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Oberstaufener Mitteilungsblatt - Oberstaufen.info

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GemeindeStiefenhofenAus dem VereinslebenVerein „Historisches Stiefenhofen e.V.”Hausfrau, Mutter undBäuerin in früherer Zeit(13. Folge)Auf jedem Hühnerhof gab es eineHackordnung; junge Hühner hattenoft unter den alten Hennenzu leiden, die sehr hackig seinkonnten. Es kam sogar vor, dassmanche Hühner von allen anderentraktiert wurden. Bekannt istder Futterneid der Hühner. EineHenne frisst eine gewisse Menge,wenn sie allein ist. Dieselbe Hennefrisst bereits doppelt so viel, wennsie mit einer anderen im Stall istund gar das Vierfache, wenn vieroder mehr Hühner beisammensind.Im Sommer hielten sich dieHühner fast den ganzen Tagdraußen im Freien auf. Wenn essehr heiß war, suchten sie sich einschattiges Plätzchen hinter einemGebäude oder unter Bäumen undSträuchern. Hatten sie Durst, dannliefen sie an eine „Wassergille“(Wasserpfütze) und holten mitihren Schnäbeln Wasser ausdem Schlagloch. Hühner trinkenanders wie Säugetiere. Sie steckenihren Schnabel ins Wasser,der sich dabei mit Wasser füllt.Dann strecken sie den Kopfsenkrecht in die Höhe undschlucken. Dabei rinnt ihnen dasWasser durch den Schlund in denMagen. Weil der Schnabel nurwenig Wasser aufnehmen kann,müssen sie den Hals oft beugenund strecken, bis sie ihren Durstgelöscht haben. Ständig warendie Hühner hungrig und auf derSuche nach etwas Fressbarem.Wenn irgendwo Türen offen standen,war vor ihnen nichts sicher,weder die eigene Küche nochdie Küchen in der Nachbarschaft,genauso wenig wie Schöpfeund Futtertennen. Man ärgertesich dabei weniger über das wassie gefressen hatten, sondernan den „Hennepflätt'r“, die siezurückgelassen hatten. Wennman bei schönem Wetter, von derSonne geblendet, in einen dunklenSchopf hineingegangen ist,ist man mit Sicherheit in so eineHinterlassenschaft getreten. BeimBarfußgehen war die Berührungnicht gerade angenehm. Beinassem Boden waren die Hühnergerne draußen auf den Wiesen,zogen Regenwürmer aus derErde und suchten nach Käfern,Insekten, Larven und anderemKleingetier. Gerne waren sie aufden Misthaufen, da fanden sie22immer etwas Nahrhaftes. Jedertrockene Kuhfladen wurde umgedrehtund jede Made herausgepickt.Im trockenen Sand unterdem Vordach fühlten sie sich sorichtig wohl. Da konnten sie imSand scharren und baden unddie Federn aufplustern, solangees ihnen Spaß machte. Bei langemScharren kamen immerwieder Steine zutage, die dasHocken unbequem machten, sodass sie weiter kratzen mussten.Nicht umsonst sagt ein AllgäuerSprichwort: „Wenn a Hennamoal guat huckt, dann scherretse solang bis se wid'r schleathuckt!“ (Wenn es dem Esel zuwohl wird, dann geht er aufs Eis).Bei der Suche nach Würmernund Insekten auf den Wiesen wardie ganze Hühnerschar meistensauf einem Haufen beisammen.Sobald sie vom Haus her „bi, bi,bi“ Rufe hörten, wussten sie,dass es Futter gibt und rastenunverzüglich, teils springend, teilsfliegend, zur Futterstelle, auchwenn sie dabei eine befahreneStraße überqueren mussten.Es war Anfang der 1950er-Jahre, als in einem Nachbardorfein junger Mann mit seinemMotorrad auf einer schmalen,kurvigen Kiesstraße von seinemArbeitsplatz zum „Mittagessen“nach Hause fuhr. Eine Bäuerinhatte gerade den Hühnern gerufenund diese rannten und flogengenau in dem Augenblick überdie Straße, als der Motorradlerangefahren kam. Bremsen konnteer nicht mehr und so landeteder Mann unsanft inmitten derHühnerschar. Außer einigenBlessuren ist ihm aber nichtspassiert, doch über zehn Hühnerhatten ihr Leben eingebüßt. Siewaren entweder mit ihren Köpfenin den Speichen der Räder hängengeblieben oder vom Gewicht desstürzenden Fahrers samt demMotorrad erdrückt worden. DerJammer