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KremserEberhard_1910_1934

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Nun zu dieser Zeit erinnere ich mich, als die Kirschenernte heranstand, kam ich auf den Gedanken miteinem meiner Freunde verbotenerweise selbst welche zu ernten. Da stand dicht neben demGewächshaus ein mächtiger Kirschbaum mit dunkelroten Früchten. Um zu den Kirschen zu gelangen,stieg ich auf das Gewächshausdach in der guten Hoffnung, daß die starken Drahtglasscheiben meinGewicht aushalten werden. Zunächst ging alles gut. Als aber das Körbchen halb voll war, muß icheinen Fehltritt getan haben. Eine Scheibe gab nach, rutschte aus der Sprosse und ich landete imGewächshaus auf einer Anzuchtstellage. Ich bin da zu Tode erschrocken. Aus Angst verwischte ichschnell die Spuren. Mein Freund und ich machten uns schleunigst aus dem Staube. Als der Gehilfeam nächsten Morgen die Bescherung entdeckte, meldete er den „Einbruch“ sofort der Gärtnerei. Manwar höchst erstaunt, daß Treff gegen die Einbrecher nichts unternommen hatte. Daß der Sohn desChefs die Hand im Spiel gehabt hätte, darauf ist man freilich nicht gekommen. Später habe ich dasVater gebeichtet, als alles längst vergessen war.Im November 1918 war der Krieg beendet, das Kaiserreich durch die Republik abgelöst. Für unsDeutsche begann damals eine schlimme Zeit. Zunächst tat sich in Emanuelssegen nichts. Aberinsgeheim gärte es schon. Es gab im Industriegebiet Oberschlesiens zahlreiche Kräfte, die dieAbtrennung des Kohlenreviers vom Deutschen Reich im Untergrund betrieben. Zuerst ging das ganzlangsam vor sich. Es sollte noch einige wenige Jahre dauern, ehe die Loslösung vom Reich reifwurde.Von der Schule in Kattowitz besuchte ich oft Tante Elly, die Hauswirtschafterin bei Bergrat Brunnerwar und in der Schillerstraße 9 wohnte. Bergrat Brunner war Witwer; er hatte 3 Kinder, die jüngsteTochter Eva war in meinem Alter. Eva war ein hübsches Mädel, deren Nähe ich immer suchte. Sieging aufs Lyceum. Sie kam auch oft mit Elly mit nach Ems, wenn sie uns besuchte.Einmal muß mich wohl der „Teufel geritten“ haben, nämlich ich ließ kurzerhand einen 20-Mark-Schein,der auf der Kommode lag, „mitgehen“! (Im Hause Brunner) Da ich ja nie einen Pfennig Geld in derTasche hatte, fühlte ich mich nun reich. Ich konnte mir nun endlich die geliebten Kokosflocken kaufen,die ich so gerne hatte. Der Diebstahl bekam mir aber nicht. Elly war darob außer sich. Sie fuhr nachEms und erzählte Mutter von der Tat „ihres Früchtchens“. Ich darf mir hier ersparen zu schildern, wasdarauf an mir geschah. Jdenfalls hatte ich lange danach zu „lecken“, und oft wünschte ich mir die Tatungeschehen zu machen. Man hat mir das dann auch lange genug vorgehalten.Mein Onkel Max wohnte von Tante Elly nur ein „Steinwurf“ weit weg, nämlich in der Nikoleistraße 7. Indem Hause wohnte ein Stock tiefer die spätere Ehefrau von Bernhard Grzimek.Meine Tante Meta (Ehefrau des Onkel Max) war hochgradig Rheuma-krank. Ich sehe sie heute nochwie sie 10 oder 15mal um den großen Wohnzimmertisch herumgehumpelt ist. Ihre Hände warenderart verkrümmt, daß sie kaum eine Tasse halten konnte. Kremsers hatten 2 Kinder, - MädchenRuth und Ilse. Sie waren einige Jahre älter als ich. Sie haben mich bei verschiedenen Besuchenkaum zur Kenntnis genommen. Sie waren zu hochnäsig und zu sehr eingebildet, da sie schon dieBänke der oberen Klassen des Lyceums drückten. Deshalb ging ich sehr selten zu ihnen, eigentlichnur dann, wenn ich mußte, zu besonderen Anlässen. Tante Meta verstarb am 7.12.1923 mit 45Jahren an ihren Leiden.Einmal fielen in unserer Klasse 2 Unterrichtsstunden wegen Krankheit unseres Lehrers aus. WirBuben, die wir schon um ½ 8 Uhr im Klassenzimmer waren, hatten nichts anderes zu tun als Unsinnzu treiben. So balgten wir uns halt herum und Klein-Eberhard machte hier auch keine Ausnahme. Beieiner solchen Balgerei rutschte ich mit meinem linken Arm unter den schwarzen Klassenschrank undeiner setzte sich auf mich. Um den Jungen loszuschütteln muß ich mit dem Arm den schwerenSchrank angehoben haben. In diesem Augenblick splitterte die Gelenkkugel des linken Ellbogens.Der Schmerz war fürchterlich. Ich wurde sofort nach Hause gebracht und in das FürstlicheKnappschafts-Lazarett eingeliefert.Bei einer Röntgenaufnahme hat man festgestellt, daß ein sehr komplizierter Bruch des Kugelgelenksvorliegt, der äußerst schwierig zu behandeln sei. Man sprach sogar davon, daß ein steifer Armzurückbleibden könnte. Ich kam sogleich in den OP-Saal in Narkose. Als ich aufwachte, hatte icheinen mordsgroßen Gipsverband in einer Schiene. Ich habe ein halbes Jahr damit zugebracht.Schlimmer aber war dann die folgende Bewegungs-Therapie. Wenn mich der Wärter in der „Fuchtel“hatte, schrie ich so fürchterlich, daß das ganze Lazarett zusammenlief. Später mußte mich ständigmeine Mutter ins Lazarett hinbringen, weil ich sonst den Weg einfach nicht fand.9

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