10.07.2015 Aufrufe

Luftdichtheit in Passivhäuser von Dipl.-Ing. Stefanie Rolfsmeier

Luftdichtheit in Passivhäuser von Dipl.-Ing. Stefanie Rolfsmeier

Luftdichtheit in Passivhäuser von Dipl.-Ing. Stefanie Rolfsmeier

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Luftdichtheit</strong> <strong>in</strong> Passivhäusern<strong>Dipl</strong>.-<strong>Ing</strong>. <strong>Stefanie</strong> <strong>Rolfsmeier</strong>BlowerDoor GmbH,Energie- und Umweltzentrum 1, D-31832 Spr<strong>in</strong>geTel. (+49) 05044 / 975-42, Fax (+49) 05044 / 975-44, rolfsmeier@blowerdoor.de<strong>Luftdichtheit</strong> <strong>in</strong> PassivhäusernSeit Mitte der 90er Jahre werden <strong>in</strong> Deutschland Passivhäuser gebaut. Bis heute wurden<strong>in</strong>ternational ca. 10.000 Gebäude <strong>in</strong> dieser Bauweise erstellt.Das besondere Kennzeichen e<strong>in</strong>es Passivhauses ist der niedrige Energieverbrauch <strong>von</strong>kle<strong>in</strong>er 15 kWh/(m²a) . Das entspricht e<strong>in</strong>em Ölverbrauch <strong>von</strong> 1,5 l/(m²a) oder e<strong>in</strong>emGasverbrauch <strong>von</strong> 1,5 (m³/m²a).E<strong>in</strong>e def<strong>in</strong>ierte und kontrollierte <strong>Luftdichtheit</strong> hat im Passivhaus e<strong>in</strong>en weitaus höherenStellenwert als <strong>in</strong> herkömmlichen Gebäuden. Neben den Vorteilen Energiee<strong>in</strong>sparung, derBeseitigung <strong>von</strong> Zugluftersche<strong>in</strong>ungen und der Vermeidung <strong>von</strong> Bauschäden <strong>in</strong>folge <strong>von</strong>Feuchtekonvektion <strong>in</strong>nerhalb der Außenbauteile des Gebäudes sichert e<strong>in</strong>e gute<strong>Luftdichtheit</strong> auch die Funktion der Lüftungsanlage.Passivhäuser kommen <strong>in</strong> der Regel ohne Heizkörper aus. Durch e<strong>in</strong>e effizienteLüftungsanlage mit Wärmerückgew<strong>in</strong>nung wird die Beheizung des Gebäudes <strong>in</strong> derHeizperiode sichergestellt. Dieses System ist nur solange effizient, wie die Luft def<strong>in</strong>iertdurch das Rohrleitungssystem <strong>in</strong> das Gebäude h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und wieder heraus geführt wird.Leckagen <strong>in</strong> der Gebäudehülle stören diesen sensiblen Kreislauf: Kalte Luft kannunkontrolliert e<strong>in</strong>strömen, Frischluft wird nicht mehr ausreichend aufgewärmt, derWirkungsgrad der Lüftungsanlage s<strong>in</strong>kt. Zudem ist nicht mehr sichergestellt, dass dieverbrauchte Luft tatsächlich dem Gebäude entzogen wird, wenn der Weg der Luft über dieLeckagen mit weniger Widerständen versehen ist. Aus diesem Grund ist e<strong>in</strong>e def<strong>in</strong>ierteDichtheit der Passivhäuser unablässig. Die seit gut e<strong>in</strong>em Jahrzehnt bewährte Anforderungan Passivhäuser lautet:Grenzwert der <strong>Luftdichtheit</strong> für Passivhäuser n 50 ≤ 0,6 1/hDieser Wert sagt aus, dass die Luft im Gebäude nicht mehr als 0,6 Mal pro Stundeausgetauscht werden darf.Systematische Untersuchungen des Passivhaus Instituts haben belegt, dass n 50 -Wertezwischen 0,2 und 0,6 h -1 heute bei sorgfältiger Planung und gewissenhafter Ausführungreproduzierbar erreicht werden können.


