Biochemie

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KSH-SPF/EF-Chemie 7 Biochemie 7.6 Konzepte und Grundmuster des Stoffwechsels 7.6.1 ATP als Energieüberträger Lektüre Text I aus L. Stryer, ‚Biochemie’, Spektrum-der-Wissenschaft- Verlagsgesellschaft, 1990, Seiten 328-330 Aufgabe 40 Die ATP-Reserven in den Mitochondrien von Muskelzellen sind bei körperlicher Belastung rasch aufgebraucht. Der Körper muss dann dafür sorgen, dass neues ATP bereitgestellt wird. Welche der folgenden Substanzen kommen für die Synthese von ATP aus ADP in Frage? Ziehe für die Beantwortung dieser Frage die Phosphorylgruppenübertragungspotentiale der betreffenden Stoffe bei. Glucose-1-phosphat, Phosphoenolpyruvat, Creatinphosphat, Glucose-6-phosphat Aufgabe 41 Verschiedene Organismen benutzen hauptsächlich drei Wege, um ATP aus ADP und P i zu synthetisieren. Lies die letzten drei Punkte des Kapitels ‚Use of ATP to store Energy’ auf der untenstehenden Internetseite. Beschreibe kurz die drei Möglichkeiten, die vorgestellt werden. http://www.sp.uconn.edu/%7Ebi107vc/fa02/terry/metabolism.html 7.6.2 ATP-gekoppelte Reaktionen Man versteht die Rolle des ATP bei der Energiekopplung besser, wenn man eine chemische Reaktion betrachtet, welche ohne Zufuhr von freier Energie thermodynamisch ungünstig ist. Nehmen wir an, die freie Standardenergie der Umwandlung von A in B betrage +16.7 kJ/mol. A B ΔG 0 ’ = 16.7 kJ/mol P. Good 27

KSH-SPF/EF-Chemie 7 <strong>Biochemie</strong><br />

7.6 Konzepte und Grundmuster des Stoffwechsels<br />

7.6.1 ATP als Energieüberträger<br />

Lektüre Text I aus L. Stryer, ‚<strong>Biochemie</strong>’, Spektrum-der-Wissenschaft-<br />

Verlagsgesellschaft, 1990, Seiten 328-330<br />

Aufgabe 40 Die ATP-Reserven in den Mitochondrien von Muskelzellen sind bei körperlicher<br />

Belastung rasch aufgebraucht. Der Körper muss dann dafür sorgen, dass neues<br />

ATP bereitgestellt wird. Welche der folgenden Substanzen kommen für die<br />

Synthese von ATP aus ADP in Frage? Ziehe für die Beantwortung dieser Frage<br />

die Phosphorylgruppenübertragungspotentiale der betreffenden Stoffe bei.<br />

Glucose-1-phosphat, Phosphoenolpyruvat, Creatinphosphat, Glucose-6-phosphat<br />

Aufgabe 41 Verschiedene Organismen benutzen hauptsächlich drei Wege, um ATP aus ADP<br />

und P i zu synthetisieren. Lies die letzten drei Punkte des Kapitels ‚Use of ATP to<br />

store Energy’ auf der untenstehenden Internetseite. Beschreibe kurz die drei<br />

Möglichkeiten, die vorgestellt werden.<br />

http://www.sp.uconn.edu/%7Ebi107vc/fa02/terry/metabolism.html<br />

7.6.2 ATP-gekoppelte Reaktionen<br />

Man versteht die Rolle des ATP bei der Energiekopplung besser, wenn man eine chemische<br />

Reaktion betrachtet, welche ohne Zufuhr von freier Energie thermodynamisch ungünstig ist.<br />

Nehmen wir an, die freie Standardenergie der Umwandlung von A in B betrage +16.7 kJ/mol.<br />

A B ΔG 0 ’ = 16.7 kJ/mol<br />

P. Good 27


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Aufgabe 42 Berechne die Gleichgewichtskonstante K’ der obigen Reaktion.<br />

Dieser Wert bedeutet folgendes: A kann so lange in B umgewandelt werden, bis der Wert K’<br />

erreicht ist. Ist die obige Reaktion an die Hydrolyse von ATP zu ADP und P i gekoppelt, so ergibt<br />

sich ein neues K’.<br />

Aufgabe 43 Berechne mit Hilfe des Wertes aus der Tabelle 13.1 in Text I ΔG 0 ’ und K’ der<br />

Reaktion A + ATP + H 2O B + ADP + P i + H +<br />

Berechne das Verhältnis [B]/[A] im Gleichgewichtszustand, wenn<br />

[ATP]/([ADP][P i][H + ]) den Wert 500 hat. Um welchen Faktor verschiebt die<br />

Kopplung mit der ATP-Hydrolyse das Gleichgewichtsverhältnis der betrachteten<br />

Reaktion?<br />

Aufgabe 44 In welcher Richtung verlaufen die folgenden Reaktionen, wenn die<br />

Reaktionspartner zu Beginn in gleichen Konzentrationen vorliegen (=<br />

Standardbedingungen)? Verwende die Daten aus Tabelle 13.1 in Text I.<br />

a) ATP + Creatin ADP + Creatinphosphat<br />

b) ATP + Glucose ADP + Glucose-6-phosphat<br />

c) ATP + Glycerin ADP + Glycerin-3-phosphat<br />

Aufgabe 45 Berechne ΔG 0 ’ für die Isomerisierung von Glucose-6-phosphat zu Glucose-1-<br />

phosphat. Wie gross ist das Verhältnis von Glucose-6-phosphat zu Glucose-1-<br />

phosphat bei 25 °C?<br />

P. Good 28


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7.6.3 Elektronen-Carrier bei der Oxidation von Nahrungsmitteln<br />

