125 Jahre Regionalspital Praettigau Festschrift - Flury Stiftung
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70meinte dabei, unter dem Regen hindurch. Werner hingegen glaubte sofort, dasswir einen unterirdischen Gang zwischen altem Haus und Neubau erstellt hätten,was Christa dazu bewog, den Gedanken weiter zu spinnen. Sie beschriebausführlich, wie dieser Gang aussehe – sehr zum Ergötzen aller Umstehenden.Alles nur psychischHie und da erlaubte ich mir, an einem Wochenende mit der Familie zu meinenSchwiegereltern nach Flums zu fahren, mit dem Auto eine knappe halbeStunde entfernt und somit auch binnen nützlicher Zeit erreichbar. Bevor ichdas Krankenhaus verliess, erkundigte ich mich aber immer bei denKrankenschwes tern und dem diensttuenden Arzt, ob noch ein Notfall angemeldetsei. So auch an jenem Samstag bei Dr. Sven Dalseng, einem schwedischenAssistenzarzt, welcher sehr gut deutsch sprach und angeblich bereits selbständigein schwedisches Spital geführt hatte. Vor meiner Abfahrt beruhigte michDr. Dalseng, dass ich ungehindert verreisen könne. Es sei zwar noch ein nervöserPatient mit Bauchschmerzen und Schweissausbruch hier, es sei aber sicheralles nur psychisch. Trotz der beruhigenden Worte des Schweden zog ich mirnochmals eine weisse Schürze an und betrat die Notfallstation, wo ich auf einerUnter suchungsliege einen knapp 80-jährigen Patienten vorfand in deutlichreduziertem Zustand. Nach einem Besuch bei seinem Schwiegersohn, unseremTierarzt, wollte er mit dem Auto nach Hause an den Zürichsee fahren. Aberbereits nach knapp 3 Kilometern verspürte er plötzlich einen heftigen Schmerzim Bauch, kehrte daher um und fuhr direkt zu uns ins Spital. Die klinischeUntersuchung ergab brettharte Bauchdecken und beim Abklopfen des Ab -domens eine fehlende Dämpfung über der Leber. Bereits diese einfache Untersuchungsprach eindeutig für einen Magendurchbruch, was mir auch nochdurch eine Röntgenuntersuchung bestätigt wurde. Bereits eine halbe Stundespäter lag der Patient auf dem Operationstisch, wurde narkotisiert und zur Operationvorbereitet. Wie erwartet fand ich nach Eröffnung der Bauchhöhle einegrosse Perforation eines Zwölffingerdarm-Geschwüres. Da noch keine starkenEntzündungszeichen vorhanden waren, konnte ich problemlos die untereHälfte des Magens mit dem gutartigen Geschwür entfernen. Der mir assistierendeDr. Dalseng wurde sehr schweigsam und dankte mir nach der Opera -tion noch für die instruktive Lektion einer klinischen Untersuchung. DerPatient aber, welcher sich erstaunlich rasch vom grossen Eingriff erholte undnach 10 Tagen seine verschobene Fahrt ins Unterland antrat, betonte immerwieder, was für ein Glück er gehabt hätte, dass der Durchbruch so nahe beiunserem Spital passiert sei.
71Der 68-igerDie pseudo-revolutionäre Bewegung der 68-iger ging auch in Schiers nichtspurlos vorüber. Romano, Sohn eines einstmals berühmten Schweizer Sportlersund Idol ganzer Generationen, war ein typischer Vertreter der Studentendes Jahres 1968. Wie überall in Westeuropa kam es in diesem Sommer auchin der Schweiz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichenund Polizei und die sogenannten Globus-Krawalle von Zürich erlangteneine berüchtigte Berühmtheit. Auch Romano, der aus gut bürgerlichemMilieu stammte, verschrieb sich dem Proletariat und lebte ostentativ danach.Als ich im heissen Sommer einmal die Assistenten nach einem langenOperationsvormittag zum abkühlenden Bad in unseren kleinen SwimmingPool einlud, wollte sich der «Proletarier» wohl ein Bild des «kapitalistischen»Chefarzt-Hauses machen. Mit tropfnassen Badehosen streifte erdurch unsere Wohnräume, spazierte, ohne sie zu begrüssen, an meiner Frauvorbei und setzte sich an das Klavier – eine Wasserlache auf dem Teppichhinterlassend.Während ich mich noch zähneknirschend über die mangelnde Kinderstubemeines Mitarbeiters hinwegsetzen konnte, war die oft unflätige Art diesesAkademikers unserem Spitalverwalter schon lange ein Dorn im Auge. Als erihm eines Tages im Korridor