich<br />
noch mehr Interesse bei Familien und<br />
möchte die Attraktivität des Museums<br />
– parallel zur Dauerausstellung - durch<br />
Wechselausstellungen und durch ein weit<br />
gefächertes Programm verbessern.<br />
Eberhard Illner hat nicht nur eine Menge<br />
guter Ideen, sondern auch ein umfassendes<br />
Wissen und die nötige Ausstrahlung.<br />
Wenn er Besucher führt, werden die<br />
Zusammenhänge klar. Zum Beispiel fragt<br />
er, warum sich ausgerechnet im Wuppertal<br />
so zahlreiche Sekten gebildet haben,<br />
so viele Vereine entstanden sind und vor<br />
allem so unverdrossen fl eißig gearbeitet<br />
wurde, trotz schlimmster Lebensbedingungen.<br />
Das hängt mit pietistischen und<br />
kalvinistischen Strömungen zusammen:<br />
Wer von Gott erwählt oder verworfen ist,<br />
liegt bereits fest. Wer erwählt ist, gelangt<br />
zu Erfolg und Ansehen. Für die Verworfenen<br />
bleibt nichts als die Flucht in Sekten,<br />
von denen es bekanntlich im Wuppertal<br />
reichlich gegeben hat, die radikale Trennung<br />
von der Kirche oder der Alkohol.<br />
So heißt es in Otto Hausmanns Dichtung<br />
„Mina Knallenfalls“ um 1860:<br />
„Ich wurde an der Fuhr erzogen<br />
Mein Vater war alkoholkrank<br />
meine Mutter strickte Socken (....)“<br />
(Die Fuhr war eine verkommene Straße<br />
im Hochwassergebiet der Wupper, an der<br />
die Ärmsten der Armen hausten.)<br />
Goethe hat die religiösen Eigenarten<br />
nicht nur an seinem Freund Jung-Stilling<br />
wahrgenommen: “Sein Glaube duldete<br />
keinen Zweifel und seine Überzeugungen<br />
keinen Spott (...) und seinen Wunderglauben,<br />
der ihm so wohl zustatten kam,<br />
ließ ich unangetastet.“ 1828 schreibt der<br />
Dichter über die evangelischen Predigten<br />
von D. Krummacher, Pfarrer zu<br />
Gemarke: „In diesem Orte steht Herr<br />
Krummacher als Prediger. Sein Publikum<br />
besteht aus Fabrikanten, Verlegern und<br />
Arbeitern, denen Weberei die Hauptsache<br />
ist. (...) Die Weber sind von je her als ein<br />
abstrus–religiöses Volk bekannt,(...).“<br />
Weiter heißt es ironisch über die Manipulation<br />
der Predigten: „Man könnte<br />
Das Engels-Haus, so wie es die Wuppertaler kennen<br />
Der Salon im Engels-Haus<br />
deshalb diese Vorträge n a r k o t i s c h e<br />
P r e d i g t e n nennen; welche sich denn<br />
freilich (...) höchst wunderlich ausnehmen.“<br />
Das Historische Zentrum ist ein lebendiger<br />
Ort der Geschichtskultur des Wuppertales,<br />
die es unbedingt lohnt kennen<br />
zu lernen. Die Damen von der Aufsicht<br />
erleben das aus ihrer Sicht: Sie erzählen<br />
von einem chinesischen Besucher, der<br />
auf Empfehlung von Freunden voller<br />
Begeisterung den ganzen Tag im Museum<br />
verbracht hat. Besonders auffallend ist,<br />
wie schnell sich auch unlustige Schüler<br />
motivieren lassen: „Und wenn keine<br />
Schulklassen mehr kämen – die würden<br />
wir sehr vermissen!“<br />
Marlene Baum<br />
Fotos Peter Frese