Lektüre Text II aus L. Stryer,<br />

‚<strong>Biochemie</strong>’, Spektrum-<br />

der-Wissenschaft-<br />

Verlagsgesellschaft, 1990,<br />

Seiten 332, 333)<br />

Aufgabe 46 Zeige mit Hilfe der<br />

Oxidationszahlen auf,<br />

welche Atome die 2<br />

Elektronen bei der<br />

Reduktion von NAD +<br />

erhalten.<br />

Abb. 7.33 Fettsäure-Oxidation<br />

Aufgabe 47 Die Oxidation von Fettsäuren ist in Abb. 7.33 dargestellt. Bei welchen Schritten ist<br />

das System NAD + /NADH, bei welchem das System FAD/FADH 2 involviert?<br />

7.6.4 Elektronen-Transport von NADH/FADH 2 zum O 2 = Oxidative Phosphorylierung<br />

Der menschliche Organismus gewinnt bei der Oxidation von Nahrungsmitteln (z.B. Glykolyse,<br />

Fettsäureabbau, Citratzyklus) energiereiche Moleküle wie ATP, NADH und FADH 2.<br />

Währenddem bei der Hydrolyse von ATP Energie direkt nutzbar wird, übertragen NADH und<br />

FADH 2 Elektronen in der Atmungskette (= oxidative Phosphorylierung) auf molekularen<br />

Sauerstoff.<br />

Lektüre Text III aus L. Stryer, ‚<strong>Biochemie</strong>’, Spektrum-der-Wissenschaft-<br />

Verlagsgesellschaft, 1990, Seiten 413, 414)<br />

Aufgabe 48 Ubichinon Q (Abb. 7.34, links) wird beim Elektronentransport von NADH auf O 2 zu<br />

Ubichinol QH 2 (Abb.<br />

7.34, rechts) reduziert.<br />

Zeige mit Hilfe der<br />

Oxidationszahlen auf,<br />

an welchem Atom die<br />

Reduktion stattfindet.<br />

Abb. 7.34 Ubichinon (links) und Ubichinol (rechts).<br />

P. Good 29


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Treibende Kraft der oxidativen Phosphorylierung ist das Elektronenübertragungspotential des<br />

NADH und des FADH 2. Das Redoxpotential einer Redoxreaktion kann über folgende Formel in<br />

die Freie Enthalpie der entsprechenden Reaktion umgewandelt werden: ΔG 0’ = –nFΔE 0’ mit n =<br />

Anzahl übertragener Elektronen und F = Energieänderung, wenn ein Moläquivalent Elektronen<br />

eine Potentialdifferenz von 1 Volt durchfliesst = 96.5 kJ V -1 mol -1 .<br />

Tab. 7.7 Standardreduktionspotentiale E 0’ einiger Redoxreaktionen<br />

Reduktionsmittel Oxidationsmittel n E 0’ (V)<br />

Acetaldehyd Acetat + 2 H + 2 –0.60<br />

NADH NAD + + H + 2 –0.32<br />

NADPH NADP + + H + 2 –0.32<br />

Glutathion (reduziert) Glutathion (oxidiert) + 2 H + 2 –0.23<br />

Ethanol Acetaldehyd + 2 H + 2 –0.20<br />

Lactat Pyruvat + 2 H + 2 –0.19<br />

Ascorbat Dehydroascorbat + 2 H + 2 0.08<br />

Ubichinon (reduziert) Ubichinon (oxidiert) + 2 H + 2 0.10<br />

Cytochrom c (+2) Cytochrom (+3) 1 0.22<br />

H 2O 1/2 O 2 + 2 H + 2 0.82<br />

Aufgabe 49 Berechne ΔG 0’ der folgenden Reaktionen:<br />

a) Pyruvat + NADH + H + Lactat + NAD +<br />

b)<br />

1 /2 O 2 + NADH + H + H 2O + NAD +<br />

Aufgabe 50 Studiere die folgende Internetseite (sections 1, 4, 6, 7, 8, 9, 10, review questions 1,<br />

3, 5) und beantworte die nachfolgenden Fragen.<br />

http://www.chem.purdue.edu/courses/chm333/oxidative_phosphorylation.swf<br />

(Weitere Informationen bietet folgende Internetseite:<br />

http://www.sp.uconn.edu/%7Ebi107vc/fa02/terry/metabolism.html)<br />

P. Good 30


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a) Skizziere den Weg der Elektronen in der Elektronentransportkette von<br />

NADH resp. FADH 2 zu H 2O. Unterscheide zwischen stationären und<br />

mobilen Elektronenüberträgern der Atmungskette.<br />

b) Wo in der Atmungskette kommen Einelektronen-Überträger vor? Bezeichne<br />

diese Strukturen möglichst genau.<br />

c) Worin unterscheiden sich die Wege der von NADH und von FADH 2 in die<br />

Atmungskette eingespeisten Elektronen?<br />

d) Wieviele H + werden pro NADH auf die Aussenseite der inneren<br />

mitochondrialen Membran gepumpt? Erstelle eine genaue Bilanz, welche<br />

nicht nur die Zahl der H + , die nach aussen gepumpt werden, enthält,<br />

sondern auch den Ort beschreibt, an welchem die entsprechenden H +<br />

gepumpt werden. Erstelle eine analoge Bilanz für Elektronen, die von<br />

FADH 2 stammen.<br />

e) Wieviele Elektronen werden für die Reduktion eines O 2-Moleküls erfordert?<br />

