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Die Unbeirrbare„Schreiben macht arm“, beklagte Gabriele Bärtels in der „Zeit“ ihreSituation als freie Journalistin. Liegt‘s nur an den anderen?Titel „medium magazin“ 12/2007, S. 60-63 (Langfassung) -Interview: Ulrike LangerWelche Reaktionen haben Sie auf IhrenBeitrag ”Schreiben macht arm“ in der ”Zeit“bekommen?Gabriele Bärtels: In den ersten Tagen kamensicher 100 bis 120 Emails, auch jetzt erhalte ichnoch täglich welche. Die Hälfte davon stammtvon ähnlich Betroffenen, die sich durch meineGeschichte entlastet fühlen, weil sie sich nichtlänger als Einzelfall und Versager sehen müssen.Erstaunlicherweise kamen bei mir selbst zu 98Prozent positive oder bestätigendeRückmeldungen an, während vor allem inJournalistenforen oft sehr kritisch argumentiertwurde, teilweise auch richtig gehässig. Es gabaußerdem Interviewanfragen von Zeitungen undvon einem Fernsehmagazin. Aber ich habe dasmeiste abgelehnt. Ich will nicht auf Dauer alsarmes Hascherl durch die Öffentlichkeit touren.Was ist die konkrete EntstehungsgeschichteIhres Beitrags? War die ”Zeit“ Ihre ersteWahl für die Veröffentlichung und hat dieRedaktion Ihren Text sofort veröffentlicht?Nein, alles nicht. Ich habe den Text im Juli oderAugust geschrieben, ich weiß das gar nicht mehrgenau. An diesem Tag bin ich wieder einmalaufgestanden und fragte mich wofür, denn ichhatte seit Tagen kein Geld mehr und wusste auch,es kommt keins. Ich dachte, ich überstehe denTag nur, wenn ich mich auf Arbeit konzentriere.Das einzige Thema, das ich überhaupt im Kopfhatte, war dieses, also schrieb ich es auf. ZweiWochen später habe ich den Text der ”BerlinerZeitung“, dann dem ”Journalist“, später der„Welt“ angeboten, aber sie wollten ihn nicht.Mit welcher Begründung?Begründung? Verdiene ich Begründungen? Dakam höchstens die Antwort, ”wir kommenvielleicht später darauf zurück“. Ich habe denText dann liegen gelassen und gedacht, er istwohl zu peinlich. Das denke ich eigentlichimmer, wenn wieder mal ein Text zwei oder dreiMal abgelehnt wurde. Ein paar Wochen späterhabe ich ihn als letzten Versuch an ”Die Zeit“geschickt. Im Oktober kam dann eine Email vondem Ressortleiter Thomas Kerstan, dass er denText gerne bringen würde. Es müsse noch eineVita dazu, sonst wüssten die Leser nicht, dass icheine gute Autorin bin. Die Idee derBildredaktion, das Spitzweg-Bild ”Der armePoet“ mit mir als Fotomotiv zu inszenieren, fandich witzig.Haben Sie mit solch einem Echo gerechnet?Nein, niemals. Der Ressortleiter und ichspekulierten zwar, was wohl passieren würde,aber ich habe schon vorher Texte veröffentlicht,die nicht von Pappe waren. Doch es gab immernur kleine Reaktionen - mal eine Email oder so.Ich bin über die kontroverse Resonanz sehrerstaunt. Selbst in der ”Zeit“-Redaktion, soerzählte mir Kerstan, wurde anschließend heftigdiskutiert, ob es richtig war, den Text zu bringen.Was wurde an dem Beitrag redigiert, undwenn ja, geschah das im Einvernehmen mitIhnen?Eigentlich nichts, ich habe nur auf Wunsch desRedakteurs noch zwei Sätze eingefügt, warumich Journalistin werden wollte. Ich schrieb, dassSchreiben das Beste ist, was ich habe. Und dieletzten beiden Sätze habe ich verändert.© <strong>Medium</strong><strong>Magazin</strong> Exklusiver Abo-Service unter www.mediummagazin.de 1


