Klaus-Dieter Moser – Techniklexikon vom 16.12.2008 Kategorie ...
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<strong>Klaus</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Moser</strong> <strong>–</strong> <strong>Techniklexikon</strong> <strong>vom</strong> <strong>16.12.2008</strong><br />
<strong>Kategorie</strong>: Sicherheitssysteme<br />
Thema: Anti-Submarining-Systeme<br />
Autotechnik - Verständlich erklärt (Dezember 2008)<br />
Anti-Submarining-Systeme<br />
Die „Trägheit der Masse“, d.h. die Bewegungsenergie aller Teile und Insassen eines fahrenden<br />
Personenkraftwagens, führt bekanntlich dazu, dass sich bei einer Verzögerung die nicht an<br />
das Fahrzeug fixierten Massen durch Ihre Bewegungsenergie immer weiter in Fahrtrichtung<br />
bewegen. Erst durch Hindernisse wie Armaturentafel, Lenkrad oder Windschutzscheibe wird<br />
die Bewegung abgebremst und die vorhandene Bewegungsenergie in Deformationsenergie<br />
umgewandelt.<br />
Einfach ausgedrückt heißt das: Alle nicht mit dem Fahrzeug verbundenen Gegenstände<br />
werden bei einer Bremsung oder einem Aufprall des Fahrzeugs nach vorne „fliegen“.<br />
Abgebremst werden kann die Bewegung durch die schon bekannten automatischen<br />
Dreipunktgurte. Bei einem Frontalaufprall wird der notwendige Energieabbau außerdem<br />
durch verschiedene Airbagsysteme derart durchgeführt, dass das Verletzungsrisiko für die<br />
Insassen stark reduziert wird. Auch die Materialauswahl der möglichen Berührungspunkte ist in<br />
neueren Fahrzeugen so getroffen worden, dass sich die Verletzungsrisiken minimieren.<br />
Da bei einem Frontalaufprall enorme Kräfte auf den <strong>vom</strong> Gurt abgefangenen Körper einwirken,<br />
arbeiten fast alle modernen Gurtsysteme mit ein- oder zweistufigen Gurtkraftbegrenzern.<br />
Hierbei wird durch eine Art Rutschkupplung die Rückhaltekraft der Gurte so dosiert, dass ein<br />
optimaler Wirkungsgrad erzielt werden kann, ohne ein zusätzliches Verletzungsrisiko im<br />
Gurtbereich zu erhalten.<br />
Trotz all dieser Maßnahmen werden in Crashversuchen und leider auch in realen Unfällen<br />
immer wieder starke Verletzungen im Bauch-, Brustkorb- und Kniebereich festgestellt. Diese<br />
Verletzungen treten bei angegurteten Personen sowohl im vorderen als auch im hinteren<br />
Bereich des Fahrgastraums auf. Der Körper des jeweiligen Insassen wird bei einem<br />
Frontaufprall des Pkw tief in den Sitz gedrückt und in vielen Fällen taucht der Körper unter dem<br />
„Beckengurt“ hindurch.<br />
Dieses Phänomen nennt man „Submarining“.<br />
Um dieser unerwünschten Bewegung und deren Folgen entgegen zu treten, haben viele<br />
Hersteller wie Saab, Volvo, Mercedes, Audi und Volkswagen so genannte „Anti-<br />
Submarining-Rampen“ in den Vordersitzen und teilweise auch in den hinteren Sitzen<br />
integriert.<br />
Die Technik:<br />
Diese konstruktive Auslegung des Sitzgestells verhindert eine Vorwärtsbewegung des Gesäß-<br />
und Beckenbereichs der Insassen und somit ein „Durchtauchen“ unter dem Gurt. Auch bei der<br />
Herstellung von Sitzschalen und Kindersitzen wird diese Konstruktion eingesetzt, um das<br />
Verletzungsrisiko zu minimieren.<br />
Erstellt von <strong>Klaus</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Moser</strong> Seite 1 von 3
<strong>Klaus</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Moser</strong> <strong>–</strong> <strong>Techniklexikon</strong> <strong>vom</strong> <strong>16.12.2008</strong><br />
