franziskus-bote September 2011 (PDF 1,3 MB - Stiftung St ...
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Meine Tages-Schau:<br />
Die hörsehbehinderte Schülerin Julia im Förderzentrum<br />
Kommunikation ist nicht nur Gespräch,<br />
sondern Dialog mit dem ganzen Körper<br />
Heiligenbronn. Um 8 Uhr kommt Julia<br />
(Name geändert) mit dem Taxi an der Schule<br />
in Heiligenbronn an. Mit dem Morgenkreis<br />
startet ihre Klasse G1 des Förderzentrums<br />
Sehen in den neuen Schultag. Zuerst wird<br />
gemeinsam ein Lied gesungen, das mit<br />
Gebärden begleitet wird. So kommen alle<br />
Schüler schnell in Schwung und der Tag<br />
kann beginnen. Danach begrüßen sich die<br />
Schüler gegenseitig. Dies geschieht je nach<br />
Möglichkeit der einzelnen Schüler durch<br />
Abfühlen, durch körpernahes und taktiles<br />
Gebärden, mit Hilfe von Bezugsobjekten<br />
oder auch über Lautsprache.<br />
Wer die Gebärdenspräche beherrscht, kann<br />
so den anderen Mitschülern „zurufen“. Denn<br />
jeder Schüler erhält seine eigene Namensgebärde.<br />
Für Julia ist dies eine auf und ab<br />
gehende Handbewegung, die für das<br />
Hüpfen steht. Denn Julia ist ein sehr aktives<br />
Mädchen. Sie hüpft und springt sehr gerne.<br />
Mit 6 Monaten in der Frühförderung<br />
Die hörsehbehinderte, neun Jahre alte Julia<br />
besucht seit 2008 die Schule des Taubblindenzentrums<br />
der stiftung st. <strong>franziskus</strong><br />
heiligenbronn. Bereits als Julia sechs Monate<br />
alt war, wurde sie im Rahmen der Frühförderung<br />
regelmäßig zu Hause besucht.<br />
So sieht Julias <strong>St</strong>undenplan aus: Jeder Gegenstand<br />
stellt einen bestimmten Abschnitt des Tagesablaufs<br />
dar. Deshalb nennt man die Gegenstände<br />
auch „Bezugsobjekte“.<br />
Julia und ihre Lehrerin Beate Schork, die auch die<br />
Beratungsstelle für taubblinde und hörsehbehinderte<br />
Kinder und Jugendliche leitet. Foto: Ronecker<br />
Bei Julia wurde das CHARGE-Syndrom diagnostiziert.<br />
Der Begriff CHARGE bezeichnet<br />
einen Defekt mit angeborenen Hör-Sehschädigungen,<br />
Fehlbildungen der oberen<br />
Atemwege und Herzfehlern (siehe auch<br />
<strong>franziskus</strong><strong>bote</strong> Nr. 1/2009 und Nr. 1/<strong>2011</strong>).<br />
Oft tritt dieses Syndrom mit einem verzögerten<br />
Körperwachstum und gestörtem Gleichgewichts-,<br />
Geruchs- und Geschmackssinn<br />
auf. Bei Julia äußert sich dies in einem verminderten<br />
Seh- und Hörvermögen und<br />
einem fehlenden Gleichgewichtssinn. Demzufolge<br />
hat Julia erst im Alter von sechs<br />
bis sieben Jahren laufen gelernt.<br />
Individueller <strong>St</strong>undenplan<br />
Für Julia und die anderen Schüler ist ein gut<br />
strukturierter und organisierter Schulalltag<br />
wichtig. Daher beinhaltet der tägliche Unterricht<br />
viele feste Elemente und bietet den<br />
Schülern so die notwendige Sicherheit. Um<br />
eine taubblindenspezifische Betreuung zu<br />
gewährleisten, hat Julia einen individuellen<br />
<strong>St</strong>undenplan, der genau auf ihre Bedürfnisse<br />
und Fähigkeiten abgestimmt ist. Er wird<br />
mit Hilfe von sogenannten Bezugsobjekten<br />
abgebildet und verdeutlicht ihr die unter-<br />
14<br />
schiedlichen Unterrichtseinheiten. So kann<br />
sich Julia orientieren und erhält die notwendige<br />
Sicherheit.<br />
Um 9.30 Uhr beginnt der Sachkundeunterricht.<br />
Dort wird alle zwei Wochen fleißig<br />
gekocht. Auf dem Speiseplan steht heute<br />
eine selbstgemachte Pizza. Mit Hilfe von<br />
Gebärden und stark vergrößerten Bildern, die<br />
Julia sich ganz nah vor die Augen hält, lernt<br />
sie die einzelnen Schritte. So entsteht eine<br />
leckere, selbstgemachte Pizza.<br />
Das Ergebnis intensiver Arbeit kann sich<br />
sehen und vor allem genießen lassen. Um<br />
12 Uhr ist es dann Zeit für das gemeinsame<br />
Mittagessen und alle setzen sich an den<br />
gedeckten Tisch im Klassenzimmer.<br />
Erste Worte in der Lautsprache<br />
Julia erhielt wegen ihrer Hörschädigung ein<br />
Cochlea-Implantat ins Innenohr, mit dem es<br />
ihr nun mit neun Jahren möglich ist, Wörter<br />
und kurze Sätze unserer Lautsprache zu<br />
verstehen. Zudem lernt sie, einzelne Wörter<br />
wie z.B. „Mama“ und „Papa“ zu sprechen.<br />
Für eine erfolgreiche Kommunikation mit<br />
Hörsehbehinderten ist es wichtig, sich auf<br />
den Partner einzustellen und einzulassen.<br />
Eine enge Beziehung zu einer Bezugsperson<br />
So macht Schule richtig Spaß: Julia beim<br />
Pizzabacken. Mmmmhhh lecker!!<br />
<strong>franziskus</strong>-<strong>bote</strong> 3/11