P. Good 31


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7.6.5 ATP-Synthese<br />

Die ATP-Synthese findet an einem Enzym statt, das ATP-Synthase (Abb. 7.36) genannt wird.<br />

Dieses Enzym entspricht einem eigentlichen Mini-Elektromotor: die ATP-Synthase ist der Ort<br />

Abb. 7.35 Mechanismus der ATP-Synthese aus ADP und P i in der<br />

ATP-Synthase, Quelle: http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Zellatmung/dateien/atpase/bilder/at<br />

pase3.gif<br />

Abb. 7.36 Bau der ATP-Synthase, Quelle: http://www.uniduesseldorf.de/MathNat/Biologie/Didaktik/Photosynthese/glossar/bilder/r<br />

otgross.jpg<br />

des Einstroms von H + -Ionen ins<br />

Mitochondrion. Dieser Strom von<br />

H + -Ionen erzeugt<br />

Strukturveränderungen der ATP-<br />

Synthase, welche einer Art<br />

Drehbewegung entsprechen. Die<br />

drei katalytischen Zentren der ATP-<br />

Synthase können in drei<br />

verschiedenen Zuständen<br />

vorkommen: O (offen, keine<br />

Bindung), L (lockere Bindung) und<br />

T (feste Bindung). Die L-Form<br />

bindet ADP und P i. Durch<br />

Überführen dieser Untereinheit in die T-Form wird ATP synthetisiert, welches durch den<br />

Wechsel der Untereinheit in die O-Form aus dem Enzym entlassen wird (Abb. 7.35).<br />

Die enge Kopplung zwischen Elektronentransport und oxidativer Phosphorylierung wird von<br />

einigen Substanzen wie z.B. 2,4-Dinitrophenol (DNP) oder auch dem sogenannten Thermogenin<br />

(= uncoupling protein) aufgehoben. Solche Stoffe befördern H + -Ionen durch die innere<br />

Mitochondrienmembran, ohne dass ATP synthetisiert wird. Der Elektronentransport von NADH<br />

und FADH 2 zum O 2 läuft normal.<br />

Solche Entkoppler können biologisch<br />

bedeutsam sein, da sie ein Mittel zur<br />

Wärmeerzeugung sind: Wärme wird<br />

aufgrund eines Kurzschlusses der<br />

mitochondrialen Protonenbatterie erzeugt.<br />

Winterschlaf haltende Tiere, neugeborene<br />

Tiere (auch menschliche Babys) und<br />

kälteangepasste Säuger benutzen diese Art<br />

der Wärmeerzeugung.<br />

P. Good 32


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7.7 Stoffwechsel als Netzwerk<br />

Abb. 7.37 Zwei unterschiedliche Arten von Netzwerken.<br />

Da im Stoffwechsel viele Vorgänge<br />

miteinander verknüpft sind, lässt er sich<br />

als Karte aufzeichnen. Prinzipiell gibt es<br />

zwei Möglichkeiten des<br />

Reaktionsablaufs: hintereinander (seriell)<br />

oder gleichzeitig (simultan, parallel).<br />

Jedes Enzym kann die Reaktionen<br />

reversibel durchführen und stellt in einem Netzwerk des Stoffwechsels einen sogenannten Knoten<br />

dar.<br />

Netzwerke sind entweder durch viele Knoten mit wenig Verbindungen (seriell) oder durch wenige<br />

Knoten mit jeweils vielen Verbindungen (parallell) dominiert. Viele ‚einzelne’ Verbindungen bauen<br />

ein sogenanntes Random-Netzwerk auf, wobei die mittlere Anzahl der Verbindungen die<br />

Dimension (= scale) bestimmt. Enthält ein Netzwerk wenige Knoten mit vielen Verbindungen, so<br />

hat die mittlere Anzahl der Verbindungen keinen hohen Aussagewert. Hierbei spricht man von<br />

einem Scale-free-Netzwerk. In einem solchen Netzwerk sind ‚zentrale’ Knoten als Angelpunkte<br />

oder Drehscheiben (hubs; ca. 5% hubs halten ein Scale-free-Netzwerk zusammen). Sequentielle<br />

Netzwerke haben den Vorteil der grösseren Selektivität, simultane Verbindungen denjenigen der<br />

grösseren Geschwindigkeit.<br />

Aufgabe 51 Ordne den Darstellungen auf Abb. 7.37 die Bezeichnungen Scale-free- und Random-<br />

Netzwerk zu.<br />

Beispiel: Interferone sind hochaktive körpereigene Proteine mit einem breiten Wirkungsspektrum.<br />

Entdeckt wurde es im Jahre 1957 als eine Substanz, welche von einem von Viren befallenen<br />

Gewebe freigesetzt wurde und anderes Gewebe vor Virenbefall schützen konnte. Man erhoffte sich<br />

von diesem Protein durchschlagenden Erfolg bei der Bekämpfung von viralen Krankheiten.<br />