Wenn Sie nicht schreiben könnten, hätten sichdie Debatten wahrscheinlich schnell erledigtmit dem Rat, sich einen anderen Beruf zusuchen. Aber Sie haben Preise gewonnen, dasInternetmagazin ”Frida“ produziert und Siemachen brillante Fotos. Wie erklären Sie sich,dass Sie von all diesen Talenten nicht lebenkönnen?Ich glaube, das liegt an einer Vielzahl vonGründen, und nicht alle sind persönlich, so gernmich einige in diese Ecke stellen möchten. Ichhabe erst mit 38 Jahren mit dem Journalismusangefangen – als totale Autodidaktin. Mit 32hatte ich beschlossen, Schriftstellerin zu werdenund schmiss dafür meinen alten Job hin. Ich warvorher vier Jahre lang Kauffrau in derGrundstücks- und Wohnungswirtschaft, aber dietrockene Verwaltung und die Probleme in densozialen Brennvierteln belasteten mich. Ichwollte vom Schreiben leben und konnte mir nichtvorstellen, dass das nicht möglich sein sollte.Dann habe ich meinen ersten Text an die ”Elle“gefaxt, ängstlich – denn damals warenRedaktionen für mich wie der Olymp. Nach dreiTagen rief der Textchef an, und sagte ”FrauBärtels, ein toller Text, daraus machen wir eineTitelgeschichte und Sie bekommen 2000 Mark.“Das war doch ein toller Einstieg ...Ja, daraufhin habe ich mir sofort einenPresseausweis besorgt und gesagt: ”Ich bin jetztJournalistin.“ Die ersten drei Jahre habe ich imWesentlichen Frauenmagazine mit Texten perFax befeuert, weil ich mich auf dem Terrain derGesellschaftsthemen am sichersten fühle. Ichschreibe Portraits, gesellschaftspolitischeGlossen, Reportagen und Geschichten überPsychothemen. Ich bin keine Fachautorin,schreibe auch nicht gerne über Sachthemen,sondern lieber über Menschen. Einige Jahre langhabe ich für alle großen Frauenmagazinegearbeitet: ”Marie Claire“, ”Brigitte“,”Cosmopolitan“, ”Petra“, ”Amica“. Die genaueListe steht auf meiner Website.Die Liste ist in der Tat beeindruckend, dieListe Ihrer Journalistenpreise ebenfalls...Ist das nicht witzig? Ich fühle mich dennoch oftwie eine kleine Nuss. Hinzu kommt, dass dasSchreiben für die Frauenmagazine immer einehalbe Lüge war. Viele meiner Themen fandennicht ernsthaft Anklang. Alles muss dort flach,nett und harmonisch sein, eine bestimmte”Brigitte“- und ”Petra-“ und ”Amica“-Sprachehaben. Wenn man für ein Psychothema fünfFallgeschichten suchen muss, sollen die Frauenalle möglichst gut aussehen. Der Fall darf nichtzu heftig sein, aber auch nicht zu harmlos.Eigentlich werden da Realitäten konstruiert. Aberwenn ich als Autorin meinen Namen unter etwasschreibe, dann will ich es verantworten können.Viele freie Journalisten loben Ihren Mut, einwichtiges Thema aufzugreifen und sich zuouten. Viele kritisieren aber auch, dass SieIhren Werdegang als schicksalhaft darstellen,als ob es nicht auch erfolgreiche Freie gäbe.Können Sie die Kritik verstehen?Ja, teilweise sicher. Ich kann nur daraufhinweisen, dass ich einen subjektiven Textgeschrieben habe. Er hat keinen Anspruch aufAllgemeingültigkeit. Der Text beschreibt meineLage und die einer ganzen Reihe weitererJournalisten. Es gibt sicher im Journalismus allemöglichen Formen und Hierarchien. Das gibt esdie ”Vogelfreien“, die wie ich weit außenherumgurken, da gibt es feste Freie, vielleichtmit Pauschalistenvertrag. Manche sind gar nichtfrei, die haben einen Schreibtisch in derRedaktion, bekommen aber keine Sozialbeiträgeund keinen Urlaub, und dann gibt es dieFestangestellten. Alle machen die gleichenSachen und werden aber sehr unterschiedlichbezahlt und behandelt. Ich kann nur meineFacette schildern. Dass es erfolgreiche andereJournalisten gibt, will ich überhaupt nichtbestreiten.Vor allem auch erfolgreiche freie Journalisten.Was machen die denn anders?Stecke ich in denen drin? Ich kann nur sagen,was ich mache. Ich biete seit zehn Jahrenachhaltig und ständig Geschichten an undbekomme so gut wie nie eine Antwort, es seidenn, ich kenne die Redakteure lange. Es ist total© <strong>Medium</strong><strong>Magazin</strong> Exklusiver Abo-Service unter www.mediummagazin.de 2


