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Gentle Rebels

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AUSTRIAN COOKS<br />

80<br />

Without wanting to appear presumptuous,<br />

it seems safe to say that Heinz Hanner’s<br />

duck-liver tart is among the finest dishes<br />

being served in Austria this year: paper-thin<br />

puff pastry with apricots from the Wachau<br />

with a layer of liver that, hmmm, melts in<br />

your mouth and on top of that a millimetrethin<br />

layer of curd cheese. It is accompanied<br />

by roasted, caramelised almonds that<br />

simply have to be eaten simultaneously<br />

with the tart. Some will object that this is<br />

all a matter of opinion, but no one complains<br />

about a writer saying that the British<br />

group Coldplay made one of last year’s<br />

finest CDs. And fortunately for diners, the<br />

duck-liver tart, like the CD, will be around<br />

for a while longer. Because as Heinz<br />

Hanner says, with almost reverent delight:<br />

“So far, everyone who has tried this dish has<br />

been bowled over by it.” His new restaurant<br />

is also designed to bowl diners over: simple<br />

elegance inside, with a view of the rolling<br />

hills of the Vienna Woods beyond the<br />

generously dimensioned windows.<br />

The dining room is divided into separate<br />

areas for non-smokers, smokers and cigarsmokers.<br />

Nothing has been left to chance:<br />

neither the materials (wood from the<br />

Vienna Woods was used almost exclusively)<br />

nor the design. In his efforts to find the<br />

optimal height for the backs of his chairs,<br />

Hanner had three prototypes made by<br />

a designer. “Top-notch restaurants are<br />

like top-notch athletes,” explains the<br />

perfectionist, who orders nothing and takes<br />

delivery of nothing before giving it a great<br />

deal of thought. “We have to try to offer<br />

the best products at the best price.”<br />

HEINZ HANNER<br />

THE PHILOSOPHER / DER PHILOSOPH<br />

Es mag vermessen klingen – aber Heinz<br />

Hanners Entenlebertarte zählt bestimmt<br />

zum Besten, was 2003 im Land an Gerichten<br />

aufgetischt wurde: hauchdünner Blätterteig<br />

mit Wachauer Marillen, darauf die, hmmm,<br />

zergehende Leber, welche wiederum mit einer<br />

millimeterdünnen Topfenschicht überzogen<br />

ist. Dazu werden angeröstete, karamellisierte<br />

Mandeln serviert, die gleichzeitig mit der<br />

Tarte einzunehmen sind. Mögen andere<br />

jetzt aufschreien – man muss diese Feinheit<br />

so drastisch verdeutlichen, schließlich darf<br />

man auch schreiben, dass die britische Gruppe<br />

Coldplay eine der schönsten CDs des vergangenen<br />

Jahres veröffentlicht hat. Tröstlich in<br />

diesem Zusammenhang: Wie die CD wird es<br />

auch die Entenlebertarte noch länger geben,<br />

denn, so Heinz Hanner – und er sagt es mit fast<br />

andächtiger Freude –, „dieses Gericht hat bisher<br />

jeden umgehauen.“ Umwerfend erscheint auch<br />

das Lokal in seinem neuen Gewand: Voll<br />

schlichter Eleganz und unter Einbeziehung<br />

der sanft-hügeligen Wienerwald-Landschaft,<br />

die sich hinter den großzügigen Glasfassaden<br />

erstreckt, teilt es sich in ein Nichtraucher-,<br />

Raucher- und Zigarrenraucher-Segment. Nichts<br />

wurde hier dem Zufall überlassen: nicht die<br />

Materialien (es wurde fast ausschließlich mit<br />

Wienerwald-Hölzern gearbeitet), nicht das<br />

Design. Allein um die optimale Rückenlehnenhöhe<br />

eines Stuhls zu ermitteln, ließ<br />

Hanner von einem Designer drei Prototypen<br />

anfertigen. „Spitzengastronomie ist wie<br />

Spitzensport“, erklärt der Perfektionist, dem<br />

nichts ins Haus kommt, worüber er sich nicht<br />

vorher ordentlich den Kopf zerbrochen hat,<br />

„wir müssen versuchen das beste Produkt<br />

zum besten Preis anzubieten.“<br />

HANNER, 2534 Mayerling 1, Tel.: 02258/23 78, www.hanner.cc<br />