Heute weiss man, dass die verschiedenen Interferone (man unterscheidet Interferon α, β und γ) auch<br />

bei vielen anderen Abwehrmechanismen als Boten- und Signalstoffe innerhalb des Immunsystems<br />

wirken: Aktivierung von Makrophagen, natürlichen Killerzellen, zellzerstörenden T-Lymphozyten,<br />

Hemmung des Wachstums und der Teilung von gesunden und bösartigen Zellen, u.a. (Abb. 7.38).<br />

Aufgabe 52 Was lässt sich über den Einsatz von Interferon als Medikament sagen?<br />

P. Good 33


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Der Stoffwechsel stellt ein Scale-free-Netzwerk dar. Enzyme, welche Knoten darstellen, sind<br />

beispielsweise die ATPase oder auch die Adenylatcyclase, ein Enzym, welches in der Zellmembran<br />

die Umwandlung von ATP in<br />

zyklisches AMP (cAMP)<br />

katalysiert. Aktiviert wird die<br />

Adenylatcyclase durch Bindung von<br />

Hormonen an Rezeptoren an der<br />

Zelloberfläche, und es wirkt als<br />

deren Reizvermittler (= second<br />

messenger); cAMP dient<br />

beispielsweise als second messenger<br />

bei Calcitonin, Adrenalin,<br />

Glucagon, Parathormon,<br />

Vasopressin, usw.<br />

Abb. 7.38 Wirkungsweise und Wirkungen von Interferonen.<br />

Für die Medizin gilt: Werden „zentrale“ Enzyme beeinflusst, sind die Wirkungen sehr gross. Für<br />

Therapien aber sind sie völlig ungeeignet, da sie zu wenig spezifisch sind und sich zu viele (Neben-<br />

)Wirkungen ergeben.<br />

Aufgabe 53 Gehe von der Annahme aus, die Menschheit wolle Epidemien verhindern: Welche<br />

Impfstrategie würdest du verfolgen?<br />

Die Natur, aber auch die Technik baut sehr oft Scale-free-Netzwrke auf: wenige, aber hochvernetzte<br />

Knoten und viele Knoten mit wenigen Verbindungen. Beispiele dafür sind: Stoffwechsel der<br />

Bakterien, Telefone mit Zentralen, Energieverteilung, Wasserversorgung, Internet, usw. (Im<br />

Durchschnitt kann man im Internet mit 19 „clicks“ von einer Seite auf eine beliebige andere Seite<br />

gelangen.)<br />

Aufgabe 54 Diskutiere die Anfälligkeit von Random- und von Scale-free-Netzwerken gegenüber<br />

a) zufälligen und b) gezielten (‚intelligenten’) Störungen/Angriffen.<br />

P. Good 34


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7.8 Erzeugung und Speicherung von Stoffwechselenergie<br />

7.8.1 Die Glykolyse<br />

Die Glykolyse ist eine Folge von Reaktionen, in denen Glucose zu Pyruvat umgewandelt wird<br />

und gleichzeitig ATP entsteht. Sie kann aerob und anaerob ablaufen; in aeroben Organismen geht<br />

sie dem Citratzyklus und der Atmungskette voraus, die zusammen fast die gesamte in Glucose<br />

enthaltene Energie ‚gewinnen’. In diesem Fall tritt das Pyruvat in die Mitochondrien über, wo es<br />

vollständig zu CO 2 und H 2O oxidiert wird. Unter anaeroben Bedingungen wird das Pyruvat in<br />

Lactat überführt, bei einigen anaeroben Organismen wird es in Ethanol umgewandelt (=<br />

Gärungen).<br />

Aufgabe 55 Welche Reaktionstypen treten in der Glykolyse auf? Benenne jede einzelne<br />

Reaktion.<br />

Aufgabe 56 Ermittle die ATP-Bilanz der Glykolyse; wird insgesamt ATP gewonnen oder<br />

verbraucht?<br />

Aufgabe 57 Wird in der Glykolyse NADH gewonnen? Wenn ja: in welchem Schritt/welchen<br />

Schritten?<br />

Aufgabe 58 Identifiziere in der Umwandlung von Pyruvat zu Lactat (Anion der Milchsäure, 2-<br />

Hydroxypropansäure) die Stelle, an welcher der Redoxprozess abläuft. Ist<br />

Pyruvat hierbei ein Oxidations- oder Reduktionsmittel?<br />

7.8.2 Der Citratzyklus = Krebszyklus = Tricarbonsäurezyklus (tca = tricarboxylic acid cycle)<br />

Das in der Glykolyse gebildete Pyruvat wird unter aeroben Bedingungen oxidativ zu Essigsäure<br />

decarboxyliert, welches sogleich an das Coenzym A (CoA) gebunden wird (= Acetyl–CoA. Die<br />

aktivierte Acetylgruppe wird im Citratzyklus vollständig zu CO 2 oxidiert.<br />

P. Good 35


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Aufgabe 59 Notiere zu jeder Substanz des Citratzyklus die Anzahl der darin enthaltenen C-<br />

Atome, z.B. für Oxalacetat: C4.<br />

Aufgabe 60 Ermittle daraus den Schritt, bei welchem die Acetylgruppe in den Zyklus eintritt.<br />

Aufgabe 61 Zeichne in den Citratzyklus die Bildung der folgenden Stoffe ein:<br />

a) NADH<br />

b) FADH 2<br />

c) CO 2<br />

Aufgabe 62 In einem Schritt des Citratzyklus wird H 2O benötigt. Markiere auch diesen Schritt.<br />