schwer, Gehör zu finden. In diesen Chor stimmeneine ganze Reihe von Autoren ein, und das sindnicht alles schlechte.Dennoch liest sich Ihr Text wie eineAnhäufung von Schicksalsschlägen. Es gibtStellen wie ”ich flehe die Sachbearbeiterin inder Bank an“ oder ”mein angstverkrampfterMagen“. Da kommt stellenweise schonziemlich larmoyant herüber. War Ihnen dasklar?Nein, wer will schon larmoyant sein? Ich wolltenichts aussagen, sondern nur die Wahrheitabbilden. Sie können die Sachbearbeiterin inmeiner Bank fragen, die wird Ihnen dasbestätigen. Sie hat mir oft gesagt, ”Frau Bärtels,glauben Sie nur nicht, Sie sind alleine mit IhrerSituation. Es gibt so viele von Ihnen, dieversuchen, noch die letzten 50 Euroherauszuholen.“ Das betrifft auch anderefreischaffende Kreative –Architekten,Fotografen, Webdesigner. Ich stehe damit nichtalleine. Aber ich kann es nur anhand meinereigenen Situation erzählen. Allein die Tatsache,dass ich soviel Briefe von Leuten bekommenhabe, denen es ähnlich geht, gibt mir Recht.Warum sind Sie für Ihre Redakteure nur eineEmail oder eine Stimme am Telefon? HabenSie nie den persönlichen Kontakt gesucht?Natürlich suche ich den. Ich bin auch in denRedaktionen gewesen, bei der ”Brigitte“, bei”Marie Claire“, bei ”Petra“. Mit demRessortleiter der ”Berliner Zeitung“, für die ichregelmäßig schreibe, habe ich mich auch mal fürzwei Stunden getroffen, aber das ist fünf Jahreher. Seitdem läuft alles über Emails.Vielleicht sollten Sie die Kontakte malauffrischen?Wenn ich in Redaktionen anrufe und sage, ichwill auf einen Kaffee zu Euch kommen, dannantworten die: „Besten Dank, wir haben genugzu tun.“ Und das haben die Redakteure jawirklich. Aber ich frage mich, warum es nicht<strong>zum</strong> Beispiel institutionalisierte regelmäßigeBegegnungen gibt. Es wäre ja schon mal was,alle freien Journalisten, die das Blatt über dasJahr mit gefüllt haben, zur Weihnachtsfeiereinzuladen.Warum schreiben Sie so viele Texte ohneAuftrag? Warum klären Sie nicht vorher, <strong>zum</strong>Beispiel per Exposé, ob ein Bedarf an einemkonkreten Text besteht?Das ist unterschiedlich. Als ich anfing, habe ichausschließlich fertige Texte angeboten. Ich hättesonst auch keinen Stich gemacht, wenn ich mit38 Jahren bei der ”Elle“ angerufen hätte: ”Hallo,ich habe noch nie was Journalistischesgeschrieben, aber wollen Sie ein Exposé vonmir?“ Meine Erfolge bei den Frauenzeitschriftenhatte ich eigentlich nur, weil ich fertigeGeschichten geschickt habe, die den Redakteurengefielen. Ich bekomme durchaus Aufträge,wenige allerdings und vorwiegend vonKundenmagazinen.Und die nehmen Sie auch an?Ja. Aber ich wollte lieber für seriöse Blätterschreiben.Sind Kundenmagazine nicht seriös?Das ist kein echter Journalismus,beziehungsweise eine merkwürdige Mischformzwischen Journalismus oder PR. Natürlich gibtes auch professionell gemachteKundenmagazine, aber letztlich muss alles nettund harmlos sein. Was man wirklich in der Weltum sich herum sieht, darf man dort nichtschreiben. Und Lifestyle-Themen fallen mir nunmal nicht so viele ein. Aufgrund meines Beitragsin der ”Zeit“ hat mich gerade ein sehr seriösesKundenmagazin angesprochen. Das finde ichklasse, weil die professionell mit mir umgehenund gut zahlen. Ich habe ein paarThemenvorschläge eingereicht, die werden jetztgeprüft.Können Sie ein Beispiel für die typischeKarriere eines Textes nennen?Nehmen wir mal meinen Text ”Die letzteLebenszeit“ in der ”Berliner Zeitung“ vom 24.November 2007. Das sind sechs traurige undeinsame Geschichten von alten Leuten in denletzten Jahren Ihres Lebens. Die habe ich im© <strong>Medium</strong><strong>Magazin</strong> Exklusiver Abo-Service unter www.mediummagazin.de 3


