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125 Jahre Regionalspital Praettigau Festschrift - Flury Stiftung

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52chirurgischen Frauenheilkunde, welches mir der stellvertretende Chefarzt beimAbschied in die Hand drückte in der Annahme, es könnte mir gute Diensteleisten. Der einzige Arzt im Hause war ein deutscher Medizinalassistent, wiedie Ärzte genannt wurden, welche zwar das Examen hinter sich, jedoch dieApprobation noch nicht erlangt hatten. Dr. B. erwartete mich am Eingang undstellte mich der Oberschwester, Diakonissin Anni, vor. Anschliessend machtenwir zusammen die erste Visite bei den Patienten, wobei ich auch die Schwesternund das medizinische Hilfspersonal kennen lernte. Zu meinem Erstaunenbenutzte Dr. B. bei Schwestern, Laborantin, Sekretärin, ja sogar bei der Köchindas persönlichere «Du», was zu jener Zeit noch nicht so gebräuchlich war wieheute – schon gar nicht bei den Deutschen. Ich lernte aber sehr schnell, dass dasganze Personal dieses Kleinspitals wie eine Familie lebte und eben auchgemeinsam die Freizeit verbrachte. Sie wohnten alle unter dem selben Dach,weshalb auch Nacht- und Pikettdienst kein Problem war – weder was dieArbeitszeit noch die finanzielle Entschädigung betraf. Man war ja sowieso imSpital! Die Diakonissinnen, von den freien Schwestern wegen ihrer blauenTracht liebevoll «les Bleues» genannt, kannten ausser der Arbeit nur wenigandere Vergnügungen. Und so konnten die nicht eingekleideten Schwestern,welche noch in der Minderzahl waren, nicht hinten anstehen. Für mich selberwar Freizeit auch nur ein Fremdwort – die vielseitige Tätigkeit nicht nur inchirurgischer Hinsicht, sondern auch in Innerer Medizin und Geburtshilfesagte mir aber trotzdem zu und entsprach teilweise meinem alten Wunsch nacheiner Allgemeinpraxis in den Bergen.Obschon ich am Ostermontag nicht einen Augenblick an eine möglicheLebensstelle gedacht hatte, sprachen vor allem die Diakonissen mir zu, michum die definitive Stelle als Spitalarzt zu bewerben. Ein längeres Gespräch mitmeiner Frau, welche hochschwanger noch in Zürich war, führte dazu, dass ichdas Bewerbungsschreiben an den Präsidenten des Spitalvorstandes schrieb –kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist.Und so wurde ich am 26. Juni 1965 aus elf Bewerbern ausgewählt, dieGeschicke des Prättigauer Krankenhauses in Zukunft zu führen – allerdingserst, nachdem sich der <strong>Stiftung</strong>sratspräsident Landammann P.L. davon überzeugthatte, dass ich ein guter Protestant sei und mich nicht durch einen katholischenVerwandten beeinflussen lasse.Dieser 26. Juni wird mir stets in unauslöschlicher Erinnerung bleiben. Derheisse Sommertag begann damit, dass ich um 6 Uhr durch den Hauswartgeweckt wurde mit der Nachricht, meine Frau liege in Zürich auf der Entbindungsstationund werde wohl bald gebären. Meine Mutter hatte in der Nachtvergeblich versucht, mich im Spital zu erreichen – die Schwester an der Pfortehatte schlicht vergessen, das Telefon auf Nachtdienst umzuschalten und ausserhalbder altertümlichen Telefonzentrale hörte niemand das Klingeln; das Zeit-

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