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LITTLE AUSTRIA<br />

KULTUREN IN HOHENEMS<br />

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Ich befinde mich in einer neuen Welt. Bisher war<br />

mir die kleine österreichische Stadt Hohenems<br />

nur von den Lettern auf Ortstafeln oder Autobahnschildern<br />

bekannt. Eine Durchfahrtsstadt. Durchfahrtskultur.<br />

Doch nun, so auf zwei Beinen vor dem<br />

Palast stehend, ergibt sich ein ganz anderes Bild.<br />

Hohenems nimmt Gestalt an. Schon komisch wie<br />

die Menschen am Alltäglichen vorbei blicken und<br />

nur die besonderen Ereignisse eine Erwähnung<br />

wert sind. Abschiebungsversuch in Röthis Jänner<br />

2010. Und Hohenems ist nicht weiter. Die derzeitigen<br />

politischen Ungereimtheiten der Stadt sind<br />

brisant, gerade wenn es um Migranten geht.<br />

Überall finden sich Wahlplakate, jeglicher politischer<br />

Einstellung. Darunter immer wieder auch<br />

Plädoyers wie „keine Überfremdung“ oder „Schluss<br />

mit falscher Toleranz“. Aber auch Gegenstimmen<br />

erheben sich für die kulturelle Vielfalt. Es ist kalt,<br />

der Wind bläst mir den Reif vor die Nase und ich<br />

mache mich auf den Weg.<br />

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Einem Touristen gleich, wie jene, welche wir sonst<br />

so gern belächeln, umhängt mit Taschen und Kamera,<br />

der Blick schweifend neugierig, wie ihn nur<br />

ein Fremder zeigt, gehe ich durch die altehrwürdigen<br />

Straßen. Manches Haus verfällt, andere sind<br />

frisch renoviert oder kurz davor. Eine Geschäftsstraße.<br />

Hier erscheint Bewegung. Und immer wieder<br />

rasen Autos vorbei, die Fahrer den Blick starr<br />

auf die Straße gerichtet.<br />

Allein bei dem Gang durch Hohenems vom Schlossplatz<br />

bis zum Bahnhof reichen die Finger beider<br />

Hände nicht aus, um die Nationen zu zählen deren<br />

kulturelle Spuren nahezu allgegenwärtig sind. Ich<br />

mache eine Reise durch den Norden der Türkei,<br />

vorbei an Cuba, Spanien, Skandinavien, Frankreich<br />

und Italien, sehe Reste von Jugoslawien. Doch am<br />

Meisten verwundert mich der kritiklose Einfluss<br />

der englischen Universalsprache, im Volksmund<br />

unter Neudeutsch bekannt. Äußerste Avant Garde.<br />

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In einem Geschäft für „Special Car Design“ frage<br />

ich den Besitzer nach dem englischen Geschäftsnamen.<br />

Es gäbe keinen besonderen Grund das Geschäft<br />

so genannt zu haben, nur klänge es wesentlich<br />

besser als „Spezielle Autogestaltung“. Man<br />

sage ja auch „Tuning“. Ich habe nachgeschaut. Das<br />

Wort „Autotuning“ steht im Wörterbuch. Eine ganze<br />

Menge Wörter wurden aus dem Englischen ins<br />

Deutsche übernommen. Darüber vernehme ich<br />

oft nur wenig Kritik. Wieso auch? Sollte nicht zu<br />

vergessen sein, das sich unsere Sprache über die<br />

Jahrhunderte aus einer Sprache entwickelt hat,<br />

welche so heute kaum mehr gesprochen und in keinem<br />

der Länder, in denen sie einstmals so bedeutend<br />

war, noch als Amtssprache fungiert. Ich knipse<br />

noch eins, zwei Bilder und gehe weiter. Hätte ich<br />

ihn zum Spaß auf English anreden sollen?<br />

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Ich befinde mich bei meinem nächsten Ziel, einem<br />

asiatischen Restaurant. Mit einem Schritt durch<br />

die Tür liegt Österreich hinter mir. Die Einrichtung<br />

ist aufeinander abgestimmt: chinesische Gemälde,<br />

verzierte Vasen, kleine Statuen von Elefanten und<br />

an der Decke verschnörkelter Holzstuck. Außer<br />

der Biermarke weißt kaum etwas auf die Welt vor<br />

den Türen hin. Die Gäste sprechen alle deutsch,<br />

bis auf einen Vater der mit seinem Sohn in einer<br />

Ecke auf Italienisch debattiert. Ich weiß nicht worüber<br />

sie reden, doch essen sie zwei oder drei Runden<br />

vom Buffet und sind nach gut zwanzig Minuten<br />

zum Zahlen bereit und wieder verschwunden.<br />

Dann wird mein Blick auf etwas - dem herkömmlichen<br />

Betrachter wahrscheinlich Nebensächliches<br />

- gelenkt. Zwischen den orientalischen Figuren,<br />

unter einem darüber thronenden, mit einem Drachen<br />

verzierten Porzellanei, erkenne ich auf die<br />

Entfernung nur schwach die Karikatur einer Maß<br />

tragenden Frau.<br />

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Sie befindet sich auf der Kachel eines alten in der<br />

