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125 Jahre Regionalspital Praettigau Festschrift - Flury Stiftung

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Die PetrollampeFurna war noch in den Sechzigerjahren eine reiche Gemeinde und die Einwohnerbefanden sich in der glücklichen Lage, keine Gemeindesteuern bezahlen zu müssen.Der sich in Gemeindebesitz befindende Wald war ein Segen, da der Preis fürdas Holz noch wesentlich höher war als heute. Und die öffentlichen Ausgabenwaren bescheiden: die Hauptstrasse war eine kantonale Verbindungsstrasse, derenUnterhalt durch den Kanton bezahlt wurde; das kleine Schulhaus war längst abgeschriebenund die Schule selbst noch eine Halbjahresschule. Entsprechend reduziertesich auch der Lohn des einzigen Lehrers. Selbst die Ortskrankenkasse wareine der rentabelsten im ganzen Tal, da sie mit nur ganz geringen Verwaltungskostenund offenbar auch mit wenig Krankheitsfällen rechnen musste.Das auf rund 1400 m. ü. M. liegende Bergdorf war aber auch eine der letztenSchweizer Gemeinden, welche mit Elektrizität versorgt wurde. Ich kann michnoch gut erinnern, dass ich 1949, anlässlich einem Aufenthalt in einem Pfadfinderlagerin Furna, den Blasbalg der Kirchenorgel mit dem Fuss bedienen musste.Auf jeden Fall war ich heilfroh, dass der Organist nur kurze Stücke spielte und ichkann mir vorstellen, dass das stromfreie Leben nicht immer so romantisch war,wie das die «Unterländer» glaubten.Als dann Ende der Sechziger <strong>Jahre</strong> die Steckdose und der elektrische Lichtschalterauch in Furna Einzug hielten, war wohl manch Furner und vor allem Furneringlücklich, die alten Bügeleisen, den Wäschehafen mit Holzfeuerung und diePetrollampen durch moderne Elektrogeräte ersetzen zu können. Die Antiquitätensammlerund -liebhaber aus dem Unterland aber witterten das grosse Geschäft undkaum brannte in Furna die erste Glühlampe, fuhr bereits ein Mercedes mitZürcher Nummernschild von Haus zu Haus, um solche antike Gerätschaften zuerwerben. Die Preise, welche für die jetzt unnützen Gegenstände offeriert wurden,waren anfänglich für den einen oder anderen Bergler noch verlockend. Spätestensjedoch, als ein ganzer Car mit sammelwütigen Unterländern den Weg nach Furnafand, merkten die Prättigauer, dass mit dem Verkauf ihrer Haushaltutensilien einStück Kulturgut verloren ging.Die alte Bäuerin Anna vom «Boden» brachte es wohl auf den Punkt, als sie einemgeschäftstüchtigen Einkäufer die Türe wies mit den Worten:«Eher schenke ich die Petrollampe meinem Doktor in Schiers bevor ich sie einemZürcher verkaufen werde.»Und anderntags stand Anna in meinem Sprechzimmer mit einer auf Hochglanzpolierten prächtigen Petrollampe aus Messing, welche auch heute noch ihrenDienst versieht.89

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