Aufgabe 63 Oxalacetat, α-Ketoglutarat (= 2-Oxoglutarat) und Succinyl-CoA werden als<br />

Zwischenprodukte bei der Biosynthese verschiedener Verbindungen gebraucht.<br />

Suche mit Hilfe von ‚Metabolic pathways’ heraus, welche der Moleküle des<br />

Citratzyklus für die Biosynthese der folgenden Stoffe/Stoffklassen verwendet<br />

werden:<br />

Prostaglandin, Aminosäuren, Fettsäuren, prosthetische Gruppe des Cytochrom c.<br />

Aufgabe 64 Wie werden für Biosynthesen abgezweigte Moleküle des Citratzyklus ersetzt?<br />

Suche auf ‚metabolic pathways’.<br />

Aufgabe 65 Vervollständige die Tabelle 7.8 und errechne damit die Zahl der ATP-Moleküle,<br />

die pro Glucosemolekül synthetisiert werden.<br />

Tab. 7.8 NADH-, FADH 2- und ATP-Bilanz von Glykolyse und Citratzyklus<br />

Prozess ATP-Bilanz 1) NADH-Bilanz 2) NADH-Bilanz 3) FADH 2-Bilanz<br />

Glykolyse –<br />

Pyruvat -> Acetyl-CoA –<br />

Citratzyklus –<br />

1) allenfalls auch andere –triphosphate (GTP, TTP, CTP) mitrechnen, 2) 2 ATP pro NADH, 3) 3<br />

ATP pro NADH<br />

P. Good 36


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7.8.3 Die Fettsäure-Oxidation (= β-Oxidation)<br />

Fette liegen in einem weit höher reduzierten Zustand vor als Kohlenhydrate, weshalb man in der<br />

Oxidation von Fetten auch mehr Energie ‚gewinnen’ kann als in der Oxidation von<br />

Kohlenhydraten. Dazu kommt, dass Fette ausgesprochen unpolar sind und aus diesem Grunde in<br />

nahezu wasserfreier Form gespeichert werden; deshalb wurden Fette in der Evolution als<br />

wichtigstes Energiereservoir dem Glykogen vorgezogen.<br />

Der erste Schritt der Fettsäureoxidation entspricht der Aktivierung der Fettsäure, wobei zwei<br />

energiereiche Phosphatbindungen (entsprechen 2 ATP) verbraucht werden. Allgemein nennt<br />

man eine aktivierte Fettsäure ‚Acyl-CoA’. In weiteren Schritten wird die Fettsäure zu Acetyl-<br />

CoA-Molekülen abgebaut: das α- und β-C-Atom wird oxidiert, wobei ein FADH 2 entsteht.<br />

Durch Anlagerung von Wasser und darauf folgender Oxidation des β-C-Atoms zu einer<br />

Carbonylgruppe wird unter Bildung eines NADH die Spaltung zwischen dem α- und dem β-C-<br />

Atom durch CoA-SH ermöglicht (= ‚Thiolyse’). In diesem Schritt wird Acetyl-CoA freigesetzt<br />

und das um zwei C-Atome reduzierte<br />

Fettsäuremolekül an CoA gebunden; dieses<br />

ist demnach bereit für eine weitere<br />

Oxidationsrunde.<br />

Abb. 7.39 Strukturformel der Palmitinsäure<br />

Aufgabe 66 Wieviele Acetyl-CoA entstehen beim vollständigen Abbau eines Moleküls<br />

Palmitinsäure (Abb. 7.39)?<br />

Aufgabe 67 Berechne die Anzahl der FADH 2 und der NADH-Moleküle, welche bei der<br />

vollständigen Oxidation von Palmitinsäure gebildet werden. Wieviele ATP-<br />

Moleküle entstehen bei der Oxidation von NADH und FADH 2 in der<br />

Atmungskette?<br />

Aufgabe 68 Die beim Fettsäure-Abbau gebildeten Acetyl-CoA können in den Citratzyklus<br />

eintreten. Wieviele NADH, FADH 2 und GTP entstehen dabei pro Acetyl-CoA?<br />

Rechne auch diese Bilanz in ATP um und errechne die Gesamtzahl ATP, die bei<br />

der vollständigen Oxidation eines Moleküls Palmitinsäure entstehen.<br />

P. Good 37


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7.8.4 Der Pentosephosphatweg<br />

Einige der Elektronen mit hohem Potential aus den Brennstoffmolekülen<br />

müssen für reduktive Biosynthesen erhalten bleiben statt zur ATP-<br />

Bildung auf O 2 übertragen zu werden. Als schnell verfügbares<br />

Reduktionsmittel dient in den Zellen das NADPH (Abb. 7.40). Der<br />

Pentosephosphatweg dient unter anderem der Synthese von NADPH aus<br />

NADP + . Zugleich entsteht in diesem Stoffwechselbereich aber auch<br />

Ribose-5-phosphat, ein Bestandteil so wichtiger Biomoleküle wie ATP,<br />

NAD + , FAD, CoA, RNA und DNA. Dazu werden im<br />

Pentosephosphatweg C3-, C4-, C5-, C6- und C7-Zuckermoleküle<br />

ineinander umgewandelt.<br />

Abb. 7.41 Umwandlung von Glucose-6-phosphat in Gluconsäure-6phosphat.<br />

Abb. 7.42 Umwandlung von<br />

Gluconsäure-6-phosphat zu Ribulose-5phosphat<br />

Abb. 7.40 NADPH<br />

Der Pentosephosphatweg beginnt mit einer Dehydrierung am C1 des Glucose-6-phosphats und<br />

darauf folgender Hydrolyse des entstandenen Lactons (Abb. 7.41). Hierbei entstandenes<br />

