Narkose heuteDie Möglichkeit seit Mitte des 19. Jahrhunderts, einen Patient zu narkotisieren,hat die moderne operative Medizin überhaupt erst möglich gemacht. Nachanfänglichem Enthusiasmus führte die Anästhesiologie dann trotz ihrer Bedeutungüber Jahrzehnte ein Dasein im Schatten der Chirurgie und wurde meistvom Chirurgen, neben der operativen Tätigkeit mit erledigt oder an eine Schwesterbzw. den jüngsten Assistenzarzt delegiert, mit der Folge der Stagnation undeiner hohen Komplikationsrate, was grosse operative Eingriffe bei uns bis weitin die 50er <strong>Jahre</strong> des letzten Jahrhunderts zu einem grossen Risiko werden liess.Die Bedeutung der Anästhesie in der gesamten Medizin wurde in den anglo -amerikanischen Ländern bereits in den 30er <strong>Jahre</strong>n des 20. Jahrhunderts mit derSchaffung der ersten Lehrstühle an den Universitäten erkannt, in der Schweizdauerte es bis zum Anfang der 50er <strong>Jahre</strong>. Die Schweiz war dabei noch Vorreiterin den deutschsprachigen Ländern und leistete «Geburtshilfe» zur Etablierungder Anästhesie in Deutschland und Österreich einige <strong>Jahre</strong> danach. DerAnästhesist benötigte dann eine eigenständige mehrjährige Facharztausbildungnach dem medizinischen Staatsexamen.Bis weit in die 80er <strong>Jahre</strong> des 20. Jahrhunderts kam es dann zu einer Diskrepanz.Die Anästhesie war in den Zentrumsspitälern eigenständig, gut ausgestattet undarbeitete mit den modernsten verfügbaren Methoden, während auf dem Land
die Anästhesie noch jahrelang unter Leitung oder Aufsicht der Chirurgen, meistin den Händen einer Narkoseschwester stand.Im Zuge des medizinischen Fortschritts, gerade auf dem Gebiet der Anästhesiologie,der Forderung, dass auch im kleinsten Spital in dem Anästhesien durchgeführtwerden, jedem Patienten zusteht, dass er nur noch von einem Arztbehandelt wird, der auch die Ausbildung in Anästhesiologie besitzt, war esunausweichlich, dass auch kleine Spitäler mit der Zeit eine eigenständige Anästhesieabteilungaufbauen mussten.Dies galt auch für das Spital in Schiers. Nachdem bereits seit mehreren <strong>Jahre</strong>nfür besonders schwierige Eingriffe ein Anästhesist tageweise von auswärts kam,trat im Februar 1980 mit Frau Dr. Jessen die erste Fachärztin für Anästhesio -logie ihren Dienst in Schiers an. Bis dahin wurden die Anästhesien unterLeitung des chirurgischen Chefarztes durchgeführt, der allerdings bereits inden 70er <strong>Jahre</strong>n von ausgebildeten Anästhesiepflegern bzw. Schwestern unterstütztwurde.Die Ausstattung der Anästhesie war, gemessen an heutigen Verhältnissen, minimalund bestand aus zwei Schränken mit Narkosezubehör und einem einfachstenNarkoseapparat ohne Beatmungsmöglichkeit. Das meiste Narkosezubehör,das heute grösstenteils aus Einmalartikeln besteht, musste seinerzeit nachGebrauch gereinigt und aufbereitet werden, in einer Zeit, in der dies in anderenmedizinischen Fachbereichen längst nicht mehr üblich war.Für 2 ½ <strong>Jahre</strong> war Frau Dr. med. D. Jessen allein und ohne Hilfe für die Anästhesieabteilungzuständig, und zwar Tag und Nacht, 7 Tage in der Woche. Erstdann kam ein ausgebildeter Anästhesiepfleger dazu. Dies war einerseits einegrosse Entlastung für Frau Dr. Jessen, führte andererseits jedoch auch zu Problemen,da der Anästhesiepfleger möglichst selbständig arbeiten musste abereben kein Arzt war und Frau Dr. Jessen rund um die Uhr die Gesamtverantwortungübernehmen musste, bzw. der chirurgische Chefarzt in ihrer Abwesenheitdie ärztliche Aufsicht hatte.Hatte Fr. Dr. Jessen bei ihrem Dienstantritt eine sehr spärliche Ausstattung derAnästhesieabteilung vorgefunden, die auch damals kaum den damaligen Standards,die in grösseren Spitälern längst etabliert waren, genügten, so kam es inden ersten <strong>Jahre</strong>n nur allmählich zu Verbesserungen, teilweise gegen den Widerstandder Verwaltung, die den Stellenwert einer gut funktionieren Anästhesie -abteilung nicht immer erkannte, zumal jede Verbesserung natürlich auch entsprechendeGeldmittel erforderte.Einen Meilenstein nach oben machte die Anästhesieabteilung mit dem Neubaudes OP-Traktes im Jahr 1993. Es kam zu einer grosszügigen Ausstattung derAnästhesieabteilung nach den modernsten Gesichtspunkten der damaligen Zeit.Beide neuen OP-Säle wurden mit neuen Narkosegeräten ausgestattet, die altenwurden im Gebärsaal und im Notfall aufgestellt, so dass jetzt überall im Spital,39