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Die Geschichte einer Albgemeinde.(ohne Bilder) - Bernstadt

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Sonst gab es zur Tageseinteilung nur die Sonnenuhr, in <strong>Bernstadt</strong> noch an der Kirche erhalten, oder die<br />

Sanduhr, auch in <strong>Bernstadt</strong> auf der Kanzel erhalten.<br />

Das Glockenläuten in der Sylvesternacht um 24.00 Uhr wird in beiden Gemeinden <strong>Bernstadt</strong> und Beimerstetten,<br />

erst seit 1938/39 ausgeübt; in der Neujahrsnacht 1939/1940 wurden eine Stunde mit allen Glocken<br />

geläutet.<br />

(Nur anhangweise sei erwähnt, daß lange Zeit mit den Kirchenglocken von Seiten der Kirche eine Art Kirchenzucht<br />

ausgeübt wurde. Zum Beispiel wenn ein Selbstmörder beerdigt wurde, durfte nur mit <strong>einer</strong> Glocke<br />

geläutet werden, oder bei der Beerdigung „Andersgläubiger“.)<br />

Über das Glockenläuten am Samstag nachmittag wurde schon an anderer Stelle berichtet. Heute werden<br />

nur noch die Festtage mit allen Glocken eingeläutet.<br />

Das Kapitel dieser Betrachtungen sei nicht beschlossen, <strong>ohne</strong> daß noch auf einige Besonderheiten hingewiesen<br />

wird. Wenn dann und wann einmal Toten ins Grab ein Geldstück mitgegeben wird, mag das eine<br />

dunkle Erinnerung an den Brauch der Ahnen sein, die vor Jahrtausenden ihren Toten Beigaben zulegten,<br />

um ihnen etwas auf den Weg in die Unterwelt (bei den Griechen), oder nach Walhalla (etwa bei den<br />

Germanen) mitzugeben. Das aufkommende Christentum verbot diese Bräuche. Dabei denke man daran wie<br />

schon die Chinesen ihren Toten Näpfe mit Reis aufs Grab stellen.<br />

Wenn beim Abbruch eines alten Hauses einmal ein Geldstück gefunden wird, das offenbar mit Bedacht<br />

und Absicht eingemauert worden war, so mag das eine Rückerinnerung sein an den uralten Brauch, daß<br />

beim Bau eines Opfers gebracht werden mußte.<br />

Ursprünglich war es etwa ein Kind, das im Orient in einem Krug unter der Schwelle des Hauses eingemauert<br />

wurde, später genügte ein Tier, zuletzt etwa ein Geldstück. (Es scheint, daß im Orient der<br />

Gedanke vorlag, daß der Baal (Herr) dieses Grundstück, dem durch den Bau des Hauses Grund und<br />

Boden genommen wurde, „besänftigt“ werden müsse. Sollten auch ähnliche Gedanken auch anderwärts<br />

vorgeherrscht haben?<br />

Dann sei noch eine Frage aufgeworfen, nämlich in Bezug auf den uralten Grabstein auf dem <strong>Bernstadt</strong>er<br />

Friedhof aus dem Jahr 1484 für einen „Geistlichen“ Hermann Vetter oder Better, mit dem Reliefbild<br />

des Gekreuzigten. Der Grabstein ist infolge seines Alters ziemlich mitgenommen, doch redet Pfarrer<br />

Aichele in seinem schon erwähnten Bericht über das Dorf <strong>Bernstadt</strong> von „Rillen“ in diesem Grabmal. Wohl<br />

niemand denkt sich bei diesem Wort Rillen etwas besonderes.<br />

Doch erfuhr Pfarrer Achinger anläßlich <strong>einer</strong> Exkursion zum Rosenstein folgendes: In einem schönen<br />

Kirchlein unweit des Rosensteins findet sich in einem Eckstein in der Kirche eine mächtige Kerbe oder<br />

„Rille“. Ein Teilnehmer fragte einen Einw<strong>ohne</strong>r nach dem Zweck oder Sinn dieser Ausbuchtung und erfuhr<br />

bei dieser Gelegenheit, daß offenbar bis in die nahe Gegenwart bei Viehseuchen aus dem Stein immer<br />

wieder etwas herausgeschabt und dem Viehfutter beigemengt worden ist, das den kranken Tieren zum<br />

Fressen vorgeworfen wurde. „und es habe immer genützt“.<br />

Ob so etwas auch einst bei dem <strong>Bernstadt</strong>er Grabstein auch eine Rolle spielte? Andere Teilnehmer berichten<br />

von gleichen Beobachtungen im Oberland!<br />

Wie überall galt und gilt das heimliche und heimtückische Versetzen von Grenzsteinen als großes Unrecht,<br />

welches im Falle der Entdeckung sehr streng bestraft wurde und wird. Kein Wunder, wenn ein<br />

solcher Übeltäter nach seinem Tode „umgehen“ mußte und dabei von einem oder von anderen „gesehen“<br />

werden konnte, wie z.B.: in <strong>Bernstadt</strong> bis heute in der Erinnerung festgehalten, bzw. weiter berichtet<br />

wird.<br />

Meinem Vater (geboren 1910) war als Kind noch erinnerlich, daß bei jeder Grenzsteinsetzung ein aufgeweckter<br />

Schulbub mit dabei war, der im Anschluß nach der Steinsetzung ganz unerwartet eine kräftige Ohrfeige<br />

bekam mit dem Hinweis die heutige Handlung und den genauen Ort ja nie zu vergessen. Im Anschluß<br />

daran bekamen sie, die Buben, ein Geschenk, zum Beispiel eine neue Lederhose die damals in der Regel<br />

einen hohen Stellenwert bei den Schulbuben hatte.<br />

So war die „Tat“ in mehrfacher Weise unauslöschbar festgehalten und bei späteren Streitfällen von<br />

einem „Tatzeugen“ beeidbar.<br />

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