Sonderausgabe franziskus-bote zum Klosterjubiläum 2007

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8 Verständigung ist für Hörgeschädigte elementar. Fotos: Bormann Kloster-ABC bronn bei der Auf nah me in das zwei jäh ri ge No vi zi at (Pro be zeit). Bei der Erst pro - fess wird der im No vi zi at noch wei ße Schlei er ge gen ei nen schwar zen Schlei er ein ge tauscht. Eu cha ris tie: Ein in der rö - misch-ka tho li schen, or tho - do xen, lu the ri schen und ang li ka ni schen Kir che üb li - cher Be griff für das Abend - mahl. Wört lich be deu tet das grie chi sche Wort „eu - cha ri stein“ Dank sa gung, vgl. den Ko rin ther brief: „Er nahm das Brot, dank te und Gruss wort der Stif tungs-Vor stän de 150 Jah re so zia le Ar beit ma chen Mut zur Zu kunft Wenn das Klos ter Hei li gen bronn auf 150 Jah re zu rück bli cken kann, ist dies gleich - zei tig ein Rück blick auf 150 Jah re Be glei - tung von Kin dern und Ju gend li chen und von Men schen mit Sin nes be hin de rung. Durch die Stif tungs grün dung und die Zu stif tung An fang der neun zi ger Jah re hat es die Stif tung St. Fran zis kus Hei li gen bronn über nom men, die se Auf ga ben wei ter zu - füh ren und in der heu ti gen ge sell schaft - li chen Si tua ti on und un ter den heu ti gen Rah men be din gun gen aus zu ge stal ten. Es gibt durch aus Pa ral le len zwi schen den Ent wick lun gen vor 150 Jah ren und heu ti gen Ten den zen – un ab hän gig da - von, dass vie les zwei fel los nicht mehr ver gleich bar ist. Da mals wie heu te spie - gelt sich in der Art und Wei se, wie Hil fe ge lei stet wer den kann, die ge sell schaft li - che Si tua ti on wi der. Je nach dem, wel - chen Stel len wert die Ge sell schaft der Be glei tung von Men schen zu misst, die auf Hil fe und Be glei tung an ge wie sen sind, wird sie auch – im Ver hält nis zur ge sam ten Leis tungs fä hig keit – Mit tel be reit stel len oder eben nicht be reit stel - len, um die sen Zweck zu er fül len. Eben - so stellt sich da mals wie heu te die Fra - ge, in wel chem Maß die Be glei tung über staat li ches En ga ge ment, sprich ein zwangs wei ses Um ver tei lungs sys tem, er bracht wird und in wel chem Maß bür ger schaft li ches En ga ge ment sinn voll und not wen dig ist. Auch in halt lich ist die Be glei tung von Men schen in be son - de ren Le bens la gen ein Spie gel bild ge - sell schaft licher Wert maß stäbe. Hin zum selbst be stimm ten Le ben Wäh rend sich vor 150 Jah ren der ein zel - ne Mensch stark in all ge mein gül ti ge ge sell schaft li che Wert vor stel lun gen und Nor men ein ord nen muss te, er le ben wir heu te ein ho hes Maß an In di vi dua li - tät und dem Wunsch nach ei ner mög - lichst selbst be stimm ten Le bens ge - stal tung. Die se Ent wick lung hat auch bei spiels wei se die Be hin der ten hil fe be - ein flusst, weg von ei ner eher für sorg li - chen Hand lungs wei se hin zu ei nem An - ge bot, das den Men schen mit Be hin de - rung in ei nem Le ben un ter stützt, das er mög lichst selbst be stimmt füh ren kann. Wir kön nen und wol len uns die sen Ent - wick lun gen nicht ver schlie ßen, son dern sie viel mehr ak tiv mit ge stal ten, oh ne da bei die Ge fah ren zu über se hen – et wa wenn Men schen durch ei ne falsch ver stan de ne Be to nung der In di vi dua li tät in die Iso la ti on ge führt wer den oder wenn die So li dar ge mein schaft durch die Ver wechs lung von Selbst be stim - mung und Selb - stän dig keit be trof - fe ne Men