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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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RezensionenSo stellt Matthies auf dem Hintergrund des finnischenModells die Frage, „ob man die „Rückständigkeit(West)Deutschlands mit Modellen zu beseitigen versucht,die sich denen der DDR oder von Skandinavienvor 15 Jahren annähern oder ob man sich noch mehrModernisierung in der Gleichstellungsfrage und in derfamilienfreundlichen Politik zumutet“ (Matthies 2002,S. 2). Sie weist darauf hin, dass sich in Finnland vorallem junge Eltern mehr Zeitwohlstand wünschen unddass es in der finnischen Gesellschaft eine neue Kontroverseüber die Erweiterung öffentlicher Verantwortunghinsichtlich der Nachmittagsbetreuung von Kinderneinerseits und Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungund einem familienfreundlicheren Arbeitslebeninsbesondere für Vater auf der anderen Seite gibt.Auf diesem Hintergrund hält sie es für wünschenswert,„dass man in Deutschland bei den an sich berechtigtenbildungs- und familienpolitischen Forderungendas skandinavische Modell nicht nur einholt, sondernvielleicht zu überholen im Stande ist – bezogenauf einige Fehlentwicklungen des skandinavischenModells“ (Matthies 2002, S. 3).Welchen Gewinn können wir aus Hochschilds Studiefür die Diskussion in Deutschland über familienfreundlicheArbeitszeiten, über Möglichkeiten einer besserenBalance von Arbeit und Leben, die auch Zeit lässtfür andere zivilgesellschaftliche Aufgaben, und über Essentialsvon Familienpolitik ziehen? Hochschilds „KeineZeit“ gibt uns keine einfachen und mühelos in diePraxis umzusetzende Antworten und vielleicht sind dieFragen, die sie stellt, noch wichtiger als ihre Antworten.Hochschilds Blick in die Innenwelt amerikanischerFamilien könnte uns helfen, neue Fragen zu stellen,genauer hinzusehen, wenn wir das „doing family“ inden Mikroprozessen familialer Lebensführung unterBedingungen postfordistischer Entgrenzungen (Jurczyk2002) untersuchen. Auch wenn ihre Stichprobe begrenztist und ihre Diagnose umfassender geprüft werdenmüsste, so kann sie uns doch für bestimmte Entwicklungstendenzenim Bereich familialer Lebensführungsensibilisieren. Die Lektüre von „Keine Zeit“schärft den Blick für die Kosten einer postfordistischenArbeitswelt, die Anerkennung und Wertschätzung inder Arbeit verspricht und immer mehr an Energien undZeit absorbiert, Zeit und Energie, die zu Hause immerknapper werden. Im Vorwort zur deutschen Ausgabeseines Buches The Future of Success. Wie wir morgen arbeitenwerden betont Robert Reich (2002), dass die deutscheGesellschaft ebenso wie andere Gesellschaften Europasentscheiden muss, ob sie den von ihm beschriebenenKapitalismus amerikanischer Prägung übernehmenund den damit verbundenen Preis in Form eines„Schwunds“ an Familien- und Gemeinschaftsleben bezahlenmöchte. Die Lektüre von „Keine Zeit“ kannuns die Tragweite solcher Entscheidungen bewusst machenund unsere Wahrnehmung für den Preis bestimmterEntwicklungen im Verhältnis von Erwerbsarbeit undZuhause schärfen.Literatur:Böhm, S./Herrmann, Ch./Trinczek, R. (2002): Löst Vertrauensarbeitszeitdas Problem der Vereinbarkeit von Familieund Beruf? In: WSI-Mitteilungen H.8, S. 435-441Bosch, G. u.a. (2002): Zur Zukunft der Erwerbsarbeit. EinePositionsbestimmung auf der Basis einer Analyse kontroverserDebatten (Arbeitspapier der Hans Boeckler Stiftung<strong>Nr</strong>. 43) DüsseldorfBertram, H. (2002): Die multilokale Mehrgenerationenfamilie.In: Berlinder Journal für Soziologie, H. 4, S. 517-529Erler, G.A. (<strong>2004</strong>) Work-Life-Balance – Stille Revolution oderEtikettenschwindel? Erscheint <strong>2004</strong> im Schwerpunktheftder Zeitschrift für Familienforschung „Arbeitszeit,Familienzeit, Lebenszeit – Verlieren wir die Balance?“,hrsg. von Mechtild Oechsle und Anina MischauGalinsky, E. A. (1999): Ask the Children. What America’sChildren Really Think About Working Parents. New YorkJürgens, K. (2002): Arbeitszeitflexibilisierung. Marktanpassungoder neue Balance von Familie und Beruf? In:Diskurs, „Moderne Zeiten. Zur Entgrenzung von Arbeitund Leben“, 12. Jg., H. 3, S. 17-23Jurczyk, K./Lange, A. (2002): Familie und die Vereinbarkeitvon Arbeit und Leben. Neue Entwicklungen, alte Konzepte.In: Diskurs „Moderne Zeiten. Zur Entgrenzungvon Arbeit und Leben“, 12. Jg. H. 3, S. 9-16Lange, A. (2003): Ansprüche von Kindern und Jugendlichenan Arbeits- und Familienzeiten ihre Eltern. Einesoziologsche Perspektive. VortragsmanuskriptOstner, I. (2002): Am Kind vorbei – Ideen und Interessen inder jüngeren Familienpolitik. In: Zeitschrift für Soziologieder Sozialisation und Erziehung, H. 3, S. 249-266Pickshaus, K. (2000): Arbeiten ohne Ende und ohne Maß.In: Computer Fachwissen, H. 4, S. 14-17Polatnick, M.R. (2002): Quantity Time: Do Children WantMore Time with Their Fulltime Employed Parents? Centerfor Working Families, Working Paper <strong>Nr</strong>. 37, Universityof California, BerkeleyPriddat, B. P. (2002) Mama macht Überstunden. ÜberlasteteEltern, verwirrte Kinder: Es wird Zeit, die Familie professionellzu organisieren. In: Die Zeit 35/2002Reich, R. (2002): The Future of Sucess. Wie wir morgenarbeiten werden. München; ZürichRinderspacher, J. (2003): Arbeits- und Lebenszeiten im Wandel.Ansätze zu einer Politik der zeitstrukturellen Balance.In: ZSE, 23. Jg., H. 3, S. 236-250Shor, Juliet B. (1992): The Overworked American: TheUnexpected Decline of Leisure. New YorkProf. Dr. Mechtild Oechsle, Interdisziplinäres Frauenforschungs-Zentrum(<strong>IFF</strong>), Universität Bielefeld,Email: m.oechsle@uni-bielefeld.deDer Beitrag erscheint auch in der Zeitschrift für Familienforschung.<strong>Info</strong> 21.Jg. <strong>Nr</strong>.<strong>27</strong>/<strong>2004</strong>97

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