10.07.2015 Aufrufe

KremserEberhard_1910_1934

KremserEberhard_1910_1934

KremserEberhard_1910_1934

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wir hatten 20 Minuten nach Kattowitz zu fahren. Meine Jugendfreunde waren Herbert und AlexanderMöser, ihr Vater war bei der Forstverwaltung des Fürsten von Pleß, Heinz Zazarek, der Vater hatte dieEmser Fleischerei, und Paul Pollok, dessen Vater Lok-Führer bei der Grubenverwaltung war. Wir 5Jungen waren immer zusammen und unzertrennlich. Alle 5 fuhren nach Kattowitz zur Schule, Herbertund Paul waren in meiner Klasse. Nach der Schule spielten wir bis in die Abendstunden im Wald oderauf den Feldern und Wiesen.Meine Eltern waren zu uns sehr streng. Ich mußte pünktlich um ½ 7 Uhr abends zu Hause sein zumAbendbrot. Wehe, wenn ich zu spät kam. Mit Bangen machte ich mich dann auf den Heimweg, ander Entreetür angelangt, drückte ich zaghaft auf die Klingel. Meistens gab es dann Hiebe undobendrein noch „Stubenarrest“, was für mich das schlimmste war. Wenn nämlich dann am nächstenNachmittag meine Freunde vor unserem Fenster auftauchten und sich mit Pfiffen bemerkbar machten:Mutter war dann unerbittlich. Mein Bitten und Betteln half nichts; ich mußte im Zimmer bleiben. Dashat damals meiner „Kinderseele“ sehr geschadet. Mutter machte sich zu allem Überfluß drauf unddran, mir im Rechnen und Diktat „Nachhilfeunterricht“ zu geben. Das tat weh; ein Glücksgefühl war’swenn ich dann nach Stunden davor befreit wurde. Dieser „Nachhilfeunterricht“ hat mir mehrgeschadet als genutzt.Überhaupt wurde ich zu Hause streng erzogen. Widerpart gab es nicht. Trotzdem habe ich an zuHause sehr gehangen; denn meine Mutter verstand es uns allen eine gewisse Nestwärme zu geben.Bei uns zu Hause wurde sehr gespart. Egal ob die Zeiten gut oder schlecht waren. Im Überflußhatten wir nie etwas. Ich entsinne mich, daß es bei uns am Sonntag Fleisch gab. Am Dienstag undDonnerstag gab es meistens Aufgewärmtes vom Sonntag. Montags und Samstags hatten wirmeistens Eintopf. Mittwochs Eierspeisen oder sonstige Mehlspeisen. Den Speisefahrplan kannten wirschon auswendig. Abends gab es Brot zugeteilt. Wenn es Wurst gab, war es ein Feiertag. DerSonnabendabend war was außergewöhnliches. Da hatte Mutter ein Pfund Krakauer eingekauft undabends warm auf den Tisch gestellt. Schon Tage vorher freute ich mich auf den Sonnabend.Im übrigen sind wir, Erika und ich, von den Eltern keinesfalls verwöhnt worden. An Geburtstagen oderWeihnachten gab es für uns Kinder lediglich Kleinigkeiten, die nicht „ins Geld liefen!“ Ich erinneremich, es waren Gesellschaftsspiele oder Sachen zum Ausschneiden, bunte Papierstreifen zumFlechten und Süßigkeiten. Wie gerne hätte ich als Bub’ mal eine Dampfmaschine oder eineEisenbahn (damals gab es nur solche mit Uhrwerk) als Geschenk bekommen. Wie oft stand ich inKattowitz vor dem Schaufenster der Kinderspielläden und träumte davon, daß sich der Traum erfüllte.Meine liebe Schwester Erika wurde immer größer. Meine Aufgabe war es nun Kindermädchen zuspielen. Nachmittags habe ich sie immer mit einem Kinderwagen mit großen Rädern ausfahrenmüssen. Natürlich war ich davon nicht gerade begeistert. Einmal habe ich mit dem Kinderwagenwider einmal „Puffbahn“ gespielt. Als es im „Volldampf“ in eine Kurve ging, kam der Wagen aus demGleichgewicht und meine nichts ahnende Schwester flog in hohem Bogen aus dem Wagen und lagauf der Straße. Das Malheur habe ich trotz größter Anstrengungen vor meinen Eltern nicht verbergenkönnen. Für diese Untat hat es auch etwas abgesetzt. Seitdem war ich vorsichtiger. Trotzdempassierte wenig später wieder ein Malheur mit meiner Schwester. Als ich wieder einmal für meineSchwertfische im großen Einmachglas Wasserflöhe brauchte, ging ich mit Erika zum naheliegendemTeich. Die meisten Wasserflöhe gab es am Wehr, eine Schleuse, die das Wasser zumtiefergelegenen 2. Weier abhielt. Hier fummelte ich mit dem Netz herum und schüttete das „Fanggut“in ein Glas. Während dieser Tätigkeit beugte sich Erika über die Brüstung und plumpste prompt instiefe Wasser. Vor Schreck und Todesverachtung sprang ich nach, erwischte sie und hielt sie am Kleidfest und mich am Schleusengestänge. Ein zufällig vorübergehender Arbeiter zog uns heraus. Wasfür ein Glück. Erika wäre um ein Haar umgekommen. An dieser Stelle möchte ich es mir versagen zuschildern, was danach zu Hause „los“ war.Emanuelssegen war damals für die Kattowitzer Bevölkerung wegen der sehr schönen landschaftlichenLage ein gern besuchter Ausflugsort. Da seinerzeit Autos noch eine Seltenheit waren, kamen dieAusflügler entweder mit der Bahn oder zu Fuß durch den Wald. Unmittelbar hiner dem Dorf begannder Mischwald. Von dort ging es langsam bergan bis man nach einer Wanderung von ca. ½ Stundeauf die sogenannte Erdmannshöhe kam. Von dort hatte man bei schönem Wetter eine wunderschöneAussicht auf die Beskiden und dahinter auf die Karpathen. Im Sommer kamen auch viele Ausflüglerum Pilze zu sammeln oder Blaubeeren und Preiselbeeren zu pflücken.7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!