schen und ih re Fa mi li en im Stich lässt. Des halb se hen St. Franziskus geben. wir un se re Auf ga - be ne ben der di rek ten Be glei tung und Un ter stüt zung im mer auch in der kri ti - schen Be obach tung und Mit ge stal tung ge sell schaft li cher Rah men be din gun gen und in ei ner an walt schaft li chen Po si tio - nie rung für die Men schen, die sich nicht sel ber ver tre ten kön nen und die se Po si - tio nie rung von uns wün schen. Der Rück blick auf 150 Jah re so zia le Ar - beit von Klos ter und Stif tung er füllt uns zum ei nen mit Dank bar keit und Re - spekt vor dem, was vie le Men schen hilf reich und se gens reich ge lei stet ha - ben, und er macht uns Mut, krea tiv und er fin de risch, acht sam und per so - nen ori en tiert die Hil fen an zu bie ten, die In der Art und Weise, wie Hilfe geleistet wird, spiegelt sich die gesellschaftliche Situation wider. Hilfen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben will die Stiftung die Men schen in ih rer je wei li gen Le - bens la ge wirk lich brau chen. Ein tre ten für die Wür de Schließ lich be stärkt uns der Rück blick auch zu ent schie de nem Ein tre ten dort, wo Men schen we gen ei nes Han di caps aus ge schlos sen wer den und erst recht dort, wo die Wür de und das Le bens - recht von Men schen mit Be hin de rung oder Men schen in Grenz si tua ti onen ge fähr det ist. Norbert Rapp Hubert Bernhard Vor stän de der Stif tung St. Fran zis kus
Die Ent wick lung der Hei li gen bron ner Be hin der ten ein rich tun gen: Schu le und Aus bil dung im mer wie der vor neu en He raus for de run gen Mit te des 19. Jahr hun derts ent stan den im ka tho li schen Raum die ers ten Ein - rich tun gen für Men schen mit Sin nes - behin de run gen, meist Kin der hei me mit Schu len, die im Lau fe der Jah re durch be ruf li che Aus bil dungs mög lich kei ten und Wohn- und Ar beits an ge bo te für Er - wach se ne er gänzt wur den. In die se Grün der zeit fällt auch die Er rich tung von Schu len für ge hör lo se und blin de Kin der in Hei li gen bronn. Vi kar Da vid Fuchs, der 1855 nach Hei li - gen bronn ge kom men war und 1857 zu nächst ein Frau en klos ter und ein „Ret tungs haus für die ver wais ten und ver wahr los ten Kin der des Schwarz wal - des“ ge grün det hat te, nahm 1860 die ers ten ge hör lo sen und 1868 die ers ten blin den Kin der auf. In bei den Fäl len woll te er – ent ge gen der da mals üb li - chen Al mo sen pra xis – die Kin der be fä - hi gen, durch schu li sche, be ruf li che, vor al lem aber ganz heit liche und re li gi össitt li che Er zie hung auf ei ge ne Fü ße zu kom men und so dem häu fig mit der Be hin de rung ver bun de nen Teu fels kreis der Ar mut aus ei ge ner Kraft zu ent - kom men. Zur Si cher stel lung ei ner qua li - fi zier ten schu li schen Bil dung schick te er im Vor feld je weils Or dens schwes tern in an de re Ein rich tun gen – in die Ge hör lo - sen ein rich tun gen nach Dil lin gen bzw. in die Blin den schu le nach Pa der born. Bei - de Schu len und die Aus bil dungsstät ten kön nen auf ei ne kon ti nu ier liche Ent - wick lung zu rück bli cken, die sich bis heu te lau fend den neu en Heraus for de - run gen und fach li chen Möglich kei ten stellt. Ge hör lo sen schu le um Er werb der Laut spra che be müht Die 1860 ge grün de te „Taub stummen - an stalt Hei li gen bronn“ nahm zunächst nur ge hör lo se Mäd chen, nach der Er - stel lung von Sta tu ten 1867 auch ge hör - lo se Jun gen auf. Es