Gluconsäure-6-phosphat wird decarboxyliert und zu Ribulose-5-phosphat oxidiert (Abb. 7.42).<br />

Ribulose-5-phosphat wird in einer<br />

Isomerisierung zu Ribose-5-<br />

phosphat (Abb. 7.43).<br />

Glucose-6-phosphat bil-det den<br />

Ausgangspunkt für den<br />

Pentosephosphatweg. Die<br />

Verwertung von Glucose-6-phosphat hängt vom Bedarf an NADPH, Ribose-5-phosphat und<br />

ATP ab. Ribose-5-phosphat seinerseits kann in Zwischenstufen der Glykolyse umgewandelt<br />

werden. Die Aktivität des Pentosephosphatweges ist in der Skelettmuskulatur sehr niedrig, im<br />

Fettgewebe dagegen sehr hoch. Dies stützt die Vorstellung, dass die Hauptaufgabe dieses<br />

Stoffwechselweges in der Erzeugung von NADPH liegt: das Fettgewebe verbraucht grosse<br />

Mengen von NADPH für die Synthese von Fettsäuren aus Acetyl-CoA.<br />

Abb. 7.43 Isomerisierung von Ribulose-5-phosphat zu<br />

Ribose-5-phosphat<br />

P. Good 38


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7.8.5 Die Gluconeogenese<br />

Das Gehirn und die Erythrozyten sind in hohem Masse glucoseabhängig. Der tägliche<br />

Glucosebedarf des Gehirns eines Erwachsenen beträgt etwa 120 g – bei einem<br />

Gesamtglucosebedarf von ca. 160 g. Körperflüssigkeiten enthalten etwa 20 g Glucose, und aus<br />

Glykogen sind 190 g rasch verfügbar. Die direkten Glucosereserven reichen also aus, um den<br />

Bedarf eines Tages zu decken. Bei längerer Hungerperiode oder auch starker körperlicher<br />

Anstrengung muss Glucose aber auch Nicht-Kohlenhydrat-Molekülen gebildet werden. Diesen<br />

Vorgang nennt man Gluconeogenese.<br />

Die Gluconeogenese findet hauptsächlich in der Leber statt. Sie dient dazu, den<br />

Blutglucosespiegel so hoch zu halten, dass Gehirn und Muskulatur genügend Glucose<br />

entnehmen können, um den Stoffwechselbedarf zu decken.<br />

Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass die Gluconeogenese eine Umkehr der Glykolyse ist, da<br />

in dieser Glucose zu Pyruvat und in jener Pyruvat zu Glucose umgewandelt wird. Doch gibt es<br />

einige Unterschiede zwischen diesen beiden Prozessen:<br />

1 Phosphoenolpyruvat wird nicht direkt aus Pyruvat gebildet, sondern über Oxalacetat<br />

durch Carboxylierung und anschliessende Phosphorylierung unter Verbrauch von ATP<br />

und GTP. Die Reaktion wird von der Pyruvat-Carboxylase und die<br />

Phosphoenolpyruvat-Cyrboxykinase katalysiert (ΔG 0 ’ = 0.8 kJ/mol) - die durch die<br />

Pyruvat-Kinase katalysierte Phosphorylierung von Pyruvat in der Glykolyse hat ein<br />

ΔG 0 ’ von 31.4 kJ/mol<br />

2 Fructose-6-phosphat entsteht aus Fructose-1,6-bisphosphat durch Hydrolyse des<br />

Phosphatesters am C1. Diese von der Fructose-1,6-bisphosphatase katalysierte Reaktion<br />

ist exergonisch.<br />

3 Glucose entsteht durch Hydrolyse von Glucose-6-phosphat. Im Gegensatz zur<br />

Glykolyse wird diese Reaktion nicht durch die Hexokinase, sondern durch die Glucose-<br />

6-phosphatase katalysiert. Diese Reaktion geschieht im endoplasmatischen Retikulum.<br />

Die Gluconeogenese kann also bei Pyruvat starten. Weitere Ausgangspunkte sind das Oxalacetat,<br />

Lactat (über Pyruvat) und glucogene Aminosäuren wie Alanin und Serin (über Pyruvat),<br />

Asparagin und Asparaginsäure (über Oxalacetat) oder auch Glutamin, Glutaminsäure, Prolin,<br />

Arginin und Histidin (über α-Ketoglutarat).<br />

P. Good 39


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7.8.6 Aminosäureabbau<br />

Aminosäuren, die nicht mehr<br />

benötigt werden, können im<br />

Gegensatz zu Fettsäuren und<br />

Kohlenhydraten nicht<br />

gespeichert werden. Sie<br />

Abb. 7.44 Transaminierung einer Aminosäure mit α-Ketoglutarsäure zu einer<br />

α-Ketosäure und Glutaminsäure<br />

Abb. 7.45 Oxidative Desaminierung von Glutamat; alternativ kann anstelle von NAD + auch<br />

NADP + das Oxidationsmittel sein.<br />

dienen im Stoffwechsel als Brennstoffe. Der Abbau der Aminosäuren findet bei Säugetieren<br />

hauptsächlich in der Leber statt. Die α-Aminogruppe vieler Aminosäuren wird gemäss der<br />

