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6. Prochiralität und Topizität - Online Media Server

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<strong>6.</strong> <strong>Prochiralität</strong> <strong>und</strong> <strong>Topizität</strong><br />

<strong>6.</strong>1 Prochirale Gruppen <strong>und</strong> Achsen<br />

<strong>6.</strong>1.1 Das <strong>Prochiralität</strong>szentrum<br />

Eine chirale Verbindung wird durch chemische Reaktion einer prochiralen Verbindung<br />

erhalten. Eine prochirale Verbindung besitzt eine Symmetrieebene, die während der Reaktion<br />

aufgehoben wird. So entsteht aus einer achiralen Verbindung (prochirale Substanz) eine<br />

chirale Verbindung. Als Beispiel kann Ethanol dienen:<br />

H<br />

OH<br />

H<br />

CH 3<br />

Ethanol<br />

Ethanol ist nicht chiral. Tauscht man aber eines der Methylen-H-Atome aus, so wird die<br />

Substanz chiral. Die H-Atome sind also pro-chiral.<br />

Man bezeichnet das Wasserstoffatom, daß durch einen Austausch durch ein Deuteriumatom<br />

(ein Atom höherer Priorität) ein Produkt mit der (R)-Konfiguration hervorbringt als pro-(R)-<br />

Ligand (HR), während man das andere Wasserstoffatom als pro-(S)-Liganden (HS) bezeichnet,<br />

weil man nach dessen Austausch durch ein Deuterium ein Produkt mit der (S)-Konfiguration<br />

erhält.<br />

Zitronensäure soll als weiteres Beispiel dienen. Hier werden ganze Molekülteile zu pro-<br />

chiralen Gruppen. Werden die Gruppen durch ein Atom höherer Priorität ausgetauscht so<br />

entstehen Verbindungen mit (R)- oder (S)-Konfiguration.<br />

COOH<br />

H H<br />

HOOC OH<br />

H H<br />

COOH<br />

H S<br />

Zitronensäure<br />

OH<br />

CH 3<br />

H R<br />

pro-(R)<br />

pro-(S)


Weitere Beispiele zur pro-Chiralität: 1<br />

Methylmalonsäure wird durch eine chemische Transformation an einer der beiden<br />

Carbonsäuren (z.B. Veresterung oder Reduktion) ein chirales Molekül. Die<br />

Carbonsäuregruppen sind also prochiral<br />

MeOOC<br />

H 3C<br />

COOH<br />

(R)-Methylmalonsäuremethylester<br />

H<br />

HOOC<br />

H 3C<br />

COOH<br />

H<br />

HOOC<br />

H 3C<br />

COOMe<br />

(S)-Methylmalonsäuremethylester<br />

<strong>Prochiralität</strong>szentren können auch in chiralen Molekülen vorkommen. Nicht das Molekül ist<br />

dan pro-chiral sondern nur die Atomgruppierung.<br />

Ein weiteres Beispiel für pro-Chiralität ist 2,2-Dichlorbutan, welches durch Substitution eines<br />

der Chloratome chiral wird.<br />

H 3C<br />

H<br />

Cl SEt<br />

H<br />

CH 3<br />

H 3C<br />

H<br />

Cl Cl<br />

H<br />

CH 3<br />

H<br />

EtS Cl<br />

H3C Pro-chirale Gruppen sind in einer achiralen Umgebung nicht zu unterscheiden. In einer<br />

chiralen Umgebung hingegen, wie z. B. in einer Enzymtasche können die Atome oder<br />

Atomgruppen differenziert werden.<br />

Es gilt zu beachten, daß es neben den <strong>Prochiralität</strong>szentren auch <strong>Prochiralität</strong>s-Achsen <strong>und</strong> –<br />

Ebenen gibt. Sind solche Symmetrieelemente enthalten, liegt ebenfalls eine prochirale<br />

Verbindung vor. Das Beispiel Chlorallen unten verdeutlicht den Zusammenhang.<br />