Die Lage der luftdichten EbeneDie luftdichte Ebene liegt auf der warmen Seite der Dämmebene und möglichst raumseitigder Tragkonstruktion. Hierdurch wird unter anderem das E<strong>in</strong>strömen <strong>von</strong> Raumluft <strong>in</strong> dieKonstruktion verh<strong>in</strong>dert. Warme und mit Wasserdampf angereicherte Luft kann überUndichtigkeiten, beispielsweise im Dach, <strong>in</strong> die Konstruktion e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und auf der kaltenSeite der Dämmung kondensieren. Es kommt zum Tauwasserausfall. Die durchfeuchteteDämmung verliert ihre Dämmwirkung, es besteht die Gefahr der Schimmelpilzbildung unddie Konstruktion wird <strong>in</strong> ihrem Tragverhalten bee<strong>in</strong>trächtigt. Der folgende Dachquerschnittverdeutlicht die Problematik. Der Wasserdampftransport durch Diffusion und Konvektion(Durchströmung der Leckagen) wird mite<strong>in</strong>ander verglichen.Dampfdiffusiondurch das <strong>in</strong>takteBauteil:(sd = 10m)Außenklima:Temperatur: 0 °C, relative Feuchte 80 %Konvektion(Durchströmung) derLeckage bei 2PaDruckdiffernz(1mm breit und 1m lang)1 g Wasser / Tag m²360 g Wasser / Tag m²Innenklima:Temperatur 20 °C, relative Feuchte: 50 %Abbildung 1: Wasserdampfdiffusion durch e<strong>in</strong> Bauteil auf Grund <strong>von</strong> Diffusion und Konvektion (Quelle:ebök)Es wird deutlich, dass der Feuchtee<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> das Bauteil durch Konvektion (im Beispiel mitbis zu 360 g pro Tag und m²) gegenüber dem durch Diffusion (1 g pro Tag und m²)wesentlich höher se<strong>in</strong> kann. Die Luftdichtigkeit ist somit e<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>gende Notwendigkeit, umdie Durchfeuchtung <strong>von</strong> Bauteilen zu vermeiden.Die W<strong>in</strong>ddichtung e<strong>in</strong>es Gebäudes verläuft auf der Außenseite der Konstruktion und ist nichtmit der luftdichten Ebene zu verwechseln.Qualitätsüberprüfung der <strong>Luftdichtheit</strong>sebene im BauzustandE<strong>in</strong>e vorgezogene Messung dient der Qualitätssicherung im Bauzustand.


Abbildung 2: Vorgezogene <strong>Luftdichtheit</strong>smessung im Bauzustand ermöglicht Nacharbeiten an derluftdichten EbeneBei e<strong>in</strong>em konstanten Unterdruck <strong>von</strong> 50 Pascal werden im gesamten Gebäude Leckagengeortet. Die durch die Undichtheiten e<strong>in</strong>strömende Luft wird <strong>in</strong> der Regel als Luftzug mit derHand gespürt. Das bietet den Handwerkern die Möglichkeit, gleich während des<strong>Luftdichtheit</strong>stests Leckagen zu beseitigen und die e<strong>in</strong>gesetzten Materialien zu kontrollieren.Auch Planer können so systematische Fehler frühzeitig erkennen und gegebenenfallsgeeignete Maßnahmen ergreifen.Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass das Mittel der Wahl, dieAnforderungen an die <strong>Luftdichtheit</strong> im Passivhaus sicher zu erreichen, die vorgezogene<strong>Luftdichtheit</strong>smessung ist. Die <strong>Luftdichtheit</strong>smessung zur Erfüllung der DIN EN 13829wird erst kurz vor Übergabe des fertiggestellten Gebäudes an den Auftraggeberdurchgeführt.Das Pr<strong>in</strong>zip der <strong>Luftdichtheit</strong>smessungDie BlowerDoor wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Außentür des Gebäudes e<strong>in</strong>gebaut.Abbildung 3: E<strong>in</strong>bau des BlowerDoor-Messgerätes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Außentür des Gebäudes