Wand eingelassenen Ofens. Daneben: Zwei Männer<br />

im Gespräch, gezeichnet vor ihren vollen Krügen.<br />

Ich stelle mir vor wie dieses Gasthaus früher ausgesehen<br />

haben könnte. Die Atmosphäre war wohl die<br />

Selbe. Nur die Speisen und die Dekoration haben<br />

sich geändert. Es gibt laut Bevölkerungsregister<br />

insgesamt nur 48 in Asien geborene, in Hohenems<br />

lebende Personen und 2 asiatische Restaurants.<br />

Doch davon abgesehen kann man in jedem Supermarkt<br />

Reis kaufen. Woher kommt eigentlich der<br />

Begriff Risotto? Es gibt 2200 über die Welt verteilte<br />

Geburtsorte der Hohenemser Bevölkerung.<br />

7,8% wurden in der Türkei geboren. Sie stellen<br />

den größten Teil der Migranten, dicht gefolgt von<br />

Deutschland, Liechtenstein, Schweiz und Südtirol<br />

mit 5,2%.<br />

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Während die Deutschen auf der Straße weder am<br />

Aussehen noch am Namen zu identifizieren sind,<br />

wird die Frau mit Kopftuch oder der Junge mit<br />

der dunklen Haut direkt als Ausländer identifiziert<br />

oder gar gemieden. Es gibt einen türkischen<br />

Fußballverein, ein Fotogeschäft, eine Änderungsschneiderei<br />

diverse Läden und Imbissbuden mit<br />

türkischen Besitzern. Das Stadtbild ist davon geprägt.<br />

Die Toleranz scheint nach wie vor gering.<br />

Ich gehe in einen Feinkostladen. Die Trockenfrüchte<br />

in der Auslage stammen aus Südamerika. Ich<br />

finde Vorarlberger Käse und Milch. Und eine ganze<br />

Reihe an Fleischwaren. Eine deutsche Frau kommt<br />

zur Tür herein, scheinbar eine Touristin, bepackt<br />

mit Rucksack, an den Füßen Wanderschuhe. Am<br />

Dialekt erkenne ich das sie nicht von hier ist. Sie<br />

trinkt einen Chai. Während ich mit dem Besitzer<br />

spreche. Er ist mit seiner Frau seit 20 Jahren in<br />

Österreich, seit 10 Jahren in Hohenems. Sie leitet<br />

das Geschäft.<br />

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Die Fleischwaren, so versichert er mir, seien alle<br />

aus Deutschland importiert, da nach EU Gesetz<br />

kein Fleisch aus der Türkei importiert werden dürfe.<br />

Das Fleisch jedes Imbissstandes ob für Döner<br />

oder Lamacun war einmal eine deutsche oder österreichische<br />

Pute. Das Hackfleisch stammt vom<br />

deutschen Rind. Nun trinke auch ich einen Chai bevor<br />

ich mich freundlich verabschiedet wieder auf<br />

die Straßen begebe.<br />

Die Farben der französischen Flagge prangen auf<br />

einem Schild vor dem Schlosskaffee. Es sind französische<br />

Wochen. Was hat Frankreich mit Hohenems<br />

zu tun? 14 Personen in Hohenems stammen<br />

aus Frankreich. Doch von denen arbeitet keiner<br />

im Schlosskaffee. Auf einem Schild im inneren lese<br />

ich, das zum 11. Mal in Hohenems der europäische<br />

Frühling statt findet. Neun Hohenemser Wirte bieten<br />

über einen Zeitraum von zwei Wochen ihren<br />

Gästen Spezialitäten aus einem Land ihrer Wahl.<br />

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Ich möchte vom Besitzer wissen warum er sich<br />