Cl<br />

H<br />

C C C<br />

H<br />

H<br />

D<br />

D<br />

D<br />

H Cl<br />

H<br />

H<br />

H Cl<br />

D<br />

H<br />

pro-P<br />

pro-M<br />

Bei der Betrachtung von pro-chiralen Gruppen werden die Symmetriebeziehungen von<br />

Atomgruppierungen in einem Molekül studiert. Wir wenden hierbei die <strong>Topizität</strong>sprinzipie<br />

H<br />

CH 3


an. Zur Wiederholung. Mit Isomerie beschreiben wir die Symmetriebezieheungen zwischen<br />

Moleküle. Moleküle können nach Berzelius zueinander :<br />

Konstitutionsisomer sein. Dann unterscheiden sie sich in den Atom-Konektivitäten<br />

Konfigurationsisomer sein. Dann sind sie entweder Diastereomere, oder sie verhalten sich<br />

wie Bild <strong>und</strong> Spiegelbild man sagt sie sind enantiomer.<br />

Moleküle sind identisch wenn man sie durch einfache Drehung ineinander überführen kann.<br />

<strong>6.</strong>2 <strong>Topizität</strong><br />

<strong>6.</strong>2.1 Allgemeines<br />

<strong>Topizität</strong>: Wir betrachten nun die Beziehungen von Atomgruppierungen in einem<br />

Molekül zueinander (K. Mislow). Die Atomgruppen können zueinander entweder homotop<br />

oder heterotop sein. Heterotope Gruppen sind zueinander entweder enantiotop oder<br />

diastereotop. Homotope Atome oder Gruppen sind in einer identischen Umgebung sie können<br />

nicht voneinander unterschieden werden. Heterotope Atome oder Gruppen haben<br />

unterschiedliche Umgebungen. Zur Bestimmung der <strong>Topizität</strong>sbeziehungen kann man<br />

entweder den Substitutionstest oder den Symmetrietest heranziehen. Das soll im folgenden an<br />

Beispielen näher erläutert werden.<br />

<strong>6.</strong>2.2 Homotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten in Molekülen<br />

Zunächst soll das Substitutionskriterium verwendet werden. Durch Ersetzen der einen bzw.<br />

der anderen fraglichen Gruppe im Molekül durch einen Platzhalter D erhält man zwei fiktive<br />

Moleküle. Sind diese Moleküle identisch, so sind die betrachteten Gruppen homotop. Sind die<br />

Moleküle unterschiedlich, so sind die Gruppen heterotop zueinander.<br />

Beispiele für homotope Gruppen: In der Malonsäure werden die beiden Methylenprotonen, H 1<br />

<strong>und</strong> H 2 genannt, durch den Platzhalter D ersetzt. Man erhält zwei fiktive Moleküle, die aber<br />

identisch sind, da sie durch einfache Drehung ineinander überführt werden können.


H 1<br />

COOH<br />

COOH<br />

H 2<br />

COOH<br />

D COOH<br />

H 2<br />

<strong>und</strong><br />

identisch<br />

H 1<br />

COOH<br />

D<br />

COOH<br />

Die Wasserstoffatome sind homotop zueinander<br />

Weitere Moleküle mit homotopen Gruppen sind unten gezeigt. Im Dichlormethan sind die H-<br />

<strong>und</strong> die Cl-Atome homotop. In den beiden anderen Beispielen sind die H-Atome der<br />

Methylgruppen homotop, da sie durch die schnelle Drehung um die C-C Einfachbindung alle<br />

ineinander überführt werden.<br />

Cl<br />

Cl<br />

H H<br />

H 3C<br />

Man kann homotopie von Gruppen auch basierend auf Symmetriebetrachtungen feststellen.<br />

Zwei Gruppen, die durch eine zwei- oder n-zählige Symmetrieachse ineinander überführt<br />

werden können sind homotop:<br />

Cl<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

C unendlich<br />

C 2<br />

CH 3<br />

H 3C<br />

Cl<br />

CH 3<br />

Schnelle Rotation ermöglicht Homotopie<br />

Bei tiefer Temperatur können Methylengruppen aber auch heterotop werden<br />

Durch die schnelle Drehung um die C-C Einfachbindung werden die Methyl-H-Atome gleich.<br />

