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IFF-Info Nr. 27, 2004 - IFFOnzeit

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Die rechtlichen Schutzmöglichkeiten gegen häusliche Gewalt2. Schutzmaßnahmen beiangedrohter Gewalt, Verletzungdes Hausrechts undunzumutbaren BelästigungenSchutzmaßnahmen können nichtnur bei bereits eingetretenenRechtsgutverletzungen verhängtwerden, sondern auch in Fällen, dieunterhalb der oben geschildertenVerletzungsschwelle liegen. § 1 Abs.2 GewSchG erweitert den Opferschutzauf Fälle der angedrohtenGewalt, der Verletzung des Hausrechtsund unzumutbarer Belästigungen.Die oben genannten Schutzanordnungen(vgl. Abschnitt A.I.1.) könnennach § 1 Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 1 GewSchGbereits getroffen werden, wenn einePerson widerrechtlich mit einer Verletzungdes Lebens, des Körpers,der Gesundheit oder der Freiheitgedroht hat; zu einer Beeinträchtigungder erwähnten Rechtsgütermuss es also noch nicht gekommensein. Ferner sind nach § 1 Abs. 2<strong>Nr</strong>. 2 a) GewSchG gerichtlicheMaßnahmen auch möglich, wenneine Person das Hausrecht einer anderenPerson widerrechtlich undvorsätzlich verletzt. Darüber hinauswurde auch gesetzgeberischerHandlungsbedarf für Eingriffe indie Privatsphäre durch unzumutbareBelästigungen gesehen. In diesemBereich fehlten zum einen klarezivilrechtliche Rechtsgrundlagen,zum anderen wirkte sich eine Strafbarkeitslückezum Nachteil der Betroffenenaus (vgl. BT-Drucks.14/5429, S. 11). Das Gewaltschutzgesetzsieht nunmehr in § 1 Abs. 2<strong>Nr</strong>. 2 b) vor, dass Schutzanordnungenauch beantragt werden können,wenn eine Person dadurch unzu-Viele Staaten ahnden inzwischen häusliche Gewalt. Von Österreich lernenVon Ulli SchauenDeutschland ist beim Schutz gegen häusliche Gewalt nicht gerade Vorreiter. Auf den beiden Karibikinseln Trinidad und Tobago,in einem Staat vereint, gilt schon seit 1991 ein Gesetz wie das vor zwei Jahren in Kraft getretene deutsche Gewaltschutzgesetz.Bereits in den siebziger Jahren wurde in den USA, in Australien, Neuseeland, Kanada, Schottland, England, den Niederlanden,Norwegen und Irland der zivilrechtliche – nicht der strafrechtliche – Schutz vor der Gewalt eines Partners verstärkt. Gerichtekönnen dort seither Anordnungen zum Schutz eines Opfers erlassen; wer als Täter dagegen verstößt, muss mit Strafe rechnen.Die europäischen Staaten sind sehr unterschiedlich mit Gewalt in Beziehungen umgegangen. So konnten sich die französischenMänner noch bis 1975 auf eine Bestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuch berufen, die es ihnen erlaubte, Frauen zuschlagen. In Schweden dagegen wurde schon 1965 die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt (in Deutschland 1997). InGroßbritannien wies das Innenministerium bereits 1986 die Polizei zu einer neuen, härteren Gangart bei Fällen häuslicherGewalt an. 1997 folgte der Criminal Harassment Act, der Nachstellungen und Bedrohungen als Straftaten definiert.Mittlerweile verfolgen Spanien, Frankreich und Belgien, die lange der alten Sichtweise anhingen, dass „Familienstreit“ dochnicht so schlimm sei, häusliche Gewalt besonders streng. Die neuen Paragrafen in diesen Ländern werten es als strafverschärfend,wenn die Gewalttat nicht im öffentlichen, sondern im privaten Umfeld passiert. Direktes Vorbild für den deutschenGesetzgeber ist Österreich, wo im Mai 1997 das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie in Kraft trat, das die„Wegweisung“ des Täters vom Opfer beinhaltet. Es war von Anfang an eingebettet in ein Netz von „Interventionsstellen“, dieden Opfern beistehen sollen. Von Österreich übernahmen die Deutschen auch den „proaktiven“ Ansatz, dass Beratungsstellenvon sich aus auf die Opfer zugehen sollen.Fast alle Länder haben ihre Gesetze gegen häusliche Gewalt geschlechtsneutral verfasst, also Männer wie Frauen werden alspotenzielle Täter(innen) angesehen. Ausnahmen sind die USA, Bangladesch und Schweden. Die einschlägigen Gesetze dorterwähnen ausdrücklich Frauen als Opfer und Männer als Täter, wie zum Beispiel der Violence against Women Act der USA. InSchweden wurde dafür 1998 ein neuer Tatbestand geschaffen. Der Rechtsbegriff „grobe Verletzung der Integrität einer Frau“,kurz „Frauenfriedensbruch“, umschreibt wiederholte Straftaten, die von Männern an Frauen begangen werden, zu denen sieeine enge Beziehung haben. Die einzelnen Taten würden, für sich allein genommen, möglicherweise nicht verfolgt, insgesamtdagegen wiegen sie schwer genug für eine Bestrafung.Spezialgesetze haben auch viele US-Bundesstaaten und einige lateinamerikanische Länder geschaffen, während in Deutschlandfür „häusliche Gewalt“ keine neuen Paragrafen ins Strafgesetzbuch eingefügt wurden. In den USA gibt es außerdem einelandesweit einheitliche Telefonnummer für Opfer, ebenso in Südkorea, wo es den Kreisen und Provinzen überdies zur Pflichtgemacht wurde, ein Netzwerk von Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen zu schaffen.Die Beweislage ist weltweit ein Problem. Großbritannien versucht das zu ändern, indem das Opfer zu einer Aussage gezwungenwerden kann. Aber dieser Paragraf wird Untersuchungen zufolge nur selten angewandt. In den USA verstärkte derKongress im Jahr 2000 die Anstrengungen gegen häusliche Gewalt, auch finanziell. Die neue Fassung des Violence againstWomen Act garantiert bis 2005 einen Etat von 3,3 Milliarden Dollar für Frauenhäuser, die Ausbildung von Polizei und Justiz,Rechtsberatung für Opfer sowie den speziellen Schutz von Studentinnen gegen Gewalt.Auch Immigrantinnen genießen den Schutz des Gesetzes, selbst wenn sie illegal ins Land kamen. Werden sie Opfer häuslicherGewalt, dann bekommen sie einen gesicherten Aufenthaltsstatus in den USA. Dem Parlament des US-Bundesstaats Washingtonliegt derzeit eine Gesetzesvorlage vor, dass Täter ein Bußgeld von bis zu 100 Dollar zahlen sollen, das in die Opferhilfefließt. Im Bundesstaat Kalifornien müssen verurteilte Täter in jedem Fall ein anger management-Seminar benutzen, wo sie lernensollen, ihre Gewaltneigung in den Griff zu bekommen.(c) DIE ZEIT 01.04.<strong>2004</strong> <strong>Nr</strong>.15<strong>Info</strong> 21.Jg. <strong>Nr</strong>.<strong>27</strong>/<strong>2004</strong>9

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