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Gedenktafel - carocktikum.de

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Leserbrief<br />

Die Clara-Zeitkin-Oberschule.<br />

Mit Interesse und großer Freu<strong>de</strong> lese ich staunend in <strong>de</strong>n letzten Ausgaben <strong>de</strong>r Zeitschrift „ Carolinum“<br />

von <strong>de</strong>n positiven Entwicklungen und Aktivitäten am Gymnasium in meiner geliebten Heimatstadt<br />

Neustrelitz. Man kann wohl dankbar feststellen, dass es an dieser altehrwürdigen und traditionsreichen<br />

Schule noch niemals soviel Freiheit, Weltoffenheit und Bildungsmöglichkeiten gegeben hat<br />

wie heute.<br />

Das Gymnasium Carolinum hat seinen 200. Geburtstag hinter sich.<br />

Wir sollten aber nicht vergessen, dass diese Institution höherer Schulbildung in Neustrelitz ca. 45<br />

Jahre von dieser Zeit <strong>de</strong>n Namen „Clara-Zetkin-Oberschule“ trug. – Wie war es damals an dieser Schule?<br />

Ich gehöre zur Endkriegs- und Nachkriegsgeneration<br />

und machte 1955 mein Abitur<br />

an <strong>de</strong>r „Clara-Zetkin-Oberschule“ in Neustrelitz,<br />

– also 10 Jahre nach Kriegsen<strong>de</strong>. Unsere<br />

Welt war vergleichsweise klein. Aber es erging<br />

uns weitaus besser als <strong>de</strong>r Generation unserer<br />

Eltern.<br />

Die Vermittlung von Fakten, – beson<strong>de</strong>rs<br />

in <strong>de</strong>n naturwissenschaftlichen Fächern – war<br />

damals an <strong>de</strong>r Schule gut. Das konnten viele<br />

auch später vergleichend im Westen feststellen.<br />

Wir hatten noch einige gute Lehrer „alter<br />

Schule“, aber auch einige engagierte Junglehrer. Auch wir versuchten, uns ein Bild von <strong>de</strong>r Welt zu<br />

machen. Doch die meisten von uns mussten lernen, mit zwei Meinungen zu leben und mit zwei Zungen<br />

zu re<strong>de</strong>n. Das war anstrengend und belastend. Die eine Meinung galt im Familien- und Freun<strong>de</strong>skreis,-<br />

die an<strong>de</strong>re wur<strong>de</strong> offiziell in <strong>de</strong>r Schule geäußert. Vieles war tabu – so das Hören von Westsen<strong>de</strong>rn<br />

(Fernsehen hatten wir noch nicht) o<strong>de</strong>r das Besorgen von wichtigen Lebensgütern, die es in<br />

Neustrelitz nicht zu kaufen gab – in Westberlin jedoch zum Preis von 5:1 DDR Mark.<br />

Anstelle von Präsentations- und Auslandsreisen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Schülerschaft absolvierten wir je<strong>de</strong>n<br />

Sommer Ernteeinsätze auf <strong>de</strong>m Volkseigenen Gut Warben<strong>de</strong>.<br />

Neun Jahre lang musste ich pflichtmäßig in <strong>de</strong>r Schule und später an <strong>de</strong>r Universität Russisch lernen<br />

und habe in dieser Zeit nicht ein einziges Wort mit einem Russen gewechselt. Dabei wohnte ich<br />

sozusagen Zaun an Zaun mit Russen, <strong>de</strong>nn ich wohnte in <strong>de</strong>r oberen Mühlenstraße, von <strong>de</strong>r ein Teil<br />

für <strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r russischen Armee abgetrennt war. Private Kontakte zu Russen waren nicht erwünscht.<br />

Trotz unserer eingeschränkten Freiheit und Möglichkeiten fühlten wir uns nicht etwa unglücklich.<br />

Auch unsere Persönlichkeit wur<strong>de</strong> nicht „verbogen“. Es ist erstaunlich, was <strong>de</strong>r Mensch aushält. Wir<br />

suchten uns damals beizeiten Nischen, in <strong>de</strong>nen wir uns entfalten konnten. Das waren für viele sportliche<br />

o<strong>de</strong>r musische Betätigungen und Erlebnisse in <strong>de</strong>r schönen Natur in <strong>de</strong>r Umgebung von Neustrelitz.<br />

Aber auch unser Bewegungsradius war begrenzt. Es gab keine Eltern mit Auto und nicht alle<br />

Schüler besaßen ein Fahrrad.<br />

Freundschaften, die unter diesen Bedingungen<br />

entstan<strong>de</strong>n, waren tiefgründig und<br />

hielten oft ein Leben lang.<br />

Heute bietet das Gymnasium Carolinum<br />

in Neustrelitz eine Plattform für alle Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Bildung, weltweite<br />

Vernetzung und gute, freundschaftliche Kontakte<br />

in alle Himmelsrichtungen.<br />

Wir können darauf alle sehr stolz sein.<br />

Margret Klatt geb. Kählke<br />

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