Was für Gruppen im Molekül gilt, gilt auch für Molekülseiten. Seiten von Molekülen können<br />

auch heterotop oder homotop sein. Zwei Seiten von Molekülen sind dann homotop, wenn sie<br />

durch Drehung um eine Achse zur Deckung gebracht werden können. In den Molekülen 1 – 4<br />

unten sind die beiden Molekülseiten homotop. Sie sind jeweils durch Drehung um eine 2-<br />

zählige Achse ineinander überführbar. Besonders interessant ist das Cyclohexan 1. Dieses


weist bei RT eine schnelle Umwandlung der beiden Sesselkonformationen ineienander auf.<br />

Dadurch wird das Molekül im zeitlichen Mittel D6-symmetrisch. In diesem Fall sind auch die<br />

axialen <strong>und</strong> equatorialen H-Atome homotop. Bei tiefer Temperatur kann dieses Umklappen<br />

des Ringes nicht mehrt stattfinden. Das Molekül reduziert seine Symmetrie zu D3. Nun sind<br />

die beiden Seiten immer noch homotop. Die H-Atome bilden aber nun zwei Gruppen. Die<br />

axial- <strong>und</strong> die equatorial stehenden. Die axialen <strong>und</strong> die equatorial stehenden H-Atome sind<br />

nun untereinander homotop. Axiale zu equatoriale H-Atome sind aber zueinander heterotop.<br />

H<br />

He He H H<br />

H e<br />

H a<br />

H<br />

H<br />

Ha Ha H<br />

C 2<br />

Ha He He He Ha Ha H 2C<br />

H 2<br />

C<br />

CH 2<br />

H2C CH2 CH2<br />

H 3C<br />

H H<br />

CH 3<br />

Bei tiefer Temperatur D 3d<br />

H axial zu H equatorial heterotop<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

1 2 3 4<br />

5<br />

Homotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten können in dissymmetrischen <strong>und</strong> symmetrischen Molekülen,<br />

nicht aber in asymmetrischen Molekülen auftreten.<br />

Homotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten sind spektroskopisch <strong>und</strong> bezüglich ihrer Reaktivitäten<br />

identisch. Sie reagieren gleich schnell.<br />

Man kann auch Seiten durch ein Additionskriterium als homotop oder diastereotop einstufen.<br />

Hierzu addiert man einen „Dummy“-Liganden an jede Seite <strong>und</strong> untersucht die beiden<br />

entstehenden fiktiven Verbindungen, ob sie identisch sind. Wenn dies der Fall ist, so sind die<br />

beiden Seiten homotop. Wenn die Moleküle nicht identisch sind, sind die Seiten heterotop.<br />

H 3C<br />

H<br />

CH 3<br />

H<br />

H 3C<br />

H<br />

O<br />

CH 3<br />

H<br />

<strong>und</strong><br />

identisch<br />

H 3C<br />

H<br />

O<br />

O<br />

CH 3<br />

H


Im obigen Bespiel entstehen identische Moleküle, die durch Drehung um eine 2-zählige<br />

Achse, die durch die C-C-Epoxid Einfachbindung verläuft, ineinander überführt werden<br />

können.<br />

<strong>6.</strong>2.3 Enantiotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten in Molekülen<br />

Enantiotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten kann man erneut durch die Methode der Substitution kennen,<br />

oder man wendet Symmetriekriterien an. Enantiotope Seiten lassen sich durch<br />

Symmetriebetrachtungen oder das Additionskriterium zuordenen.<br />

Substitutionskriterium für enantiotope Gruppen: Zwei Gruppen sind zueinander<br />

enantiotop, wenn durch Substitution der einen oder der anderen Gruppe Enantiomere<br />

entstehen. Enantiotope Gruppe <strong>und</strong> Atome sind demnach pro-chiral.<br />

