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KremserEberhard_1910_1934

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Der Tag der Vorstellung kam. Der Kremser konnte also doch nicht die Sprüche „flüssig“ aufsagen.Wahrscheinlich trieb mich die Angst und die verhaltene Wut in die Defensive. Aber zum Erstaunendes Vikars kam ich nicht zum Altar vor um mich niederzuknieen. Nach der Kirche mußte ich in dieSakristei. Dort verabfolgte mir Klingler, so hieß der brave Gottesmann, mir einige schallendeOhrfeigen mit der Bemerkung mich nicht konfirmieren zu wollen. Mein Vater hat jedoch dafür gesorgt,daß ich trotzdem konfirmiert worden bin.Die Sache kam an die große „Glocke“. Dabei fand man auch noch andere Dinge heraus, die nichtganz sauber waren, und Klingler wurde eines Tages versetzt.Die Konfirmation haben wir bei meiner Großmutter in Steuberwitz gefeiert, die es als eine große Ehreempfand. Bei meiner Großmutter war ich oft in den großen Ferien. Ich war gern bei ihr. Sie hat michals den einzigen Namensträger sehr gern gehabt und hat mich, wo sie nur konnte, verwöhnt. Ich kannmich nicht erinnern, daß sie mir ein böses Wort gegeben hat. Oft war ich bei Gottsmanns drüben undspielte mit meinen Cousinen, die im gleichen Alter waren. Gegenüber der Wirtschaft befand sich eineBäckerei. Dort war ich auch anzutreffen. Ich durfte dort sogar die aus dem Ofen gehobenen Brote miteinem Handbesen mit Wasser bestreichen, damit sie glänzten.Ostern 1926 kam ich mit der O III-Reife aus der Schule und kehrte nach Emanuelssegen wiederzurück. Nun kam die Berufswahl. Ich wollte den Gärtnerberuf ergreifen und später eineentsprechende Fachschule besuchen. Mir schwebte Vaters Tätigkeit vor. Er hatte gerade zu jenerZeit die Planung des neu zu schaffenden Friedhofs in Ems auf dem Zeichentisch. Ich sah ihm bei derArbeit zu. Später bekam er für die schöpferische Leistung vom Fürsten die Silbermedaille.Aber Mutter war anderer Ansicht und Vater blies ebenfalls in ihr „Horn“. Wir hatten einen Bekannten,Quintek mit Namen, er war Oberingenieur und technischer Leiter der Elvator-Werke in Kattowitz-Boguschütz. Mit ihm müssen die Eltern schon vorher gesprochen und vereinbart haben, daß ihr Sohnals Praktikant 2 volle Jahre dort arbeiten sollte. Mir paßte das ganz und gar nicht, aber es half nichts,ich mußte hin. Das Werk stellte Loren für den Untertagebau her und weiteren Bedarf für dieFörderanlagen. Ich kam zunächst ¼ Jahr in die Werkzeugdreherei und später in die Kesselschmiede.Je länger ich dort arbeitete, umso mehr wurde mir klar, daß ich an diesem Beruf keinen Spaß habenwürde. Mit Grauen betrat ich jeden Tag das Fabrikgelände. Ich sprach darüber auch mit meinenEltern; aber sie beharrten auf dem Entschluß und forderten mich auf die Zähne zusammenzubeißen.Eines Tages ritt mich wieder einmal der Teufel. Unweit der Fabrik „Elevator“ war ein großerStauweiher mit einer wunderschönen Badeanstalt geschaffen worden. Die Sommerzeit war geradezugeschaffen, sich in der Badeanstalt „zu erholen“. Ich schwänzte daher die Arbeit und ging baden.Erst wollte ich das nur einmal tun; aber aus einmal wurde zweimal und schließlich waren es zweiWochen geworden. Mutter packte mir brav jeden Morgen die Brotportionen für den ganzen Tag.Meine Abwesenheit fiel schließlich auch dem Quintek auf. Da keine Entschuldigung bzw. Krankmeldungvorlag, rief er kurzerhand meinen Vater an. Vater muß wohl „aus allen Wolken“ gefallen sein, alser hörte, daß sein Sohn seit zwei Wochen nicht mehr in der Fabrik war. Als ich abends nach Hausekam, hat man mich entsprechend „empfangen“. Beide Elternteile nahmen mich ins „Gebet“! Es halfaber nichts. Ich habe ihnen in die Hand hinein versprechen müssen, daß ich künftig meinen Pflichtennachkomme werde. Das habe ich dann auch getan.Aber bald kam das Schicksal mir zu Hilfe. Vaters Mitarbeiter Mikulla ist inzwischen „Super-Pole“geworden. Er strebte hinter Vaters Rücken Vaters Entlassung an um dann selbst seine Stelleeinzunehmen. Der Intrigen waren viele. Schließlich klappte das auch; Vater mußte alsReichsdeutscher den Arbeitsplatz räumen. Wir wurden zu allem Unglück auch aus Polenausgewiesen. (Hinweis: Für meinen Vater ist typisch, daß er die Einzelheiten der Intrigen nichtausführlich erläutert. - Als mein Vater im 2. Weltkrieg in Oberschlesien war, schrieb ihm sein Vater, ersolle das undeutsche Verhalten des Mikulla anzeigen, was er nicht tat. Als er wieder im Gartenamtder Stadt Frankfurt tätig war, sagte ihm sein Schulkollege Sallmann, der später Direktor desGartenamts wurde: „Schönen Gruß Herr Kremser vom Herrn Mikulla.“ Mein Vater sagte nun zu mir,daß seine Großzügigkeit sich da bezahlt gemacht hätte, da der Mikulla ihm ansonsten geschadethätte.) Im September 1926 räumten wir unsere liebgewordene Heimat und ließen uns unter Mitnahmeder Möbel in Kandrzin vorübergehend nieder. Die Möbel wurden bei einem dortigen Spediteureingestellt; wir bezogen eine kleine möblierte Wohnung im Ort. Kandrzin ist ein ganz kleiner Ort inunmittelbarer Nähe der Kreisstadt Cosel an der Oder. Aber Kandrzin war Oberschlesiens größterVerschiebebahnhof. Dort kreuzten sich alle Strecken von Ost + West, von Süd und Nord. Vater13

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