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KremserEberhard_1910_1934

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(Hinweis: Mein Vater hat sogar erzählt zum Monatsende regelrecht gehungert zu haben. Sein Lebenlang hat er nie Schulden gemacht. Solange sie das Haus in Zöbingen zurückgezahlt haben, hatmeine Mutter aus einer Bratwurst mehrere Frikadellen gefertigt! Sobald er die Schuldenzurückgezahlt hatte, war er dann auch zu seinen Söhnen ausgesprochen großzügig. So habe ich1989 seinen alten grünen Audi 100 geschenkt bekommen. In diesem Sommer habe ich zum letztenMal Martin nach Zöbingen gebracht. Er war damals auch damit einverstanden.)Am nächsten Tag pilgerten wir beide den Berg hinauf um uns der Aufnahmeprüfung zu unterziehen.Es waren etwa 85 „Neulinge“ zugegen. Wir beschnüffelten uns und schlossen gleich eine gewisseKameradschaft, die ja 4 Semester lang anhalten sollte. Vom Direktor wurden wir begrüßt und demLehrkörper vorgestellt. Die Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau war ein Anhängsel derLandwirtschaftlichen Hochschule in München. Bei der nun vorgesehenen Aufnahmeprüfung wurdesie auch auf diesem Niveau ausgerichtet. Hans Lindner und ich bestanden diese Prüfung sehr gut.Am 01.03.<strong>1934</strong> konnte nun mein neuer Lebensabschnitt beginnen.Die ersten beiden Semester waren sehr stramm. Ich stürzte mich mit Eifer auf meine neue Aufgabe.Hans und ich versäumten keine Vorlesung und nachmittags saßen wir ernsthaft über unsereKolleghefte und paukten. Wir waren schon etwas älter als die anderen und wußten auch worum esgeht. Für mein späteres Fortkommen erschien es mir auch wichtig der Studentenvereinigung„Balduria“ beizutreten. Hier hatte ich auch die Gelegenheit mit einflußreichen Leuten desBerufsstandes Fühlung zu nehmen. Während der verschiedenen Pflichtübungen und Kneipen derBalduria hielt ich mich zurück. Einmal fehlte mir das Geld dazu, und zum anderen war ich dazu nichtgeeiget. Viele meiner Kollegen waren von Hause aus reich „betucht“. Es waren viele Söhne vonGärtnereibesitzern dabei, die sich manches erlauben konnten. Hans Lindner war kein Baldure.Der National-Sozialismus hatte im Herbst alles „gleichgeschaltet!“. So mußten wir „freiwilliggezwungen“in den neugeschaffenen SA-Studentensturm eintreten. Die Balduria blieb nochunangetastet. Nun mußten wir fortan im Sturm 2/J. 5 für „unseren geliebten Führer“ Dienst tun. Vonunserem Semester gab es Leute, die sich nun in der Folge als Scharfmacher herausschälten. Daswaren für uns, die zur SA gezwungen waren, gefährliche und auch gefürchtete Leute. Verbissen tatenwir unseren „Dienst Mittwochnachmittag“ und das Wochenende waren die Zeiten, die wir in„Wehrübungen“ und „Gepäckmärsche“ unsere kostbare Zeit vertrödeln mußten.Hans Lindner hatte es fertiggebracht, sich durch ärztliches Attest freizustellen. Seitdem bestandzwischen uns ein gespanntes Verhältnis. Ich konnte es einfach nicht ertragen, daß er nun bessergestellt war als ich.(Hinweis: Vielleicht wollte mein Vater mit dieser Episode betonen, daß er keinesfalls gern den SA-Dienst machte. Als er dann später einmal herausfand, daß Hans Lindner die Briefe meiner Mutterheimlich las, kam es zwischen ihnen zu einem großen Krach.)Mit unseren Wirtsleuten kamen wir prima aus. Herr Maier, kriegsbeschädigt, hatte ein künstlichesBein, war ein gutmütiger Mensch, zu jedem Scherz aufgelegt. Frau Maier dagegen war humorlos unddazu sehr knickrig. Sie konnte um jeden Pfennig streiten. Trotzdem hatten wir sie gern, weil sie unssonst machen ließ, was wir wollten.Als wir schon im 3. Semester waren, wurde Herr Maier von der Post befördert, und er wurde ausdiesem Grunde in ein größeres Postamt in München versetzt. Das bedeutete für uns den Auszug ausunserer liebgewordenen Wohnung, weil das Haus an einen anderen Interessenten vermietet werdenmußte, der uns nicht gebrauchen konnte.Wir fanden eine neue Heimat in der Haydstr. 15 bei Frau Burgmayer, die Witwe war und mit ihrerTochter Luise, „Lu“ genannt, zusammenlebte. Lu war etwa in unserem Alter. Hier war auch derVersuchung nahe „anzubandeln“. Aber ich hatte mir schon einmal die Finger verbrannt. (Vermutlichmeint er die Ria Steinle.) Ein zweites Mal wollte ich das nicht mehr riskieren, zumal ich bereits inFrankfurt in der Mühlgasse „versprochen“ war. Lu tröstete sich dann mit einem Feldwebel Seitz, derjedoch beträchtlich jünger war als sie. Auch dort hatten wir es sehr gut. Wir gewöhnten uns dortschnell ein, zumal Frau Burgmayer eine gewisse Wärme ausstrahlte.Meine freie Zeit verbrachte ich entweder in München oder beim Baden in der Amper. Die Isar führte inden Sommermonaten zu wenig Wasser. Ich hatte mir ein Fahrrad zugelegt, mit dem ich allein durchdie Gegend streifte. Dadurch hatte ich auch die Umgebung sehr gut kennengelernt. Zu Pfingstenmachte ich mit noch einem Freund eine Fahrradtour nach Berchtesgaden.29

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