über den Schaden wargroß. Doch sämtliche toten Tierewurden verwertet und landetengar bald in den Kochtöpfen derNachbarschaft.Jedes Frühjahr kam Leben in dieHühnerställe und Hühnerhöfe.Eine oder auch mehrere Hühnerwaren „brutig“ und wolltenEier ausbrüten. Sie legten Eier,aber weil man jeden Abenddie Eier aus den Nestern holte,kam kein Gelege zustande.Die Hühnerbestände musstenimmer wieder ergänzt werden,weil einige Tiere erkranktenund eingingen und andere vomFuchs geholt wurden, so dassman froh war, wenn eine HenneEier ausbrüten wollte. Manunterstützte sie noch in ihrenBemühungen. Man gab ihr eineigenes Nest, wo sie in Ruhe ihreEier legen und ausbrüten konnte.Schwierigkeiten gab es aber,wenn etwa zur gleichen Zeit nichtnur eine sondern gleich zwei odergar drei Hennen brutig warenund das gleiche tun wollten. Dagab es Hennen, die blieben einfachin den Nestern hocken undmussten mit Gewalt verscheuchtwerden, wenn man am Abenddie Eier einsammeln wollte. Aberwie soll eine Bruthenne auch einGelege zusammenbringen, wennihr jeden Tag die Eier weggenommenwerden? Kein Wunder,dass sie aggressiv und hackigwurden und andere Hühner ausden Legenestern vertrieben undsich auf deren Eier hockten. Daskonnte und wollte man aber nichtdulden und versuchte, diesesBestreben zu verhindern. Mansteckte dann eine solche Hennefür ein bis zwei Tage unter eingroßes „Heublumensieb.“ Dassollte ihre Brutlust unterbinden.Ebenso hieß es, dass man einesolche Glucke kurz in kaltesWasser tauchen müsse, daswürde ihr die „Hitz“ nehmen!Oder man setzte sie ganz einfachauf Porzellaneier, damit siewenigstens etwas zu brüten hatte.Ob es diese Maßnahmen warenoder ob sich nach einigen Tagendie Brutlust von selbst gelegthatte, weiß ich nicht. Jedenfallswar Tage später der Spuk meistensvorbei. Solange die Hühnerwegen der Kälte im Stall gehaltenwurden, waren die gluckigenHennen ausgeliefert und hattenkeine Möglichkeiten, sich zuentfalten. Das änderete sich erstim Frühjahr, wenn die Tiere insFreie konnten. Nun waren sienicht mehr in der Enge des Stallesgefangen und konnten in derUmgebung nach einem Verstecksuchen, wo sie ihre Eier legenkonnten. Auf Bauernhöfen undin einer ländlichen Umgebunggibt es viele Verstecke: Städel undSchöpfe, Tennen und Scheunen,„Spridlbiga“ und „Boschehäg“(Holzstapel und Hecken) undandere mehr. Misstrauisch wurdeman, wenn man am Abendanstatt der üblichen sechs bissieben Eier nur noch vier oder fünfEier ausnehmen konnte. Dannwusste man, dass hier etwas imGange war. Also hieß es gut aufpassenund beobachten wohinsich die Hühner während desTages verkrochen. Wenn manZeit und Glück hatte, konnte manfündig werden. Normalerweisegeben Hühner das Legen einesEies mit lautem „Gatzge“ „odegodegaat,odegodegaat, odegodegaat!“bekannt.“ Doch insolchen Fällen waren sie still, umihre Verstecke nicht zu verraten.Manchen Hühnern gelang esdoch, ein Nest mit Eiern zu verstecken.Richtig auffällig wurde es,wenn eine Henne am Abend nichtmehr in den Stall zurückkehrte.Dann konnte man sicher sein, dasssie irgendwo hockte und Eier ausbrütete.Wenn es soweit war, ließman sie gewähren. Tagelang sahman sie dann nicht mehr. An denFressnapf kam sie nur gelegentlich,wo sie gierig das gereichteFutter verschlang. Sie hatte nurwenig Zeit, sie musste die Eierwarm halten und bewachen, dennFeinde waren immer unterwegs.Aber wehe den Feinden, die sichan das Gelege heranwagten. Mithochgestelltem Gefieder undwütenden Schnabelhieben wurdensie traktiert und verscheucht.Eine „Bruthenne“ (Glucke) weißsich sehr wohl zu wehren, sieverteidigt ihre Eier und ihre Brutunter Einsatz ihres Lebens! SelbstFeinde, die ihr körperlich weitüberlegen sind, suchen dannbesser das Weite.Fortsetzung folgt! J. Bentele

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