Sommer zusammengetragen - ich wohne hier inBerlin in einem Haus, in dem auch viele alteLeute leben. Ich habe das geschrieben, weil michderen Situation berührt und mir Angst vor demAltwerden macht. Das Wochenendmagazin der”Berliner Zeitung“ hat sie zunächst abgelehnt,Monate später konnte ich sie dann dochüberzeugen. In der Zwischenzeit hatte ich sie aneine Ressortleiterin einer überregionalen Zeitunggeschickt. Die rief mich innerhalb von zehnMinuten zurück und sagte, ”Super, Frau Bärtels,toller Text, finde ich brillant, machen wir sofortnächstes Wochenende.“ Am Wochenende war derText nicht drin, zwei Wochen und drei Wochenspäter auch nicht. Ich habe dann nachgefragt undbekam zur Antwort, mein Text sei ja so zeitlos,den könne man schieben. In derThemenkonferenz käme immer etwas anderesdazwischen. Aber er würde bestimmt gedruckt.Das ging ungefähr acht Wochen lang so. Ich habedann die Redaktionsleiterin gebeten, mirwenigstens das Honorar schon zu zahlen, dennich bräuchte das Geld. Das wollte sie dannausnahmsweise versuchen, es würde aberschrecklichen Schreibkram geben ...Warum machen Sie bei Honorarforderungenauf Mitleid?Was heißt Mitleid? Ich brauche das Geld, das isteinfach wahr.Es klingt aber Mitleid erheischend. Siekönnten den Spieß doch auch ganzselbstbewusst umdrehen, der Redaktion eineFrist von weiteren vier Wochen geben undfalls der Text dann immer noch nichterschienen ist, das Manuskript zurückziehen.Ich bin selbstbewusst aufgetreten: Ich empfindees auch nicht als mitleidheischend, wenn ichbetone, dass ich kein Geld habe und das Honorardringend brauche. Eher habe ich das Gefühl, dassman das gar nicht oft genug betonen kann, denneinige Festangestellte scheinen sich nie darüberGedanken zu machen, wovon ein Freiereigentlich lebt. Als ich diese Ressortleiterinfragte, wieso sie mir seit Wochen keine Antwortgab, antwortete sie „Ich arbeite!“ Und was meintsie, was ich mache? Wenn ich anfange, Fristen zusetzen, dann können Sie sich darauf verlassen,dass ich innerhalb von vier Wochen für gar keineZeitung mehr schreibe.Wenn Sie mit all Ihren Aktivitäten nichteinmal auf Hartz IV Niveau kommen, wovonleben Sie dann?Ich lebe von den Honoraren, und ich habegottseidank Freunde, die mich notfallsunterstützen.Warum lassen Sie es sich gefallen, wenn IhreTexte im Internet geklaut werden?Mir hat gerade eine Autorin empfohlen, mitMahnbescheiden dagegen vorzugehen. Ichdachte, man braucht einen Anwalt, um eineUrheberrechtsklage anzustrengen.Es gibt Trainingskurse für freie Journalisten,wo man die Kunst der Selbstvermarktunglernen kann.Ja, Selbstvermarktung in einem bestimmten Stil.Ich kann mich aber auch andersselbstvermarkten. Und ich finde es ärgerlich,dass mir vorgeworfen wird, ich sei darin nichtgut genug, und von daher selber schuld anmeiner Lage. Irgendwas muss ich schon richtiggemacht haben, sonst hätte ich nicht dieVeröffentlichungen gehabt, die ich hatte. SchauenSie sich meine Website an – die ist attraktiv.Auch Frida hatte rund 700.000 Besucher,ziemlich viel Presse und anderthalb Preise. Dasist eine Art von Selbstmarketing. In meinerprivat-beruflichen Umgebung bin ich dafürbekannt, dass ich Leute weiterempfehle, und dasfällt gelegentlich auf mich zurück. Jeder, der mitmir umgeht, hat das Gefühl, es mit einerverantwortungsvollen, höflichen, erfahrenen undselbstbewussten Frau zu tun zu haben. Ich weißnicht, was ich da noch für Kurse besuchen soll.Ich wünschte mir, die Verlage würden einmalihren Umgang mit Freien überdenken, anstatteifrig Belege dafür zu suchen, dass ich allesfalsch mache.Sehen Sie sich eher als Künstlerin?Zur Hälfte ganz sicher.© <strong>Medium</strong><strong>Magazin</strong> Exklusiver Abo-Service unter www.mediummagazin.de 4