Reaktionsgleichung in Abb. 7.44 auf α-Ketoglutarat übertragen, wobei Glutamat entsteht. Diese<br />

Übertragung einer Aminogruppe nennt man Transaminierung. Das Glutamat wird oxidativ<br />

+<br />

desaminiert und liefert so NH4 -Ionen (Abb. 7.45). Ein Teil dieser Ionen wird schliesslich in<br />

Form von Carbamoylphosphat (Abb. 7.46) dem Harnstoffzyklus zugeführt.<br />

Aufgabe 69 Formuliere mit Hilfe von Strukturformeln die<br />

Reaktionsgleichung der Transaminierung von Alanin.<br />

Welche Produkte entstehen dabei?<br />

Abb. 7.46 Carbamoylphosphat<br />

Aufgabe 70 Serin und Threonin werden direkt desaminiert. Die Reaktion erfolgt in zwei<br />

Schritten: in einem ersten Schritt wird Wasser abgespalten, wodurch eine C-C-<br />

Doppelbindung zwischen dem C-α- und dem C-β-Atom entsteht. Anschliessend<br />

wird unter Bildung einer Ketogruppe am C-α-Atom die Aminogruppe in Form von<br />

+<br />

NH4 abgespalten. Notiere die Reaktionsgleichungen für den Abbau von Serin und<br />

Threonin. Welche Produkte entstehen dabei nebst Ammoniumionen?<br />

P. Good 40


KSH-SPF/EF-Chemie 7 <strong>Biochemie</strong><br />

Abb. 7.47 Verwertung der Kohlenstoffgerüste der Aminosäuren – ketogene<br />

und glucogene Aminosäuren; Quelle: http://www.vetmed.unigiessen.de/biochem/Folien/Folie6-3.png<br />

Die Kohlenstoffgerüste der 20<br />

verschiedenen Aminosäuren<br />

enden in 7 unterschiedlichen<br />

Molekülen: Acetyl-CoA,<br />

Acetoacetyl-CoA, Pyruvat, α-<br />

Ketoglutarat, Succinyl-CoA,<br />

Fumarat und Oxalacetat.<br />

Aminosäuren, welche als<br />

Acetyl-CoA oder als<br />

Acetoacetyl-CoA enden, nennt<br />

man ketogen, die anderen<br />

nennt man glucogen. Abb. 7.47<br />

zeigt eine Übersicht der<br />

Verwertung der Aminosäuren.<br />

Aufgabe 71 Asparagin wird zu Aspartat und Ammoniumionen hydrolysiert. Aspartat wird mit<br />

7.8.7 Harnstoffzyklus<br />

α-Ketoglutarat transaminiert. Notiere die Reaktionsgleichungen mit Hilfe von<br />

Strukturformeln. Wie heissen die Produkte?<br />

Der Harnstoffzyklus dient dem Ausscheiden von überschüssigen Ammoniumionen. Eines der<br />

Stickstoff-Atome des Harnstoffs stammt von Aspartat, das andere und der Kohlenstoff stammen<br />

+<br />

von NH4 -Ionen und CO2. Ornithin ist der Carrier dieser C- und N-Atome. Im Mitochondrion<br />

reagiert Ornithin mit Carbamoylphosphat zu Citrullin, welches ins Cytoplasma gelangt, wo es<br />

mit Asparaginsäure zu Argininosuccinat kondensiert. Diese Synthese von Argininosuccinat wird<br />

durch die Spaltung von ATP in AMP und Pyrophosphat PP i angetrieben. Argininosuccinat wird<br />

in Arginin und Fumarsäure gespalten. Schliesslich wird Arginin zu Harnstoff und Ornithin<br />

hydrolysiert.<br />

P. Good 41


KSH-SPF/EF-Chemie 7 <strong>Biochemie</strong><br />

7.8.8 Hormonwirkungen<br />

Hormone sind Botenstoffe, die die Aktivitäten verschiedener<br />

Zellen in vielzelligen Organismen koordinieren. Sie werden von<br />

speziellen Geweben gebildet und direkt ins Blut abgegeben,<br />

welches sie zu ihrem Wirkungsort bringt. Chemisch betrachtet<br />

handelt es sich bei einer Gruppe von Hormonen um<br />

niedermolekulare Aminosäure-Derivate (Bsp.: Adrenalin,<br />

Thyroxin), bei einer anderen um Polypeptide oder Proteine (Bsp.:<br />

Insulin, Oxytocin, Wachstumsfaktoren) und bei einer dritten<br />

Gruppe um Cholesterinabkömmlinge (Steroidhormone).<br />

Die Steroidhormone (Testosteron, Cortisol, Estradiol, u.a. -><br />

Abb. 7.48 Strukturformel von<br />

Thyroxin<br />

Kapitel 7.4.3) und Schilddrüsenhormone (z.B. Thyroxin, Abb. 7.48) gelangen in den Zellkern,<br />

wo sie die Aktivität spezifischer Gene regulieren. Im Gegensatz dazu binden die meisten anderen<br />

Hormone an Zelloberflächenproteine und lösen eine Kaskade von enzymatischen Reaktionen<br />

aus. Hierbei unterscheidet man unter anderem den Adenylat-Cyclase-Weg, den Phosphoinositid-<br />