Ein Beispiel ist das Pentan-3-on.<br />

H 3C<br />

HS HR O<br />

HR HS a b<br />

CH 3<br />

Die beiden Ethylgruppen an der Carbonylgruppen sind homotop. Die drei Wasserstoffe jeder<br />

Methylgruppe sind ebenfalls homotop. Die Wasserstoffe der beiden Methylengruppen sind<br />

jeweils enantiotop. Ersatz eines der H-Atom durch ein D-Atom führt jeweils zu einer<br />

Verbindung mir (R)- oder (S)-Konfiguration. Diese Wasserstoffe nennt man deshalb pro-R-<br />

oder pro-S-Wasserstoffatome (oben abgekürzt mit HS <strong>und</strong> HR). Zu jedem H-Atom der einen<br />

Methylengruppe existiert je ein homotopes <strong>und</strong> ein enantiotopes an der anderen<br />

Methylengruppe. So ist das HR in (a) zu Hs in (b) enantiotop visa versa, während die HR <strong>und</strong><br />

HS in (a) oder (b) zu den entsprechenden HR <strong>und</strong> HS in (b) <strong>und</strong> (a) homotop sind.<br />

Etwas komplizierter sind die Verhältnisse in der Citronensäure. Es gibt zunächst konstitutope<br />

Carbonsäuren. Die mittlere Carboxylgruppe ist konstitutop zu den endständigen. Die beiden<br />

endständigen Carboxylgruppe sind zueinander enantiotop. Auch die beiden Methylengruppen<br />

sind zueinander enantiotop. Die Wasserstoffe einer Methylengruppe sind diastereotop. Ersetzt<br />

man eines der H-Atome durch ein D, so wird nicht nur das direkt betroffene C-Atom chiral<br />

sondern auch das Nachbar C-Atom. Das pro-R H-Atom der Gruppe (a) ist hingegen zum pro-


S H-Atom in (b) enantiotop. D.h. zu jedem H einer Methylengruppe gibt es eines an der<br />

anderen Methylengruppe das dazu enantiotop ist.<br />

Ein weiteres Beispiel:<br />

Ph<br />

H a<br />

COOH H b<br />

H c<br />

HOOC<br />

pro-R<br />

H d<br />

Ph<br />

COOH<br />

HO COOH<br />

COOH<br />

pro-R<br />

HR HS HS HR a b<br />

H a : H b enantiotop<br />

H c : H d enantiotop<br />

H a : H c H b : H d diastereotop<br />

Enantiotope Seiten erkennt man erneut durch Anwendung des Additionskriterium. Setzt man<br />

an beide Seiten einen „Dummy“-Liganden <strong>und</strong> sind dann die beiden Produkte Enantiomere,<br />

so sind die beiden Seiten enantiotop. Beispiel für Enantiotope Seiten sind unten gezeigt.<br />

Enantiotope Seiten sind also pro-chiral.<br />

H 3C<br />

H<br />

C s<br />

O<br />

O<br />

+<br />

H<br />

H 3C<br />

CN -<br />

C i<br />

CH 3<br />

H<br />

H<br />

H 3C<br />

H3C H<br />

O<br />

CN<br />

O<br />

CH 3<br />

H<br />

+<br />

H 3C<br />

Enantiomere<br />

Symmetriekriterium: Enantiotope Gruppe lassen sich durch eine Drehspiegeloperation (Sn)<br />

ineinander überführen. Die einfachste Drehspiegeloperation ist hierbei die S1-Operation also<br />

H<br />

H3C H<br />

die Spiegelung. Durch Spiegelung werden enantiotope Gruppen ineinander überführt.<br />

-<br />

O<br />

H<br />

CH 3<br />

O<br />

-<br />

CN


HOOC<br />

H<br />

σ<br />

H<br />

COOMe<br />

σ<br />

H<br />

C<br />

C<br />

C<br />

H<br />

H<br />

Me<br />

oder<br />

H<br />

C<br />

C<br />

C<br />

H H<br />

Alle gleichartigen Gruppen oder Seiten die weder homotop noch enantiotop sind, sind<br />

diastereotop!<br />

<strong>6.</strong>2.4 Diastereotope Seiten <strong>und</strong> Gruppen<br />

Diastereotope Seiten <strong>und</strong> Gruppen sind spektroskopisch verschieden, diese lassen sich mit<br />

einfachen achiralen Reagenzien differenzieren. Im NMR Spektrum liefern diastereotope<br />

