Sportbox Nr. 43.indd - SC Vilkerath 1961
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Sportphilosophisches<br />
www.sc-vilkerath.de<br />
Heute: In memoriam Robert Enke<br />
Die Beschäftigung mit Philosophie ist aus meiner Sicht nur dann sinnvoll,<br />
wenn sie der Lebensbewältigung dient. Sonst bleibt sie Selbstzweck<br />
und ist Zeitverschwendung. Lehr- und Lehnstuhlphilosophie<br />
erweisen sich vielfach als elitäre, intellektuelle Spielerei/Spinnerei<br />
sowie Verbalakrobatik, die im Elfenbeinturm verharrt und insoweit keinen<br />
Bezug zum praktischen Leben aufweist.<br />
Die Dinge des Alltags sind es, die – mehr als wir gemeinhin glauben<br />
– eine philosophische Dimension besitzen und es wert sind, darüber<br />
nachzudenken sowie Schlüsse daraus für unser eigenes Handeln und<br />
Verhalten zu ziehen.<br />
Man kann daher bei bestimmten Ereignissen – auch in der Sportwelt<br />
– nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Robert Enke war ein<br />
herausragender Fußballer mit vorbildlichem Einsatz, ein Idol namentlich<br />
junger Menschen, bei Freunden und Kollegen beliebt. Er fand<br />
Rückhalt in seiner Familie. Und so waren Sport und Familie die Welt,<br />
die ihn getragen hat, wäre da nicht die Krankheit gewesen, die er<br />
meinte, vor der Öffentlichkeit verbergen zu müssen, letztlich auch für<br />
sich behielt. Er sah keinen Ausweg mehr. Mit Fassungslosigkeit, Bestürzung<br />
und Trauer hat die Öffentlichkeit den Freitod Robert Enkes<br />
zur Kenntnis nehmen müssen. Unser Mitgefühl gilt seiner tapferen<br />
Frau und den Angehörigen.<br />
Manch einer wird sich fragen, warum um dieses Ereignis soviel „öffentliches<br />
Theater“ inszeniert wird, schließlich sehen viele Mitmenschen<br />
mit ähnlichem Krankheitsbild auch keinen Ausweg mehr und<br />
beenden ihr Leben, und das geschieht täglich. Der Sport, insbesondere<br />
Fußball als Massenphänomen, haben indes eine das Leben vieler<br />
Menschen bestimmende gesellschaftspolitische Funktion, die über<br />
bloße Freizeitgestaltung weit hinausgeht. Für manche ist Sport/Fußball<br />
zentraler Lebensinhalt, dem sich alles andere unterordnet. Sportliche<br />
Großereignisse, wie z.B. Europa- und Weltmeisterschaften, erweisen<br />
sich als „Straßenfeger“, Polizei- und Ordnungskräfte sind im<br />
Bereich der Stadien und der Zufahrtswege wöchentlich bemüht, die<br />
öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten – bei hohem finanziellem<br />
Aufwand. Die „Gladiatoren“ der Moderne sind es, mit denen<br />
man sich identifiziert, die zu Idolen und Vorbildern – namentlich<br />
für junge Menschen – werden. Von einem „Gladiator“ verlangen viele<br />
– damals wie heute – „männliche“ Härte, bedingungslosen Einsatz,<br />
Athletik und emotionsfreies Verhalten. „Indianer krieche nit!“ singen<br />
die Bläck Fööss. Dahinter steckt ein Männlichkeitsideal, das für viele<br />
noch leitend ist für ihr eigenes Denken und Verhalten sowie keine<br />
„Weicheier“ zulässt. Es wird Zeit, dass wir umdenken, insoweit lässt<br />
die vermeintliche Ausweglosigkeit, die Robert Enke für sich sah, für