Weg und den Tyrosin-Kinase-Weg.<br />

Die Hormone Adrenalin, Noradrenalin, Glucagon, Calcitonin oder auch Vasopressin entfalten<br />

ihre Wirkung über die Adenylat-Cyclase-Kaskade. Sie binden an Rezeptorproteine auf der<br />

Oberfläche der Zielzelle. Dadurch wird ein Protein auf der Innenseite der Plasmamembran<br />

aktiviert: das sogenannte G-Protein (= guanylnukleotidbindendes Protein). Dieses besteht aus<br />

drei Untereinheiten: α, β und γ. Die α-Untereinheit kann GDP (= inaktive Form) oder GTP (=<br />

aktive Form) binden. Ohne Hormon liegt fast das gesamte G-Protein in der inaktiven Form vor.<br />

Hormonbindung am Rezeptorprotein führt zur Freisetzung von GDP und ermöglicht die Bindung<br />

von GTP an das G-Protein. Ein Hormonmolekül erzeugt viele G α-GTP-Moleküle, was eine<br />

Verstärkung des Signals zur Folge hat. Die α-Untereinheit dissoziiert von der β- und γ-<br />

Untereinheit ab und aktiviert die Adenylat-Cyclase. Das GTP wird langsam zu GDP<br />

hydrolysiert, wodurch die Hormonwirkung abklingt. Die aktivierte Adenylatcyclase wandelt<br />

ATP in cyclisches AMP (cAMP) um: ATP ––––> cAMP + PP i + H + . Das cAMP wird von einer<br />

spezifischen Phosphodiesterase abgebaut, wobei AMP entsteht: cAMP + H 2O ––––> AMP + H + .<br />

Cyclisches AMP aktiviert Protein-Kinasen, welche je nach Gewebe unterschiedliche Proteine<br />

phosphorylieren und auf diese Weise aktivieren.<br />

P. Good 42


KSH-SPF/EF-Chemie 7 <strong>Biochemie</strong><br />

G-Proteine leiten auch das Signal von Hormonen wie Serotonin, Histamin oder Oxytocin weiter.<br />

In diesem Fällen führt die Bildung von GTP-G-Protein zur Aktivierung einer Phosholipase C,<br />

welche Phosphatidylinositol-4,5-diphosphat (PIP 2, siehe Kapitel 7.4.2)<br />

in Inositol-1,4,5-triphosphat (IP 3, Abb. 7.49) und Diacylglycerol (DAG,<br />

Abb. 7.50) spaltet. Bei letzteren handelt es sich um die 2nd messenger<br />

dieser Kaskade. Währenddem DAG spezifische Protein-Kinasen<br />

aktiviert, welche bestimmte Proteine durch Phosphorylierung aktivieren,<br />

führt IP 3 zum Öffnen von Calcium-Kanälen, wodurch beispielsweise die<br />

glatte Muskulatur kontrahiert wird oder ebenfalls Protein-Kinasen<br />

aktiviert werden. Durch diese Kaskade vermittelte Effekte umfassen die<br />

Abb. 7.50 Diacylglycerol; R1 und<br />

R2 = Fettsäurereste<br />

Abb. 7.49 Inositol-1,4,5triphosphat,<br />

IP 3<br />

Glykogenolyse in Leberzellen, Histaminsekretion durch Mastzellen bei allergischen Reaktionen<br />

und Entzündungen und auchzum Beispiel die Aggregation von<br />

Blutplättchen im Rahmen der Blutgerinnung.<br />

Stickstoffmonoxid (NO) und das natriuretische Hormon üben<br />

ihre Wirkung über die Bildung von cGMP aus. Sie aktivieren<br />

eine Guanylat-Cyclase, welche aus GTP cyclisches GMP<br />

(cGMP) bildet. Dieses aktiviert Protein-Kinasen, welche andere Proteine durch<br />

Phosphorylierung aktivieren, was zur eigentlichen zellulären Antwort führt.<br />

Insulin und Wachstumsfaktoren binden an Rezeptoren, welche zur Phosphorylierung eigener<br />

Tyrosinreste oder solcher anderer Proteine führt. Die entsprechenden Rezeptoren bezeichnet man<br />

als Tyrosin-Kinasen. Physiologische Wirkungen umfassen die Aufnahme von Glucose in<br />

Muskelzellen, die Biosynthese von Glykogen, Fettsäuren und Proteinen. Auf der<br />

Rezeptorbindung von Wachtumsfaktoren basieren die darauf folgenden Wirkungen wie die<br />

Teilung und Differenzierung bestimmter Zellen.<br />

Prostaglandine (PG) sind lokal wirksame Hormone, da sie sehr kurzlebig sind. Sie leiten sich<br />

von Arachidonsäure (Abb. 7.51) ab. Die Art der Effekte kann sich von Zelltyp zu Zelltyp<br />

ändern. Einige Prostaglandine (z.B. PGE 1) hemmen die Adenylat-Cyclase der Fettzellen. In<br />

einigen anderen Zellen stimulieren Prostaglandine die<br />

Adenylat-Cyclase. Die Entzündungsauslösung, Regulation der<br />

Blutzirkulation in bestimmten Organen und die Kontrolle des<br />

Abb. 7.51 Arachidonsäure<br />

Ionentransports durch Membranen sind weitere Wirkungen von Prostaglandine. Es gibt eine<br />

ganze Reihe von Prostaglandinen, die in Klassen (PGA-PGI) unterteilt werden.<br />

P. Good 43

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