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Gedenktafel - carocktikum.de

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48<br />

Emil Kraepelins Traumsprache und die<br />

schizophrene Sprachverwirrtheit 1<br />

Dr. Huub Engels 2<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />

als ich vor einem halben Jahr hörte, dass <strong>de</strong>r Kraepelin-Tag in diesem Jahr am zweiten<br />

September stattfin<strong>de</strong>n sollte, schien mir das ein Traumdatum und zwar in <strong>de</strong>m Sinne, dass<br />

das Datum mit Kraepelin und indirekt mit seinen Träumen in Verbindung steht. Der zweite<br />

September ist für Kraepelin nämlich ein bemerkenswerter Tag. Als 14-jähriger Schüler<br />

am Gymnasium Carolinum in Neustrelitz hatte Kraepelin am 2. September 1870 seinen ersten<br />

Rausch, während eines Kommerses von Schülern und Lehrern. Der spätere Abstinenzler<br />

Kraepelin <strong>de</strong>nkt in seinen Lebenserinnerungen mit gemischten Gefühlen zurück an<br />

diesen Tag. Das Wort Rausch nun und das griechische Wort kraipalé für Rausch spielen<br />

eine Rolle in Kraepelins sogenannter Traumsprache und so sind wir auch schon beim<br />

Thema dieses Vortrages: Emil Kraepelins Traumsprache und die schizophrene Sprachverwirrtheit.<br />

Um eventuelle Missverständnisse zu beseitigen will ich gleich hervorheben, dass Kraepelins<br />

Traumsprache sich nicht bezieht auf die Sprache <strong>de</strong>s Traums, damit meint man die<br />

Bil<strong>de</strong>rsprache <strong>de</strong>s Traums, son<strong>de</strong>rn auf die Sprache im Traum. Weiter han<strong>de</strong>lt es sich nicht<br />

um normale Sprache im Traum. Was Kraepelin als Traumsprache bezeichnet, bezieht sich<br />

auf die verschie<strong>de</strong>nen Störungen <strong>de</strong>r Sprache, die im Traume auftreten können, kurz gesagt,<br />

auf die Sprachstörungen im Traume.<br />

Lassen sie mich eine Übersicht geben von <strong>de</strong>m, was Sie erwarten können. Zuerst will<br />

ich erläutern, wieso Kraepelins im Jahre 1906 verfasste Monographie über die Traumsprache<br />

in Vergessenheit geraten ist. Die Monographie basiert auf <strong>de</strong>r Analogie von Traum<br />

und Geisteskrankheit o<strong>de</strong>r Psychose, die daher unser Interesse verdient. Kraepelin konzentriert<br />

sich auf die sich daraus ergeben<strong>de</strong> Analogie <strong>de</strong>r Sprachstörungen im Traume und<br />

<strong>de</strong>r Sprachstörungen <strong>de</strong>r Geisteskranken, die schizophrene Sprachverwirrtheit, und erzielt<br />

dabei zum Teil heute noch interessante Forschungsresultate. Wie man heutzutage <strong>de</strong>n<br />

Ko<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Traumsprache knacken kann, will ich zumin<strong>de</strong>st an<strong>de</strong>uten. Wegen <strong>de</strong>r Analogie<br />

von Traumsprache und Sprachverwirrtheit will ich dann ein Vorbild geben von <strong>de</strong>r Analyse<br />

einer verwirrten Äußerung eines Patienten. Das Resultat <strong>de</strong>r Erforschung <strong>de</strong>r Traumsprache<br />

gestattet es, eine solche Analyse heute einfacher durchzuführen. Zuletzt will ich<br />

dann noch versuchen, vorher zu sagen, wie die vergessene Monographie Kraepelins in <strong>de</strong>r<br />

Zukunft bewertet wer<strong>de</strong>n wird.<br />

Kehren wir zurück nach Neustrelitz, <strong>de</strong>nn hier fing Kraepelins Interesse an Träumen<br />

an. Im letzten Jahr seiner Schulzeit am Gymnasium Carolinum, das war 1874, beschäftigte<br />

Emil Kraepelin sich mit psychologischen Fragen, was ihn dazu veranlasste seine Träume<br />

aufzuschreiben und <strong>de</strong>ren Entstehungsgeschichte zu untersuchen. Zu welchem Schluss die<br />

erste Untersuchung <strong>de</strong>s damals 18-jährigen Kraepelin geführt hat, sagte Kraepelin uns<br />

nicht in seinen Lebenserinnerungen. Je<strong>de</strong>nfalls war das Interesse für die Psychologie ein<br />

Grund, weshalb Kraepelin beschloss, Irrenarzt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

1 Referat am Kraepelin-Tag, <strong>de</strong>n 2. IX. 2006, in <strong>de</strong>r Orangerie in Neustrelitz<br />

² Zur Zeit Gastforscher am Max Planck Institut für Psycholinguistik, Nimwegen (Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>). Anschrift:<br />

Huub Engels; Paepestraat 17; 6931 CP Westervoort; Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>.

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