Gruppen immer Signale bei unterschiedlichen chemischen Verschiebungen. Die Signale<br />

können nur zufällig isochron sein.<br />

H 5<br />

H 6<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

H 3<br />

H 4<br />

H 1<br />

H 2<br />

Die Protonen 1 zu 4, 2 zu 3, <strong>und</strong> 5<br />

zu 6 sind zueinander homotop. Man<br />

erwartet drei Signale auch in einem<br />

chiralen Medieum<br />

O<br />

C 2<br />

CH 3<br />

H 5<br />

CH 3<br />

H 6<br />

H 4<br />

H 2<br />

Me<br />

Die Protonen 1 zu 3, 5 zu 6 <strong>und</strong> 2 zu 4<br />

sind zueinander enantiotop.<br />

Die roten, blauen <strong>und</strong> violetten H-Atome<br />

sind zueinander aber diastereotop.<br />

Man erwartet drei Protonen Signale im NMR<br />

In einem chiralen Medium erwartet man mehr Signale<br />

Enantiotope Seiten <strong>und</strong> Gruppen lassen sich in einem achiralen Medium oder mit achiralen<br />

Reagenzien nicht unterschieden. Sie ergeben im NMR in einer achiralen Umgebung immer<br />

isochrone Signale. In einer chiralen Umgebung oder durch ein chirales Reagenz werden<br />

enantiotope Gruppen <strong>und</strong> Seiten aber differenziert. NMR in chiralen Medien ergibt daher eine<br />

Signalaufspaltung.<br />

<strong>6.</strong>3 NMR-spektroskopische Symmetrieanalyse<br />

• Homotope Gruppen sind durch eine Cn-Achse ineinander überführbar.<br />

• Enantiotope Gruppen sind deckungsgleich mittels einer Drehspiegelung.<br />

H 3<br />

H 1<br />

O<br />

σ<br />

σ


• Diastereotope Gruppen sind durch keine Symmetrieoperationen zur Deckung zu<br />

bringen.<br />

Im NMR erscheinen die Gruppen wie folgt:<br />

• Homotope Gruppen sind immer isochron.<br />

• Enantiotope Gruppen sind in achiraler Umgebung isochron, in chiraler Umgebung<br />

höchstens zufällig isochron.<br />

• Diastereotope Gruppen sind höchstens zufällig isochron.<br />

Dimethylsulfit ergibt in einem achiralen Medium ein Signal für die beiden Methylgruppen. In<br />

Gegenwart des chiralen Shiftreagenzes spaltet das Signal auf <strong>und</strong> man erhält für jede der<br />

enantiotopen Methylgruppen je ein Signal.<br />

..<br />

H<br />

S<br />

3CO<br />

H3CO O<br />

Dimethylsulfit<br />

1 H: ∆δ(CH3) = 0.06 ppm<br />

13 C: ∆δ(CH3) = 0.20 ppm<br />

0.1 M in CCl 4<br />

mit 0.05 M "FACAM - "<br />

Tris-[3-trifluormethylhydroxymethylen-<br />

(+)-campherato]-europium(III)<br />

Ganz entsprechend verhält sich N,N-Dimethylanilinoxid. In einer achiralen Umgebung<br />

beobachtet man ein Signal für die CH3-Protonen. In Gegenwart einer chiralen Substanz<br />