Photo: PR<br />

geröteten Backen gegen einen gesunden<br />

Teint getauscht und das Lamentieren über<br />

den undankbaren Gast in Lebensfreude erstickt.<br />

Was der erste Koch-Popstar der<br />

Geschichte, Paul Bocuse, in den 70er-Jahren<br />

„möglich machte und später immer wieder<br />

lautstark bedauerte, perfektionieren und<br />

demokratisieren seit dreißig Jahren seine<br />

Schüler“, notierte kürzlich die Frankfurter<br />

Allgemeine. Die heutige Generation unterscheidet<br />

sich von ihren Vorgängern in einem<br />

wesentlichen Punkt: Die jungen Köche reduzieren<br />

sich nicht auf die Rolle der Experten<br />

hinterm Herd, sondern geben sich als<br />

Genuss-Philosophen zu erkennen, denen die<br />

Denkarbeit an der Optimierung von Wohlgefühl<br />

genauso viel Freude zu machen<br />

scheint wie das Rupfen eines Hand gefütterten<br />

Huhns. Auf der anderen Seite sitzt<br />

der Gast, der den Ball dankbar aufnimmt.<br />

„Qualitätsbewusstes Genießen ist nicht<br />

mehr allein eine Sache des Geldes. Vielmehr<br />

ist in einer ganzen Generation – konkret<br />

bei den 30- bis 40-Jährigen – ein selbstverständlicher<br />

Umgang mit dem Thema<br />

geschehen“, weiß Christian Grünwald, Chef-<br />

The year of Heinz Hanner was 2003: he re-opened his restaurant<br />

with new chic design and created a fantastic duck-liver tart likely<br />

to become a classic. / 2003 war das Jahr des Heinz Hanner:<br />

1. eröffnete er sein Restaurant in bestechend schickem<br />

Design erneut und 2. kreierte er eine umwerfende<br />

Entenlebertarte mit dem Zeug zum Klassiker.<br />

redakteur und Co-Herausgeber des Gourmet-<br />

Guides Österreich A la Carte, „diese Entwicklung<br />

ist nach unserer Ansicht unumkehrbar.<br />

Man isst und trinkt bewusster: wegen der<br />

Gesundheit, wegen des Lustgefühls, weil es<br />

gesellschaftlich akzeptiert ist. Gutes Essen und<br />

Trinken ist vom Modetrend zu einer Annehmlichkeit<br />

geworden, auf die viele nicht mehr<br />

verzichten wollen.“<br />

Was für Koch-Laien die Antriebsfeder ist,<br />

stellt für den Profi, vor allem für den angehenden,<br />

oft die einzige Möglichkeit dar, sich<br />

von den Mitbewerbern abzuheben. „Schon<br />

während meiner Ausbildung bin ich durch<br />

unkonventionelle Ideen aufgefallen“, erinnert<br />

sich Aurelio Nitsche – wobei es ihm nicht um<br />

die Provokation ging. Er wollte einfach nur das,<br />

was ihm persönlich wichtig war und nahe stand,<br />

in den allgemeinen Lehrplan einbringen. Zum<br />

Beispiel nicht einfach nur Reis zum Curryhuhn<br />

kochen, sondern diesen mit Mangoscheiben<br />

veredeln. Heute liest sich die Karte des 28-jährigen<br />

Küchenchefs des Bordeaux, im schicken<br />

Wiener Serviten-Viertel, wie die logische Fortsetzung<br />

des damals eingeschlagenen Weges:<br />

Unter den Vorspeisen findet sich eine „Gebratene<br />

Gänseleber auf Gewürzmarillen und Balsamico-Schalotten“,<br />

bei den Hauptspeisen ein<br />

„Seeteufel im Bananenblatt“ gebraten. Dass<br />

manche Kreation zuweilen ebenso als Dessert<br />

durchgehen könnte, leistet seinem Erfolg keinen<br />

Abbruch: Fantasie, gekonnt inszeniert, hat in<br />

diesem Beruf noch nie geschadet.<br />

Einem gelungenen Restaurant-Besuch<br />

kommt mittlerweile auch eine Seelenwärmerfunktion<br />

zu: Der Gast erwartet sich neben einer<br />

erstklassigen Verköstigung einen gewissen<br />

Austausch mit Betreibern und Personal.<br />

„Erfolgreiche Gastronomie ist mehr als nur<br />

perfektes Essen in schickem Ambiente. Wenn<br />

es nicht menschelt, geht auf Dauer keiner hin“,<br />

beschreibt Christian Grünwald die Gnadenlosigkeit<br />

der Zuwendungshungrigen.<br />

Gerhard Fuchs, dessen Künste Feinspitze<br />

ins steirische Straden locken, hat sich diesem<br />

heiklen Punkt mit Geschick entzogen. Das

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