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KremserEberhard_1910_1934

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heraus. Einige Wochen später mußte man ihm auch noch den rechten Harnleiter herausoperieren. Ertat den Ausspruch: „Was wollte ihr mir denn noch herausschneiden?“Anfang 1932 war es abzusehen, daß es mit Vater wieder aufwärts ging und daß er seinen Dienstkünftig allein bewältigen würde. Er fühlte sich auch wohl und gesund und die Zigaretten schmecktenihm wieder wie früher. (Kommentar: Das übersetze ich nur aus Wahrheitsliebe! Die Zigarettenwaren bestimmt sein Tod! Ich meine sein Tod 1955 war auf Ersticken der Lunge zurückzuführen.)Für mich kam daher die Zeit darüber nachzudenken, wie es mit mir und meiner Ausbildungweitergehen solle. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren immer noch recht mies. Ich bewarb michalso auf zwei Stellenangebote in Vaters Fachzeitschrift. Eine Gärtnerstelle war in Berlinausgeschrieben, die andere in Freiburg im Breisgau. Die Berliner antworteten innerhalb wenigerTage. Gebrüder Niemetz suchten für ihre Großgemüsetreiberei einen „tüchtigen Gehilfen“. Ich sagtezu. Meinen Eltern war das nicht recht; sie haben mich schweren Herzens ziehen lassen. Ich war fürsie noch ein Halt, falls doch noch etwas passieren sollte.In Berlin trat ich die Stellung am 1 April 1932 an. Ich bekam dort freie Unterkunft, Pension und 50Reichmark einschließlich Familienanschluß. Mit einem der Söhne befreundete ich mich an, zumal dasmein Chef und dessen Frau in jegllicher Weise förderte. Es war ein Großbetrieb und keine kleineKlitsche. Bei der Abfahrt in Frankfurt kam überraschenderweise Hanna zur Verabschiedung mit einemgroßen Paket. Meine Abreise wollte ich eigentlich verheimlichen, aber Erika konnte anscheinend denMund nicht halten.Der Abschied war aber kurz und schmerzlos. Hier sei anzumerken, daß unser Abschied endgültigwar. Erst viele Jahre später, als wir beide längst verheiratet waren, sollte eine neue innigeFreundschaft zwischen beiden Ehepartnern entstehen.(Kommentar: Wenn ich mich recht erinnere, war Hanna einige Jahre älter als mein Vater. Sieheiratete einen Handelsvertreter für Pflanzenschutzmittel namens Willi Beckel, von dem mein Vaterspäter für die Stadt einige Mengen abnahm. Später konnte er den Ankauf aber nicht mehr fortsetzen,weil das Sortiment veraltet war. Herr Beckel war ein gut aussehender und gut gekleideter Mann. Daer oft unterwegs war, meinte meine Mutter einmal zu Hanna, ob sie die Abwesenheiten nichtbeunruhige. Da sagte Hanna: „Der kann noch nicht einmal eine einzige Geiß füttern.“ Damit spieltesie darauf an, daß er wegen Hodenhochstand Potenzprobleme hatte. Als er später Krebs hatte, legteer sich als Privatpatient ins Krankenhaus, was meinem Vater nicht gefiel, weil er weder eineKrankenkasse noch Ersparnisse hatte. Als er verstarb, mußte Hanna die Erbschaft ausschlagen unddas Krankenhaus blieb auf den Kosten sitzen sowie Kronberg auf den Beerdigungskosten. MeineEltern habe die Beckels mehrmals besucht. Als meine Mutter ansprach, daß er so schöneKristallgläser hatte, hat Herr Beckel die Gläser sofort eingepackt und meiner Mutter geschenkt. Siesind noch in Zöbingen. Ich glaube, ich war dabei. Jedenfalls war es mir schrecklich peinlich, daßmeine Mutter diese Gläser angenommen hat, und wir uns sozusagen von ärmeren Leuten etwasschenken ließen. Beckels hatten keine Kinder.)In Berlin verstand ich mich mit beiden Chefs ausgezeichnet. Ihre Zuneigung belohnte ich mit großemFleiß und Ehrlichkeit. Der Betrieb hatte 20000 qm Gewächshausflächen und ebensovieleFrühbeetkästen. Die Heizung bezogen sie als Abfallwärme von Großkraftwerken im Spreewald. DasFrühgemüse wurde Tag für Tag in die Großmarkthalle geschafft und dort versteigert. Ich hatte damitallerdings nichts zu tun.Niemetzens Sohn Hans wollte mir auch mal Berlin zeigen. An einem freien Tag machten wir uns alsoauf und fuhren ins Zentrum. Für mich war ja alles neu. Hier konnte ich den Vergleich zwischenFrankfurt und Berlin anstellen. Wir waren im „Haus Vaterland“, am Anhalter Bahnhof, Unter denLinden, Zoo, Kurfürstendamm und die Geschäftsstraße Leipziger Straße. Es gab viel zu sehen undich interessierte mich für alles. Zum Abschluß gingen wir in die „Oase Bar“ um zu erfahren, was esmit den „Lido-Nächten“ für eine Bewandtnis hatte. Gleich der Eintritt kostete eine Stange Geld undreduzierte unseren Barbestand beträchtlich. Erst drinnen wurden wir gewahr, daß wir hier„ausgenommen“ werden sollten.Wir nahmen in einer Nische Platz. Kaum hatten wir uns niedergelassen, kamen schon zwei Lido-Damen und setzten sich auf unseren Schoß. Wir bestellten einen Likör nach dem anderen. Ich fühltemich dabei nicht wohl, weil ich dauernd an mein Portemonnaie dachte. Insgeheim hoffte ich, daßHans uns schon aus der Klemme helfen würde. (Kommentar: Mein Vater hat mir diese für ihn23

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