werden zwei Signale beobachtet.<br />

..<br />

H<br />

S<br />

3CO<br />

H3CO O<br />

Dimethylsulfit<br />

1 H: ∆δ(CH3) = 0.06 ppm<br />

..<br />

H<br />

N<br />

3C<br />

H3C O<br />

N,N-Dimethylanilinoxid<br />

1 H: ∆δ(CH3) = 0.038 ppm<br />

<strong>6.</strong>4 Nomenklatur enantiotoper Seiten<br />

in<br />

H 3C<br />

H F3C<br />

C 6H 5<br />

CH 3<br />

F 3C<br />

OH<br />

als Lösungsmittel<br />

O<br />

O<br />

-<br />

Eu 3+<br />

(R)-(-)-2,2,2-Trifluormethyl-phenyl-ethanol<br />

Die einfachen Begriffe oben <strong>und</strong> unten reichen zur Benennung der Seiten eines Moleküls<br />

nicht aus, da sie nicht eindeutig ist. Zur Benennung von enantiotopen Seiten legt man das<br />

Molekül in eine Ebene <strong>und</strong> bezeichnet die Substituenten nach der Sequenzregel (CIP-<br />

3


Nomenklatur). Das ist unten rechts am Beispiel des Acetophenons gezeigt. Man dreht nun<br />

den Substituenten höchster Priorität a über den zweithöchster Priorität b nach c. Muss man<br />

rechts herum drehen so ist die Seite mit Re zu benennen. Muss man links herum drehen so ist<br />

die Seitenbezeichnung Si.<br />

si<br />

C1<br />

C2<br />

H<br />

(b) Ph R<br />

O (a)<br />

H<br />

(c) Ph S<br />

re<br />

C 1 ist R-konfiguriert<br />

C 2 ist S-konfiguriert<br />

Das Beispiel links ist komplizierter. Höchste Priorität hat der O-Ligand. Das Zentrum 1 is R-<br />

konfiguriert. Das Zentrum 2 ist S konfiguriert. Da R vor S in der Sequenzregel definiert ist<br />

ergibt sich für Zentrum 1 die Priorität b. Zentrum 2 erhält die niedrigste Priorität. Damit ist<br />

die Oberseite mit si <strong>und</strong> die Unterseite mit re zu benennen. In diesem Fall wird der<br />

Descriptor kleingeschrieben, da zwei der drei Reste am Zentrum zueinander enantiomorph<br />

sind. Die heterotopen Seiten eine trigonal planaren <strong>Prochiralität</strong>szentrums bezeichnet man<br />

also mit den Deskriptoren Re <strong>und</strong> Si. Die Seiten an trigonalen Zentren, die durch 2<br />

enantiomorphe Reste gekennzeichnet sind werden mit re <strong>und</strong> si gekennzeichnet. Unten ist<br />

noch ein Beispiel gezeigt.<br />

S<br />

HO<br />

re<br />

O<br />

R<br />

Unten findet sich ein Beispiel an dem die Seitenbenennung <strong>und</strong> die <strong>Prochiralität</strong> verdeutlicht<br />

werden soll. Das Molekül verfügt über ein <strong>Prochiralität</strong>szentrum. Zur Bestimmung der<br />

<strong>Prochiralität</strong> geht man so vor, daß man die fragliche Gruppe durch einen „Dummy“-liganden<br />

ersetzt, der der anderen Gruppe in der Priorität vorangeht! Gleichzeitig sind im Molekül<br />

Carbonylgruppen, die jeweils Re <strong>und</strong> Si Seiten haben, wenn man von oben auf die<br />

Carbonylgruppe schaut.<br />

OH<br />

b<br />

c<br />

H<br />

O<br />

Re<br />

Si<br />

a


a<br />

b<br />

O<br />

O<br />

<strong>Prochiralität</strong><br />

pro R<br />

d<br />

c<br />

O<br />

Si<br />

b<br />

a<br />

O<br />

Re<br />

pro R<br />

O<br />

b<br />

d<br />

a<br />

b<br />

a<br />

c<br />

O pro S<br />

O<br />

d<br />

c<br />

O<br />

O<br />

pro S<br />

<strong>Prochiralität</strong>szentrum<br />

Si<br />

Re<br />

a<br />

O<br />

c<br />

b<br />

c b<br />

O<br />

a<br />

Bennenung der Seiten<br />

O

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