begegnete, fiel dem Verwalter die ausgebuchteteTasche in Romanos Arztkittel auf und er griff zu. Aber an Stelle eines medizinischenTaschenbuches fand sich ein rotes Buch: «Die Worte des VorsitzendenMao Tse-Tung». Das war nun unserem bürgerlichen Direktor doch zu viel under entliess den kleinen Pseudo-Revolutionär noch am selben Tag.Der selbständige ChirurgOstern war in jenem Jahr bereits Ende März und es herrschten noch besteSchneeverhältnisse, was nochmals viele Wintersportler ins Parsenngebietzog. Obschon wahrscheinlich mit einigen Unfällen zu rechnen war, erlaubteich mir einen Ausflug nach Flums. Der diensttuende Assistent, ein Bündner,welchen ich schon aus meiner Zürcher Zeit kannte, war verantwortungsbewusstund geschickt, weshalb ich ohne schlechtes Gewissen wegfuhr. EineSchulterluxation oder einen harmlosen Knöchelbruch konnte Modest selbstbehandeln und für eine eventuell notwendige Operation war ich ja in einerhalben Stunde zu erreichen. Ich hinterliess meine Telefonnummer und genossden arbeitsfreien Sonntag. Offenbar waren die Skifahrer heute besonders vorsichtig,denn ich hörte von «meinem» Spital den ganzen Tag nichts. Bei derRückkehr am Abend suchte ich sofort den Dienstarzt auf:«Ich habe gar kein Telefon erhalten – hast Du tatsächlich einen so ruhigenSonntag verbracht? Hat der Pistendienst Dich verschont?»
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71Der 68-igerDie pseudo-revolutionäre Bewegung der 68-iger ging auch in Schiers nichtspurlos vorüber. Romano, Sohn eines einstmals berühmten Schweizer Sportlersund Idol ganzer Generationen, war ein typischer Vertreter der Studentendes <strong>Jahre</strong>s 1968. Wie überall in Westeuropa kam es in diesem Sommer auchin der Schweiz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichenund Polizei und die sogenannten Globus-Krawalle von Zürich erlangteneine berüchtigte Berühmtheit. Auch Romano, der aus gut bürgerlichemMilieu stammte, verschrieb sich dem Proletariat und lebte ostentativ danach.Als ich im heissen Sommer einmal die Assistenten nach einem langenOperationsvormittag zum abkühlenden Bad in unseren kleinen SwimmingPool einlud, wollte sich der «Proletarier» wohl ein Bild des «kapitalistischen»Chefarzt-Hauses machen. Mit tropfnassen Badehosen streifte erdurch unsere Wohnräume, spazierte, ohne sie zu begrüssen, an meiner Frauvorbei und setzte sich an das Klavier – eine Wasserlache auf dem Teppichhinterlassend.Während ich mich noch zähneknirschend über die mangelnde Kinderstubemeines Mitarbeiters hinwegsetzen konnte, war die oft unflätige Art diesesAkademikers unserem Spitalverwalter schon lange ein Dorn im Auge. Als erihm eines Tages im Korridor begegnete, fiel dem Verwalter die ausgebuchteteTasche in Romanos Arztkittel auf und er griff zu. Aber an Stelle eines medizinischenTaschenbuches fand sich ein rotes Buch: «Die Worte des VorsitzendenMao Tse-Tung». Das war nun unserem bürgerlichen Direktor doch zu viel under entliess den kleinen Pseudo-Revolutionär noch am selben Tag.Der selbständige ChirurgOstern war in jenem Jahr bereits Ende März und es herrschten noch besteSchneeverhältnisse, was nochmals viele Wintersportler ins Parsenngebietzog. Obschon wahrscheinlich mit einigen Unfällen zu rechnen war, erlaubteich mir einen Ausflug nach Flums. Der diensttuende Assistent, ein Bündner,welchen ich schon aus meiner Zürcher Zeit kannte, war verantwortungsbewusstund geschickt, weshalb ich ohne schlechtes Gewissen wegfuhr. EineSchulterluxation oder einen harmlosen Knöchelbruch konnte Modest selbstbehandeln und für eine eventuell notwendige Operation war ich ja in einerhalben Stunde zu erreichen. Ich hinterliess meine Telefonnummer und genossden arbeitsfreien Sonntag. Offenbar waren die Skifahrer heute besonders vorsichtig,denn ich hörte von «meinem» Spital den ganzen Tag nichts. Bei derRückkehr am Abend suchte ich sofort den Dienstarzt auf:«Ich habe gar kein Telefon erhalten – hast Du tatsächlich einen so ruhigenSonntag verbracht? Hat der Pistendienst Dich verschont?»