Alle übrigen Außentüren und Fenster s<strong>in</strong>d zu schließen, alle Innentüren werden geöffnet. Dierestlichen Öffnungen <strong>in</strong> der Gebäudehülle werden so vorbereitet, dass sie dem späterenNutzungszustand während der Heizperiode entsprechen.Anschließend wird mit dem BlowerDoor-Ventilator im Gebäude e<strong>in</strong>e künstlicheDruckdifferenz (Unter- oder Überdruck) zur Außenluft erzeugt, die sich <strong>in</strong> Sekundenschnellee<strong>in</strong>stellt. Die Druckdifferenz erzw<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> stetiges Nachströmen <strong>von</strong> Luft über dieUndichtigkeiten der Gebäudehülle. Die <strong>Luftdichtheit</strong>smessung be<strong>in</strong>haltet die Leckageortungbei 50 Pascal Unterdruck und die Ermittlung des Volumenstromes bei 50 Pascal V 50 ause<strong>in</strong>er Unter- und Überdruckmessreihe.50 Pascal entsprechen e<strong>in</strong>em Druck <strong>von</strong> 5 kg/m², 5mm Wassersäule oder <strong>in</strong> etwa e<strong>in</strong>erW<strong>in</strong>dstärke <strong>von</strong> 5 Beaufort.Während der Leckageortung saugt der Ventilator konstant Luft aus dem Gebäude. E<strong>in</strong>Unterdruck entsteht, der bei 50 Pascal Druckdifferenz e<strong>in</strong>geregelt wird. Über Fugen undandere Undichtigkeiten strömt stetig Außenluft <strong>in</strong> das Gebäude nach. Diese Luftströmekönnen mit der Hand gefühlt, dem Luftgeschw<strong>in</strong>digkeitsmessgerät gemessen oder mit Nebelvisualisiert werden. Auch durch den E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> Infrarotkameras zur Ortung <strong>von</strong> Leckagenkönnen viele Undichtheiten sichtbar gemacht werden.Abbildung 4: Leckageortung mit der Thermografiekamera – die e<strong>in</strong>strömende kalte Luft kühlt dieOberfläche aus und zeichnet sich im Thermogramm dunkel ab.Kennwerte V 50 und n 50 für das PassivhausIm Anschluss an die Leckageortung wird die geförderte Luftmenge messtechnisch bestimmt.Der Volumenstrom bei 50 Pascal Gebäudedruckdifferenz, der sogenannte LeckagestromV 50 (m³/h) resultiert aus Messreihen. Der Leckagestrom V 50 gibt an, wie viel Kubikmeter Luftpro Stunde über die Undichtigkeiten entweichen. Dieser Kennwert ist Ausgangswert für alleweiteren Betrachtungen.Die Luftwechselrate n 50 (1/h) berechnet sich aus dem Quotienten <strong>von</strong> Leckagestrom V 50durch das Innenvolumen V des Gebäudes im ausgebauten Zustand.n 50 = V 50 / V


Dieser Kennwert muss, um den Passivhausstandard e<strong>in</strong>zuhalten, kle<strong>in</strong>er se<strong>in</strong> als 0,6 1/h.Für das Innenvolumen V (m³) wird das re<strong>in</strong>e Luftvolumen nach Fertigstellung desPassivhauses herangezogen.Typische Leckagen und LösungsmöglichkeitenBei der <strong>Luftdichtheit</strong>smessung <strong>von</strong> Gebäuden werden unabhängig <strong>von</strong> der Bauweise(Passivhaus, große Gebäude, herkömmliche E<strong>in</strong>familienhäuser) überwiegend gleichartigeLeckagen angetroffen.Es gibt unterschiedliche Arten <strong>von</strong> Leckagen:• Leckagen, die <strong>in</strong> der Fläche auftreten• Leckagen an Anschlüssen• Leckagen an Durchdr<strong>in</strong>gungen• Leckagen an BauelementenUndichtheiten aufgrund <strong>von</strong> Planungsfehlern, wie unzutreffende oder fehlende Angaben fürAnschlüsse zwischen den luftdichten Schichten verschiedner Bauteile, können meist nichtmehr vollständig behoben werden.Leckagen, die durch Ausführungsfehler entstehen, können im Regelfall durchNachbesserung beseitigt werden, wenn sie bei e<strong>in</strong>er vorgezogenen Messung rechtzeitigerkannt werden.Die folgenden Beispiele s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Auswahl <strong>von</strong> typischen Leckagen und denMöglichkeiten, sie zu beheben. Sie zeigen, dass viele Undichtheiten vermieden werden,wenn schon <strong>in</strong> der Planungsphase das Thema <strong>Luftdichtheit</strong> berücksichtigt wird.Typische Leckagen <strong>in</strong> der FlächeLeckageLösungsmöglichkeitAlle massiven Außenwände vollflächig mite<strong>in</strong>em Innenputz versehen. Auch die Flächenh<strong>in</strong>ter aufgehenden Rohren auf Höhe desEstrichs sowie Flächen, die am Ende mite<strong>in</strong>er Gipskartonverkleidung versehenwerden, müssen e<strong>in</strong>en Putz erhalten.Außenwand ohne Innenputz: Die Luft dr<strong>in</strong>gtüber unverputzte Stoß- und Lagerfugen <strong>in</strong>das Gebäude e<strong>in</strong>.