Künstler haben aber in der Regel Agenten, dieihnen die wirtschaftlichen Aspekte des Berufsvom Hals halten.Schön wär’s. Ich hatte fünf Jahre lang einen derbesten Literaturagenten in Deutschland, aber daist gar nichts passiert. Im Literaturbetrieb geht esgenauso zu wie im Journalismus. Ich habe seiteinem Jahr einen Roman bei zwei Verlagenliegen. Da wird überhaupt nicht reingeguckt, seiteinem verdammten Jahr nicht. Eine andereAgentin versprach mir Feedback nach zweiMonaten, jetzt sind schon dreieinhalb Monateherum.Vielleicht liegt Ihnen der freie Markt nicht.Haben Sie sich jemals um eine Festanstellungals Redakteurin bemüht?Nein. Wenn schon, würde ich Chefredakteurinsein wollen. Ich bin nicht so gut darin,Anweisungen abzuarbeiten. Die Ideen kommenfast immer von mir und nicht als Aufträge vonanderen. Meistens musste ich meine Themendann aber so zurechtbiegen, wie die Redaktionendas wollten, und deshalb habe ich schon rechtfrüh gemerkt, dass es besser wäre, ich hätte meineigenes <strong>Magazin</strong>. Ich war drei Monate langstellvertretende Chefredakteurin bei ”Woman“ inWien. Ein ziemlich oberflächliches Heft, das ichmitentwickeln sollte. Ich habe nach drei Monatengekündigt, trotz hoher Bezahlung, weil ichgesehen habe, dass dort Journalismus und PR ineinem unerträglichen Maße zusammengeworfenwird. Das kann ich mit meinen Vorstellungen vonAuthentizität und Aufrichtigkeit nichtvereinbaren. Ich kann nicht mitmachen, wenn inmeine Texte reingeschrieben wird, in diesemKosmetikladen ist alles ganz toll, und danebenprangt die Anzeige des Kosmetikladens.eine Verantwortung gegenüber dem Leser. Auchwenn es naiv scheinen mag: Er soll glaubendürfen, dass dieser aus einer unabhängigenPosition heraus geschrieben wurde. DiesesVerantwortungsgefühl scheint im Journalismusnicht überall Konsens zu sein.* * *ZUR PERSONGabriele Bärtels (48) lebt und arbeitetals freie Journalistin, Autorin undFotografin in Berlin. Sie veröffentlichtGlossen, Porträts und Reportagenin überregionalen Zeitungen und Zeitschriftenund schrieb drei Jahre langfür die meisten führenden Frauentitel.2002 erschien ihr erstes eigenes Buch„Homme Bizarre“ im Maasverlag. Von2004 bis 2007 gab sie das Frauen-Online-<strong>Magazin</strong>s „Frida“ heraus. Sie gewannu. a. den 1. Preis beim AutorenwettbewerbRadio SFB 1997, den AlternativenMedienpreis 2005 für „Frida“und den Journalistenpreis der Robert-Bosch-Stiftung „Bürgerschaftliches Engagement“2006.Internet: www.gabriele-baertels.deSie wollen sich nicht verbiegen?Nein, und das finde ich auch berechtigt. Ichwundere mich nur, dass es nicht mehrJournalisten gibt, die das auch nicht wollen. Diemeisten Freien machen Journalismus und PR,weil sie anders nicht über die Runden kommen.Auch ich mache also PR. Keinesfalls abermöchte ich beides vermischen. Wenn ich einenjournalistischen Text veröffentliche, so habe ich© <strong>Medium</strong><strong>Magazin</strong> Exklusiver Abo-Service unter www.mediummagazin.de 5

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