ist da von aus zu ge - hen, dass in der Schu le nach der „Deut - schen Me tho de“ von Sa mu el Hei ni cke un ter rich tet wur de, die die Ver mitt lung von Laut spra che als Ziel für Bil dung und Er zie hung von Ge hör lo sen hat te. Die se Me tho de wur de 1880 auf dem „Mai - län der Kon gress“ eu ro pa weit ver ein bart und hat die Ge hör lo sen pä da go gik des aus ge hen den 19. und des 20. Jahr hun - derts stark be ein flusst. Im Jahr 1900 wur de die Schu le auf fünf Klas sen er - wei tert und be fin det sich seit her im heu ti gen Schul ge bäu de. Su pe ri or Josef Gö ser (1901 – 1929) war die Wei ter bil dung der Lehr schwes tern ein gro ßes An lie gen. Die se bil de ten sich in füh ren den Ein rich tun gen wei ter, u.a. in Dil lin gen, Zü rich, Mün chen, Straß - burg, St. Gal len, Trier und Frank furt. Nach 1903 wur de in Hei li gen bronn ein Lehr plan nach Jo han nes Vat ter (Frank - furt) er ar bei tet, der den Er werb der rei - nen Laut spra che ver folgt, pro pa giert und in zahl rei chen Ver an stal tun gen an - deren Leh rern na he ge bracht hat. Erst nach dem Jahr 1999 wurde von der Kul tus ver wal tung für den Er werb der kom mu ni ka ti ven Kom pe tenz so wohl die laut sprach li che Kom mu ni ka ti - onskom pe tenz als auch die Kom mu ni - ka ti on mit ge bär den sprach li chen Kommu ni ka ti ons mit teln auf ge zeigt. Dem ent spre chend hat seit 2000 auch die Ge bär den spra che in den Un ter richt der Schu le für Hör ge schä dig te Ein zug ge fun den. 1911 war die Schu le durch den Be zug des Quer baus und die Ein rich tung ei ner sieb ten Klas se voll aus ge baut. Zwi schen den bei den Welt krie gen zeig te sich ver - stärkt die Not wen dig keit, dass ge hör lo - se Men schen ih ren Le bens un ter halt selbst ver die nen muss ten, wes halb die be ruf li che Bildung ver stärkt und 1928 der Be rufsschul un ter richt in Hei li gen - bronn einge führt wur de. Im sel ben Jahr wur de noch ei ne Vor schul grup pe für ge hörlo se Kin der er öff net. Ob wohl den Schwes tern wäh rend des Zwei ten Welt - krie ges die Auf nah me ge hör lo ser Schü - ler aus Würt tem berg un ter sagt war, ka - men aus Ho hen zol lern, Ba den und der Pfalz ver mehrt Auf nah me anfra gen, so dass die Schu le bei Kriegsen de stär ker be legt war als zu vor. Eine Taubstummenklasse der Erziehungsanstalt Heiligenbronn in den 20er Jahren. Kloster-ABC brach es und gab es sei nen Jün gern…" Eu to nie: (von grie chisch „eu“ = gut und „to nus“ = Span nung) ist ei ne Ent - span nungs me tho de mit dem Ziel, kör per li ches und see li sches Wohl be fin den her zu stel len. Sie sieht ganz - heit lich Kör per und See le als Ein heit. Grund la ge der Eu to nie ist das be wuss te Wahr neh men des ei ge nen Kör pers. Dies ge schieht mit Hil fe spe zi el ler Übun gen wie Atem übun gen und gym nas ti schen Dehn- und Streckübun gen. Die ein zel - nen Kör per be rei che sol len be wusst er lebt wer den. Die Me tho de wur de be - grün det von der Dä nin Ger da Ale xan der. Evan ge li sche Rä te: der Be griff be zeich net Hal tun - gen, die zu ei nem klös ter li - chen Le ben ge hö ren. In der frü hen Kir che gab es nur ei nen evan ge li schen Rat – den zum Christ-sein. Da rin wa ren al le an de ren ent hal ten. Zur Zeit des hl. Fran zis kus kris tal li sier ten sich die drei heu te gän gi - gen evan ge li schen Rä te he raus – Ar mut, Ge hor - sam, ehe lo se Keusch heit. 9
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