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3 disput - Die Linke

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Geburtstag Nr. 5<br />

Von Anny Heike<br />

47 DISPUT August 2012<br />

Ein Grund zum Feiern!? Feiert<br />

sie wirklich, wird sie gefeiert<br />

oder leckt sie ihre Wunden?<br />

<strong>Die</strong> Presse schreibt uns wieder<br />

mal ab: DIE LINKE werde<br />

nicht mehr gebraucht ... Da ist wohl der<br />

Wunsch der Vater des Gedankens. Dennoch<br />

sind mitunter vielleicht Selbstzweifel<br />

ganz sinnvoll.<br />

Vor fünf Jahren haben wir aus WASG<br />

und Linkspartei.PDS die neue Partei gegründet.<br />

<strong>Die</strong> Vereinigung war die richtige<br />

Entscheidung. Ein großer Durchbruch<br />

der <strong>Linke</strong>n in Deutschland und<br />

Europa – die »Triumphe der Höhen«<br />

haben es zu einem Erfolgsmodell gemacht.<br />

Wir haben die politische Achse<br />

nach links verschoben. Wir haben den<br />

Mindestlohn zum Thema gemacht, gegen<br />

die Agenda-Politik einzig konsequent<br />

Position bezogen, wir sind Friedenspartei<br />

ohne<br />

Wenn und Aber. Wir<br />

haben den Kapitalismus<br />

wieder diskutabel<br />

gemacht ...<br />

Wir wissen, dass<br />

es DIE LINKE geben<br />

muss. Nicht nur »…<br />

weil die Sozis in der<br />

Opposition wieder<br />

die Positionen posaunen,<br />

die sie dann an der Regierung<br />

schnell wieder über Bord werfen.« (Thomas<br />

Händel) Aber wissen das die Menschen<br />

auch? Reicht das, um die Millionen<br />

der Unzufriedenen zu überzeugen?<br />

Derzeit zieht die Karawane weiter.<br />

Zurück zur SPD, zu den Piraten, zu<br />

den Nichtwählern und damit ins unpolitische<br />

Räsonieren, das immer schon<br />

hochpolitisch war. Wir sind tief »in den<br />

Mühen der Ebenen«.<br />

Da hilft kein Lamentieren über die<br />

böse »bürgerliche Presse«, die uns<br />

nicht lieb hat. Warum sollten Medienkonzerne<br />

und Großverleger uns denn<br />

lieb haben? Unsere Erfolge gehen für<br />

die Öffentlichkeit im Personalgerangel<br />

unter. Da hilft die gewachsene Einsicht,<br />

die monatelange Selbstbeschäftigung<br />

habe ihren kräftigen Anteil an unseren<br />

derzeitigen Umfragewerten, schon viel<br />

weiter. Das Problem dabei ist nicht allein,<br />

dass eine Partei, »die sich selbst<br />

nicht leiden kann, auch von den Menschen<br />

nicht gemocht wird«, wie es in<br />

einem Antrag an den vorigen Parteitag<br />

heißt. Es kostet Glaubwürdigkeit – und<br />

zwar auf Dauer.<br />

Aber nur in Anspruch nehmen zu<br />

wollen, DIE LINKE zu sein, reicht nicht.<br />

<strong>Linke</strong> Politik erfordert, an den realen<br />

Bedürfnissen der Menschen anzuknüpfen<br />

und sich in den gesellschaftlichen<br />

Auseinandersetzungen als führende<br />

Kraft zu entwickeln.<br />

Natürlich: Der produktive Streit gehört<br />

zu unserer Parteikultur wie das<br />

Salz zur Suppe. Aber eine Partei, deren<br />

wichtigste Vokabel die Solidarität<br />

ist, braucht eine gehörige Portion von<br />

Grundsolidarität untereinander! Da<br />

fehlt’s noch allerorten. Politische Debatten,<br />

die in persönlicher Diskreditierung<br />

münden, überzeugen draußen<br />

niemanden. Wir sind kein Freizeitclub,<br />

in dem man sich die Spielkameraden<br />

nach Sympathie aussucht; wir sind ein<br />

Zusammenschluss von Menschen, die<br />

ein politisches Ziel eint: Wir wollen eine<br />

gerechte Gesellschaft ohne Angst,<br />

in der alle am Leben menschenwürdig<br />

teilhaben können. Der gemeinsame<br />

Weg dahin kann sich nicht ausschließlich<br />

nach Sympathie richten und an Antipathien<br />

scheitern.<br />

<strong>Die</strong> nächsten Wahlen sind nicht<br />

fern. Wenig Zeit für den neuen Parteivorstand.<br />

Ohne entsprechende Aufbruchsstimmung<br />

kann’s auch der neue<br />

Vorstand nicht herumreißen. Aber ein<br />

paar Vorschläge gäb’s schon, die – parteiöffentlich<br />

– in diesem Herbst diskutiert<br />

eine Orientierung für die nächsten<br />

Wahlen geben könnten. Da ist das<br />

Überthema der Wirtschafts- und Finanzkrise,<br />

das die Menschen umtreibt.<br />

Wir haben zu den Neoliberalen konkrete<br />

Gegen-Positionen. Aber wo bleibt<br />

ein positives europapolitisches Leitbild<br />

in, meinetwegen, zehn Punkten –<br />

für die Menschen auf der Straße ohne<br />

fi nanzwirtschaftliche Kenntnisse und<br />

ohne Ökonomiestudium? Was wir klar<br />

haben, müssen wir auch klar ausdrücken.<br />

Und wir brauchen eine »konkrete<br />

Utopie« (Ernst Bloch), wie wir uns dieses<br />

Europa der Menschen vorstellen.<br />

Fatal wäre es, in den künftigen<br />

Wahlkämpfen an europafeindliche Populismen<br />

zu appellieren.<br />

Wir reklamieren unsere Kernkompetenz<br />

Arbeit und soziale Gerechtigkeit.<br />

Und was machen wir daraus? Wo<br />

bleibt eine packende Konzeption »Wie<br />

wir zukünftig in Europa arbeiten und leben<br />

wollen«? Dazu gehört: »Arbeit, von<br />

der man eigenständig leben kann«, die<br />

Umverteilung der Arbeit mit Arbeitszeitverkürzung<br />

ebenso wie Ideen, wie<br />

wir neue Arbeit schaffen wollen – mit<br />

einem (europäischen) Konzept zur Industriepolitik.<br />

Und wir wollten die Menschen in<br />

die Politik zurückholen. Das ist bisher<br />

gründlich misslungen. Prekäre Bevölkerungsschichten<br />

und Arbeiter gehen<br />

heute zu wesentlich geringeren Teilen<br />

wählen als noch vor 20 Jahren. Auf sie<br />

– unsere bislang größte Wählerbasis<br />

– muss sich unsere Wahlkampfstrategie<br />

besonders konzentrieren. Dann<br />

klappt’s auch mit der LINKEN.<br />

Foto: privat<br />

AUGUSTKOLUMNE

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