ausgerechnet für dieses und kein anderes Land<br />

entschieden habe. Ich treffe ihn draußen im Garten,<br />

ein jung aussehender, eloquenter Herr. Die Patisserie<br />

der Franzosen gäbe ihm als Konditor und<br />

Schokoladenfabrikant sehr viele Möglichkeiten<br />

den Gästen unter diesem Motto etwas besonderes<br />

zu bieten. Die Möglichkeiten seien unzählig. Ich<br />

drehe mir eine Zigarette, setze mich in zu einem<br />

Kaffee ins Freie und plane meine nächste Reise.<br />

Ein paar Minuten weiter befindet sich die einzige<br />

bosnische Fleischerei in Vorarlberg. Was verkauft<br />

eine bosnische Fleischerei was es nicht auch in einer<br />

anderen Fleischerei gäbe? Die recht junge und<br />

sehr aufgeschlossene Inhaberin erklärt mir, das es<br />

in Bosnien 3 verschiedene Konfessionen gäbe und<br />

das sie und ihre Familie aus dem muslimischen<br />

Teil des Landes stammten.<br />

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Sie verkaufe also ausschließlich Spezialitäten, welche<br />

zu hundert Prozent schweinefleischfrei sind.<br />

Wenn ich von Spezialitäten spreche meine ich aber<br />

nicht rein bosnische Fleischwaren. Neben Cevapcici<br />

finden sich Wienerle und Leberkäs. An der Wand<br />

hängen Süsswaren, aus der Türkei importiert (mit<br />

Rindergelatine). Der Laden ist sehr belebt an einem<br />

Samstag Nachmittag, obwohl hier auch Sonntags<br />

eingekauft werden kann. Doch trotz der Menschenschlange<br />

herrscht Gelassenheit. Kein Gemaule<br />

oder Gestöhne zu vernehmen, selbst wenn ich die<br />

Sprache nicht verstehe. Jeder verlässt den Laden<br />

bepackt mit mehreren vollen Tüten. Schweizer,<br />

österreicher und deutsche Kennzeichen wechseln<br />

sich vor dem Laden ab, den Braten für den Sonntag<br />

im Gepäck: Zu 100% Ländlefleisch aus der Metzgerei<br />

des Onkels der Inhaberin. Nur die Pute wird aus<br />

Sachsen importiert.<br />

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Es wird später Nachmittag. Die Türen des Pubs öffnen<br />

sich und ich bin heute der Erste an der Bar.<br />

Ich lege meine Taschen beiseite und bestelle bei<br />

der blonden Dame hinter dem Tresen ein kleines<br />

Bier. Über mir steht in alter gebrochener Schrift:<br />

„TRINK UND SPIEL BLOSNIT Z‘VIEL“ Darüber<br />

gleichmäßig aufgereiht im Abstand von jeweils einem<br />

Meter die Flaggen von Finnland, Schweden<br />

und Norwegen. Ich versuche ein Gespräch mit der<br />

Wirtin. Nach meinem ersten Satz sagt sie, sie verstünde<br />

nur Englisch. Sie ist Finnin und hat das Pub<br />

seit Oktober unter Pacht. Seit dem liefe es mal gut<br />

mal schlecht. Sie weiß nicht, dass ich eine Woche<br />

zuvor vor der Tür einen Zettel vom Gerichtsvollzieher<br />

gefunden und überflogen habe. Tut man ja<br />

auch eigentlich nicht. Es ist ein schönes, uriges<br />

Ambiente. Es riecht nach altem Rauch. An den<br />

Wänden hängen Zeitungsartikel von Rennfahrern<br />

und Eishockeytrikots.<br />

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Mit Stolz erwähnt sie, dass dies das einzige skandinavische<br />

Pub in ganz Österreich sei. Ausgeschenkt<br />

wird neben Vorarlberger Bier auch extra Importiertes<br />

aus dem hohen Norden. Ich halte mich an<br />

den Spruch über mir, gebe genug Trinkgeld und<br />

mache mich auf den Heimweg.<br />

Nach der Ortsausfahrt wandelt sich das Bild nicht:<br />

ein Fastfood Restaurant mit amerikanischen Wurzeln,<br />

eine Handelszentrale Österreichs größter<br />

Supermarktkette mit dem Ursprung in den Niederlanden.<br />

Hohenems ist eine Stadt in Vorarlberg.<br />

Oder besser: Hohenems ist Vorarlberg. Es gibt hier<br />

einen Bregenzer Wald, ein Montafon, das Rheintal<br />

und die größeren Städte wie Feldkirch, Dornbirn<br />

oder Bregenz. Hier sind die Menschen verschiedener,<br />

als ich es sonst kaum woanders, auf so kurze<br />

Distanz, erlebt habe. Und doch gehören sie irgendwie<br />

zusammen.<br />

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Felix Schuch<br />

Hohenems,<br />

Jänner 2010<br />

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