14leuteEndlich fange ich an, mein Leben in beide Hände zu nehmen (Teil 2)Handbike – ein Traum wird wahrIn der Operation, die nun hintermir lag, hatten die Ärzte versucht,meine Füße, zu richten.Es war ihnen auch gelungen. Allerdingskonnten meine Beine nichtkomplett in die Streckung zurückgebracht werden. Wochen später,gab man mir unmissverständlichzu verstehen, dass bei dieserRückenmarksnarkose Komplikationenaufgetreten seien. Aber immerhin,hätte ich ja jetzt wiedergerade Füße und könne demnächstwieder Schuhe tragen. Und das seija das Wichtigste.“ Dieser Satz trafmich zutiefst und blieb letztendlichwie ein Kloß in meinem Halse stecken.Jetzt waren meine Mithilfe und vorallem meine Geduld gefragt. DerRollstuhl auf Lebenszeit... Ich fielin ein Loch. Das erste Mal „wiedersitzen können“ nach dieser OP, warauch ein ganz anderes „Sitzen“ alsvorher: Dieser Rollstuhl sah fürmich eher wie ein „Monster“ aus.ich in eine Reha. Da ich aber außerdieser Essstörungsgeschichte,zudem noch unter Zwängen undimmer stärker werdenden Ängstenlitt, sah ich mich außer Stande, stationäreine solche Rehabilitationdurchzuführen.In einer Einrichtungin Dülken, begannmein neues Leben.Hier lernte ich dann auch eine Ergotherapeutinkennen, die zu meinemGlück ihre Ausbildung in einemQuerschnittzentrum gemachthatte. Bis zu diesem Zeitpunkt desTages X, hatte noch keiner wirklichdieses „böse“ Wort „Querschnittslähmung“in den Mund genommen.In dieser Reha machte ich meineersten Radumdrehungen, in ein mirfremdes Leben, dass ich nun Stückfür Stück besser kennen lernensollte. Ein Leben, das ich mir immernoch nicht vorstellen konnte.Durch diese Ergotherapeutin lernteich, wie ich mich vom Rollstuhl aufandere Sitzgelegenheiten hievenkonnte. Aber da auch die Kraft inmeinen Armen durch wochenlangesNichtbewegen/Nichttrainieren,auf ein Minimum geschrumpft war,war es alles andere als einfach. Ichmusste lernen, Hilfestellungen vonanderen zu akzeptieren, sie anzunehmen.Es ist verdammt schwierig, aber, esist nicht unmöglich. In mir festigtesich der Vorsatz, wenn ich etwaswill, dann kämpfe ich dafür solange,bis ich es erreicht habe. Auchwenn es immer wieder mal Rückschlägegab. Durch den Reha-Arztund diese Ergotherapeutin, die sichwirklich sehr für mich einsetzte,bekam ich am Ende der Reha aucheinen sogenannten Steh-Rollstuhl.Noch im Krankenhaus liegend, fingich dann wieder an, in mir alt vertrauteVerhaltensmuster zu fallen.Die Magersucht, so dachte ich, waralles, was mir geblieben war. DasHungern kannte ich. Und es lenktevon dem Schmerz, jetzt nun endgültignie mehr gehen zu können,ab. Nach dem Krankenhaus sollteKatja Oemmelen mit ihrer Ergotherapeutin und Freundin Dani<strong>hpz</strong> Report <strong>01</strong>2<strong>01</strong>2
leute15Durch einen Bekannten kommt Katja Oemmelen zum AnkoppelbikeEin Rollstuhl, der es mir ermöglicht,mich alleine durch das Nachhintenziehenvon Griffen, aus der sitzendenin eine aufrechte Position zubringen.Anfang Dezember kehrte ich in meineArbeitsgruppe, damals Intensivbereich,impuls Kempen, zurück.Meine Querschnittslähmung veränderteso vieles.Obschon mir der Rollstuhl auchvor dieser OP nicht fremd gewesenwar, fühlte ich plötzlich ganzanders! Lange Zeit versank ich inSelbstmitleid. Die Menschen diemich liebten, leideten mit mir, aberdas sah ich nicht. Zu groß war dereigene Schmerz ich wollte undkonnte mich nicht damit befassen!Die Worte einer Krankenhausseelsorgerin„Wenn du sterben unddich zu Tode hungern willst, dannmach das. Aber bitte ohne uns.Halt uns da heraus!“ läuteten nichtdirekt, aber nach mehreren schlaflosenNächten und Monaten, beimir den Wendepunkt ein.Es war harte Arbeit und es warendie wahrscheinlich härtesten Monatefür mich. In dieser Zeit lernteich, mich nicht mehr zu versteckenund mich mit dem Thema Querschnittslähmungauseinander zusetzen. Das Schicksal eines Bekannten(ebenfalls querschnittgelähmt)half mir dabei sehr. Er nahm seinLeben trotz des Rollstuhls, „buchstäblich“in beide Hände. Ihn begeistertedie Sportart „Handbike“ under fuhr bereits Wettkämpfe. Ichwar noch nicht so weit, aber genauda wollte ich auch hin. Ich musstewieder lernen, Verantwortung fürmich zu übernehmen.Vor der OP in Düsseldorf begannich, auf einem Ankoppelbike (einFahrrad, das man als Zuggerät vorden Rollstuhl koppeln kann undwas man durch Kurbeln, paralleloder einzeln, mit den Armen fortbewegt)erste Touren zu fahren. Daich mein früheres Hobby „Fahrradfahren“nicht missen wollte, halfenmir meine Eltern, bei der Beschaffungeines solchen Ankoppelbikes.Endlich wurden wieder kleinereRadtouren mit meinen Eltern oderKatja Oemmelen in ihrem ersten Rennrad<strong>hpz</strong> Report <strong>01</strong>2<strong>01</strong>2