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Gedenktafel - carocktikum.de

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Historische Anmerkungen zu Emil Kraepelin und<br />

<strong>de</strong>n Stationen seines Lebens<br />

von Holger Steinberg<br />

Auf <strong>de</strong>n Schüler und Gymnasiasten Emil Kraepelin übten beson<strong>de</strong>rs sein älterer Bru<strong>de</strong>r<br />

Karl Kraepelin (1848-1915), <strong>de</strong>r spätere Zoologe und Botaniker, und <strong>de</strong>r Landarzt Louis<br />

Krüger (1837-1892) nachhaltigen Einfluss aus. Gera<strong>de</strong> während <strong>de</strong>r Begegnungen mit<br />

Letzterem reifte in Kraepelin <strong>de</strong>r Entschluss, ebenfalls Medizin zu studieren. Außer<strong>de</strong>m<br />

gestattete Krüger <strong>de</strong>m Sohn seines Freun<strong>de</strong>s die Benutzung <strong>de</strong>r eigenen Bibliothek. Hier<br />

fand <strong>de</strong>r nach Orientierung Suchen<strong>de</strong> die ‚Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele’<br />

<strong>de</strong>s Philosophen, Psychologen und Physiologen Wilhelm Wundt (1832-1920). Da ihn psychologische<br />

Zusammenhänge sehr interessierten, er wohl zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>n ersten Band dieser<br />

programmatischen Schrift mit Begeisterung durchgearbeitet hatte, entschloss er sich,<br />

Irrenarzt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Am 21. April 1874 schreibt sich Emil Kraepelin für das Studium <strong>de</strong>r Medizin an <strong>de</strong>r<br />

Universität Leipzig ein, <strong>de</strong>r Stadt, in <strong>de</strong>r bereits sein Bru<strong>de</strong>r ausgebil<strong>de</strong>t und promoviert<br />

wor<strong>de</strong>n war und als Lehrer wirkte. Hier blieb er zunächst zwei Semester, bevor er nach<br />

Würzburg wechselte. Ein Schritt, <strong>de</strong>n er sehr schnell bereuen sollte, <strong>de</strong>nn dort arbeitete er<br />

Wundts ‚Grundzüge <strong>de</strong>r Physiologischen Psychologie’ durch und beschloss sofort, diesem<br />

Manne persönlich näher zu treten und bei ihm zu lernen. Eben im Jahr 1875 war Wundt<br />

auf eine or<strong>de</strong>ntliche Professur für Philosophie nach Leipzig berufen wor<strong>de</strong>n und dorthin<br />

kehrt Kraepelin im Frühjahr 1877 also zurück. Während <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Monate wird er<br />

<strong>de</strong>m Professor persönlich auffallen und mit Fleiß <strong>de</strong>ssen Lehrveranstaltungen besuchen.<br />

Jedoch ein ihn außeror<strong>de</strong>ntlich ehren<strong>de</strong>s Angebot Franz von Rineckers (1811-1883), noch<br />

als Stu<strong>de</strong>nt als Assistent in <strong>de</strong>ssen Irrenabteilung <strong>de</strong>s Juliusspitals einzutreten, kann er<br />

nicht ablehnen und kehrt zu ihm nach Würzburg zurück. Dort been<strong>de</strong>t Kraepelin sein Studium,<br />

legt die ärztliche Staatsprüfung ab und promoviert.<br />

Zum August 1878 wechselt er nach München an die Oberbayerische Kreisirrenanstalt<br />

zu Bernhard von Gud<strong>de</strong>n (1824-1886), einem <strong>de</strong>r bekanntesten hirnanatomisch orientierten<br />

Psychiater seiner Zeit. Obwohl die Beziehung zu ihm sehr persönlich und von Dankbarkeit<br />

geprägt war, gestaltete sie sich für <strong>de</strong>n jungen Assistenten doch zunehmend unbefriedigend:<br />

Gud<strong>de</strong>n beantwortete alle Fragen, die auf das Gebiet <strong>de</strong>r Psychosen führten,<br />

<strong>de</strong>ren Wesen und Ursachen zu einem großen Teil noch völlig unklar waren, nur mit Achselzucken,<br />

wandte sich ausschließlich <strong>de</strong>n organisch bedingten, später exogen genannten Hirnerkrankungen<br />

zu. Seine Mitarbeiter hatten sich weitgehend mit <strong>de</strong>r Anfertigung von Hirnschnitten<br />

zu beschäftigen und sich auf die mikroskopische Suche nach <strong>de</strong>n hirnorganischen<br />

Ursachen <strong>de</strong>r Störungen zu begeben. Kraepelin versprach sich von diesem Forschungsansatz<br />

wenig für das Verständnis <strong>de</strong>r Geistesstörungen.<br />

Umso mehr jedoch von <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r Wundtschen Arbeitsmetho<strong>de</strong>n in die Psychiatrie.<br />

Der Leipziger Professor beschäftigte sich innerhalb seines weiter angelegten Forschungsprogramms<br />

auch mit singulären psychischen Grundphänomenen, vor allem <strong>de</strong>r<br />

Sinneswahrnehmung, über das Verhältnis von Reiz und Empfindung, mit Hilfe von<br />

Reaktions- und Zeitmessungen sowie Assoziationstests. Kraepelin verfocht die I<strong>de</strong>e, dass Geistesstörungen<br />

bzw. <strong>de</strong>ren Syndrome und Symptome auf abweichen<strong>de</strong>n psychischen Grundphänomenen<br />

basierten und man bei massenhaften Experimenten mit psychisch Kranken<br />

und Vergleichen mit Gesun<strong>de</strong>n man die Gesetzmäßigkeiten solcher Abweichungen und<br />

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