Leckagen an AnschlüssenLeckageLösungsmöglichkeitUndichter Anschluss zwischen zwei PE-Folien <strong>in</strong>folge der Verwendung e<strong>in</strong>es falschenKlebebandes.Nur Klebebänder verwenden, die speziell zurVerklebung und Herstellung der luftdichtenEbene verwendet werden können. Foto:www.proclima.comLeckagen an Durchdr<strong>in</strong>gungenLeckageLösungsmöglichkeitUndichte Steckdosene<strong>in</strong>sätze verursachenLufte<strong>in</strong>tritte.Verwendung <strong>von</strong> dichten Hohlwanddosenverh<strong>in</strong>dert ungewollte Lufte<strong>in</strong>tritte. (Hersteller:www.kaiser-elektro.de)


Leckagen an BauelementenLeckageLösungsmöglichkeitUndichter Anschluss e<strong>in</strong>es Fensterelementesan die Außenwand. Deutlich zeichnet sich imThermogramm e<strong>in</strong>e ausgekühlte Oberfläche(dunkle Färbung) ab.Wechselseitig klebende Folien, z. B. mitVlieskaschierung zum E<strong>in</strong>putzen, werden vorder Fenster-Montage auf den Blendrahmen-Rücken vom Fensterhersteller oder Monteurgeklebt. Quelle: www.tremco-illbruck.comZusammenfassungSchon beim Entwurf des Passivhauses ist die luftdichte Ebene mit zu berücksichtigen. Fürjede Fläche ist das Material für die <strong>Luftdichtheit</strong> zu bestimmen, die Anschlüsse der e<strong>in</strong>zelnenBauteile untere<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d festzulegen und deutlich hervorzuheben. Der Handwerker hatsomit die Möglichkeit, se<strong>in</strong> Angebot und se<strong>in</strong>e Arbeit entsprechend e<strong>in</strong>zustellen. Für dieDurchdr<strong>in</strong>gungen der luftdichten Hülle (Rohre, Elektrokabel etc.) gilt die Vermeidungsregel:So wenig wie möglich und so viel wie notwendig ist die Hülle zu durchdr<strong>in</strong>gen.Vor Ort s<strong>in</strong>d die Fertigkeiten und das Wissen der Handwerker gefragt. Die verwendetenMaterialen zur Herstellung der <strong>Luftdichtheit</strong>sschicht müssen aufe<strong>in</strong>ander abgestimmt se<strong>in</strong>.Hier ist es notwendig, sich mit den technischen Empfehlungen der Hersteller ause<strong>in</strong>ander zusetzten, um e<strong>in</strong>e dauerhaft luftdichte Hülle herzustellen. Nach Abschluss der Arbeiten an der<strong>Luftdichtheit</strong>sebene wird e<strong>in</strong>e <strong>Luftdichtheit</strong>smessung im Bauzustand zur Qualitätskontrolledurchgeführt. Falls Undichtheiten vorhanden s<strong>in</strong>d, können diese, teilweise schon währendder Messung, beseitigt werden. Die Luftwechselrate <strong>von</strong> weniger als 0,6 Luftwechsel proStunde bei e<strong>in</strong>er Druckdifferenz <strong>von</strong> 50 Pascal muss e<strong>in</strong>gehalten werden. Die Erfahrungenzeigen, dass es s<strong>in</strong>nvoll ist diese Messung als festen Bestandteil schon <strong>in</strong> den Bauablauf mitaufzunehmen.Vor der Übergabe des Gebäudes an den Bauherrn f<strong>in</strong>det dann die Abschlussmessung nachden Kriterien der EN 13829 statt, die e<strong>in</strong>e Messung im Nutzungszustand des Gebäudesfordert.


Um die <strong>Luftdichtheit</strong> im Passivhaus sicher zu stellen, bedarf es e<strong>in</strong>er ausgezeichnetenZusammenarbeit aller am Bau Beteiligten. Architekten, Fachplaner, Bauunternehmer undHandwerker - um nur e<strong>in</strong>ige aufzuzählen - müssen mite<strong>in</strong>ander kommunizieren und nichtselten neue Wege und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!