<strong>Kategorie</strong>: Sicherheitssysteme<br />
Thema: Anti-Submarining-Systeme<br />
Abb.1<br />
Bei einem herkömmlichen Sitz wird der Insasse bei einem Frontaufprall nach unten gedrückt.<br />
Hierbei wird die Sitzfläche komprimiert und der Körper kann mit dem Beckenbereich unter dem<br />
„Beckengurt“ durchtauchen. Die Rückhaltekräfte des Gurtes wirken dann im unteren Bereich<br />
am unzureichend geschützten Bauch. Im oberen Bereich kann der Gurt bis zum Hals „hinauf<br />
rutschen“.<br />
Abb. 2<br />
Wurde eine „Anti-Submarining-Rampe“ verbaut, so wird durch die Konstruktion des<br />
Sitzgestells nach dem Verdichten der Sitzfläche der Köper an der Vorwärtsbewegung<br />
gehindert und der Gurt kann seine Rückhaltekräfte an den entsprechenden Körperregionen<br />
dosiert anbringen.<br />
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<strong>Kategorie</strong>: Sicherheitssysteme<br />
Thema: Anti-Submarining-Systeme<br />
Neben der keilförmigen Sitzflächengestaltung als „Anti-Submarining-Rampe“, also einem<br />
passiven System, ging die Firma Renault mit der Zulieferfirma Autoliv noch einen Schritt weiter<br />
und entwickelte schon 2002 einen aktiven „Anti-Sliding-Airbag“.<br />
Dieser „Airbag“ besteht aus zwei 0,3 Millimeter dicken Blechen, die miteinander verschweißt<br />
sind. Auf diese Art entsteht ein in sich geschlossener Behälter. Im ausgelösten Zustand hat<br />
dieser Behälter ein Fassungsvermögen von bis zu fünf Litern.<br />
Bei einer Frontkollision wird sensorgesteuert ein Gasgenerator aktiviert und füllt den<br />
metallischen Airbag auf, dieser drückt <strong>vom</strong> Sitzinneren gegen das Sitzpolster und verformt die<br />
Sitzfläche entsprechend dem Beckeneindruck des jeweiligen Insassen. Eine<br />
Ausgleichsöffnung sorgt dafür, dass der Druck im Airbag während der Kollision konstant bleibt.<br />
So kann durch den „Anti-Sliding-Airbag“ eine, im Bezug auf den Gurt, günstige Sitzposition<br />
erreicht werden. Verletzungen der Insassen im Bauch- und Lendenbereich werden minimiert.<br />
Für 2009 hat Renault eine Weiterentwicklung des Systems im neuen Megane angekündigt.<br />
Bedingt durch die CO2-Auflagen muss unter anderem über mögliche Gewichtsreduzierungen<br />
der Serienfahrzeuge nachgedacht werden. Autoliv und Renault haben das Gewicht des „Anti-<br />
Sliding-Airbag“ um 60 % reduzieren können. Das relativ schwere Metallgehäuse wurde durch<br />
eine textile Gewebekonstruktion ersetzt. Die Funktionsweise blieb erhalten.<br />
Fazit:<br />
Ob nun ein aktives oder ein passives „Anti-Submarining-System“ in den Fahrzeugen verbaut<br />
wird ist letztendlich den jeweiligen Konstrukteuren überlassen.<br />
Durch zahlreiche Crashtests und durch die Auswertung vieler Unfallverletzungen ist die<br />
Wirksamkeit des Systems eindeutig nachgewiesen. Daher ist der Einbau in allen<br />
Personenkraftwagen sinnvoll und wünschenswert.<br />
Auch unter Energiespargesichtspunkten ist die Realisierung durchaus machbar. Bei passiven<br />
Systemen ist eine Änderung des Sitzgestells ohne nennenswerte Gewichtserhöhung möglich<br />
und bei aktiven Systemen erhöht sich das Gesamtgewicht des Fahrzeugs in einem<br />
vertretbaren Rahmen.<br />
Allerdings darf bei einem aktiven System der erhöhte Kostenaufwand bei der Reparatur des<br />
verunfallten Fahrzeugs nicht vernachlässigt werden. Wünschenswert wären Systeme, die sich<br />
nach Auslösung ohne eine Sitzerneuerung ersetzen ließen.<br />
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